160 Kilometer Zwift

“Wenn du alleine zuhause bist, kommst du auf blöde Ideen”, schreibt mir Nora (alias Unicorn Cycling) kurz nachdem ich meine Aktivität auf Strava hochgeladen habe. Und ganz falsch liegt sie damit nicht…

Auf meinem Computer sind unzählige Listen abgespeichert - Listen mit möglichen Themen für den Blog, Routenvorschlägen, lose Ideen aber auch recht konkreten To-Dos. Über das Jahr schreibe ich hier alles rein, was mir so einfällt und über den Weg läuft. Zwift bietet zum Aufrechterhalten der Motivation in-game einige Herausforderungen und Missionen - von “tritt soundso viel Watt” über “fahre an soundso vielen Tagen” bis hin zu “fahre 100 bzw. 160 km”. Seit Zwift Teil meiner Winter-Trainingsroutine ist, sind daher die Zwift-Challenges auch auf meiner To-Do Liste präsent. So weit so gut…

“Masochist” ist beispielsweise erreicht, wenn man 25 Mal Alpe du Zwift gefahren ist…

Parallel dazu ist man ja Mitglied in diversen Facebook-Gruppen, die größte deutschsprachige Community in Bezug auf Zwift sind die “Zwift Riders Germany”. Scrollt man dort durch die letzten Beiträge wird einem regelrecht schwindlig, angesichts der Marathonleistungen, die da in beeindruckender als auch erschreckender Regelmäßigkeit abgeliefert werden. 100 Kilometer? Pffff… Rennen da und dort - kein Problem. 160 Kilometer am Stück? Mindestens eine*r pro Tag! Als Radler, dessen Zwift-Horizonte üblicherweise bei 40 Kilometern enden, beginnt man an dieser Stelle zu rätseln. Ist das schwer? Macht das Spaß? Ist das normal? Warum macht man das? Zeit für einen Selbstversuch!

100 Kilometer

Das “Metric Century” - wie die 100 Kilometer auf Zwift so schön heißen - habe ich schon mehrmals hinter mich gebracht - der Erstversuch ist hier nachzulesen. Die Distanz kennt man vermutlich von längeren Ausfahrt draußen und weiß daher auch grob, was da auf einen zukommt. Auf Zwift bzw. auf der Rolle ist die Dynamik natürlich eine andere - nämlich keine, und das ist die größte Herausforderung. Längere Distanzen auf der Rolle fallen in erster Linie schwerer, weil die Position auf dem Rad statischer ist - man wechselt weniger oft die Haltung, durch die fehlenden Bewegungen des Rads ist auch der eigene Körper weniger in Bewegung. Man geht weniger oft aus dem Sattel, dadurch ist das Ganze auch für die Muskulatur eintöniger (=ermüdender). Auch fehlende Umwelteinflüsse machen es mitunter schwieriger - auch der beste Ventilator kann keinen echten Fahrtwind simulieren.

Die ersten Kilometer gehen ja leicht von der Hand, man rollt entspannt durch die virtuellen Zwift-Welten. Man denkt sich: “Das wird doch ein Klacks”, so schnell springt die Kilometeranzeige am Bildschirm weiter. Bei Kilometer 20 oder 30 beginnt man allerdings zu grübeln. 45-60 Minuten im Sattel - 25 Kilometer abgespult… Unweigerlich beginnt man hochzurechnen - 20 Kilometer sind ein Fünftel von 100 Kilometer, vier Stunden im Sattel oder gar noch länger?

Hier lohnt es sich, VOR Fahrtantritt ein paar Dinge zu überlegen! Meine ersten 100 Kilometer bin ich damals quasi alleine gefahren, bis auf gelegentlichen Windschatten von anderen Fahrern auf der Strecke. Damals war ich 3:36 h unterwegs, auf dem Greater London Loop - über 1.000 Höhenmeter waren es am Ende. Aus diesen Rahmenbedingungen lassen sich unmittelbar einige Schlüsse ziehen.

Alleine oder Event?

Bei einem der vielen Events in Zwift findet man grundsätzlich immer Gleichgesinnte, die Ausfahrten des “World Bicycle Relief” bieten beispielsweise regelmäßig Fahrten über 100 Kilometer. Ist man als Teil einer derartigen Gruppe unterwegs, kann man jedenfalls am schnellsten die lange Distanz abspulen. Ich bin bei einem dieser Events mitgefahren, ausgeschrieben waren 100 Kilometer bei 2,5 Watt/Kilogramm. Das Tempo ist hoch, die Leistung muss man auf die Pedale bringen - denn ist der Windschatten der Gruppe erst einmal weg, dann bringt das Ganze nichts mehr und man ist erst recht wieder alleine unterwegs. Als Belohnung für das Leiden spult man die 100 Kilometer in guten zwei bis zweieinhalb Stunden ab. Ein Schnitt von über 40 km/h ist (für mich) natürlich völlig unrealistisch und in Bezug auf meine Leistungen draußen illusorisch aber da muss man sich bei Zwift ohnehin immer selbstkritisch und vernünftig einordnen.

Auf sich alleine gestellt dauert die Bewältigung der 100 Kilometer natürlich entsprechend länger, dafür erarbeitet man sich jeden Kilometer. Will man sich also psychisch abhärten - so wie es Rollentraining vor allem auch vor Zwift immer war, für den ist die Einzelkämpfer-Variante sicher eine gute Option.

Rad und Windschatten?

Wenn man schon alleine unterwegs ist, kann man - quasi strafverschärfend - auch das Zwift Zeitfahrrad benützen. Dieses muss nicht extra freigeschaltet werden und steht ab Beginn zur Verfügung. Angaben von Zwift zufolge ist man mit dem TT-Bike geringfügig flotter unterwegs, Nachteil ist dafür, dass man keinen Windschatten von anderen Fahrern nutzen kann. Außerdem verhalten sich Power-Ups auf dem Zeitfahrer anders: Windschatten, Federgewicht, usw. sind nicht verfügbar, stattdessen erhält man jedes mal zehn Erfahrungspunkte, wenn man ein Banner durchfährt.

Das Zwift TT-Bike

Streckenwahl?

Entscheidend über die Mühen der Herausforderung ist die Wahl der Strecke. Zehn Mal Alpe du Zwift ist eine gute Everesting-Challenge, wird die 100 Kilometer aber recht beschwerlich machen. “Flach und schnell” sollte das Motto lauten - London Loop, Flat Volcano, Richmond eignen sich dazu mit ihren moderaten Höhenmetern sehr gut.

25 Runden um den Vulkan

Wer die 100 Kilometer gleich mit einer anderen Challenge verbinden möchte, stellt sich an die Startlinie des Volcano Circuit auf Watopia. Es gibt Badges für fünf, zehn und 25 Runden durch den Vulkan. Bei 4,2 Kilometern Rundenlänge sind das rund 20, 42 oder eben 104 Kilometer. Die Höhenmeter halten sich dabei angenehm in Grenzen, die zwei kurzen Rampen kennt man nach wenigen Runden auswendig und kann sich entsprechend darauf einstellen. Gleichzeitig gibt es keine langen Bergab-Passagen, in denen man sich ausruhen kann - es heißt also, die ganze Zeit gleichmäßig weiter zu treten.

Für Experimentierfreudige ist Zwift sehr tolerant bei der Zählung der Runden - es kann zwischendurch unterbrochen werden, es kann die Route variiert werden, sogar Richtungswechsel sind möglich. Solange eine Runde beendet wird, zählt sie für die Challenge. Eine Tafel beim Runden-Banner zeigt die aktuelle Rundenzahl und sorgt dafür, dass der Überblick nicht verloren geht.

Auch hier vergehen die ersten Runden wie im Flug und man sieht sich schon am Ziel der Herausforderung. Aber es wird zäh, der Rundenzähler bewegt sich scheinbar nicht mehr so schnell, auch hier beginnt man zu grübeln, hochzurechnen, abzuschätzen. Mit dem Zwift-TT-Bike und zwischen 2,0 und 2,5 Watt/Kilogramm dauert eine Runde rund 7:20 Minuten, die 25 Runden daher ziemlich genau drei Stunden.

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Rad oder Trikot gibt es für die Erledigung der Challenge keines, lediglich die Badges für die entsprechende Rundenanzahl und die Beruhigung, etwas von der To-Do-Liste streichen zu können.

160 Kilometer

Hat man die 104 Kilometer einmal erreicht, stellt sich die Frage: Weiterfahren oder nicht? 160 Kilometer sind die größte Distanz, für die man auf Zwift belohnt wird - auf neudeutsch “Metric Century” genannt. Meistens ist man spätestens ab diesem Punkt auf sich alleine gestellt, organisierte Events über derartige Distanzen sind mir keine oder nur selten untergekommen.

Hilfreich ist an dieser Stelle, sein Gehirn entweder komplett abzuschalten oder irgendwie auszutricksen. Sobald man aber zum Nachdenken anfängt, wird es haarig. Nochmal 56 Kilometer? Weiter als man normalerweise auf Zwift unterwegs ist jetzt noch obendrauf? Und nochmal: Auf der Rolle sind die Gesetze andere als draußen. Nicht, dass das eine besser oder einfacher ist, als das andere - einfach anders!

Weitertreten also, in einem Stadium, in dem jede*r von uns wohl schon ein paar Mal war. Auf der einen Seite der Ehrgeiz und Wille, das Ding zu Ende zu bringen - auf der anderen Seite die Couch, der Kühlschrank und die Badewanne, noch dazu alles im Nebenzimmer! So kurbelt man in Trance die fehlenden Kilometer herunter.

Nach 25 Runden um den Vulkan hab ich genug von der eintönigen Strecke und biege ab - die Abwechslung bezahle ich mit zusätzlichen Höhenmetern, aber die Zerstreuung durch eine neue Umgebung und andere Fahrer hilft enorm. Man könnte an dieser Stelle auch auf ein anderes Bike wechseln und wieder den Windschatten der anderen Fahrer ausnützen. Ich entscheide mich für meine persönliche Durchhaltestrategie - ab und zu dringt dann doch der Ehrgeiz durch. Wenn ich im August 2019 die Race Around Austria Challenge fahren möchte, kann ich ruhig auch etwas für meine Kopf und meine Psyche tun…

Die letzten Kilometer vergehen plötzlich wieder wie im Flug, “Heimweh” nennt man das wohl. 157, 158, 159, 160 Kilometer - die letzten zwei nochmal Gas geben. Wäre doch schon langsam an der Zeit, dass die Geschichte ein Ende nimmt. Die “160” scheinen zentral auf dem Bildschirm auf, aber kein Achievement, kein Badge! Teile meines Gehirns beginnen bereits in Panik zu verfallen - erst während des Ausrollens, bei Kilometer 161, blinkt der Bildschirm auf und ich bekomme mein Achievement. To-Do abgehakt.

Mission Accomplished - allerdings erst bei 161 Kilometern!

Das begehrte Century-Trikot

Ausrüstung

Fünf Stunden auf der Rolle sollten zumindest halbwegs gut vorbereitet sein. Kette schmieren, Akkus von Powermeter, Di2 und Herzfrequenzgurt laden, Wasser auffüllen, Handtücher und Wechselgewand bereitlegen.

Meine BMC Roadmachine war die ganzen fünf Stunden lang sehr komfortabel - trotz der wenigen Positionswechsel hatte ich keinerlei Sitzprobleme oder Ähnliches. Wenn es zu zwicken beginnt, dann in Nacken oder Rücken. Auch der Wahoo Kickr hat die fünf Stunden Dauerseinsatz völlig unaufgeregt zur Kenntnis genommen.

Fünf Stunden und 161 Kilometer ergeben einen Schnitt von 32,3 km/h - absolut illusorisch, diesen Schnitt draußen auch nur annähernd über den halben Zeitraum halten zu können… Aber so ist der Algorithmus von Zwift - man sollte sich selbst gut genug einschätzen können, um nicht im Frühjahr an der Realität zu verzweifeln! 200 Watt waren ein grobes Ziel, 191 Watt Schnitt waren es am Ende.

Wichtig ist eine gute und regelmäßige Verpflegung. Auch wenn die Küche gleich nebenan ist, war es mir irgendwie ein Anliegen, nicht zwischendurch einfach ins Nebenzimmer zu spazieren, um mich zu verpflegen. Daher waren sieben Trinkflaschen mit Wasser bereitgestellt, zwei Packungen Powerbar Powergel Shots, ein Wingman- und ein Roobar Riegel. Die verbrauchten 3.200 Kalorien hab ich dadurch sicher nicht wieder zugeführt, aber ein kleines Kalorien-Defizit ist nach Weihnachten schon in Ordnung :)

Klare Empfehlung gibt es außerdem für eine Hose zum Wechseln - bei mir passiert nach rund 60 Kilometern. Socken und Handtuch kann man sich auch ein zweites (Paar) zurechtlegen - je nach Lust, Laune und Schweißbächen.

Würde ich es wieder tun?

Nein.

Ich habe ein gutes Durchhaltevermögen, Spaß auch an monotonen Herausforderungen und erfreue mich grundsätzlich am Training. Aber alles in allem war es am Ende doch etwas zu lang, zu monoton und zu anstrengend (so blöd das jetzt auch klingt - anstrengend ist im Sinne des Fahrens auf der Rolle zu verstehen, diese sind mit dem Fahren draußen einfach nicht vergleichbar). 100 Kilometer werden für mich in Zukunft die Grenze auf Zwift sein, mehr kann sein - für Challenges, Badges und Artikel wie diesen - muss aber nicht.

Ride On! ;)

Zwift x Wahoo Tour Wien und Territory Manager Kai Rapp im Interview

Hallo Kai! Danke, dass du dir als Territory Manager von Zwift für Deutschland, Österreich und die Schweiz am Rande des Events in Wien kurz Zeit nimmst. Was ist Zwift für dich - Trainingsprogramm, Computerspiel oder ganz etwas anderes?

Für mich ist es genau dazwischen. Es hat tatsächlich etwas von einem Computerspiel, als Zwift weisen wir auch gerne darauf hin, dass wir aus der Gaming-Welt entstanden sind. Sieht man sich den neuen Kurs in New York an, dann mutet der teilweise recht offensichtlich gamifiziert an. Stellenweise wollen wir zukünftig auch noch verspielter werden, das Ganze aber gleichzeitig mit ernsthaftem Training zusammenbringen. Unser Claim heißt ja „Serious Training made fun“, wir wollen ernsthaftes Training zum Vergnügen machen.

2018 gab es viele neue Features, Strecken, Erweiterungen, Events - alles wurde intensiver, größer, mehr. Worauf bist du im vergangenen Jahr am meisten stolz?

Die Companion-App hat sich extrem verbessert, die darin enthaltene Meetup-Funktion finde ich großartig, die Übersichtlichkeit ist besser geworden, als Controller fürs Training ist die App super. Auch auf die Kurse bin ich stolz, auch weil ich selbst gerne Rennen fahre, zum Beispiel die 8,8 Kilometer der Innsbruck-Runde. Die optimale Länge eines Kurses für eine Präsentation wie heute ist übrigens eine Bierlänge, also die Dauer eines Biers, das der Zuschauer hier trinkt, während vorne gefahren wird. Also die Companion-App war am wichtigsten, stolz ist da aber der falsche Ausdruck. Mit der Einführung der Meetup-Funktion haben wir auf die vielen Anfragen von Radsportgruppen, Clubs und Nutzern reagiert. Da und dort wird die Meet-up-Funktion noch optimiert werden, daher ist auch das Feedback aus der Community sehr wichtig für uns!

Wo liegen derzeit die technischen Grenzen, wieviele Fahrer können gleichzeitig online sein?

An sich gibt es keine Grenzen was die Zahl der Nutzer betrifft, theoretisch ist das System momentan auf 30.000 gleichzeitige Logins ausgelegt, derzeit sehen wir zu Spitzenzeiten rund 13.000 Personen online. Wenn es zu Problemen kommt, dann resultieren diese aus anderen kleineren Bugs in speziellen Konfigurationen, theoretisch aber nicht aus der Nutzerzahl. Grundsätzlich ist das System sehr zuverlässig, wir haben auch sehr viel in die Verbesserung der Serverstruktur investiert.

Wird es zu größeren technischen Umstellungen kommen - passiert da etwas im Hintergrund?

Zwiftt wird zunehmend cloudbasiert aufgebaut. Unter der Dingen, die auf der Nutzerseite bemerkbar sind, wird die Möglichkeit der Weltauswahl sein.

Ich habe gelesen, Watopia soll immer verfügbar sein?

Ja genau, Watopia wird immer offen stehen, eine zweite Welt wird wie bis jetzt nach einem vorgegebenen Kalender online sein. Erfolgsgeheimnis von Zwift ist ja, dass Leute gemeinsam fahren, wenn diese dann auf fünf verschiedene Welten verteilt werden, würde die Grundidee von Zwift verloren gehen.

Richmond und Innsbruck werden dann öfter verfügbar sein (und nicht wie bis jetzt 1-2 Mal im Monat)?

Ja klar, nachdem Watopia immer online ist, werden die anderen Strecken rein rechnerisch entsprechend öfter im Kalender stehen.

Was sind die großen Pläne für 2019? Geht es in diesem hohen Tempo weiter?

Wir sind jetzt nicht zwingend daran interessiert, laufend neue Welten anzubieten, sondern vielmehr, die bestehenden Welten mit weiteren Strecken auszubauen und zu erweitern. Bei der Strecke in Richmond drehen ja nicht alle durch vor Liebe, da fehlt beispielsweise ein Berg. Aber wir haben 2019 den Fokus in erster Linie auf die Entwicklung des eSports. So haben wir gerade heute die KISS Super League gelaunched, an der 15 echte UCI Professional Continental, Continental und Community Teams als auch sieben Frauen-Teams teilnehmen.

Ich habe ja Richmond mittlerweile wieder lieb gewonnen…

Schnell, bzw. im Rennen gefahren finde ich Richmond gerade am Ende brutal und er tut echt weh. Jeder Kurs hat seine Berechtigung, auch je nachdem was man trainieren möchte. Ich finde alle Kurse großartig, vor allem Innsbruck, weil ich das visuell schön finde und auch persönlich in-real-life kenne. Für 2019 kann man fast davon ausgehen, das wir die Partnerschaft mit der UCI fortführen, was bedeuten könnte, dass zur Vorbereitung für die Profis und übrigen WM-Teilnehmer auf die Straßen-WM 2019, Yorkshire dazukommen würde.

Wie aufwendig ist die Entwicklung einer Welt?

Ich glaube für Innsbruck waren es rund 4.250 Programmierstunden und ich weiß nicht wieviel Liter Kaffee. Das wurde alles mal ausgerechnet… Auf YouTube gibt es ein eindrucksvolles Video zur Entstehung des Innsbruck Kurses, da ist das alles schön und genau aufgearbeitet.

2019 wird also kein Jahr der großen Effekthaschereien, sondern gleichmäßiges Wachstum ist angesagt?

Genau. Wie gesagt, kleine Gags wollen wir immer wieder mal einbauen. Es wird einen Store geben, wo man seine Credits (XP-Punkte) eintauschen kann gegen Trikots und Equipment. Aber das wird kein monetärer Store mit echtem Geld, sondern nur virtuelles „XP“. Es wird von Zwift neben dem Monatsbeitrag auch zukünftig kein weiterer monetärer Einsatz gefordert werden und man kann sich auch keine fahrerischen Vorteile erkaufen.

Es gibt zahlreiche Modifikationen, z.B. sogenannte „World Hacks“, mit denen man durch Eingreifen in Log-Files des Programms die Welt vorab auswählen kann. Wird das gerne gesehen, als Problem wahrgenommen oder ist das egal?

Das ist uns im Grunde gleichgültig - es stört uns nicht, wenn jemand in einer anderen Welt fährt. Wir wollen nur an unserer grundsätzlichen Philosophie festhalten, die besagt, dass Leute gemeinsam fahren sollen.

Ähnliches bei Zwift-Power, das ist mittlerweile ein eigenständiges und ausgewachsenes System. Wie wird es wahrgenommen, dass hier ein großes System außerhalb von Zwift existiert?

Man will das sogar bewusst ausgelagert haben, weil man im Hause Zwift keine Diskussionen haben will über Rennverläufe, Ergebnisse, Digital Doping, usw. Zwift sieht sich als Plattform und lebt davon, dass die Community Dinge in Eigenregie organisiert, daher werden diese Dinge seitens Zwift entsprechend unterstützt. Zwift selbst hat für die nationalen Meisterschaften Zwift-Power als Zeitnahme- und Ergebnisdienst herangezogen - Arbeitsteilung im positiven Sinn quasi. Bei einem realen Rennen in Wien nimmt man sich ja auch z.B. Pentek Timing als Zeitnehmer, so kann man das verstehen.

Die vielfach stattfindenden Events auf Zwift (Tour de Zwift, Zwift Fondo) bringen einen tendenziell dazu, im Winter zu hart zu trainieren. Ist das unter Umständen kontraproduktiv, ist die Gefahr da, dass man zu hart fährt?

Das Risiko ist schon vorhanden, hängt aber großteils von der Selbstdisziplin der User ab. Leute, die Trainngspläne verfolgen, bleiben tendenziell diszipliniert bei ihrem Plan und nehmen eher nicht an diesen Events teil. Wir wollen aber auch jenen Leuten etwas bieten, die sich auch im Winter austoben wollen. Abgesehen davon ist beispielsweise die Tour de Zwift ja gar nicht als Rennen tituliert. Manche machen es sicher zum Rennen, aber im Endeffekt ist es als gemeinsame Ausfahrt gedacht.

Was sagt man jemandem der sich zu weit reinsteigert?

Wir von Zwift hoffen, das Zwift-Fahrten in erster Linie Extra-Stunden und keine Ersatzstunden sind. Zudem gab es aber sicher viele Leute, die vor der Zwift-Ära durch den kalten Regen gefahren sind und dies nur aus Trainingsgründen, nicht aber aus Spaß gemacht haben - denen soll eine Alternative zum spaßfreien Training geboten werden. Das wären dann durchaus Ersatzstunden, für deren Angebot sich Zwift aber nicht schämen muss.

Die Konkurrenz wächst, es kommen neue Player auf den Markt.

Zwift lebt von der Community, von den vielen Gleichgesinnten auf der Strecke. Viele Triathleten lieben beispielsweise Zwift - auch wenn die übrigen Fahrer auf der Strecke beim Abspulen ihres Trainingsgplans eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben, dann mögen sie es doch gerne, dass da einfach etwas los ist auf der Strecke. Andere Mitbewerber geben sich auch große Mühe und entwickeln ihre Produkte weiter. Was Spaßfaktor verbunden mit ernsthaftem Training betrifft, haben wir aber keine wirkliche Konkurrenz zur Zeit. Je nachdem, wie wichtig einem beim ernsthaftem Training der Spaß ist, der wird sich für Zwift oder ein anderes Produkt entscheiden.

Es sind unzählige Profis auf Zwift unterwegs, wie schaut da das Feedback aus?

Es sind viele Profis auf Zwift vertreten, vor allem auch viele Triathleten. Profis haben natürlich andere Trainingsumfänge, da sind einfach auch immer viele Fahrten draußen und Trainingslager dabei, auch der Mix ist sehr wichtig. Man sieht aber beispielsweise Pascal Ackermann häufig auf Zwfit für kürzere Einheiten. Viele bauen Zwift in ihr Training ein, wir merken die große Beliebtheit bei den Pros an den Anfragen für Pro-Accounts.

Ist Nachwuchsförderung ein Thema?

Die wichtigste Nachwuchsförderung ist, dass jeder unter 16 Jahren, gratis auf Zwift fährt. Wir gehen davon aus, dass radfahrende Eltern das gerne an ihre Kinder weitergeben, da fahren die Kinder auf deren Rollen und Walzen. Es gibt auch vereinzelt Anfragen nach Familienbundles oder Ähnlichem, das ist derzeit aber noch kein größeres Thema. Wir wollen aber probeweise mal in Schulen gehen und mit den Verbänden in Bezug auf Jugendarbeit und Scouting arbeiten. Ich bin der Meinung, dass Zwift für die Verbands- und Clublandschaft sehr bereichernd sein kann, was das Wecken des Interesses bei Kindern und Jugendlichen betrifft.

Wie bringt man Zwift „offline“ - mit Events und Aktionen wie der Zwift x Wahoo-Tour?

Unser Eventformat ist absolut geeignet, Zwift spielerisch zu den Leuten zu bringen und unseren Lifestyle zu vermitteln. Wir wollen mehr Spaß in der Radsport bringen. Wir machen das jetzt bereits im dritten Jahr und lernen so Radpsort-Communities als auch unsere bestehenden User kennen.

Und ihr seid zum ersten Mal auch in Wien!

Ja genau. Die Events sind in der Organisation zwar sehr aufwendig, wir erhalten aber durchwegs sehr positives Feedback. Wir holen auf diese Weise echt viele Menschen ab, so macht das allen Spaß!

Danke für das Interview und Ride On! ;)

Zwift x Wahoo Tour Wien am 18.01.2019

Alban Lakata im Interview

169k hat Alban Lakata in Lienz zum Interview getroffen, es gibt ja auch viel zu besprechen: ein neues Team, Trainingsmethoden, Strava als Social Network für Sportler, Unterschiede zwischen Mountainbikern und Radrennfahrern und Osttirol!

Titelfoto: Team Bulls (Sebastian Stiphout)

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Für die breite Öffentlichkeit mitunter überraschend hast du vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass du im nächsten Jahr für das Team Bulls am Start stehen wirst und nicht mehr für Canyon-Topeak. Wie ist es genau dazu gekommen?

Schon bei den Vertragsverhandlungen für 2018 wurde mir nur ein Ein-Jahres-Vertrag angeboten, angeblich weil Topeak das Sponsoring nur für ein Jahr fix weitermachen wollte und auch die anderen Sponsoren nur für diesen Zeitraum zusagen wollten. So ist es mir weitergegeben worden, das musste ich so akzeptieren, war aber für mich schon irgendwie ein Wink, dass das vielleicht in der Form nichts mehr wird und das Ende des Teams naht.

Die anderen Fahrer haben auch alle nur einen Ein-Jahres-Vertrag bekommen?

Bei den anderen Fahrern hat es ganz das Gleiche gespielt, ja. Ich hab mir nach den Vertragsverhandlungen lange den Kopf darüber zerbrochen, wie es weitergeht. Ich habe auch versucht, die Zuständigen beim Team noch einmal umzustimmen oder mit Alternativen zu kommen, die die Zukunft für mich etwas sicherer machen - aber auch diese Varianten sind fehlgeschlagen bzw. wurden nicht angehört. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war mir ganz klar, dass das wohl nicht weitergehen wird - gleichzeitig aber überhaupt nicht nachvollziehbar, weil alles gut läuft, die Marke läuft gut, das Team funktioniert gut, die Erfolge waren da (zu diesem Zeitpunkt noch mit dem WM-Titel). Außer vielleicht das Durchschnittsalter der Fahrer, aber da hätte man ein paar Junge dazu nehmen können, gemeinsam mit den Arrivierten weiterfahren bis man da einen Wandel herbeiführt.

Es war sicher nicht einfach, in dieser Saison mit diesen Gedanken Rennen zu fahren?

Im Endeffekt war das Thema das ganze Jahr im Hinterkopf und hat sehr stark dazu beigetragen, dass ich nicht 100% meiner Leistung abrufen konnte. Im September nach der Marathon-WM hat man uns dann gesagt, dass es definitiv nicht weitergehen wird. Vielleicht war der Wunsch von Canyon da, beim Teamsponsoring einzusparen, Canyon ist ja bei einigen Teams sehr engagiert - und da waren wir die ersten, bei denen die Verträge ausgelaufen sind. Jeder von uns hat geglaubt, dass es weitergeht - es wurde ja auch viel investiert: Fahrzeuge, Designänderungen, Klamotten. Von Außen war jeder erstmal überrascht, wir haben aber mit unseren Informationen schon gemutmaßt, dass es aus ist und konnten uns schon ab Saisonmitte ein bisschen umschauen.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, das Sky als Sponsor aus dem Radrennsport aussteigt - nach fast zehn Jahren und auf den ersten Blick weiß auch keiner warum - und da waren auch die sportlichen Erfolge vorhanden. Vielleicht steigt man als Sponsor aus, wenn man quasi alles erreicht hat? Canyon hat zwei Straßenteams, die Räder verkaufen sich von selbst…

Canyon sponsort neben Straße und Triathlon auch noch einige Teams im Offroad-Bereich wie eben uns, aber auch Cyclocross, Enduro und Downhill. Mittlerweile geht es ja nicht nur ums Material sondern da müssen auch Millionen zusätzlich reingesteckt werden. Wie auch beim Downhillteam, dass kostet schon ordentlich!

Wegen dem Materialeinsatz?

Trucks, Material und die Fahrergehälter sind richtig hoch im Downhill - das wissen oft nur Insider. Jeder denkt sich, Downhill ist so eine Randsportart aber die verdienen da richtig Kohle. Da können wir im Cross Country-Marathon nicht mithalten, vielleicht gerade einmal ein Nino Schurter, der ist ja der Topverdiener im Ausdauerbereich.

Zählt Downhill auch mehr wegen der „Red Bull“-Welt?

Das weniger, aber die kriegen da einfach richtig gute Werksverträge. Teilweise natürlich weil das Ganze auch oft im Fernsehen ist, wie auch teilweise bei den Cross Country-Rennen, das gibt einfach einen größeren Werbewert und erleichtert die Sponsorensuche. Im Cross Country-Bereich ist es derzeit aber auch eher schwierig - die Teams sprießen nicht aus dem Boden, es ist schon eher ein zähes Geschäft. Dabei ist der Marathon noch „gesegnet“, weil die Masse der Leute dahinter steht, die Kunden.

Jetzt also Team Bulls mit Karl Platt - vom Konkurrenten zum Freund quasi?

Eigentlich ist das schon ein spannende Geschichte, dass zwei, die den Marathonsport geprägt haben (ich bei Eintagesrennen, er bei Etappenrennen) so zusammengefunden haben. Wir waren Konkurrenten und auch da schon eher richtige Rivalen, weil jeder so ein bisschen die Rolle des Marathonfahrers verkörpert. Er ist ein Vieltrainierer (viele Kilometer, viele Stunden), ich trainiere wattgesteuert mit Intervallen, das hat er lange nicht gemacht. Darin sehe ich aber auch einen großen Vorteil unserer Fusion, wir können beide von unserem Erfahrungsschatz lernen. Ich kann viel von seinen Cape Epic-Erfahrungen profitierten, da hat er den Schlüssel zum Erfolg. Das ist das erste große Ziel für uns, das Cape Epic - sein Ziel ist der sechste Sieg, damit wäre er alleinstehend erfolgreichster Teilnehmer (Christoph Sauser hat derzeit auch fünf Siege). Ich bin 39 und er 40, wir sind sicher nicht die jüngsten aber mit der Motivation und mit dem Kopf voll bei der Sache. Wir motivieren und jetzt gegenseitig.

Karl Platt und Alban Lakata (Foto: Team Bulls)

Ihr ergänzt euch ganz gut oder? Besser unterschiedliche Stärken, als jeder macht und kann genau das gleiche.

Mein bisheriger Teamkollege war vom Fahrertyp anders als ich - Schnellstarter und eher auf den kürzeren Strecken gut. Karl und ich sind Typen, die eher längere Rennen bevorzugen, hinten raus schneller werden, den längeren Atem haben - da harmonieren wir richtig gut. Es ist fast hollywoodreif, dass da zwei zusammenfinden, die sonst immer Konkurrenten waren, Wissen und Know How richtig zurückgehalten haben. Jetzt können wir beide von unserem Wissen profitieren.

Hat es da diesen einen Moment gegeben, wo einer auf den anderen zugegangen ist?

Ja, bei einem Rennen in Kolumbien waren wir im gleichen Hotel untergebracht und hatten das gleiche Rahmenprogramm - da hat man Zeit zum Quatschen. Da hab ich ihm erzählt, dass es das Team nicht mehr gibt, da war auch er baff wie alle anderen. Und er hat begonnen nachzudenken, wie er da unterstützen kann. Ein Monat später kam die Frage, ob ich mir vorstellen kann mit ihm zu fahren. Wir haben dann beide intensiver darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass das richtig gut funktionieren kann, weil wir vom Fahrertyp gleich sind, ähnlich viel Erfahrung haben und auch von unserem Umfeld her recht gefestigt sind - uns wirft nichts so schnell aus der Bahn. Und das sind Faktoren, die dann auch im Rennen entscheidend sind. Und dass wir beide uns gegenseitig helfen können, etwas zu erreichen, was wir alleine noch nicht geschafft haben.

Für dich ist das das Cape Epic?

Genau, für mich das Cape Epic, für ihn eine Medaille bei einer WM. Ich möchte ihm helfen, das zu erreichen - ich stehe ja schon etwas in der Schuld, weil er mich ins Team gebracht hat und das ist schon ein geniales Paket bei Bulls, das wäre woanders nicht möglich. Ich versuche mit Infos über Material und Training etwas zurückzugeben - Nehmen und Geben ist in so einer Partnerschaft sehr wichtig. So weit ich ihn jetzt kennengelernt habe, war meine Einschätzung als Konkurrent ganz anders. Interessanter Punkt ist auch, dass man als Konkurrent immer sieht, wo einer angreifbar ist. Das kann ich ihm jetzt sagen und umgekehrt geht das auch. Er hat mir auch schon ganz klar gesagt, welche Fehler ich mache, z.B. bei Etappenrennen.

Ich habe gelesen, dass du auch überlegt hast, ein eigenes Team zu gründen, auch im Hinblick auf eine mögliche Nachwuchsförderung?

Ja, wobei das war einer der kürzesten Gedanken aber das kam aus der Not heraus. Mit einem relativ kleinen Team - und ich hätte jedenfalls einen jungen Fahrer dazugenommen und einen erfahrenen Teamkollegen für die Etappenrennen - wäre das aber trotzdem viel Arbeit gewesen und ich hätte mich nicht mehr zu 100% auf den Rennsport konzentrieren können. Das war dann auch der Entscheidungsgrund, warum ich das recht schnell verworfen hab und eher geschaut habe, dass ich ein Team mit guten Strukturen finde.

Du möchtest schon noch ein paar volle Saisonen fahren? Es wäre doch auch eine Variante gewesen, dass Cape Epic irgendwie noch zu gewinnen und dann die Karriere auslaufen zu lassen?

Pensionierung ist definitiv noch kein Thema. Ich sehe, dass eine Leistungsentwicklung über die Jahre gegeben ist. Ich trainiere mit Watt und in der Leistungsdiagnostik ist erkennbar, dass noch Potential da ist. Und ich weiß auch, wieviel der Kopf mitspielt und allein von dem her könnte ich noch relativ lange fahren. Ich fühle mich noch nicht verbraucht.

Dein neuer Vertrag läuft zwei Jahre und hat eine Option auf ein drittes?

Genau, die Dauer war mir ganz wichtig. Ich möchte idealerweise nächstes Jahr schon das dritte Jahr fix machen. Schauen wir mal, wie es nach dem Cape Epic ausschaut, ob alle zufrieden sind. Aber alleine der Wille zum dritten Optionsjahr ist für mich ein Signal, dass sie mit mir zusammenarbeiten wollen. Als Grundgedanke war wichtig, dass jetzt nicht für zwei Jahre ein Fahrer für Karl Platt ins Team kommt und dann schmeissen sie mich raus. Schon beim Erstgespräch war ganz klar die Frage, was ich danach machen will. Ich hab gesagt, am liebsten möchte ich schon noch 3-5 Jahre Rennfahrer sein, solange ich halt vorne mitfahren kann. Alter ist irgendwie so eine Sache, ich fühle mich jetzt nicht so, dass ich nur noch hinten nachfahre, sonst würde ich es schon lassen. Wichtig ist, dass man Veränderungen akzeptiert und neue Reize setzt, dass man einfach nicht stagniert.

Alban Lakata im Trikot von Team Bulls (Foto: Team Bulls)

Abgesehen von Rennen als Zweierteam: welchen Wert hat das Team in deinem Radlerleben, auch im Vergleich zum Rennradsport? Könntest du deine Leistungen auch „alleine“ erbringen?

Das Team ist nicht so wichtig wie auf der Straße, du bist von deinen Teamkollegen im Rennengeschehen nicht so abhängig bzw. ist es nicht notwendig, teamstrategisch zu fahren.

Marathon fährt man alleine.

Ja, den fährst du mehr oder weniger alleine - von Anfang bis Ende am Limit. Das ist anders als auf der Straße. Klar gibt es Situationen in einem Rennen, wo du vielleicht profitierst, wenn du in einer Gruppe oder im Team zusammenarbeitest, aber viel wichtiger sind die Supporter drumherum - Masseure, Mechaniker, Teammanager.

Wie ist die technische Umstellung von Canyon auf Bulls? Ist dir egal, worauf du sitzt oder macht es für dich einen tatsächlichen Unterschied?

Ehrlicherweise hab ich mir zu Beginn schon kurz gedacht, dass Bulls zuerst einmal ein kleiner Rückschritt sein könnte. Canyon war sehr professionell was Marketing und Werbung angeht, wobei das ja grundsätzlich nichts über das Produkt aussagt. Bei Bulls steht ein Riesenkonzern dahinter, der große Umsätze macht und sehr gesunde Finanzen hat - Bulls ist da eigentlich nur eine kleine Sparte vom Ganzen. Bei meinen ersten Fahrten - egal ob mit dem Fully oder dem Rennrad war kein Riesenunterschied zu erkennen, obwohl ich ein echter Materialfreak bin in dieser Hinsicht. Optisch natürlich ein Unterschied, aber ein Rad ist ein Rad - um es banal auszudrücken. Bei einem Rad sprechen wir ja immer auch vom Gesamtpaket, bestimmte Sponsoren wie Fox und Shimano bleiben gleich, die Reifen ändern sich von Maxxis auf Schwalbe - wenn das Gewicht des Rahmens um einen Tick schlechter ist, ist der Reifen vielleicht einen Tick besser, das Gesamtpaket verschlechtert sich da auf keinen Fall. Karl hat schon bewiesen, dass es möglich ist, mit dem Rad Rennen zu gewinnen. Auch Urs Huber hat letztes Jahr 14 oder 15 Rennen gewonnen. Mitunter sehe ich es auch als meine Aufgabe, zu helfen, das Rad weiterzuentwickeln.

Bei neuen Rädern ist das Niveau insgesamt schon sehr hoch.

Genau. Image ist halt noch so eine Sache, aber das ist bei Bulls jetzt nicht so das Riesenthema - die sind sehr gut bei E-Bikes und im Low Budget-Bereich, das ist ihnen auch sehr wichtig.

Das ist ja auch der Massenmarkt, da wo die Umsätze herkommen.

Richtig, der Highend-Bereich ist gar nicht so sehr im Fokus. Was für die Fahrer fast etwas schade ist, weil die Verkaufszahlen eines High End-Rads ja auch die Werbewirksamkeit eines Fahrers oder des Teams widerspiegeln. Aber das kann man auch anders sehen - bei Canyon hat es soweit geführt, dass es anscheinend gar kein Team mehr braucht, um das Rad zu verkaufen. Wir haben sicher die Jahre zuvor gut gearbeitet, Leistungen erbracht, und Werbung gemacht, damit sich das Produkt gut verkauft. Jetzt wird davon eine Weile profitiert.

Was sind deine Ziele für 2019 (abseits des Cape Epic)?

Worldcup gibt es ja in dem Sinn keinen im Marathon und die bestehende Marathon-Serie hat nicht allzu viel Stellenwert für mich. Wichtig sind mir die Titel, das ist auch wieder etwas für das Team. Wenn man sich mein neues Trikot anschaut, dann ist das mehr oder weniger blank, die Weltmeisterstreifen kommen noch auf den Ärmel. Mein Ziel ist es, wie ein junger Fahrer, nach und nach meine Streifen und Abzeichen an meinem neuen Teamtrikot zu erarbeiten. Klares Ziel ist auch der WM-Titel mit dem neuen Team und unter der neuen Marke, das wäre schon etwas besonderes. Auch die Österreichischen Meisterschaften sind mittlerweile eine große Herausforderung, das Niveau in Österreich ist extrem hoch. Daniel Geismayr ist letztes Jahr Vize-Weltmeister WM geworden - das zeigt schon, was wir für ein Niveau haben, da stehen noch andere auf der Liste aber es reicht schon einer, um nicht Meister zu werden. Ich habe schon ein paar Mal gesagt ich fange jetzt wieder bei Null an - das ist so natürlich nicht ganz wahr. Ich muss mich jetzt nicht zwingend beweisen aber ich möchte es! Und zeigen, was mit dem Rad, dem Team und dem Umfeld alles möglich ist. Mit dem Alter kommt auch eine Reife und damit andere Ziele - andere als ein jüngerer Fahrer, vielleicht so etwas wie eine höhere Stufe der Selbstverwirklichung.

Zum Straßenradsport - du warst 16. bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften und einer der besten Österreicher beim Ötztaler Pro - da warst du bis zum Jaufenpass in einer guten Gruppe.

Am Jaufenpass hat sich dann die entscheidende Gruppe abgesetzt, leider ohne mich. Ich hatte da einen Hänger mit Unterzuckerung - schlecht gewirtschaftet, denn ich habe einmal meine Flasche nicht bekommen und in der fremden Flasche war ein Getränk mit Süßstoff. Man muss wissen, dass wir Mountainbiker sehr abhängig von Kohlenhydraten sind - Straßenfahrer funktionieren anders, die haben einen anderen Motor, die trainieren das auch. Bei Straßenrennfahrern ist die letzte Stunde wichtig, bei uns die Erste. Ich habe aus dem Rennen gelernt, nicht zu viel von vorne zufahren. Am Anfang bin ich viel vorne gefahren, aufs Kühtai hoch, viel im Wind - aus der Unerfahrenheit heraus. Der Ötztaler hat mich jedenfalls nicht glücklich gemacht vom Ergebnis her, auch weil ich gemeint habe, dass mir das Rennen vom Profil und den Anforderungen her liegen sollte. Ich möchte auch unbedingt nochmal starten, ob beim Pro Ötztaler oder beim normalen ist egal. Der normale kommt mir mehr entgegen, weil man da eher wie bei einen MTB-Marathon fährt - jeden Berg gleich schnell, vielleicht in einer kleinen Gruppe aber gleichmäßig an der Schwelle. Bei den Profis stellen die großen Teams halt ein paar Fahrer ab, einer von Bora ist den ganzen Brenner hoch vorne im Wind gefahren, um die Lücke zur Spitze zu schließen, das hätte ich mir nie gedacht. Der ist dann aber auch ins Auto eingestiegen und hat gesagt „Für mich ist der Job jetzt erledigt“. Ich hab daweil in der Gruppe überlegt, ob man sich da nicht irgendwie einbringen und unterstützen soll…

Das heißt, das entspricht nicht so wirklich deiner Philosophie?

Nicht wirklich. Ich hab dann schon gemerkt, dass meine MTB-Kollegen Geismayr und Pernsteiner - die zwei, die regelmäßig auch Straßenrennen fahren - sich da entsprechend zurückgehalten haben und beide sind dann gut gefahren. So ein Ergebnis hätte ich mir erwartet - dass ich gewinne war unrealistisch aber Top Ten hätte ich erwartet und da war ich halt weit davon entfernt.

Und die Österreichischen Meisterschaften Straße?

Bei der Straßenmeisterschaft habe ich taktische Fehler gemacht und auch zu wenig in die Vorbereitung investiert bzw. investieren können - da hat am Ende die Spritzigkeit gefehlt und für die Spitzen hab ich zu wenig draufgehabt. Das Zeitfahren war dafür ganz passabel.

Das heißt, Straßenrennen werden ein „Hobby“ für dich bleiben? Und Zeitfahren interessiert dich mehr?

Rennen wie der Ötztaler oder der Super Giro Dolomiti interessieren mich schon sehr, weil sie absolut meinem Fahrerprofil entsprechen und du auch nicht unbedingt abhängig bist von einem Team. Richtig professionelle Straßenrennen… klar hätte mich eine Straßen-WM in Innsbruck interessiert, zum einen in Tirol und die Strecke würde mir auch liegen…

Wo du halt alleine auf dich gestellt bist, ist das Zeitfahren,. Wenn man sich da mal ein Monat oder so darauf konzentriert, dann kann man da leistungsmäßig schon etwas abrufen. Materialmäßig hatte ich dieses Jahr zwar ein gutes Rad aber die Einstellung war suboptimal. Ich hatte gehofft, viel mit meiner Leistung und Stärke wettmachen zu können und hab auch einiges wettgemacht - aber eben nicht alles. Auch die Fahrtechnik war ein großer Punkt, ich hab knapp eine Minute in der Abfahrt liegenlassen, es war nass und regnerisch und ich hab einfach auch nicht alles riskiert. Brändle ist damals Zweiter geworden, wir sind in einer ähnlichen Gewichtsklasse und meine Wattwerte waren leicht höher als seine - das zeigt schon, dass ich da etwas weiter vorne hätte sein müssen, wenn alles gepasst hätte.

Wie gehts mit dem Zeitfahren weiter? Planst du das fix ein, entscheidest du spontan bzw. lässt deine Saisonplanung das überhaupt zu?

Das hängt davon ab, welche Freiheiten ich haben werde, ob ich mir mal drei oder vier Wochen rausnehmen kann um dafür zu trainieren. Mir schwebt auch so etwas wie der Stundenweltrekord als Projekt vor - nur um mal zu schauen, wo ich da liege. Mein aktueller Coach kennt sich da ganz gut aus und könnte mir sicher einige Tipps geben, um mit überschaubarem Aufwand ein ganz gutes Ergebnis zu erzielen. Heuer hab ich aber mal den Teamwechsel zu verdauen und dann werden wir schauen, welche Ausflüge in die anderen Sphären sich da noch vereinbaren lassen.

Wie schaut es z.B. mit dem King of the Lake aus?

Den habe ich definitiv am Schirm, zuletzt war das zeitlich schwierig, da war gleichzeitig die WM. Aber wenn es sich ausgeht, solche Sachen würden mich immer wieder mal interessieren - warum nicht!

Reizt dich die Langstrecke? Die Projekte von Christoph Strasser? Das Race Around Austria?

Vor zwei Jahren hätte ich gesagt „Sicher nicht - den „Blödsinn“ mach ich nicht“. Aber ich seh schon auch wieder einen Reiz in dem Ganzen, ich würde das nicht mehr komplett ausschließen. Das sind auch die Aspekte des Ausdauersports, wo das Alter nicht so negativ reinspielt.

Wer deine Aktivitäten verfolgt, weiß, dass du sehr aktiv auf Strava bist. War es jemals ein Thema, dass du bestimmte Daten nicht auf Strava veröffentlichst?

Ja das war Thema - wenn du einen Coach hast und viel leistungsgesteuert trainierst, dann ist es natürlich nicht ganz fair, wenn man da zu viel preisgibt. Ich versuche natürlich schon, ein transparenter Athlet zu sein und die Menschen sollen sehen, was notwendig ist, um vorne mitzufahren und was ein Profi wirklich macht. Es nützt keinem etwas, wenn ich auf Strava nur die Fahrten und ein paar Bilder hochlade und alles andere verheimliche - da gehört viel mehr dazu und die Menschen schätzen das auch.

Hast du irgendwelche negativen Erfahrungen gemacht? Wie sieht das Feedback der Follower aus?

Was ich schon gemerkt habe ist, dass man teilweise „ausspioniert“ wird. Viele Trainer schauen genau hin, die Sportler selbst schauen und gehen dann zu ihrem Trainer und sagen, sie wollen das auch so und so machen. Nach dem durchwachsenen Jahr 2018 ist die Aufmerksamkeit etwas weniger geworden, man merkt es an den Followerzahlen. Als ich 2017 Weltmeister geworden bin, ist alles regelrecht explodiert. Jetzt mit dem Teamwechsel bin ich offenbar wieder etwas interessanter geworden, das gibt einem schon ein gewisses Feedback. Ich selbst folge nicht vielen - ich habe mir ein paar herausgepickt, die interessant sind in meinem Bereich, wo ich vielleicht auch noch etwas lernen kann. Ich nütze Strava als wahres Social Media für den Radsportler, weil Leute sich da normalerweise schon für die Materie interessieren - egal ob Material oder Training. Leute kommen auf mich zu und sagen „Ich folge dir auf Strava“ - das zeigt mir, dass sie nicht nur an Canyon oder Bulls oder sonst irgendwas interessiert sind, sondern an mir und meinem Beruf. Das gibt mir das Feedback, dass ich da etwas richtig mache.

Spannend an deinem Strava-Profil finde ich den Mix aus Sportarten (Rad, Fitness, Rolle, Skitouren) - das ist für mich ein Mehrwert und eine gute Veranschaulichung, was notwendig ist im Training.

Vier Stunden Skitouren sind für mich weniger anstrengend als vier Stunden Rolle, weil es kurzweiliger ist. Viele Sportler gehen jetzt Skitouren, alle die die Möglichkeiten haben oder in den Alpen wohnen. Ich mache das schon seit ich Radsport betreibe, einfach weil es bei uns in Osttirol einfach nicht anders geht und natürlich weil es ein super Ausgleichstraining ist. Das könnte ich ja theoretisch auf Strava auch verstecken - ich verheimlich auch nicht dass ich Intervalle bei den Skitouren gehe. Ich erkläre es jetzt nicht mehr so ausführlich wie früher - wenn ich schreibe „4x10min VO2Max“ und dann noch „30-30er Intervalle“ dann fragen die Leute nach und dann geht das mehr und mehr ins Detail. Ich schreibe dann eher „VO2Max Intervalle“ oder „Harte Einheit auf der Rolle“ und das passt auch. Mir haben Leute schon Auswertungen über mich selbst geschickt, das weiß nicht einmal ich so detailliert, meine aktuelle Schwelle oder den FTP-Wert.

Alban Lakata auf Strava

Osttirol präsentiert sich als sportliche Raddestination - was bekommst du davon mit?

Es tut sich sehr viel in Lienz und in ganz Osttirol, zum Beispiel auch mit dem Bikepark am Hochstein, der weiter wächst.

Dort gibt es ja auch den Lakata-Trail.

Genau, den bin ich ich ja damals mit Peter Sagan bei der Eröffnung heruntergefahren. Das Team von Bora-Hansgrohe ist regelmäßig auf Trainingslager in Lienz, da könnte ich auch mitfahren - das ist schon ein eigenes Flair, wenn so eine große Mannschaft da auf Höhentrainingslager ist und die Gegebenheiten nutzt. Die Leute schauen auf Lienz und Osttirol - da kann man Radfahren, da gibt es die Infrastrukturen - insgesamt eine sehr gute Initiative.

Und für dein sportliches Mountainbiken?

Die Trainingsausfahrten mit großen Mannschaften sind gut, Hermann Pernsteiner war letztes Jahr für ein paar große gemeinsame Runden hier - es macht Riesenspaß, mit solchen Leuten zu trainieren. Der Bikepark kommt mir da sehr zu gute, weil ich da meine Skills trainieren kann.

Das heißt, den nützt du regelmäßig?

Ja, gerne und oft, wenn es sich ausgeht. Aber auch sonst - wir haben viele Radwege, sodass man nicht nur auf den Hauptstraßen unterwegs sein muss.

Du bist aber auch recht viel auf den Bundesstraßen unterwegs?

Ich fahre gerne die Kreuzbergrunde und die Lesachtalrunde. Es sind flüssige Schleifen, man kann teilweise die Radwege benützen, schöne vier Stunden lang. Wichtig ist, dass es Runden sind und man nicht einen Radweg rauf und runter fährt. Auf halbem Weg in Hermagor hab ich mein Stamm-Café für einen Cappuccino, bevor ich weiterfahre.

Du fährst also nicht mit dem Kopf unten am Lenker sondern schaust auch mal in die Landschaft?

Teils, teils - bei so einer Runde gibt es z.B. Strava-Segmente, die baut man ein und dann hat man während der Fahrt immer wieder kleine Herausforderungen.

KOMs (King of the Mountain-Wertungen) sind schon ein Ansporn für dich?

Ja sicher - z.B. der KOM am Gailberg gehört nicht mehr mir, der wurde bei der Dolomitenradrundfahrt unterboten. Der Kreuzberg ist extrem umkämpft, den hab ich mir kürzlich zurückgeholt. Im Gailtal gibt es ein langes flaches Segment, das ich immer wieder einmal in Angriff nehme.

Also Strava als Motivation?

Das ist ein wesentlicher Pluspunkt von Strava - die Motivation, die man daraus zieht. Man schaut, was die anderen fahren, dann kann ich halt auch einmal 4-5 Stunden in der Kälte trainieren. Mit den KOMs sehe ich aber auch, wo ich an mir arbeiten kann. Ich fahre jetzt nicht in der Welt herum, um KOMs zu sammeln, aber wenn auf einer größeren Runde z.B. der Monte Zoncolan dabei ist, dann versuche ich schon, mir den zu schnappen. Der Zoncolan von Ovaro ist seit dem Giro relativ schwierig mit der Zeit vom Froome - obwohl der hat das gar nicht hochgeladen…

Wie oft bekommst du ein Email, dass du einen KOM verloren hast?

E-Mail nicht, weil die Funktion ausgeschaltet ist, aber Benachrichtigungen schon regelmäßig, viele kommen aber auch mit dem Auto oder E-Bikes zustande. Falls ein KOM mir ehrlich abhanden kommt, dann kann das schon motivieren, beim nächsten Mal in diesem Segment etwas mehr Gas zu geben.

Auch weil du recht viel alleine unterwegs bist?

Definitiv. Und auch für den sportlichen Ehrgeiz, um andere Leute wieder zu motivieren etwas zu tun. Den KOM am Kreuzberg hab ich mir zuletzt zurückgeholt, dann hoffe ich, dass da der nächste kommt und die Zeit wieder verbessert. Man lernt nicht nur wie man schneller fährt, sondern auch auf die Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Man wird ein feinfühliger Fahrer, schaut wie sich der Wind verhält - über die tageszeitabhängigen Windverhältnisse auf der Rückseite des Iselsberg weiß ich mittlerweile sehr viel. Das sind so Spielereien, aber die machen das Ganze spannend und interessant. Und es geht ja im Endeffekt darum, dass es nicht fad wird.

Gutes Stichwort für ein Schlussplädoyer: trotz allem Ehrgeiz und Wettkampf gehst du gerne Radfahren und es macht dir Spaß? Es gibt ja immer wieder Interviews mit Profis oder Fahrern, die sagen, dass sie in ihrer Freizeit kein Rad angreifen würden…

Die meisten haben eine romantische Vorstellung vom Leben eines Radprofis, aber ich kann sagen, es ist mit Sicherheit nicht immer romanisch. Es macht mir schon zu 90% Spaß. Ich trainiere gerne strukturiert aber eben manchmal auch ins Blaue hinein. Spaß ist dabei ein wichtiger Motivationsfaktor - wenn man den nicht mehr hat, im Training und auch im Rennen, dann ist es bald vorbei. Ich fahre liebend gern Rennen und ich trainiere auch extrem gern. Für beides musst du Spaß daran haben, da spielt dann auch das Alter keine Rolle. Wenn du dich zum Training motivieren kannst, dann wird die Leistung nicht so schnell abfallen.

Alban, Vielen Dank für die Zeit und das Interview - Alles Gute für die kommende Saison im neuen Team Bulls.

Alban Lakata auf Facebook, Instagram, Strava und sein Steckbrief des Team Bulls:

Zwift Run

Die Trainingssoftware Zwift ist unter Radlerinnen und Radlern mittlerweile sehr gut etabliert. Egal, ob man Zerstreuung während dem sonst eher monotonen Rollentraining sucht, Trainingsprogramme abspult oder sich mit Freunden für eine virtuelle Gruppenfahrt trifft, wenn es draußen stürmt und schneit - Zwift hat für recht viele Anwendungsbereiche eine geeignete Lösung parat. Seit längerer Zeit existieren diese Features und Möglichkeiten auch für Läufer - anfangs eher unscheinbar und fast versteckt, seit wenigen Monaten von Zwift selbst gepusht. Pushen heißt in diesem Fall, dass spezieller Content für Läufer hinzugefügt, die Öffentlichkeitsarbeit dahingehend ergänzt und die technischen Möglichkeiten entsprechend erweitert wurden. Doch der Reihe nach…

Grundsätzliches

Die Beiträge auf 169k über Zwift haben mittlerweile eine Menge erreicht, die eine eigene Kategorie füllen - so viel gibt es über Funktionen, neue Strecken, Trainings und Meilensteine zu berichten. Dementsprechend möchte ich gar nicht mehr allzu viel über grundsätzliche Funktionen, Sinn und Unsinn und die technischen Rahmenbedingungen erzählen. Hier und jetzt sollen die Lauffunktionen im Vordergrund stehen - auch für mich etwas neues.

Setup

Beim Equipment gibt es naturgemäß einige Änderungen zum Rad-Setup. Grundsätzlich ist das Einrichten hier etwas einfacher, Gerätschaften benötigt man dafür allerdings trotzdem.

Man kann natürlich auch draußen Laufen gehen und parallel dazu Zwift starten, allerdings geht das irgendwie an der Intention der ganzen Geschichte vorbei. Wer doppelte Kilometer zählen will, auch draußen nicht den Blick vom Handy-Display lösen kann oder grundsätzlich auf Computerspiele steht, dem sei natürlich unbenommen, auch draußen mit dem Handy in der Hand und Zwift zu laufen. Indoor ist jedoch ein Laufband notwendig, auf dem man seine Einheiten abspult. Die wenigsten haben zuhause ein Laufband stehen - ein solches schlägt sich derzeit mit rund 500 bis 1.000 Euro zu Buche, High-End Modelle liegen entsprechend darüber. Einsatzorte sind daher in erster Linie Fitness-Studios, egal ob es das Fitness-Center um die Ecke ist oder der Hotel-Fitnessraum auf der Dienstreise.

Auf der Zwift-Homepage sind einige wenige Modelle von Laufbändern zu finden, die direkt via Bluetooth mit Zwift kommunizieren können, allerdings sind diese in “freier Wildbahn” nur recht schwer (oder wenn, dann nur zufällig) anzutreffen. In allen anderen Fällen ist ein Lauf-Pod die Lösung. In wenigen Sekunden auf den Schuh montiert (=geclippt), liefert der Pod alle notwendigen Daten an die Software und Zwift weiß, was auf dem Laufband passiert. Der Pod funktioniert auf Basis von Beschleunigungssensoren, vergleichbares hat es von allen namhaften Herstellern schon einmal gegeben - als Laufuhren noch nicht über GPS verfügten, waren Pods die verlässlichste (unverlässliche) Quelle für Distanzen und Geschwindigkeiten.

Zwift hat im Juni 2018 die Firma Milestone übernommen, bis dahin der Hersteller eines der beliebtesten Running Pods. Dieser funktionierte recht anstandslos, hatte aber bei schnellen Tempowechseln gewisse Genauigkeitsprobleme, dazu kamen noch Lieferschwierigkeiten. Zwift hat in den letzten Monaten einige Ressourcen investiert, um die Performance des Produkts zu erhöhen, der nunmehr Zwift-gebrandete Pod ist direkt im Zwift-Shop für rund 30 US-Dollar erhältlich. Für die Stromversorgung ist eine (aus allen möglichen Geräten wohlbekannte) CR2032-Zelle zuständig, übertragen werden Geschwindigkeit, Kadenz und Distanz. Inbetriebnahme gibt es de facto keine, das Pairing (mit Telefon, iPad oder Computer) geht über Bluetooth in Sekunden vonstatten.

Die Pulsmessung funktioniert ebenfalls über Bluetooth mit Geräten wie den Puls-Armbändern von Wahoo oder Polar. Pulsmesser - wie der klassische Garmin-Brustgurt, die über ANT+ senden, sind schwieriger in das Setup zu integrieren, da als Standard in erster Linie Bluetooth fungiert und man nicht so mir nichts, dir nichts einen zweiten Kanal über ANT+ eröffnen kann (wie man das am Computer mit dem Hometrainer noch eher machen kann).

Damit hat man auch schon alles, was man grundsätzlich an Equipment braucht. Ähnlich zum Radeln auf der Rolle fehlt auch beim Laufen auf dem Laufband der Wind und etwas frische Luft - ein Ventilator, Schweißbänder, Handtuch und ausreichend Flüssigkeit sind also auch beim Laufen auf Zwift durchaus nützlich.

Funktionen

Einfach Laufen? Strukturiertes Training? Lauftreff? Geht alles und kann im Hauptmenü entsprechend ausgewählt werden. Die Funktionen von Zwift, die man vom Radfahren kennt, sind alle auch fürs Laufen vorhanden. Die Strecken (Watopia, London, Richmond, Innsbruck und New York) können unter die Laufschuh-Sohlen genommen werden, wobei man sich großteils die Wege mit den Radler*innen teilt. Mit den letzten Updates entstehen allerdings vermehrt eigene Strecken für Läufer, auf denen man unter sich ist. Vereinzelt berühren oder kreuzen diese das bereits vorhandene Wegenetz, sodass man trotzdem noch etwas vom Gesamtbild mitbekommt. Es ist schließlich auch immer noch im Interesse von Zwift, reges Leben in den virtuellen Welten zu vermitteln, der soziale Aspekt ist ja ein wesentlicher Grund dafür, sich für Zwift zu entscheiden und nicht alleine vor der weißen Wand auf dem Laufband zu schwitzen.

Als Motivationshilfen können Ziele festgelegt werden (z.B. eine bestimmte Kilometerzahl pro Woche), es gibt laufend Herausforderungen, an denen man teilnehmen kann und - ebenfalls analog zum Radmodul - bieten unzählige Individualisierungsvarianten des Avatars die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen und mit neuem (freigeschaltetem) Gear das Aussehen zu verfeinern.

Praxistest

Nach einigen Kilometern auf dem Laufband und ein paar weiteren Tests auf und neben dem Laufband ist festzustellen, dass es sich um ein ausgereiftes System handelt - immerhin sind sowohl Laufbänder, Pods als auch die Software mittlerweile gut erprobt. Das Pairing geht in Sekunden über die Bühne, wer mit der Zwift-Software bereits vertraut ist, findet sich dort auch sofort zurecht.

Der Zwift-Pod ist sofort einsatzbereit und überträgt vom ersten Schritt an die richtigen Daten. Sicherstellen muss man dabei jedoch, dass die Entfernung zwischen Pod und Computer/Tablet/Telefon nicht zu groß wird, da es sonst zu Ausfällen oder Unterbrechungen im Datenstrom kommt und der Läufer auf dem Bildschirm plötzlich stehenbleibt, obwohl einem selbst noch der Schweiß von der Stirn tropft.

Schwierigkeiten hat der Pod offenbar mit “ausgefalleneren” Laufbändern. Einer meiner Tests fand auf einem gebogenen Laufband der Marke Technogym statt, an sich ein Vorreiter was Technologie und Innovationen angeht. Die Neigung der Lauffläche des Laufbands schien allerdings den Pod zu verwirren, weshalb durchwegs eine geringere Geschwindigkeit angezeigt wurde. Bei einem Lauf draußen - ja, ich war kurz (versteckt) mit Zwift draußen laufen - wurde allerdings wieder die richtige Pace angezeigt. Das bestätigt die Annahme, dass die Bauform des Laufbands mit schuld an der falschen Anzeige war. Ansonsten werden die Angaben von Pods, Laufuhren und anderen Geräten aber auch immer (gering) unterschiedliche Werte liefern, wie das beispielsweise auch bei unterschiedlichen Uhrenmodellen oder Radcomputern der Fall ist.

Die Laufstrecken auf Zwift sind mittlerweile recht gut bevölkert, man merkt stark eine geographische Verteilung der Läufer*innen, mit einem starken Fokus auf Nordamerika - eventuell ist dort das Laufen auf Laufbändern grundsätzlich populärer. Wenn man daher Wert auf Gesellschaft legt, kann man seine Zwift-Einheiten entsprechend zeitlich einplanen.

Im Sinne von Unterhaltung und Kurzweiligkeit ist Laufen auf Zwift identisch mit Radfahren auf Zwift. Nicht so gut wie “the real thing” - also ein Lauf an der frischen Luft, jedenfalls aber besser und unterhaltsamer als das Anstarren einer Digitalanzeige auf dem Laufband im Fitness-Studio. Mit persönlich fehlt das Laufband zuhause bzw. im Fitness-Studio - auf Reise, in Hotels oder bei geplanten Studio-Besuchen werde ich allerdings jedenfalls den Zwift-Pod in meine Tasche packen.

Danke an Vitura Personal Training für die Bereitstellung des Laufbands für diesen Test.

Der Text enthält Amazon Affiliate-Links - der Preis für die dahinterliegende Produkte wird dadurch nicht beeinflusst.

Mein Zwift-Setup

Es wird bereits merklich früher finster und die Temperaturen an den Tagesrandzeiten sind nicht mehr ganz so kuschelig wie zuletzt gewohnt. Umso attraktiver wird nach und nach wieder das Training auf der Rolle. Wobei "attraktiv" bis vor wenigen Jahren kein Attribut war, das man mit Rollentraining im Winter in Verbindung gebracht hat - und dann kam Zwift. 

Man kann nach wie vor fabelhaft über Sinn und Unsinn, Realitätsgrad und Trainingseffekt von Zwift diskutieren - für mich war und ist Zwift im Winter eine großartige Möglichkeit, mich zu motivieren, meine Trainingseinheiten effektiv zu gestalten und auch mein Zeitbudget flexibel einzusetzen. Dinge wie virtuelle Rennen, "Missionen" oder andere Zusatzfeatures und kleine Belohnungen halten den Unterhaltungsfaktor außerdem konstant hoch. Und nicht zuletzt hat mit dem neuen WM-Kurs von Innsbruck auch noch ein Stück Österreich Eingang in die Software gefunden.

In diversen Facebook-Gruppen ist eine beliebte Beschäftigung, Fotos von der persönlichen "Pain Cave" zu posten - Schmerz und Schweiß sind als Synonyme für Rollentraining doch noch erhalten geblieben - bei aller Unterhaltung durch die Software... Interessanter als die physische Räumlichkeit ist aus meiner Sicht allerdings die Ausrüstung, die zur Verwendung kommt. Es gibt zahlreiche Varianten, wie man das Rollentraining mit Zwift angehen kann - keine davon ist falsch, manche sind besser oder realistischer als andere, alle zusammen sollten die Unterhaltung und Motivation beim Rollentraining fördern. Egal daher, ob eine Verbindung zwischen Geräten via Bluetooth oder ANT+ erfolgt, gleichgültig, ob das Rad aus Karbon oder Alu ist, egal auch ob der Bildschirm des Mobiltelefons oder jener des Fernsehers zum Einsatz kommt. Das folgende Setup ist rein exemplarisch und soll eine Idee davon geben, wie ein funktionierendes Zwift-Setup aussehen kann - Individualisierung und Ausrichtung auf die persönlichen Bedürfnisse ist ausdrücklich erwünscht.

Hardware

Zwift

Im Grunde basiert der ganze Artikel hier ja auf der magischen Software - der Kern des Setups ist demnach logischerweise Zwift selbst. Über Inhalt, Umfang und Funktionsweise muss an dieser Stelle glaube ich nicht mehr allzu viel gesagt oder geschrieben werden. Alle Infos zu Abo, Preisen, Systemvoraussetzungen und kompatiblen Geräten sind auf der Homepage von Zwift zu finden. Was sich so unterjährig an Verbesserungen und Ergänzungen ansammelt, ist beispielsweise hier zu lesen - besonders im Jahr 2017 ist ein großer Schwung an Funktionen hinzugekommen. Zwift arbeitet dabei tatsächlich mit Hochdruck daran, das Erlebnis permanent weiter zu verbessern. Gerade jetzt wird auf Facebook die kommende Erweiterung “New York” angekündigt.

Wahoo Kickr

Um das Zwift-Erlebnis "immersive" zu machen (so heißt das in der Computersprache - also "umfassend" und "eindringlich"), ist ein sogenannter Smart Trainer essentiell. Während die altbekannte Rolle sich dem Tritt des Fahrers und der Fahrerin anpasst und der Widerstand meistens proportional zur angewendeten Kraft steigt, können Smart Trainer auf Zuruf von Software, Geräten oder anderen Tools ihren Widerstand entsprechend variieren. Geht es in der virtuellen Zwift-Welt also bergauf, erhöht die Software automatisch den Widerstand des Trainers und umgekehrt - gleiches passiert beispielsweise bei Trainingsprogrammen, bei denen vorgegebene Wattwerte getreten werden sollen.

Der Markt von Smart Trainern ist in den vergangenen zwei, drei Jahren stark gewachsen, die Modellvielfalt ist groß, ebenso die Preisspanne, innerhalb derer man so ein Gerät erwerben kann. Die Speerspitze bilden die Topmodelle von Tacx und Wahoo, die Modelle "Neo" und "Kickr" unterscheiden sich im Detail (vor allem konzeptionell) deutlich voneinander und bringen jeweils andere Qualitäten ins Spiel um die Gunst des Käufers. Kompatibilität, Maße und Leistungsumfang sprechen aus meiner Sicht für den Kickr, der deswegen auch Teil meines Zwift-Setups ist. 

Für mich wesentlich ist die Kompatibilität des Trainers mit unterschiedlichen Achs-Standards - sowohl für Steckachsen (bei scheibengebremsten Rädern) als auch für Schnellspanner hält der Kickr entsprechende Adapter parat. Wer Nachbarn hat, wird sich zudem für die geringe Geräuschentwicklung begeistern - das aktuelle 2018er-Modell ist dann überhaupt schon leiser als der Ventilator daneben! Außerdem ist der Kickr (auch aufgrund der einklappbaren Standfüße) gut und klein verstaubar, er versteht sich mit sämtlichen ANT+ und Bluetooth-fähigen Gerätschaften, der maximale Widerstand von 2.000 Watt hält dem Gros der Nutzer*innen stand und die Genauigkeit des Widerstands bzw. der Leistungsmessung von 2 % ist für mich ohnehin nicht überprüfbar und eigentlich auch nicht ganz so wichtig. Sympathische oder praktische Kleinigkeiten runden das ganze Paket für mich persönlich noch ab - so ist beispielsweise kein Standfuß unter dem Vorderrad notwendig, im Zusammenspiel mit einem Wahoo Radcomputer lassen sich ohne zusätzliches Setup bereits gefahrene oder beliebige hochgeladene GPS-Tracks nachfahren.

Zur Installation sind nicht viele Worte zu verlieren. Will man die vollen Funktionen des Kickr nutzen, benötigt er eine Steckdose in der Nähe - ohne Strom verhält sich der elektromagnetische Widerstand proportional zur eingesetzten Kraft -> mehr treten = mehr Widerstand. Die Verbindung zum Computer kommt per Bluetooth Smart zustande. Diverse Kabellösungen (wie bei meinem vorherigen Smart Trainer: USB-Port des Computers -> USB-Verlängerungskabel -> ANT+ Sensor nahe der Rolle) sind damit überflüssig, die Verbindung erfolgt kabellos und bleibt stabil bestehen, was auch immer man am Rad für Kunststücke vollzieht.

Rad

Je nach Verfügbarkeit, Sauberkeit oder Lust & Laune kommt entweder die scheibengebremste BMC Roadmachine oder der Specialized Crosser zum Einsatz. Durch die leicht austauschbaren Adapter am Wahoo Kickr ist ein Wechsel zwischen Steckachsen und Schnellspannern kein Problem und schnell erledigt. Die Zeit, um das Rad einzuspannen und betriebsfertig zu bekommen, beträgt maximal ein bis zwei Minuten. 

Einen Gedanken sollte man der Wahl der geeigneten Kassette widmen. Die beim Kickr mitgelieferte Kassette konnte ich bei meinen Rädern leider nicht optimal einstellen, manche Gänge wollten nicht und nicht rund laufen. Hat man mehrere Räder mit unterschiedlichen Schaltungen im Einsatz, verstärkt sich dieses Problem naturgemäß und jedesmal die Schaltung einzustellen bzw. dann wieder umzustellen, kann keine Lösung sein. Für mich war der Ausweg, die identische Kassette auf den Kickr zu schrauben, wie jene auf meinem Laufradsatz für draußen. Bei baugleichen Kassetten gibt es keinerlei Probleme und die Gänge laufen sauber und rund. Der Crosser läuft auf SRAM, findet sich aber glücklicherweise auf der Shimano-Kassette zu 99 Prozent gut zurecht.

In Foren liest man häufig Diskussionen, dass Karbonräder bzw. -rahmen nicht fest in Trainer eingespannt werden sollten. Unvermeidlich sind dann diverse Erfahrungsberichte von gebrochenen Rahmen, geborstenem Karbon und allem Möglichen, was einem Freund einer Bekannten von der Schwägerin, die einen anderen kennt, dem was ähnliches mal vor zehn Jahren angeblich widerfahren ist... Die gleichen "Studien", Expertenmeinungen und Erfahrungen gibt es für die Gegenseite. Im Endeffekt muss jede*r für sich entscheiden, was man dem Material zumuten möchte - aus meiner Sicht muss ein hochwertiger Rahmen diesen Belastungen standhalten und die 1.200 Watt-Sprints sollte man sich ohnehin für andere Gelegenheiten aufheben.

Garmin Vector3

Wenn wir schon bei der Leistung sind... Grundsätzlich misst der Kickr selbst, wieviel Watt gerade getreten werden und meldet dies unverzüglich und laufend an Zwift. Wer jedoch in freier Wildbahn mit Powermeter unterwegs ist, möchte vermutlich auch die gleichen Wattangaben auf der Rolle bekommen. Es geht hier nicht darum, dass die einen Watt besser sind als die anderen, es geht um Konsistenz. Da ist es wie mit der Genauigkeit von Powermetern im Allgemeinen - im Grunde ist wichtig, dass die Person am Rad immer die gleichen Werte angezeigt bekommt, egal ob diese jetzt zwei Prozent unter oder vier Prozent über dem tatsächlich erbrachten Wert liegen. Statt also zwischen unterschiedlichen Systemen zu wechseln, existiert hier die Möglichkeit, den am Rad montierten Powermeter zu verwenden.

Die an meinem Rad montierten Garmin Vector 3 Pedale habe ich von Garmin für einen Langzeittest zur Verfügung gestellt bekommen - dazu gibt es hier in Kürze mehr. Mit Zwift sind diese - wie schon der Kickr - per Bluetooth verbunden.

Polar OH1

Messen, messen, messen - die Herzfrequenz gibt neben der Wattleistung einen guten Indikator für die Leistungsfähigkeit und eignet sich entsprechend gut für die Leistungs- und Trainingssteuerung. Für Zwift können grundsätzlich sämtliche Brustgurte verwendet werden, die auch draußen im Einsatz sind. Beim Modus der Datenübertragung sollten allerdings alle Geräte möglichst die gleiche Technik verwenden - Bluetooth oder ANT+. Wie schon erwähnt, kommunizieren Computer, Kickr und Garmin-Pedale bei mir via Bluetooth, da wäre es wenig sinnvoll, die Herzfrequenz erst recht wieder über ANT+ zu spielen. Herzfrequenzmessung via Bluetooth gibt es am Markt mittlerweile zur Genüge, Wahoo ist hier sowohl mit Brustgurten als auch dem Tickr-Armband vertreten. Armbänder gibt es auch von anderen Firmen - kurze Zeit vor Wahoo brachte Polar bereits ein derartiges Armband heraus, den OH-1. Ein kleiner Pod an einem elastischen Armband misst dabei verlässlich die Herzfrequenz am Oberarm und überträgt diese via Bluetooth an den Computer und die Software (der Stecker im Bild dient nur zum Aufladen).

Trittfrequenz

Ich fahre immer schon und traditionell ohne Trittfrequenzsensor - ob das gescheit ist oder nicht sei dahingestellt. Hat man keinen Smart Trainer, dann berechnet Zwift die Leistung des Avatars aus Geschwindigkeit und Trittfrequenz des Rads. Wer also keinen Smart Trainer sein eigen nennt, wird beim Zwiften jedenfalls einen Trittfrequenzsensor benötigen. Mit Smart Trainer kommt die Leistung direkt vom Trainer selbst, die Trittfrequenz ist dann nur noch für bestimmte Trainingseinheiten wichtig, bei denen z.B. explizite Trittfrequenzen trainiert werden sollen. Ach ja, und die Bewegungen des Avatars am Bildschirm orientieren sich auch an der tatsächlichen Trittfrequenz - falls das ein Argument dafür sein sollte. Ansonsten bin ich bis dato gut ohne Messung der Trittfrequenz ausgekommen.

Computer

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass für Zwift - Überraschung! - auch ein Computer notwendig ist. Je nach Darstellungsoptionen und Detailgrad der virtuellen Welt steigen die Systemanforderungen an den Rechner. Auf dem Bildschirm eines großen und halbwegs leistungsstarken iMac schaut das ganze dann schon recht gut aus. Wer in den Einstellungen die Details etwas herunterschraubt, wird nach wie vor den vollen Funktionsumfang von Zwift erleben können, allerdings geht meiner Meinung nach etwas vom Spielspaß verloren, wenn man durch eine etwas pixeligere Landschaft strampelt.

Versionen für Apple Mobilgeräte (iPhone und iPad) gibt es auch - ebenfalls mit vollem Funktionsumfang. Die Variante für AppleTV erlaubt es, vor dem Fernseher im Wohnzimmer zu zwiften. Großzügigen Bildschirmdiagonalen steht hier vermutlich nur die mangelnde Praktikabilität im Weg - wer möchte schon nach jeder Einheit das ganze Equipment wieder wegräumen und verstauen...

Vielleicht mag es ohnehin sonnenklar sein, dennoch möchte ich hier noch einen Punkt erwähnen. Ich habe - aufgrund der räumlichen Begebenheiten in meinem "Zwift-Zimmer" - monatelang schräg auf den Monitor des Computer geschaut, hatte also am Rad immer den Kopf leicht zur Seite geneigt. Im Nachhinein habe ich mir zusammengereimt, dass diese Position wohl großen Anteil an meinen Rückenbeschwerden im Frühjahr hatte. Meine Empfehlung ist daher, immer ganz gerade auf den Computerbildschirm zu schauen, die Position so geradlinig wie möglich zu gestalten. Jede Verwindung kombiniert mit Anstrengung, Luftzug, langem Sitzen und geduckter Position wird schnell zum Rückenkiller.

Ventilator

Last but not least - definitely not least! - ist ein Ventilator absolut essentiell. Schnell wird man bemerken, wie sehr man beim Radeln eigentlich schwitzt - nur dass man es draußen dank Fahrtwind nicht merkt. Sturzbäche und große Lacken an Schweiß begleiten jede Zwift-Einheit, entsprechend lohnt es sich, frühzeitig Fenster und Türen aufzumachen und den Ventilator aufzudrehen. Es ist zum Teil ein Lernprozess: anfangs denkt man sich, Stufe 1 beim Ventilator wird reichen - schnell wird man Stufe um Stufe hinaufschalten, auf der verzweifelten Suche nach Luft und Kühlung. Bei einigen Fahrer*innen sind auch mehrere Modelle gleichzeitig im Einsatz. Hier kann jede*r individuell entscheiden, was am passendsten ist. 

Ich habe einen Honeywell-Ventilator auf Amazon (Affiliate-Link) bestellt, weil dieser in einer Zwift-Facebookgruppe von vielen Leuten empfohlen wurde. Er ist klein, kompakt, leise, dreistufig einstellbar und mit rund 25 Euro auch preiswert. Aufgestellt ist er neben dem Computerbildschirm ungefähr auf Lenkerhöhe und bläst mir schön auf Oberkörper und Kopf.

Gewand

Es ist nicht allzu überraschend, dass beim Zwiften das leichte Sommergewand zum Einsatz kommt - wenn überhaupt. Besser als ein leichtes Trikot ist “kein” Trikot, diesbezügliche Versuche von mir ("Vielleicht absorbiert ein leichter Baselayer den Schweiß besser”) sind alle gescheitert. Von Rapha gibt es in der “Core”-Linie eine trägerlose Radhose, die auf der Rolle mein Favorit ist - wie gesagt, weniger ist mehr. Wenn die gerade nicht verfügbar ist - nach jeder Zwift-Session wandert alles unbedingt in die Waschmaschine! - dann nehme ich die dünne Sommerhose von Isadore zur Hand. Wer auf den Gedanken kommt, die ausgemusterte und alte Kleidung zu tragen, wird schnell bemerken, dass gerade auf der Rolle ein guter Sitzpolster und gute Materialen wichtig sind. Man bewegt sich weniger im Sattel, sitzt länger und gleichmäßiger und schwitzt eben auch mehr.

Auch ganz untenrum - der Schweiß ist einfach allgegenwärtig - lohnen sich leichte Socken und gut belüftete Schuhe. Auch hier - wie bei der Kleidung - gilt, nach der Session alles trocknen lassen, Innensohlen rausnehmen und so gut es geht reinigen. Nichts schmerzt die eigene Nase und jene der direkten Umwelt so sehr wie mehrfach angeschwitzte (Sport-)Kleidungsstücke.

Den Helm darf man auf der Rolle ausnahmsweise mal weglassen - aber auch nur hier.

Sonstiges

Handtuch

Dies sollte wohl eher ein Artikel über Schweiß sein als über Zwift… Ein Handtuch in Reichweite zu haben ist dringend notwendig, zum Trocknen des eigenen Körpers und auch des Equipments. Standardmäßig lege ich mein Handtuch über den kompletten Lenker, sodass kein Schweiß direkt dorthin tropft. Es gibt im Internet diverse Artikel und Videos, in denen zu sehen ist, wie es unter einem Lenkerband aussieht, in das man zuvor monatelang reingeschwitzt hat - no words needed…

Neben dem Lenker gilt es auch den Rest des Rades zu schützen. Auf meinem alten Alu-Canyon waren nach einer Wintersaison auf der Rolle die Züge auf der Unterseite des Oberrohrs durchgerostet - der Schweiß war über das Oberrohr nach unten geronnen und hatte die Züge entsprechend verunstaltet. Von Tacx hatte ich ein paar Mal einen Schweißfänger im Einsatz, der zwischen Lenker und Sattelstütze gespannt wird, diese Lösung war für mich aber nicht praktikabel, da man teilweise mit den Oberschenkeln daran streifte und außerdem der Schweiß seitlich vorbei tropfte.

Also Handtuch auf den Lenker und ab und zu Kopf, Gesicht und Oberkörper abwischen, dann funktioniert das ganz gut.

Wahoo Kickr Matte

Um nicht nach wenigen Wochen den wertvollen Parkettboden sanieren zu müssen, zahlt sich die Investition in eine Unterlagsmatte meiner Meinung nach jedenfalls aus. Passend zum Trainer habe ich die Matte von Wahoo im Einsatz, diese ist dünn und dämmt dabei trotzdem sehr gut die Bewegungen und damit auch einen Teil der Geräusche des Trainers, lässt sich sehr gut abwischen und sie ist breit genug, um dem vollen Equipment Platz zu bieten.

Alternativ hatte ich zuvor schon Handtücher, Turn- und Yogamatten im Einsatz. Diese sind dann entweder zu dick, zu schmal oder einfach unpraktisch.

Telefon

Die “Companion”-App ist Teil des Zwift-Universums und bietet auf dem Mobiltelefon ergänzende Informationen zur Aktivität, Einstellungs- und Steuerungsmöglichkeiten und vieles mehr. Es zahlt sich also grundsätzlich aus, nebenbei noch das Telefon zu aktivieren. Dieses muss dafür nur im gleichen Netzwerk (WLAN) sein wie der Computer, auf dem Zwift läuft.

Außerdem kann man sich - wenn man das möchte - mit den Mitfahrenden per Chat unterhalten, die Kameraeinstellungen steuern, Screenshots machen und einige andere Dinge, für die man sich sonst zur Tastatur des Computer nach vorne beugen müsste.

Und wenn man gerade nicht am Rad sitzt, dient die App als “Hub” für alle Zwift-bezogenen Informationen und Aktivitäten. Man kann die Liste der kommenden Events sehen und diesen auch gleich beitreten, sieht, was Freunde und Bekannte gerade so machen und kann auch seine persönlichen Zwift-Einstellungen bequem über die App erledigen.

Trinkflaschen

Was als Schweiß am Boden landet, wird hoffentlich gleichzeitig als Flüssigkeit wieder zugeführt. Trinken, trinken, trinken, ist das Motto. Ich starte nie ohne Trinkflasche auf der Rolle, standardmäßig sind beide Flaschenhalter mit Iso-Getränken oder Wasser munitioniert. Und praktischerweise muss man in den eigenen vier Wänden auch nicht bei zwei Flaschen Halt machen. Für längere Einheiten auf der Rolle kann man sich auch schon mal vier oder fünf Flaschen neben das Rad stellen - die im Laufe der Zeit angehäuften Flaschen von Marathons, Veranstaltungen und Werbegeschenken wollen doch auch einmal benützt werden.

Oder aber man steigt einfach zwischendurch kurz ab und geht ins Bad oder die Küche, um die Flaschen nachzufüllen - Home, sweet home!

Nahrung

Schließlich bleibt noch die Frage der Ernährung. Je nach Länge und Intensität der Einheit auf der Rolle ist auch hier eine entsprechende Ernährung notwendig. Da in meinem Fall die meisten Einheiten nicht länger als eineinhalb Stunden dauern, verzichte ich dabei meistens auf feste Nahrung. Darüberhinaus ernähre ich mich genauso, wie ich es draußen auch tun würde - Clifbars, Powerbar Shots, “Ausdauervutter” und andere Riegel. Auch davon kann man sich ja einen Vorrat neben den Trainer legen, umsonst mitschleppen muss man ja in diesem Fall nichts.

Fazit

Man kann natürlich aus allem eine Wissenschaft machen und auch an meinem persönlichen Setup scheint vielleicht manches übertrieben. So soll auch jede*r ein eigenes Setup finden, im Vordergrund soll jedenfalls die Freude am Radfahren stehen.

Wer Zwift erleben möchte, dem sei auf jeden Fall ein Smart Trainer nahegelegt, nur so kommt man in den Genuss der Steuerung des Trainers durch die Software und der damit verbundenen Funktionen.

Wer hier und jetzt denkt, ich schwitze abnormal viel, die oder der soll sich einmal für eine intensive Einheit auf die Rolle setzen und dann noch einmal beurteilen, warum ich mir hier so ausführlich über Handtücher, Ventilatoren und sommerliche Kleidung Gedanken mache. ;)

Bleibt die Erkenntnis, dass Zwift tatsächlich einen großen Beitrag dazu leistet, das Wintertraining und die Stunden auf der Rolle unterhaltsam zu gestalten. Im Frühjahr werden die Karten zwar ohnehin immer wieder neu gemischt und auch Radfahren im Winter hat absolut seinen Reiz - ich persönlich möchte diese Variante aber keinesfalls mehr missen. Ride On!

Zwift - WM-Strecke Innsbruck

Einen WM-Kurs (wenn auch "nur" virtuell) abfahren zu können ist etwas besonderes - wenn dieser WM-Kurs auch noch im schönen Tirol liegt, dann ist es etwas ganz besonderes. Zu unserem Glück hat sich Zwift mit der Rad-WM 2018 in Innsbruck zusammengetan und eine Variante des Kurses in und um die Landeshauptstadt Innsbruck in die virtuelle Welt der Trainingsplattform integriert. 

Zwift

Was Zwift eigentlich ist, muss hier nicht mehr erklärt werden. Die Trainingsplattform mit ihren virtuellen Strecken hat längst eine Popularität erreicht, die Erklärungen über Funktionsweise, Inhalte und (echte) Schweißlacken auf der Trainingsmatte überflüssig machen. Für mich persönlich ist Zwift zu einem elementaren Bestandteil meines Radlerlebens geworden. Im Winter sowieso, wenn die Temperaturen oder Witterungsverhältnisse ein Training draußen nicht zulassen oder aber zumindest massiv erschweren. Auch für strukturierte Trainings ist die Software meines Erachtens oft besser geeignet als die Trainingsrunde im Freien - Laborbedingungen und gleichmäßige Umstände findet man draußen eben nur sehr selten.

Und seit ich Ende letzten Jahres Vater geworden bin, konnte ich noch einen anderen Vorteil von Zwift feststellen: Zeit! Mit einem kleinen Kind ist diese eher Mangelware und die Einteilung entsprechend schwierig - da kommen die Vorteile von Zwift zum Tragen. Alle fünf Minuten beginnt irgendein Event, dem man sich spontan anschließen kann oder man spult eben eines der vielen Trainingsprogramme ab - ein Stunde reicht hier vollkommen aus, um sich auszupowern (mit der geeigneten - leisen! - Rolle auch am Abend oder in der Nacht).

Im Sommer geht die Nutzung von Zwift auch bei mir naturgemäß zurück. Wenn es draußen 35 Grad hat, ist die Vorstellung von Schweißbächen auf der Rolle im nochmal zehn Grad heißeren Zimmer keine sehr reizvolle Vorstellung. Für die neue Strecke der WM in Innsbruck habe ich aber gerne eine Ausnahme gemacht, wie oft gibt es schon eine WM in Österreich und die dazugehörige Strecke für jedermann und -frau zum Nachfahren...

Strecken

Vier Varianten stehen auf Zwift zur Verfügung, um die WM-Strecke in Innsbruck zu erkunden:

  • 2018 UCI Worlds Short Lap
  • "Achterbahn"
  • "Innsbruckring"
  • "Lutscher"

Die "2018 UCI Short Lap" ist der Originalkurs der Straßenrennen der WM. Nach der Anfahrt durch das Inntal wird diese Runde von den Herren sechs Mal, von den Damen drei Mal und von den Juniorinnen, Junioren und Männern U23 ein, zwei bzw. vier Mal durchfahren.  Es geht dabei unter der Inntalautobahn durch an den Südrand der Stadt, hinauf nach Aldrans und Lans und über Igls wieder hinunter nach Innsbruck. In der Stadt folgt ein flotter (weil relativ flacher) Parcours über die Maria-Theresen-Straße und dabei auch vorbei am Goldenen Dachl.

"Achterbahn" ist eine Streckenvariation, bei der dieser Parcours einmal mit und einmal gegen den Uhrzeigersinn durchfahren wird, "Innsbruckring" bezeichnet nur den Teil der Strecke durch die Innenstadt - die Bergwertung Igls wird dabei ausgelassen. "Lutscher" erspart dem Fahrer wiederum den Innenstadtteil und konzentriert sich rein auf den Anstieg. Für Abwechslung ist also gesorgt, entweder puristisch auf der WM-Strecke oder auf einer der unterschiedlichen Varianten.

Hier zum Vergleich die Strecke und Topologie des WM-Abschnitts durch Innsbruck - deckungsgleich!

Die WM in Innsbruck rühmt sich ja mit dem Attribut, eine wenn nicht die schwerste WM aller Zeiten zu sein. Nun ja, das erreicht sie grundsätzlich schon mit den Streckenlängen und Höhenmetern, die in den unterschiedlichen Bewerben von den Athlet*innen zu absolvieren sind. Aber immer wieder wird auf das "Sahnehäubchen" Höttinger Höll verwiesen, die dem WM-Kurs (der Herren) mit 28 Steigungsprozenten die Krone aufsetzen und als Abschluss des Parcours noch einmal eine letzte Auslese durchführen soll. 

Als Zwift-User*in sucht man diese Sonderprüfung in der virtuellen Welt vergeblich, auch wenn ein zarter grauer Strich in den Streckenskizzen auf deren Existenz hinweist. Auf Rückfrage bei Zwift wurden meine Hypothesen bestätigt: kein derzeit erhältlicher Smart-Trainer ist imstande, die 28% der Höttinger Höll zu simulieren - der Tacx Neo schafft 25%, der Wahoo Kickr 20%. Viel wichtiger als der Smart Trainer ist allerdings der Smart User, der hoffentlich smart genug ist, seine Grenzen zu kennen. Dieser Logik folgend möchte Zwift den Spiel"spaß" erhalten und schickt dementsprechend seine User*innen nicht durch die Hölle. Schade auf der einen Seite, aber verständlich und vermutlich auch gescheiter auf der anderen. Seit der Innsbrucker Bürgermeister außerdem der (leidigen) Debatte um die Befahrbarkeit der echten Höttinger Höll ein Ende bereitet hat, steht es nun ohnedies frei, die reale Strecke zu befahren. Diese Variante wird - bei aller Realitätsnähe von Zwift - ohnehin einen besseren Eindruck von den Strapazen des Rennen ermöglichen. Ich werde jedenfalls versuchen, mir vor der WM noch persönlich ein Bild vor Ort zu machen.

(Fahr)Eindrücke

Eine Proberunde auf dem WM-Kurs bietet rund 500 Höhenmeter auf knapp 24 Kilometern. Auf der Rolle schon eine anspruchsvolle Prüfung, ist nicht auszudenken, was die Profis hier im Renntempo für Leistungen abliefern müssen. Nach einer kurzen Runde durch Innsbruck steigt es Richtung Aldrans mit oft zweistelligen Prozentwerten an, man durchfährt einige Kehren, bevor man weiter aufsteigt. Wer ab und zu in den Bergen fährt, weiß um die unterschiedliche Topologie und die damit verbundenen Anstrengungen - vielmehr aber auch um die psychologischen Aspekte von Anstiegen. Geht es lange geradeaus? Wie breit ist die Straße? Wie weit kann ich nach vorne sehen? Die Zwift-Welt rund um Innsbruck vermittelt gut den Höhengewinn und den Landschaftswechsel, den man beim Verlassen von Innsbruck erfährt. Und speziell nach den Kehren bei Aldrans findet man sich in einer langen geraden Steigung wieder, die immer um die 7-9, punktuell auch um die 11 Prozent pendelt - eine recht harte Prüfung!

Der gesamte Anstieg (und damit der Zwift-KOM) ist mit 7,4 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von sechs Prozent beziffert - angesicht der zwischenzeitlichen Ebenen bewegt sich die Steigung aber eben im oberen Bereich. Rund eine halbe Stunde ist man unterwegs, bevor man am höchsten Punkt der Runde angekommen ist. Von da an geht es rasant bergab, durch Igls zurück Richtung Innsbruck und dabei vorbei an der markanten Schisprungschanze von Zaha Hadid, die in der Welt von Zwift noch dazu violett beleuchtet ist - nicht zu verfehlen also.

Die Abfahrt weist großteils zweistellige Prozentwerte auf, dementsprechend kann man sich vorstellen, was bei einer Auffahrt hier bevorsteht. Die WM-Teilnehmer*innen müssen hier nicht hinauf, wer eine andere Streckenvariante auf Zwift wählt, schon. Die Hungerburgbahn wird unterquert - auch hier prangt ein Zwift-Logo auf dem Metallgestänge. Danach geht es auf eine Runde durch die Stadt - Zwift spricht von einem flachen, schnellen Kurs, auch hier sorgen aber Steigungen von bis zu zehn Prozent, dass es (zumindest bei mir) nicht allzu schnell wird...

Den besten Eindruck bekommt man, wenn man sich ein paar Bilder von der Strecke ansieht:

Details

Die Strecke sollte also für die Profis eine Möglichkeit bieten, sich den WM-Kurs vor dem eigentlichen Ereignis anzuschauen und die Schlüsselstellen oder Besonderheiten kennenzulernen. Während sich also die Pros eher um die technischen Daten kümmern, bleibt dem "Genuss-Radler" in mir, sich auf die landschaftlichen Details zu stürzen und - das macht man ja bei solchen Gelegenheiten immer - zu kontrollieren, ob eh alles so abgebildet ist wie in Wirklichkeit. 

Einige Punkte sind bewusst "falsch". So hat man darauf Wert gelegt, die Landmarks der einzelnen WM-Strecken entlang des Kurses durch Innsbruck zu präsentieren. Damit liegt der berühmte wasserspeihende Swarovski-Riese jetzt kurzerhand bei Igls, auch Teile von Rattenberg, der Outdoor-Spielplatz Area47 und die Festung Kufstein findet man - recht disloziert - an der Strecke rund um Innsbruck wieder. Aber der Hinweis auf die Vielfältigkeit Tirols und die unterschiedlichen Startorte sei an dieser Stelle gerne gestattet.

Auf der anderen Seite legt die virtuelle Welt erstaunlichen Detailreichtum an den Tag. Fährt man unter der Bahnüberführung durch, quert oben eine rot-weiße Cityjet-Garnitur der ÖBB. Auf der Inntalautobahn rollt der Verkehr, beim sommerlichen Dauerstau wirkt allerdings das Tempo der Fahrzeuge stark übertrieben. ;) Markante Gebäude wie das Ramada-Hotel sind klar wiedererkennbar, das Goldene Dachl sowieso. So macht es Spaß, über den WM-Kurs zu fahren - auch wenn man einmal nicht die Watt-Anzeige im Auge hat.

Fazit

Zwift ist realistisch. Punkt. Über einzelne Details und Algorithmen wird man immer diskutieren können, aber Schweiß, Anstrengung und auch Trainingseffekt sind real. Was in der Formel Eins schon lange praktiziert wird, ist jetzt auch zum Teil für Radsportler möglich - sich einen Kurs vorab einzuprägen. Die Umsetzung des WM-Kurses wirkt sehr gelungen, der Detailreichtum ist groß und es macht Freude, einzelne Dinge wiederzuerkennen. Die 28 Prozent der Höttinger Höll bleiben jenen vorbehalten, die ins echte Innsbruck reisen - und das ist vermutlich auch besser so...

Race Around Austria 2018 - II

Es geht weiter mit der Vorberichterstattung zum extremen Rennen rund um Österreich bzw. entlang der österreichischen Grenzen. Waren beim ersten Posting die Mannen vom Team Chase im Schweinwerferkegel, so geht es in diesem Beitrag um die Ursprünge des "RAA", die Organisation und einen Teil der Strecke. Da aber ohne Fahrer*innen bekanntlich gar nichts geht und das beste Rennen erst durch seine Teilnehmer*innen zu wahrem Leben erwacht, kommen natürlich auch diesmal die Menschen nicht zu kurz. Aber der Reihe nach...

Zeitmaschine - 1988 

Foto: Race Around Austria

Genau vor 30 Jahren wurde dieses Bild aufgenommen. Es zeigt Manfred Guthardt am höchsten Punkt der Strecke - dem Hochtor am Großglockner. Er war zu diesem Zeitpunkt dabei, sein Projekt "Rund um Österreich" zu realisieren. Er nahm sich dabei neun Tage Zeit, teilte die Strecke in entsprechende Etappen und nahm sich damals noch etwas mehr Zeit für die Nachtruhe. Dafür fuhr er penibel jede Grenzstraße Österreichs ab - während das heutige Race Around Austria "nur" mehr die grenznahen Straßen befährt und auf Sackgassen und Umwege weitgehend verzichtet. Nach etwas mehr als 2.600 Kilometern war Guthardts Projekt vollendet, der Grundstein für das Race Around Austria gelegt.

2008 wurde die Idee wieder aufgenommen, Christoph Strasser begab sich auf die Spuren des Jahres 1988 und umrundete Österreich in knapp 100 Stunden. 2018 - zehn Jahre später - steht nun die zehnte Ausgabe des RAA auf dem Programm, in voller Blüte und mit den Strecken, wie wir sie seit einigen Jahren kennen und lieben. Und bei Manfred Guthardt schließt sich dabei wieder der Kreis. Wenn einer die Idee für ein derartiges Projekt hat und sich dafür dermaßen akribisch an die Routenplanung macht, dann ist er prädestiniert dafür, Streckenchef des Race Around Austria zu sein! Wer also im August in Sankt Georgen am Attergau auf Manfred trifft, sollte sich jedenfalls einige seiner Geschichten anhören und staunen.

Mühlviertel

Standortwechsel nach Schöneben im Mühlviertel. Der Tag beginnt auf 920 Metern Höhe - wenige Meter weiter die tschechische Grenze, über uns der Aussichtsturm mit Blick auf den Moldaustausee und angenehme Temperaturen. Das Hotel Innsholz steht für Urlaub, Ausflug, Radfahren und allerlei Annehmlichkeiten im wunderschönen Böhmerwald. Die Leidenschaft fürs Weit-Radeln wird hier gelebt - Inhaber Peter Gruber ist der einzige Radler, der bis dato alle unterschiedlichen Strecken des Race Around Austria bestritten hat. Dass er dabei fast durchwegs auf dem Stockerl gestanden ist, sollte man ihm sehr hoch anrechnen und ihn dementsprechend nicht unterschätzen, wenn er in Radmontur neben einem steht. Als Sponsor des Race Around Austria trägt er außerdem auch abseits seiner sportlichen Leistungen zum Gelingen des Rennens bei. 

Schöneben klingt schön und eben - schön ist es, wunderschön sogar. Der Eiserne Vorhang war hier jahrzehntelang quasi vor der Haustür, von der einstigen Randlage in Österreich ist man aber geografisch ins Zentrum Europas gerückt. Erhalten blieb aber eine gewisse Unschuld und eine wild-romantische Landschaft. Gemeinsam mit den angrenzenden Alm- und Wiesengebieten Tschechiens, dem hügeligen Mühlviertel, pittoresken Stauseen und kleinen Ortschaften fällt es schwer, sich hier nicht wohl zu fühlen. "Eben" ist es allerdings nicht in Schöneben, bzw. braucht es einiges an Energie und Leidensfähigkeit, zum Hotel Innsholz zu kommen. Knapp 400 Höhenmeter auf gut drei Kilometern muss man von Ulrichsberg aus hinter sich bringen, bevor man sich wohlverdient auf die Hotelterrasse fallen lassen kann. 

Stiche wie diese waren es, die Manfred Guthardt auf seiner RAA-Erstbefahrung durchwegs mitgenommen hat - anstrengend aber der Mission geschuldet, die grenzen des Landes auszuloten. Heute fährt das RAA "unten" in Ulrichsberg durch - auch wenn derartige Prüfungen nicht mehr am Programm des Rennens stehen, stellt das Mühlviertel doch die erste große Prüfung des Rennens dar. Auf der langen Strecke des RAA werden hier die ersten paar tausend Höhenmeter gesammelt. Michael Nußbaumer - Organisator des Race Around Austria - erzählt oft und gerne von Teilnehmern, die sich im Glauben in Sicherheit wiegen, dass die ersten Anstiege beim Großglockner kommen. 

RAA-Weekend

Bleibt noch der Grund warum sich hier im Innsholz in Schöneben ein paar verrückte Radler*innen treffen - es ist quasi ein Feriencamp für RAA-Teilnehmer und Freunde, das hier stattfindet und die Besetzung lässt wenig zu wünschen übrig.

Darunter Markus Hager aus Bayern, der im Jahr 2017 bei seiner dritten Teilnahme den Sieg auf der Extrem-Strecke einfahren konnte. In spannenden Erzählungen und einem Vortrag am Abend teilt er gerne seine Erfahrungen, Erkenntnisse und Tipps mit Interessierten und Aspiranten. Lernen kann man dabei einiges, sich abschauen auch ein paar Dinge. Ob man allerdings auch alles so machen kann und will ist die andere Sache. Hager fuhr bei seinem Sieg rund 90 Stunden rund um Österreich, dabei legte er ganze drei Schlafpausen ein - diese dauerten jeweils unfassbare zehn Minuten. Während sich also meinereiner in der Früh noch einmal umdreht und wartet, bis das Telefon oder der Wecker erneut zu klingeln beginnt, hat sich Markus Hager in dieser Zeitspanne dermaßen erholt, dass er wieder fit genug ist, ein paar hundert Kilometer weiter zu radeln. 

Bewundernswerter ist aus meiner Sicht aber noch die Herangehensweise von Markus. Training erfolgt bei ihm regelmäßig aber verhältnismäßig unstrukturiert - ohne Trainingsplan, ohne Wattmessung, dafür mit Freude an der Bewegung und Spaß an der Sache. Das soll natürlich kein Freibrief sein, nur so vor sich hin zu fahren oder zu leben, aber zumindest für mich persönlich ist es irgendwie beruhigend, zu wissen, dass es auch ohne überbordendes "Zerdenken" und mit Spaß an der Sache geht.

2018 ist Markus wieder am Start, bereit für die Titelverteidigung des Race Around Austria. Hier bekommt er dieses Jahr allerdings Konkurrenz von Philipp Reiterits. Jan und ich waren im Mai 2017 auf dem Weg zum Hochtor, als wir auf den leeren Straßen auf einen anderen Radler trafen, der sich knapp vor uns die Straße hocharbeitete. Das Race Around Austria-Cap unter seinem Helm interpretierten wir als Einladung, über Radfahren, das RAA und unser aller Projekte zu plaudern. Wir machten ein paar Fotos als Erinnerung und wenig später trennten uns unsere Wege wieder. Jan und ich fuhren wieder zurück, Philipp setzt seine RAA-Streckenerkundung fort. Ich traf Philipp am Start des RAA im August wieder, auf der Startbühne, bereit seinen Traum umzusetzen. Philipp fuhr 2017 die 1.500 Kilometer lange Strecke, lernte dabei "Ultracycling" aus der ersten Reihe kennen - Hagel und Unwetter inklusive. 2018 geht er auf die 2.200 Kilometer lange Reise des RAA Extrem, gut vorbereitet und überlegt.

Tina und Andy sind den meisten am besten bekannt als "geradeaus.at" - dort betreiben sie einen Radblog und bieten Einblicke in ihre Touren, ihr Leben auf und neben dem Rad und garnieren das ganze mit großartigen Fotos. Die beiden haben sich Anfang des Jahres dafür entschieden, als Paar die RAA Challenge zu bestreiten - gut 560 Kilometer rund um Oberösterreich. Die Challenge stellt im Allgemeinen die Einstiegsdroge ins RAA-Universum dar - legal und in der Regel auch nicht ungesund. Auf ihrem Blog kann man alles über die intensiven Vorbereitungen für ein derartiges Vorhaben erfahren, eine Vorstellung vom notwendigen Trainingspensum bekommen, aber auch viele organisatorische Fragen (und die Antworten darauf) finden. 

169k beim Race Around Austria

Mich fasziniert seit jeher die Bewältigung längerer Strecken mit dem Rad. Letztes Jahr hatte ich die Möglichkeit, als fliegender Reporter mit Kamera und Laptop durchs Feld zu pflügen, die Protagonisten kennenzulernen und die Stimmung in mich aufzusaugen. Und ich für meinen Teil kann jedenfalls behaupten, mit dem RAA-Virus infiziert zu sein. Sobald ich im Raum mit Teilnehmer*innen bin, bekomme ich Lust darauf, mich anzumelden. Auch wenn ich Geschichten über Schlafentzug, lange Nachtschichten oder Schlechtwetter höre, mindert das nicht meine Motivation, in der Sekunde aufs Rad zu steigen. 

Nächstes Jahr werd ich dem Ruf wohl folgen. Dieses Jahr greife ich aber zuvor nochmal zur Kamera. Im August, im wunderschönen Attergau - mit hunderten anderen, deren Adrenalin und Enthusiasmus wieder auf mich überschwappen und ich werde wieder mit jedem und jeder einzelnen mitfiebern, als wenn es mein eigenes Rennen wäre! Ich freu mich schon!

Race Around Austria 2018 - I

Das Race Around Austria geht 2018 in sein zehntes Jahr, wiederum stehen Mitte August zwei Strecken zur Auswahl. Die „Extrem“-Route, die - nomen est omen - auf einer Strecke von gut 2.200 Kilometern einmal rund um Österreich führt, immer die Grenze entlang. Als „Einstiegsdroge“ in den Ultra-Radsport bietet sich außerdem wieder die RAA-Challenge an: einmal rund um Oberösterreich, auch hier sind stolze 560 Kilometer zu bewältigen.

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Was bringt 2018?

Oft passieren also die besten Dinge, wenn man sie nicht plant... In diesem Sinne möchte ich gar nicht weiter fabulieren, was 2018 sein könnte oder würde oder sollte. Starten wir einfach drauf los - ich freu mich.

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Bahnschnuppern mit Florian Posch

Es macht keinen Sinn, jemanden hinauf auf die Bahn zu zwingen, vielmehr geht es darum, dass der Kopf versteht, dass es funktioniert - der Rest passiert von alleine. Jene, die es gleich verstanden haben, erkennt man am höher werdenden Tempo und am Lächeln auf den Lippen. Jene, die etwas länger brauchen, bekommen Unterstützung von Florian - und wenig später lächeln auch sie!

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The Glory of Early Birds

getting up early

Der Wecker läutet - blitzschnell wandert die Hand auf den "Aus"-Knopf, damit keiner außer mir aufwacht. Kaffee brauch ich keinen, gegessen wird am Weg. Ins Bad, Zähne putzen, Gesicht waschen und alles Anziehen und Einstecken, was ich mir am Vorabend hergerichtet habe. 05:30, die Haustüre geht hinter mir zu und ich stehe noch etwas schlaftrunken mit meinem Rad auf dem Gehsteig und die wenigen Leute, die außer mir unterwegs sind, schauen mich eher verwundert an. 

Es ist still, die Stadt schläft noch, die ersten Sonnenstrahlen kündigen sich an, der Himmel ist in die schönsten Farben gehüllt. Auch im Sommer ist es mitunter noch etwas frisch - ein kurzer Schauer rennt über Arme und Rücken. Rauf aufs Rad, das Einklinken in die Pedale ist das lauteste Geräusch des bisherigen Tages. Zwei, drei kräftige Tritte in die Pedale und es rollt, der Fahrtwind unterstützt den denkbar schönsten Weg, aufzuwachen.

"Early Birds" lautet das Credo. Früh aufstehe und alleine, mit Freunden oder in der Gruppe eine Runde mit dem Rad drehen, während die Stadt erst langsam in die Gänge kommt. Die Motive, warum man freiwillig um diese Uhrzeit radeln geht, könnten vielfältiger nicht sein. Manche davon sind romantisch, einige idealistisch, wenige auch etwas egoistisch, viele einfach nur pragmatisch.

Warum ich das mache?

Ich hab grundsätzlich kein Problem, früh aufzustehen. Egal ob am Rad oder nicht, ich mag die Stadt, kurz bevor sie aufwacht. Das Licht, die Geräusche, manch verirrte Gestalt, ein geheimnisvolles Gefühl des "Eingeweiht-Seins". Die Stadt teilt ihre Geheimnisse mit mir, lässt hinter die Kulissen blicken. Und außerhalb der Stadt der Natur beim Aufwachen zuzusehen, hat sowieso etwas Mystisches. Etwas pragmatischer ist da schon, das Gefühl etwas getan zu haben - während andere sich mühsam ins Büro schleppen, hat man um 8 Uhr schon eine 60 Kilometer-Runde in den Beinen und startet so ganz anders in den restlichen Tag. Von diesem Gefühl zehrt man bis zum Abend!

Warum die Anderen das machen?

Die Early Bird-Runden sind für mich ein wahres Lebenselixier!
Ganz abgesehen davon, dass ich es aufgrund meiner Jobzeiten wochentags am Abend meist nicht mehr aufs Rennrad schaffe...
Draußen zu sein, wenn die Sonne aufgeht, macht einfach glücklich! Egal, wie nervig und anstrengend der vorige Tag auch war, was auch immer mir durch den Kopf geht oder am anbrechenden Tag noch auf dem Programm steht – nach dem Early Bird wird alles gut. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, möglichst viele Kilometer abzuspulen – es sind die netten Mitfahrer, das gemeinsame Erlebnis und die Morgenstimmung rund um die Wienerwaldhügel, die mich süchtig machen nach den morgendlichen Ausfahrten – jetzt im Hochsommer gerne auch schon um 5.00 morgens. Bevor ich voriges Frühjahr nach Wien umgesiedelt bin, konnte ich mir nicht vorstellen, regelmäßig zum Radfahren so früh aufzustehen. Doch all die anderen mitflatternden Early Birds machen jede Runde besonders und besonders schön!
Mir graut’s schon wieder vor dem Winter, wenn’s morgens glatt ist, die Vernunft siegt und das Rennrad kaum noch vor die Tür kommt...
— Su

Sus Fotos:

Das Wetter, die Luft im Speziellen, fühlt sich früh am Morgen einfach viel besser an. Vor allem im Hochsommer, wenn sich 30 oder mehr Grad ankündigen, ist eine kühle Brise am Morgen etwas herrliches.
Die ersten Trainingskilometer sind schon abgespult bevor der Tag startet.
Besonders im Winter, wenn es scheint als ob alle noch schlafen würde, ist es ein besonderes Gefühl sich in der Dunkelheit rauszuschleichen und das Erwachen der Stadt zu erleben.
An allen Tagen, an denen ich es geschafft habe eine Morgenrunde zu fahren, war ich besser gelaunt und konnte mich besser auf die Aufgaben des Tages konzentrieren. Außer der “Einbruch” am Nachmittag fühlt sich an diesen Tagen etwas stärker an ;-)
— Jan
In der Früh sind bei mir die Speicher voll, aber der Kopf noch leer. Aufstehen, anziehen, wegfahren, ohne sich um irgendetwas anders kümmern zu müssen. Nach ferngesteuerten Anfangskilometern wache ich so richtig auf und kann die Umgebung einfach genießen. Dass ich dabei in die Arbeite fahre ist natürlich die beste Motivation, sonst wäre die warme Bettdecke verlockender.
— Bernhard
Was du morgens wegradelst, kann dir keiner mehr nehmen. Für mich der Hauptgrund ist das Gefühl, dass der ganze folgende Tag auf alle Fälle gerettet ist. Da kann gar nichts mehr schief gehen. Da geht’s mir bis abends gut, egal was passiert.
— Martin

Martins Fotos:

Wenn mir jemand während des Studiums erklärt hätte, dass ich freiwillig um 5 Uhr aufstehe um Radlfahren zu gehen, ich hätte denjenigen für verrückt erklärt. Mittlerweile wurde aus einer organisatorischen Notwendigkeit (Arbeit, Kids, Hitze) ein nicht mehr wegzudenkender Event.
— Oliver
Whether Early Birds or Showdowns it’s great having a community of bikers you know who are just as a freak as I am that you can text and ask if there up for a ride. All my training has to be before work & family.
Aside from training purposes both groups are filled with the nicest of people and helped me fit into a cycling community that I’m trying now to pay forward. Overcoming the hardest of moments, i.e., creepin’ while everyone is sleeping builds mental strength to the point it eventually becomes a habit.
— Greg

Gregs Fotos:

Ich fahr sehr gerne sehr früh. Hauptgrund: Ich bin im Wald alleine, die Trails gehören mir, niemand stört. Auch auf der Straße ists in der Früh angenehmer. Und am Wochenende besorgt man gleich die Semmerln fürs Frühstück.
— Martin
Mit tollen Menschen dem Sonnenaufgang entspannt entgegenfahren - es gibt nur wenig Schöneres um diese Uhrzeit - und das obwohl das Aufstehen immer wieder Überwindung kostet, vor allem wenn es noch dunkel ist wenn man aus den Federn hüpft. Aber das Gefühl im Anschluss im Büro zu sitzen und zu wissen dass man bereits jede Menge Sauerstoff getankt und tolle Gespräche gehabt hat ist einfach unbezahlbar. Einmal Early Bird, immer Early Bird.
— Mathias

Mathias´ Fotos:

Ich bin ein totaler Morgenmensch, es geht sich teilweise vor der Arbeit nicht anders aus und es ist - vor allem im Sommer - natürlich auch eine Temperatur-Sache! Ich kann mich am Abend ausserdem schlechter zum Radfahren oder Laufen aufraffen, ich mag auch das Feeling, alles in der Früh, quasi vor dem Frühstück, erledigt zu haben! Ich liebe es zu wissen - wenn viele erst aufstehen - sportlich schon alles “gemacht” zu haben!
— Lena

10 Pro-Tipps für den Ötztaler

In knapp vier Wochen ist es soweit - die nächste Ausgabe des Ötztaler Radmarathons geht über die Bühne. Rund 25.000 Radlerinnen und Radler melden sich jedes Jahr zur Verlosung der Startplätze an, 5.000 davon bekommen dann auch wirklich die Chance mitzufahren. 

Über das Rennen selbst muss man eigentlich nicht mehr allzu viele Worte verlieren, zu oft schon sind die Eckdaten der Strecke und die emotions-, mythen- und schmerzbehafteten Berge genannt worden. Kühtai, Brenner, Jaufenpass, Timmelsjoch - 238 Kilometer und 5.500 Höhenmeter!

Die Herangehensweise an ein derartiges Event kann unterschiedlicher nicht sein. Wer vorne dabei sein will, bereitet sich wahrscheinlich schon die ganze Saison darauf vor. Wer solide mitfahren will, wird ein paar spezifische Einheiten einstreuen in den Wochen vor dem Event. Wer einfach durchkommen möchte, wird auch dafür entsprechende Strategien entwickeln.

Ich bin eher zufällig zu meinem Startplatz gekommen, bin ja grundsätzlich nicht der ultra-ehrgeizige Racer und gehe eher gelassen an derartige Herausforderungen heran. Doch beim Ötztaler überkommt mich doch ab und zu ein respektvolles Schaudern, zu viele Geschichten hab ich schon gehört. Sorgen mache ich mir trotzdem keine, irgendwie bin ich noch überall durch- und angekommen. Beim Gedanken an 5.500 Höhenmeter wird mir zwar etwas schwindlig, auch meine Körpermasse im Ausmaß von gefühlt knapp zwei Nairo Quintanas trägt dazu auch nicht gerade bei...

Foto: Jan

Ich werde mich also mit dem, was an Fitnesszustand vorhanden ist, auf die Reise begeben. Ohne mich bis jetzt großartig mit Marschtabellen, Durchgangszeiten und potentiellen Leistungen und Zeiten beschäftigt zu haben - eine Zeit unter zehn Stunden sollte - denke ich - möglich sein. Aber ich werde mal schauen, was da auf mich zukommt und bin in erster Linie auf ein schönes Event mit vielen netten und bekannten Mitstreitern gespannt. Dabei sein ist alles!

Am oberen Ende der Nahrungskette hingegen ist Lukas Bauernberger unterwegs - seines Zeichens ehemaliger Läufer und Leichtathlet, derzeit Geschäftsführer des besten Laufshops Wiens RunInc. und Sieger der diesjährigen Austria Top Tour. Lukas startet dieses Jahr zum vierten Mal beim Ötzi, seine Bestzeit aus dem Vorjahr liegt bei 7 Stunden und 51 Minuten. >Meine Verneigung an dieser Stelle<

Lukas hat mir im Gespräch einige Tipps mit auf den Weg gegeben - manche naheliegend, manche vermeintlich nicht so wichtig, manche erst auf den zweiten Blick wertvoll, andere kann man nicht oft genug hören. Hier sind sie also, zehn Hinweise und Ratschläge rund um den Ötztaler Radmarathon von Lukas himself:

  1. Früh zum Start! Wer einen halbwegs guten Startplatz ergattern möchte, sollte sich mit dem Gedanken anfreunden, eine Stunde vor dem Startschuss im Startblock Aufstellung zu nehmen. Je später man kommt, desto weiter hinten steht man. Angesichts der langen Abfahrt gleich nach dem Start ist eine gute Gruppe durchaus sinnvoll. Außerdem fährt es sich vorne sicherer als hinten, wo das Gedränge größer ist. Außerdem lohnt es sich, den Zugang zum Startblock vorher einmal anzuschauen - so vermeidet man, dass in der Früh plötzlich der Zugang auf der anderen Seite der Straße oder aber am Ende des Feldes liegt.
  2. Bekleidungstechnisch sollte man beim Ötztaler seine stilistischen Ansprüche hintanstellen. Bei der Radhose ist jene zu wählen, die am bequemsten ist. Es sind viele Stunden, die man beim Ötzi im Sattel verbringt, da geht Funktion vor Aussehen. Je nach Wetter muss auch an zusätzliche Ausrüstung gedacht werden. Ärmlinge für die lange Abfahrt in der Früh, nachdem man auch in hochalpinem Gelände unterwegs ist, auch entsprechende Jacken, Gilets oder dergleichen.
  3. Im Idealfall hat man Unterstützer und/oder Freunde, die entlang der Strecke für Verpflegung sorgen können. Auf diese Art lassen sich die vom Veranstalter organisierten großen Laben auslassen - so kann mitunter viel Zeit gespart werden (sofern man denn auf Zeit fährt). Bei den großen Laben ist bei der Masse an Teilnehmern recht viel los, hier kann es schon einige Minuten dauern, bis man wieder im Sattel sitzt.
  4. Vor dem Rennen sollte man sich unbedingt einen Ernährungsplan zurechtlegen. Keine Experimente bei der Verpflegung, nichts Neues ausprobieren und vor allem sehr großzügig kalkulieren. Verpflegung ist alles!
  5. Was für feste Nahrung gilt, ist für Flüssigkeit ebenso wichtig. Der Tipp von Lukas lautet daher "Trinken, Trinken, Trinken". Wenn es heiß ist, helfen Salztabletten im Getränk - vor allem wenn man zu Krämpfen neigt.
  6. Ob man zu einem Rennen einen Ersatzschlauch und Werkzeug mitbringt, ist eine Glaubensfrage, die grundsätzlich jeder Racer für sich selbst beantworten muss. Bei einer Distanz wie der des Ötztalers, wo fremde Hilfe mitunter weit entfernt ist, wäre es schade, wegen eines "Patschens" das Rennen oder zumindest viel Zeit zu verlieren. Daher ruhig  Werkzeug und einen Ersatzschlauch mitnehmen - auch wenn eigentlich jedes Gramm zählt.
  7. Gleich nach dem Start geht es für rund 40 Kilometer flott bergab. Je weiter vorne man diese Abfahrt bestreitet, desto sorgenfreier kann man diese mitunter angehen. Im Pulk weiter hinten ist entsprechend mehr Vorsicht geboten.  
  8. Das Um und Auf über den Brenner ist eine gute und flotte Gruppe. Der Brenner ist der "Leichteste" der vier Berge, die beim Ötzi zu überwinden sind, in den flacheren Passagen fällt dies im Windschatten einiger Kollegen bedeutend leichter. Gleichzeitig ist aber die Gefahr nicht zu unterschätzen, dass man mit einer zu schnellen Gruppe seine Körner zu früh verbrennt. 
  9. Vorsicht bei der Abfahrt vom Jaufenpass - der Asphalt ist stellenweise nicht mehr der beste. 
  10. "Am Timmelsjoch geht es niemandem gut - es tut jedem weh" sagt Lukas. Um das Leiden allerdings in erträglichen Grenzen zu halten, darf man nicht auf den Gegenanstieg in der Abfahrt vom Timmelsjoch vergessen. Bis zur Mautstation sind hier noch einmal rund 200 Höhenmeter zu absolvieren.

Na gut, die Tipps werde ich mir zu Herzen nehmen. In einem Monat werde ich jetzt nicht mehr zur Ötzi-Topform auflaufen, stattdessen werde ich versuchen, ein paar lange Ausfahrten in meinem Terminkalender unterzubringen, mit ein paar Anstiegen garniert. Je länger die Anstiege im Training desto besser - es geht darum, ein Gefühl für lange Anstiege zu bekommen und das Tempo, mit dem man persönlich am besten in einen derartigen Berg hineinfährt. Das Credo lautet Gleichmäßigkeit! Mal schauen, was da auf uns alle zukommt.