200 KM, um den Kopf freizumachen

Manchmal wird es eng im eigenen Kopf - wenn Alltag, Arbeit, Corona oder sonst irgendwelche Dinge permanent in Gedanken herumschwirren. Dann ist es Zeit, sich einen Tag freizunehmen, das Rad mit ein paar Essentials zu bepacken und sich auf eine lange Tour zu begeben. Dort wird man idealerweise Ruhe finden, die Gedanken - zumindest temporär - beiseite schaufeln können und sich nur noch aufs Radeln und die Umgebung zu konzentrieren. Für mich ist das ein wesentlicher Aspekt des Radfahrens und ich genieße es, mich darin zu verlieren - die Begrenzungspfosten am Straßenrand zu zählen, die Landschaft zu beobachten und in meinen Körper hineinzuhören.

Festive 500 - DNF

So wie 2020 insgesamt ein recht holpriges Jahr war, so war auch mein Festive 500-Versuch von schwierigen äußeren Rahmenbedingungen geprägt. Bereits im letzten Jahr war es eine besondere Challenge, die 500 Kilometer zwischen Weihnachten und Neujahr in den Alpen abzuspulen. Die Temperaturen rund um Lienz waren herausfordernd und für mich eine besonders harte Nuss, die ich aber irgendwie knacken konnte.

2020 kamen Rekordschneefälle dazu, die zwar wie eine willkommene Abwechslung wirken mögen, tatsächlich aber hinderlich sind. Viele der Routen und Streckenvarianten fallen auf diese Weise weg - Waldwege, schlecht/nicht geräumte Seitenstraßen aber genauso Berge und Pässe (alleine schon wegen der kalten Abfahrt!). Was also romantisch und abenteuerlich wirkt, ist in Wahrheit nicht ganz so prickelnd :)

Allerdings waren auch die Temperaturen eine Herausforderung - bei bis zu minus 13 Grad kommen auch die besten Schuhe und Handschuhe an ihre Grenzen und begrenzen so die Zeit, die man draußen auf dem Rad verbringen möchte. Dennoch sind die Festive 500 jedes Jahr wieder eine schöne Motviationshilfe, aufs Rad zu steigen, wenn man sonst vielleicht eher vor dem Ofen oder dem Weihnachtsbaum liegen bleiben würde. Aber es soll eben “nur” eine Motivationshilfe sein, allzu sehr sollte man sich nicht zwingen müssen - schließlich geht es ja auch noch um den Spaß am Radfahren!

Festive 500-Tagebuch

24. Dezember 2019

Weihnachten! Das Fest der Liebe, des Friedens und der Familie ist gleichzeitig der Start von "Festive 500". Und während Friede (ein Gefühl, das sich bei mir im Sattel einstellt) und Liebe (eindeutige Assoziation mit dem Radeln) noch mit dem Radfahren in Verbindung gebracht werden können, steht die Familie in diametralem Gegensatz zu den Opfern, die man für die Festive 500 erbringen muss. Es gilt, 500 Kilometer zwischen Weihnachten und Silvester abzuspulen - an jenen acht Tagen also, an denen normalerweise Herumknotzen, Fernsehen und Kekse Essen im Vordergrund stehen.

500 Kilometer an acht Tagen ergibt 62,5 Kilometer pro Tag. Macht man einen Tag Pause, sind es bereits über 70 Kilometer pro Tag, bei zwei Aussetzern schon gut 80. "Veranstaltet" wird das ganze von Rapha und Strava, wobei das zwischendurch auch einmal hin- und hergewechselt hat.

Warum man sich das antun sollte? Naja, es gibt einen virtuellen Pokal auf Strava und wenn man sich entsprechend bei Rapha meldet, einen physischen Stoff-Badge, der dann - so wie alle derartigen Trophäen, die ich in meiner Laufbahn errungen habe - in irgendeiner Lade verstaubt. Wichtiger sind in meinen Augen allerdings andere "Belohnungen": der ultimative Sieg gegen den inneren Schweinehund - rauszugehen, während andere vor dem Ofen sitzen bleiben, Kalorien zu verbrennen, während andere vielleicht noch einmal auf den Keksteller greifen, sich ins Radgewand zu schmeißen, während andere den Tag im Pyjama verbringen.

Tag 1 bringt mir gut 72 Kilometer bei 750 Höhenmetern. Von Lienz aus fahre ich nach Osten, der vorhergesagte Föhnsturm hat mich meine Routenplanung adaptieren lassen, tatsächlich bleibt der Wind allerdings aus - also weder Qualen durch Gegenwind noch großartige Begünstigung durch Rückenwind. Auf der ansonsten wild befahrenen B100 durch das Drautal scheint auch eine Art Weihnachtsfrieden eingekehrt sein - während alle ihre letzten Einkäufe tätigen oder schon auf dem Weg zu den Freunden und Verwandten sind, kann ich in Ruhe auf der Bundesstraße dahinrollen. Für Abwechslung sorgen kurze Abstecher weg von der Bundesstraße und hinauf auf die benachbarten Hänge des Kärntner Drautals. Irschen, Dellach und Berg im Drautal liegen malerisch am Hang und genießen die klimatischen Vorzüge der Sonnseite - Plusgrade und herrlicher Sonnenschein, während auf der Schattseite Reif, Schnee, Eis und Grade um den Gefrierpunkt vorherrschen.

Ab Greifenburg wird das Tal weiter, der Schnee weniger und bei leichten Plusgraden fährt es sich noch einmal etwas leichter. Sachsenburg markiert den Zusammenschluss von Drau- und Mölltal, von hier aus geht es auf dem Drauradweg Richtung Spittal an der Drau. Abseits von vielbefahrenen Straßen ist man hier auf Güter- und Feldwegen, kleinen Straßen und Radwegen unterwegs. Die geplante Runde um den Millstätter See muss aufgrund von Zeitgründen ausfallen, von Spittal an der Drau gehts per Zug zurück nach Osttirol.

Tag 1: 72,4 KM; 14% der Festive 500 erreicht

25. Dezember 2019

Tag 2 meiner Festive 500 bringt die Verschärfung eines Festive 500-Aspekts, den ich im Vorfeld wohl nicht zu Ende gedacht habe. Natürlich macht es einen riesigen Unterschied, WO man die 500 Weihnachtskilometer abspulen möchte. Es gibt da in Singapur oder Indonesien diesen einen Radfahrer, der jedes Jahr in den ersten Stunden der Festive 500 die kompletten 500 Kilometer abspult. Jetzt ist die Bewältigung der großen Distanz natürlich an sich eine enorme Leistung, bei lauen und gemütlichen Temperaturen fällt dies allerdings leichter als bei jenen Witterungsbedingungen, die uns in einem durchschnittlichen Winter in den Alpen oder in Mitteleuropa begegnen. Man hat daher mit widrigen Bedingungen zu rechnen - egal ob das Regen und Nebel, Schnee und Eis oder Minusgrade sind. Ich verbringe die Feiertage mittlerweile traditionell in Osttirol - schön zum Skifahren, schön zum Langlaufen aber auf dem Rad wird man im Dezember eher schief angeschaut. Hinzu kommt, dass die letzten Jahre klimatisch sehr gutmütige Weihnachten produziert haben, schneefrei und verhältnismäßig warm. Mit diesen Erfahrungswerten bin ich im Vorfeld auch meine Touren- und Routenplanung angegangen. Die Realität von 2019 sieht allerdings anders aus: Radwege sind plötzlich gespurte Langlaufloipen, Wege im Schatten der Berge sind ob des Eises nahezu unbefahrbar und die Temperaturen sind für ein Weichei aus der Stadt wie mich doch eher außerhalb des Wohlfühlbereichs.

Meine via Komoot zusammengebastelten Routen und Wege sind daher nur bedingt brauchbar, viele von den "epischen" Bildern und Abenteuern, die ich im Sinne hatte, zerbrechen an der Realität des alpinen Winters.

Tag 2 zwingt mich wetter- und zeitbedingt zu einer meiner Standard-Runden, wenn ich in Osttirol mit dem Rad unterwegs bin, der Talboden-Runde. Dabei wird der Lienzer Talboden nach allen Seiten hin mehr oder weniger ausgefahren, mit ein paar kleinen "Schupfern" drinnen, etwas Bundesstraße und schönen Nebenwegen. Wieder ist es auf der Schattseite frisch und eisig, in der Sonne etwas wärmer und wunderschön, wie direkt von einer Postkarte abgemalt. Die Runde nütze ich gleich auch um festzustellen, welche meiner Wege und Radwege befahrbar sind oder nicht. Isel- und Pustertal fallen leider flach, einzig das Drautal kann am Radweg befahren werden. 54 Kilometer und knapp 480 Höhenmeter später werden die nassen Kleidungsstücke über den Ofen gehängt und mit der Familie gemeinsam auf Weihnachten angestoßen.

Nach zwei Tagen stehen 126 Kilometer in den Büchern, mein "Guthaben" beträgt einen Kilometer - nicht gerade ein großer Polster...

Tag 2: 125,5 KM; 25% der Festive 500 erreicht

26. Dezember 2019

Manchmal kommt es anders als man denkt... - zum Beispiel, dass nach 10 Kilometern das Vorderrad zu wabern beginnt, die Luft langsam weniger wird, das Fahrgefühl nicht mehr ganz so souverän ist. Mein BMC URS Testbike ist als Tubeless aufgesetzt, daher ist es erstmal kein Problem, weiterzufahren. Ich möchte nämlich nicht bei Minusgraden auf der Schattseite des Tals am Rad herumhantieren sondern lieber auf einer gemütlichen Bank in der Sonne. Doch auch daraus wird nichts, die Luft ist draussen. In Oberdrauburg wird der Reifen inspiziert, nachgepumpt, geflucht. Der Mantel kommt runter, Milch überall - irgendwie werde ich mit Tubeless nicht warm... Schaden am Reifen kann ich keinen finden, auch das Ventil scheint noch ganz und dicht, dennoch bleibt die Luft nicht drinnen. Ersatzschlauch habe ich natürlich einen mit, gewechselt ist auch schnell - die Finger werden in wenigen Momenten an der frischen Luft klamm. Das Aufpumpen der großvolumigen Schläuche dauert mit der Handpumpe eine gefühlte Ewigkeit und beim Abziehen der Pumpe passiert es - das Ventil geht mit und die Luft ist wieder draußen. Doch damit nicht genug, hat sich auch noch das Ventil in der Pumpe verkeilt. Mit Betteln und Bitten, Gewalt und Fluchen und meinen eiskalten Fingern bekomme ich es auch nicht mehr heraus. 19,3 statt der geplanten 120 Kilometer werfen natürlich auch meinen kompletten Festive 500-Plan über den Haufen. Aber wenn schon stranden, dann zumindest gleich neben dem Bahnhof. Also mit dem Zug zurück nach Lienz und Wunden lecken - der luftlose Walk of Shame vom Bahnhof zurück nach Hause ist genug für die geschundene Ehre.

Die Familie ist währenddessen hin- und hergerissen zwischen Empathie und Mitleid für den offensichtlich geistig umnachteten Radfahrer, unterstützender Motivation und Ärger über die stundenlangen Abwesenheiten. Dennoch stellt sich kurzfristig so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl ein, welches dann auch gleich in ein gemeinsames Brainstorming darüber mündet, wie denn die fehlenden Kilometer des heutigen Tages am besten wettgemacht werden können. Vorhergesagter Schnee, Regen und starker Wind gepaart mit der Aussicht auf einen weiteren "Patschen" führen zur Idee, in der Nähe des Zuhauses zu bleiben und hier irgendwie Kilometer abzuspulen. Unterschiedliche Runden und Varianten werden diskutiert, am Ende entscheide ich mich für eine Runde direkt vor dem Haus, auf der ich am nächsten Tag ein paar Kilometer wiedergutmachen kann.

Tag 3: 145,8 KM; 29% der Festive 500 erreicht

27. Dezember 2019

Vier Stunden sind heute eingeplant, der Blick aus dem Fenster ist nicht sehr verheißungsvoll - leichtes Tröpfeln und Wind, aber daran habe ich mich mittlerweile irgendwie gewöhnt. Und tatsächlich ist es so, dass mit der richtigen Kleidung viel vom Schrecken des schlechten Wetters verloren geht. (Und ja, ich hasse den Spruch "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung"). In weiser Voraussicht habe ich meinen halben Kleiderkasten nach Osttirol mitgeschleppt, alles was nach Winter aussieht, nach Merino riecht oder mit Primaloft gefüllt ist.

An den Füßen Merino-Socken (Fingerscrossed oder Isadore), Heizpads auf die Zehen und die dicken Fizik-Winterschuhe. Zwei Hosen (RH77 und Isadore), die jeweils mit flauschigem Thermo-Material ausgeführt sind. Einzige Schwachstelle - wie leider bei fast allen Hosen, die ich bisher hatte - ist die goldene Mitte. Ich hoffe meine Zeugungsfähigkeit wird darunter nicht allzu sehr leiden.

Der Oberkörper bekommt drei Schichten gegönnt - Merino Baselayer (Isadore), Langarmtrikot (Isadore, RH77) und darüber noch eine Jacke (Isolation - RH77/Isadore oder aber die Primaloft Jacke von Löffler). Auf den Kopf kommt meine alte Rapha-Haube, die Hände bekommen auch zwei Lagen - einen Merino Liner-Handschuh von Rapha und darüber die großartigen weil langen und dichten Isadore-Handschuhe). Dieses Setup variiere und mische ich durch, je nachdem, was ich gerade für wichtig erachte - tatsächlich sind die Unterschiede allerdings gering. Am Körper selbst sind maximal die ersten Kilometer frisch, sobald man allerdings auf Betriebstemperatur ist oder stetig vor sich hin pedaliert, wird es meistens angenehm warm oder zumindest erträglich. Probleme treten dagegen an den äußeren Enden des Körpers auf: Zehen werden kalt, egal wie gut man sie verpackt, unabhängig der Zahl der Wärmepads oder der Qualität der Schuhe. Die Frage ist hier nicht "ob", sondern eher "wann". Den Moment des Erfrierens hinauszuzögern ist also die eigentliche Aufgabe. Gleiches gilt für die Hände, die - wie die Füße auch - ständig dem Fahrtwind ausgesetzt sind. Ich helfe mir mit häufigem Umgreifen am Lenker, damit nicht ständig die gleichen Stellen exponiert sind und fahre ab und zu für ein paar Meter freihändig und verstecke dabei die Hände unter den Achseln oder hinter dem Rücken.

Derart vorbereitet besteht mein 4. Tag der Festive 500 aus der am Vorabend ausbaldowerten Idee, vor der Haustüre Runden zu fahren. Der ausgesuchte Kurs ist 1,7 Kilometer lang, führt teilweise auf einem Radweg, zumeist aber - auf weihnachtsbedingt leergeräumten Straßen - durch ein nahes Gewerbegebiet. Pausen zur Verpflegung, zum Aufwärmen oder im Falle eines Defekts kann ich jederzeit zuhause einlegen - so eine Möglichkeit eines Boxenstopps beruhigt. Bei jeder Passage der imaginären Start- und Ziellinie drücke ich auf den Lap-Button meines Wahoos, dieser zeigt jeweils um die 4 Minuten Fahrzeit für die 1.740 Meter. Die Menschen, die mir auf meinem Rundkurs begegnen, auch sie schwanken zwischen Verwunderung und Mitleid - vor allem jene, die nicht innerhalb der vier Minuten Rundenzeit wieder verschwunden sind, denen ich also mehrmals begegne. Die Mitarbeiter des Autohauses an der Strecke kennen sich irgendwann gar nicht mehr aus, ignorieren aber wohl den Radler, der da seine Runden dreht. Auch die Angestellten der Bäckerei kümmern sich nicht um mich, umgekehrt weht mir aber in jeder Runde der Duft frischgebackenes Brotes um die Nase.

Bis zum Mittagessen möchte ich fahren, so viele Kilometer wie möglich für die Festive 500 hamstern. Unterwegs bleibt viel Zeit zum Nachdenken, ich erfinde das "1. Internationale Peggetz Winterkriterium" mit mir als einzigem Starter (mit dementsprechend aussichtsreichen Gewinnchancen!), rekapituliere die ersten Tage der Festive 500 und kann auch abseits des Radelns den einen oder anderen Gedanken wälzen. Das Format eines Kriteriums wird meiner Meinung nach ja wieder an Attraktivität gewinnen und hoffentlich auch eine Art Renaissance erleben. Große Attraktivität für Zuschauer gepaart mit einem erheblich geringeren Organisationsaufwand sind eine Kombination, mit denen große Rennen und Rundfahrten zunehmend ihre Probleme haben (vor allem mit zweiterem). Ein richtiges Rennen würde wohl über eine kürzere Distanz führen als mein Experiment hier, ich genieße aber die körperliche und mentale Herausforderung. Stetiges Abspulen von Runden hat mir noch nie große Probleme bereitet, so stehen am Ende dann auch 58 Runden auf dem Wahoo und mit 101 Kilometern kann ich mein Festive 500-Konto wieder etwas aufbessern.

Tag 4: 247,0 KM; 49% der Festive 500 erreicht

28. Dezember 2019

Für diesen Tag ist besseres Wetter vorhergesagt - im Sinne von weniger Wolken und mehr Sonne. Allerdings gesellen sich tiefe Temperaturen und starker Nordwestwind dazu. Die Routenplanung ergibt daher - wie schon am ersten Tag - einen "Transfer Ride", also eine Rückfahrt mit dem Zug. Noch einmal durchs Drautal zu fahren reizt mich nicht - es wäre dies das vierte Mal innerhalb von vier Tagen und den Abschnitt bis Oberdrauburg muss ich ohnehin wieder zurücklegen. Die erste Challenge des Tages soll der Gailbergsattel werden, an sich keine große Prüfung aber unter winterlichen Bedingungen und bei knappen Minusgraden doch nicht ganz so ohne. Am Gailbergsattel angekommen bläst dann tatsächlich der Wind - viel stärker als geplant und aus allen Richtungen, sodass ich kurz mein heutigen Vorhaben zu zweifeln beginne. Am Sattel selbst scheint mir die Sonne ins Gesicht und alle Zweifel sind verflogen. Ein kurzer Abstecher auf der Abfahrt vom Gailbergsattel führt mich - traditionell - zu den Wurzeln einer meiner Familienhälften nach Laas und bringt eine kurze Verschnaufpause, bevor es in die restliche Abfahrt nach Kötschach hinuntergeht. Ich rolle den Berg nur hinunter, reduziere sogar bewusst die Geschwindigkeit, weil der eisige Fahrtwind meine Finger und Zehen ans Limit bringt. Es fühlt sich an, als würden Nadeln in die Finger und Zehen stechen und das eigentlich Grausliche daran ist, dass man während der Fahrt weder durch Positionswechsel noch durch andere Maßnahmen Linderung bewirken kann.

Ich erreiche das Gailtal unter einer dicken Decke von Nebel, die zwar da und dort die Sonne durchblitzen lässt, gleichzeitig sind aber auch die Temperaturen noch weit in den Minusgraden und der Radweg, der mich gen Osten führen soll ist unter einer fragwürdigen Schnee- und Eisschicht verborgen. Die ersten 10-15 Kilometer friere ich mich über den Radweg, unter Reif und Schnee verborgene kleine Eisplatten lassen meinen Puls immer wieder kurz hochschießen. Erst kurz vor Tröpolach ist der Nebel endgültig verschwunden und die einzige Trübung der Sonne erfolgt durch die Schneekanonen des Skigebiets am Nassfeld, dass sich über meiner rechten Schulter erhebt.

Um nicht permanent auf der Schattseite fahren zu müssen und meiner Seele auch etwas Sonnenschein zu gönnen, fahre ich nicht auf dem offiziellen Radweg sondern auf einem Begleitweg der Gail. Mit meinem Gravelbike bin ich für derartigen Untergrund grundsätzlich perfekt ausgerüstet, jedoch bringt die Sonne mit sich, dass die schmelzende Schneedecke den darunterliegenden lehmigen Erdboden in eine zähe Masse verwandelt, die einiges an Kraft erfordert. Mein Durchackern dieser Wege richtet auch mein Rad entsprechend zu, URS erträgt allerdings mit stoischer Gelassenheit meine Schmutzattacken auf Tretlager, Antrieb und Rahmen und verrichtet einwandfrei seinen Dienst.

Bei Hermagor wechsle ich auf den Drauradweg 3a, eine weitere Ader des in Kärnten sehr gut ausgebauten Radwegenetzes. Auf den unberührten und mit Schnee bedeckten Wegen, die vor mir liegen, entdecke ich plötzlich Reifenspuren und wähne mich nicht mehr als einzigen Verrückten, der hier mit dem Rad unterwegs ist. Ich finde den gesuchten Radfahrer nicht, für meinen Kopf ist es allerdings eine willkommene Abwechslung - schließlich bin ich schon recht lange alleine auf meinen Wegen unterwegs.

Vor mir erhebt sich der Dobratsch, der Villacher Hausberg und damit kann ich ungefähr erahnen, wie weit mich der heutige Tag noch führt. Am Fuße des Dobratsch führt der Radweg durch wunderbare Nadelwälder, über asphaltierte und geschotterte Wege, wellig und flott geht es dahin - ich bin kurz in so etwas wie einem Flow, bin ganz bei mir selbst. Bei Arnoldstein beginnt es zu rauschen, das Geräusch kommt näher und nach dem Überqueren einer Brücke, fährt man für kurze Zeit neben der Autobahn, die sich an dieser Stelle aus Italien Richtung Villach und Klagenfurt schlängelt. Dieser Streckenabschnitt ist mir noch von der Tour de Franz im Sommer in Erinnerung, da hatte es allerdings rund 30 Grad mehr. Die Fußgeherfrequenz steigt, mit ihr auch Hunde, Pferde und andere Gesellschaft - man nähert sich der Stadt. Noch immer entlang der Gail führt der Radweg bis an den Stadtrand von Villach, das heutige Etappenziel ist erreicht. Richtung Bahnhof benütze ich einen der vielen Radwege in der Stadt, zuerst steuere ich noch fälschlicherweise den Westbahnhof an, danach den "richtigen" Hauptbahnhof. Ich überfalle eine Tankstelle am Weg und nehme alles mit, was aus Plunder, Nougat, Cola und Marmelade besteht und warte auf meinen Zug zurück nach Lienz.

Tag 5: 370,1 KM; 74% der Festive 500 erreicht

29. Dezember 2019

Es ist Sonntag und damit Tag des Herrn. Die einen gehen in die Kirche, die anderen - scheinbar nicht minder religiös - beten den österreichischen Ski-Gott an, der in Form des Damen-Skiweltcups in Lienz Halt macht. Auch ich fröhne einer Art Spiritualität beim Radfahren, obwohl der Blick aufs Thermometer eher an Kasteiung und Selbstgeißelung denken lässt. Bei -8 Grad bin ich noch nicht oft in meinem Leben nach draußen gegangen, um Rad zu fahren. Festive 500 kümmert sich allerdings nicht um derartige Befindlichkeiten und somit verlasse ich unter leichtem Kopfschütteln der Familie das Haus, um - nun bereits zum fünften Mal - im Talboden Richtung Oberdrauburg zu fahren. Dank Skirennen läuft der Verkehr nur in eine Richtung, die Bundesstraße lässt mich vergleichsweise rasch ein paar Kilometer sammeln. Auf der Rückfahrt wirft mir die Schattseite über eine knappe Stunde die vollen -7 oder -8 Grad entgegen, ich überlege kurz aufzuhören oder irgendwo einzukehren, doch Pausen machen das ganze Unterfangen nicht wirklich einfacher. Und halbwegs aufgewärmt wieder aufs Rad zu steigen ist in vielen Fällen die größere Qual als das Weitermachen.

Ich lege einen kurzen Stopp beim Zielhang des Skirennens ein, auch als Nicht-Fan haben derartige Ereignisse natürlich ihren Reiz. Der weitere Weg führt heute hinein ins Iseltal und wieder zurück. Meine Hoffnung auf einen schneegeräumten Isel-Radweg erfüllt sich leider nicht, auf der Bundesstraße ist es eher spaßbefreit aber immerhin scheint die Sonne, -4 Grad sind da schon eine bedeutende Verbesserung.

80 Kilometer stehen am Ende auf dem Wahoo, genau was ich wollte. Damit bleiben für die letzten beiden Tage noch 50 Kilometer, die für die Erreichung der Aufgabe fehlen. Und nebenbei wurde auch noch die eigene Vorgabe erfüllt, zumindest an einem der acht Tage nicht fahren zu müssen und stattdessen etwas mit der Familie unternehmen zu können.

Wie auch schon an den letzten Tagen hat sich bei niedrigen Temperaturen ein massives Problem ergeben, jenes der Verpflegung nämlich. Gels sind an sich keine Herausforderung, ihre Konsistenz ist auch bei niedrigen Temperaturen nahezu unverändert und damit auch deren Verzehr. Bei Riegeln wird die Sache mitunter schon etwas komplizierter. Wer schon einmal versucht hat, einen halbgefrorenen Clifbar oder Powerbar runterzubekommen, weiß wovon ich spreche. Mein Tipp ist so einfach wie banal, nämlich den Riegel möglichst nah am Körper zu tragen und damit warm zu halten. Die Trikottaschen unter der Jacke reichen dafür in der Regel aus, alles was außen liegt ist zu exponiert. Richtig schwer wird es allerdings mit den Trinkflaschen, diese sind permanent den niedrigen Temperaturen ausgesetzt. Ein Rucksack mit einer Trinkblase, die nahe am Körper anliegt, wäre ein gangbarer Weg aber mit Rucksack fühle ich mich am Rennrad nicht wohl. Thermo(s)flaschen sind auch eine Variante, allerdings halten derartige Flaschen die Flüssigkeit auch nur minimal länger warm (außer es sind dezidierte Thermosflaschen). Und dann gibt es da noch den Mpemba-Effekt, demzufolge es - frei interpretiert - auch keinen Sinn macht, besonders warme Getränke in normale Flaschen einzufüllen, da diese noch schneller abkühlen als kühle. Ich habe so gut wie nichts getrunken bei meinen Ausfahrten, weil meine Flaschen stets innerhalb von kurzer Zeit so kalt waren, dass nur noch kleine Schlücke möglich waren, ohne dass einem auch noch innerlich ganz kalt wird. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie man das am besten handhabt.

Tag 6: 450,3 KM; 90% der Festive 500 erreicht

30. Dezember 2019

Finale! Eigentlich bin ich ja mit allerhand Routen, Ideen und Bildern von epischen Abenteuern nach Osttirol gekommen. Man ist von Instagram und dergleichen ja mittlerweile auch schon insofern verklärt, als jedes Unterfangen "außergewöhnlich", "besonders" oder eben "epic" sein muss. Eine normale Ausfahrt in schöner Umgebung ist da vermeintlich ja schon fast nichts mehr, über das man berichten könnte. Die Realitäten des Osttiroler Winters haben mich aber in Demut gelehrt, genauso wie die Erkenntnis, dass 500 Kilometer innerhalb einer Woche keine einfache Aufgabe darstellen.

Und so mache ich mich erneut auf den Weg durch den Lienzer Talboden, die Strecken zu wiederholen und immer wieder abzufahren empfinde ich dementsprechend auch nicht als Schande sondern schlicht und ergreifend als Maximum dessen, was unter diesen Rahmenbedingungen möglich ist. Und mit dieser Einstellung fällt es auch wieder leicht, das Schöne zu sehen: die Berge, die Sonne, die Landschaft, die Kirchen an den Berghängen, die Höfe auf den Hügeln - all das, wofür es keine epischen Abenteuer braucht sondern nur den Schritt vor die Tür.

Gut 54 Kilometer später kann ich die hartnäckigen Minusgrade endgültig vergessen, den Heimathafen ansteuern aber nicht ohne vorher noch bei der Tankstelle eine Flache Sekt in meine Trikottasche zu stecken. Die Erledigung der Festive 500 soll einen würdigen Abschluss erfahren.

Ein letztes Mal den Wahoo synchronisieren, die Fotos des Tages bearbeiten und das Ganze auf Komoot und auf Strava hochladen - das ist mittlerweile zum Ritual geworden. Auf der Seite der Festive 500-Herausforderung wandert der Balken nach rechts, erreicht die 100% und überschreitet diese Grenze geringfügig. Ein Fenster poppt auf, Gratulation zur absolvierten Challenge, Halleluja.

Tag 7: 504,9 KM; 101% der Festive 500 erreicht

31. Dezember 2019

8:30, zum ersten Mal seit acht Tagen muss ich nicht darüber nachdenken, wohin ich heute fahre, was ich anziehe oder wie weit ich fahren sollte. Zum ersten Mal kann ich das machen, was der Rest der Familie und vermutlich so gut wie jeder andere Mensch in Osttirol zu dieser Jahreszeit macht, wenn er Sport machen will - in meinem Fall ein paar Runden auf den Langlauf-Skiern.

Zurück von der Skating-Runde folgt auf Strava eine kurze Krise. Plötzlich scheinen in meiner Challenge nur noch 495 Kilometer statt der tatsächlich gefahrenen 505 auf, Erreichungsgrad 98%. Schnell mache ich Screenshots von allen Mails und Nachrichten, die ich bereits bekommen hatte, in denen samt und sonders steht, dass ich die Herausforderung absolviert habe. Mal schauen, was meine Anfrage an Strava bringt... Auch bei eventuellen Ungenauigkeiten oder Neuberechnungen sollte ich mit 505 Kilometern auf der sicheren Seite sein. Was ich allerdings in den letzten Tagen erlebt habe, kann mir ohnehin keiner mehr nehmen. Ebenso wie es an sich völlig egal wäre, ob ich dafür nun ein virtuelles Abzeichen oder einen kleinen Stoff-Aufnäher bekomme. Die Tatsache, dass ich für 500 Kilometer am Rad gesessen bin, bringt ohnehin mehr mit als nur das formale Absolvieren der Challenge. Ich konnte ohne jegliches schlechtes Gewissen Kekse in mich hineinstopfen, war gemütlich im Ausdauermodus unterwegs und hab dementsprechend (hoffentlich) schon eine kleine Trainingsbasis fürs Frühjahr gelegt und hab einen großen Kampf gegen den inneren Schweinehund gewonnen.

Tipps

Abschließend möchte ich die Erkenntnisse meiner Festive 500-Woche in einige Tipps fließen lassen, für folgende Jahre und andere Radlerinnen und Radler, die eventuell etwas Inspiration brauchen.

Möglichst früh, möglichst viel

Gerade die ersten beiden Tage sind oft für Feierlichkeiten reserviert. Wer allerdings schon zu Beginn aussetzt oder Kilometer auf später verschiebt, tut sich nichts Gutes. Es steigt damit der Druck und die anfangs noch vorhandene Freude an der Herausforderung wird vermutlich zunehmend schwinden.

Routenwahl

Die Routenwahl ist aus zweierlei Gründen relevant. Einerseits hat die Tourenplanung großen Einfluss darauf, wie schnell man die 500 Kilometer erreicht - flach gewinnt vor bergig. Zweiter Aspekt ist das Klima - je nachdem, in welcher Region man unterwegs ist, kann man sich mit einer geschickten Routenwahl das Leben einfacher oder lebenswerter gestalten. Lange Abfahrten bei niedrigen Temperaturen tun dem Körper nichts Gutes.

Rad

Natürlich auch in Abhängigkeit der Region, des Terrains und der Pläne ist die Wahl des geeigneten Rads essentiell. Ich war sehr glücklich mit der Wahl des Gravelbikes von BMC, es war der exakt richtige Erfüllungsgehilfe für meine Challenge. Sich nicht um (speziell im Winter) schlechten Asphalt kümmern zu müssen, Schotter und Splitt auf der Straße ignorieren zu können und auch auf Schnee und Eis etwas mehr Sicherheit zu genießen, ist das eine. Bei der Routenwahl auch Schotter, Erde und Waldwege miteinbeziehen zu können, das andere - eine enorme Bereicherung der Routenvielfalt und des damit verbundenen Fahrspaßes.

Rücklicht

Es mag banal erscheinen aber ich habe für die Festive 500 ein neues Rücklicht angeschafft. Dieses hat Leuchtstufen, die ehrlicherweise mit keinem Gesetz der Welt mehr vereinbar sein dürften, allerdings hat es mir die Sicherheit gegeben, mit der ich auch auf viel befahrenen Bundesstraßen und bei schlechten Lichtverhältnissen beruhigt unterwegs war.

Rahmentasche

Auch neu für mich war die Rahmentasche, wobei ich mich ja grundsätzlich eher gegen allzu viel Ballast und Gepäck auf dem Rad ausspreche. Hintergedanke war, immer einen trockenen Ersatz-Baselayer mitzuführen, eine weitere Jacke und eine Außenschicht, Ersatzschlauch und Werkzeug nicht im Trikot verstauen zu müssen und auf langen Touren auch etwas mehr Verpflegung mitzuführen. Die wasserdichte Ortlieb-Tasche konnte alle diese Erwartungen erfüllen, war ein praktischer Begleiter und hat sich auf diesem Wege wohl auch für künftige Herausforderungen wie das Race Around Austria Unsupported qualifiziert.

Gesellschaft

Was ich nicht hatte, kann wohl ein großer Vorteil bei der Bewältigung von 500 Kilometern in acht Tagen sein - Gesellschaft, jemand, der mitleidet, jemand der motiviert und mitfühlt.

Familie

Die Familie kann natürlich auch motivieren und unterstützen, wird jedoch nie die "Innensicht" haben, das verstehen, was man am Rad durchlebt und die Motive, warum man das ganze auf sich nimmt. Umgekehrt ist es essentiell, der Familie auch etwas zurückzugeben - die Entbehrungen und die Abwesenheit sind immerhin beträchtlich!

Keinen Druck machen

Entspannt zu bleiben ist wohl auch ein Schlüssel zum Erfolg. Egal, ob man mit den Kilometern hinten ist, ob man ein technisches Problem hat oder aber - wie oben erwähnt - Sorge hat, weil man “nur” vermeintlich ereignislos und unberichtenswert auf allseits bekannten Wegen hin- und herrollt. Spaß haben, genießen und das Ganze zu spüren, sollte im Vordergrund stehen. Und rechtfertigen muss man sich sowieso immer nur vor sich selbst!

Genießen und Feiern

Ganz in diesem Sinne gilt es natürlich auch, den Erfolg entsprechend zu zelebrieren. 500 Kilometer sind in meinem Fall rund 10 Prozent meiner aktuellen Jahreskilometerleistung. Angesichts meines Fitnesszustands bin ich daher auch aus sportlicher Sicht mit meinen Festive 500 sehr zufrieden. Schwerer wiegen allerdings trotzdem die Erlebnisse und die Dinge, die mir durch den Kopf gegangen sind, während ich rund 21 Stunden auf dem Rad gesessen bin. Damit kann ich mit aufgeräumten Gedanken und einem durchgelüfteten Hin in ein neues Jahr starten!

"DNF" beim Super Giro Dolomiti

Oft heißt es ja, Geschichten des Scheiterns wären besser und spannender als jene der Sieger… In diesem Geiste möchte ich das Wochenende des Super Giro Dolomiti aufarbeiten, das mir das erste „DNF“ meiner sogenannten Rennkarriere beschert hat.

Giro

Es hat großartig begonnen, so wie eigentlich jeder Tag und jedes Wochenende in Osttirol immer positiv verläuft! Das Wochenende vor dem Rennen gastierte der Giro d´Italia in Südtirol, da lag ein Ausflug nach Olang zum Start natürlich nahe. Das Panorama der Dolomiten gepaart mit Profiradsport ist ein herrlicher Mix und näher an die österreichische Grenze kann eine Grande Tour auch gar nicht kommen. Auch wenn die Situation am Start etwas unübersichtlich war (der Parkplatz mit den Teambussen und Fahrern befand sich rund 2-3 Kilometer von der Startlinie entfernt) und damit nur die Möglichkeit blieb, die Fahrer am Weg zur Startaufstellung kurz abzupassen – der Start einer Giro-Etappe ist immer ein Ereignis, in Italien noch einmal mehr, da die Menschen auf die Straße gehen, gerne mittendrin dabei sind und Radsport dann doch noch etwas mehr l(i)eben, als wir das tun.

Bora

Zeitgleich waren auch die Fahrer des Teams Bora-Hansgrohe in Osttirol – Höhentrainingslager stand dort auf dem Programm. Mit von der Partie unter anderem die österreichische Phallanx Konrad, Pöstlberger, Mühlberger. Spontane Einfälle bringen oft die besten Ergebnisse, der Kamerarucksack war ohnehin dabei – und so ergab sich die Möglichkeit, die Jungs von Bora auf einer Trainingsfahrt auf den Glockner zu begleiten. Fotomotive der besten Art tun sich auf und der Auslöser der Kamera rattert nur so vor sich hin! Dass ich bei all dem Fotografieren nicht zum Radfahren komme, ist eine andere Geschichte – aber dazu kommen wir noch…

Dolomitenrundfahrt

Leser*innen von 169k wissen mittlerweile, dass ich oft und liebend gerne in Osttirol bin. Die Dolomitenradrundfahrt, die jedes Jahr Anfang Juni stattfindet, war daher schon immer etwas Besonderes in meinem Kalender – ist sie doch so etwas wie mein zweites Heimrennen. Die Strecke über den Gailberg, durchs Lesachtal und zurück nach Lienz kenne ich mittlerweile ganz gut – sowohl die positiven als auch die weniger positiven Aspekte. Wobei „weniger positiv“ natürlich eine Frage der Perspektive ist. Mit genügend Training und mentaler Stärke, kann einem das Lesachtal nichts anhaben. Erst wenn man angeschlagen, müde oder nicht ganz so fit ist, rächen sich die rund 20 „Hügel“, die sich in einem ständigen Auf und Ab auf einer Länge von rund 40 Kilometern aneinanderreihen. Irgendwo müssen diese 1.400 Höhenmeter ja auch versteckt sein. Die Lesachtalrunde bin ich also schon ein paar Mal gefahren, sowohl als Trainings- oder Genussrunde als auch im Rennen bei der Dolomitenradrundfahrt. Am Rennwochenende steht allerdings noch eine zweite Option zur Verfügung, der Super Giro Dolomiti.

Super Giro Was?

Viele verwechseln ihn beim ersten Mal Hören mit dem Maratona d´les Dolomites, dieser Riesenveranstaltung jenseits der Grenze, die immer Anfang Juli auf dem Programm steht und mit mehreren tausend Teilnehmern, Fernsehübertragung und mythenbehafteten Anstiegen zu einem der größten Radsportevents der Welt zählt. Der Super Giro Dolomiti gibt sich da weitaus bescheidener, obwohl er sich nominell keineswegs verstecken muss. Um ein anderes großes Radsportevents als Vergleich heranzuziehen – der Super Giro weist ungefähr die gleichen Zahlen auf wie der Ötztaler Radmarathon. Auf rund 230 Kilometern versammelt der Super Giro rund 5.000 Höhenmeter, die Charakteristik der Strecke ist allerdings eine andere als beispielsweise beim Ötztaler. Die Anstiege sind mitunter kürzer, die Belastung abwechslungsreicher, die Steigungen giftiger. Die Tatsache, dass der Super Giro Anfang Juni stattfindet, setzt zudem voraus, dass man recht fit aus dem Frühjahr kommt.

Die „Ur-Strecke“ des Super Giro führt über Gailberg und Plöckenpass nach Italien, über den Lanzenpass – eine alte, schmale Militärstraße mit bis zu 19% steilen Rampen – weiter Richtung Osten bevor man über das Nassfeld wieder nach Österreich gelangt und schließlich durch Gail-, Lesach- und Pustertal zurück nach Lienz fährt. Je nach Definition eines „Berges“ sind derer fünf oder sechs zu überwinden, von kurz & flach über länger & flach bis hin zu kurz & sehr steil und lange & steil. Die Gegend südlich der Dolomiten bzw. Karawanken ist allerdings eine raue und als solche jeden Winter aufs Neue unzähligen Wettersituationen ausgesetzt, die einem einwandfreien Zustand der Straßen nicht unbedingt zuträglich sind. Schnee, Eis, Unwetter, Felsstürze und allerlei mehr sind dort keine Seltenheit, dementsprechend musste auch der Super Giro mit seiner Strecke schon mehrmals ausweichen. Kein Problem, stehen doch im näheren Umkreis Alternativen zur Verfügung, die auch Hand und Fuß haben – hat da jemand „Zoncolan“ gesagt? Der Lanzenpass ist dabei so etwas wie das schwächste Glied – schon in seiner Grundauslegung als alte Militärstraße nicht gerade für den Massenverkehr dimensioniert, besteht außerdem bei Schäden, Felsstürzen und Ähnlichem bei den italienischen Behörden keine allzu große Dringlichkeit, Dinge dort schnell wieder zu richten. 2016 wurde deshalb schon einmal auf den Monte Zoncolan ausgewichen – bei wem an dieser Stelle keine Alarmglocken klingeln, der schau sich auf Youtube einmal ein paar Videos zum Monte Zoncolan an oder das Strava-Segment des Anstiegs von Ovaro aus!

Ende 2018 wurde dann noch das halbe Lesachtal bei Unwettern weggespült, die Spuren davon sind auf den Straßen bis heute sichtbar. Im Besonderen in Form einer Ersatzstraße, die vor Maria Luggau errichtet werden musste, um die Passage des Lesachtals überhaupt erst zu ermöglichen. Für das Rennen 2019 kursierten im Vorfeld daher unterschiedliche Varianten. Zuerst wurde kommuniziert, dass die „Ur-Strecke“ aufgrund von massiven Schäden am Lanzenpass nicht befahren werden kann und es wurde der Monte Zoncolan (analog zu 2016) als Ersatz auserkoren – ein Raunen und eine Mischung aus Angst und Begeisterung ging durch die Foren. Kurz darauf wurde allerdings der Zoncolan wieder von der Karte gestrichen, da auch dieser angeblich Frost- und andere Winterschäden aufweisen würde. Es wurde eine Ersatzschleife über Arta Terme und Paularo entworfen, die dann allerdings für die hartgesottenen „Höhenmeterfresser“ fast an eine Enttäuschung grenzte – so war es zumindest in vereinzelten Postings zu lesen. Andererseits war die neue Strecke mit rund 210 Kilometern und 4.800 Höhenmetern für Leute wie mich noch immer eine sehr große Nummer und angesichts eines regnerischen Frühjahrs und dadurch fehlenden Trainingskilometern nicht ganz unwillkommen!

Das Rennen!

Im Vergleich zur kürzeren Dolomitenradrundfahrt ist das Starterfeld des Super Giro Dolomiti noch etwas überschaubarer. Das hat Nachteile – die Wahrscheinlichkeit, in einer späteren Phase des Rennens noch mit einer gut funktionierenden Gruppe fahren zu können, sinkt dramatisch - aber auch Vorteile: Die Startphase ist entspannt und völlig unproblematisch. Ohne jegliche Zwischenfälle oder brenzlige Situationen rollt das Feld aus Lienz hinaus in Richtung Oberdrauburg. Die Temperaturen zum Start um 6:30 sind frisch und angenehm bei rund 13 Grad - warm genug, um die Jacke schon vor dem Start auszuziehen und auf Ärmlinge zu verzichten. Das Wetter ist ein wesentlicher Faktor – auch da gab es in den vergangenen Jahren schon alles, was der Himmel zu bieten hat. Gewitter, Wolkenbrüche, Temperaturstürze, große Hitze, Wind – die hohen Berge der (Lienzer) Dolomiten sind hier nicht zu unterschätzen, eine Nofall-Jacke mitzuführen ist grundsätzlich eine intelligente Option.

Bis Oberdrauburg gilt es, das Rennen zu genießen und in der großen Gruppe mit knapp über 40 Km/h Schnitt dahinzugleiten – es wird dieser Abschnitt der erste und letzte sein, in dem man in den Genuss eines ausgeprägten Windschattens kommt. Ab dem Gailberg – also den Bergen – wird nunmehr jede*r ihr und sein Tempo fahren, größere Gruppen werden sich keine mehr finden. Der Gailberg ist nominell keine allzu große Herausforderung, je nachdem in welchem Tempo man ihn befährt. Erfahrungsgemäß sind es ja oft die kleineren Hügel oder sogar die Flachpassagen, in denen man sich vernichtet – während alles und jeder auf die großen Prüfungen vorbereitet ist, vergisst man nur allzu oft, dazwischen mit seinen Kräften zu haushalten. Nach dem Gailberg geht es hinunter nach Kötschach-Mauthen, von hier entstammt meine Mutter – Grund genug, dort jedes Mal kurz unbestimmt in die Gegend zu winken, wenn ich vorbeifahre. Durch Kötschach geht es weiter Richtung Süden und für mich auf unbekanntes Terrain. So oft ich schon in Lienz und im Gailtal war, noch nie hat es mich hier über die Grenze verschlagen. Den Anstieg auf den Plöckenpass habe ich mir im Vorfeld auf Strava angeschaut, auch hier war nichts dabei, was mich nominell riesig erschreckt hätte. Umso mehr überraschen mich die hohen Steigungsprozente im Anstieg, die ihren Höhepunkt im stockfinsteren Tunnel vor der Passhöhe erreichen – 17%? Der Wahoo hat kein Signal mehr und jegliche Messung von Geschwindigkeit und Anstieg bleibt stehen. Ich werde nie erfahren, wie steil es dort wirklich ist, gefühlt zu steil, um gemütlich bergauf zu kurbeln. Mir schwant Böses, vielleicht waren die durchschnittlichen Steigungen auf Strava ein Ergebnis der nicht aufgezeichneten Steigungen in den Tunnels? Dann müsste ich auch meine Einschätzung über die Südseite des Plöcken erneuern, dort hat Strava überhaupt nur 4% Durchschnittssteigung ausgegeben! Aber alles zu seiner Zeit, davor gilt es noch, andere Prüfungen zu meistern.

Bei der Labe oben am Plöcken fülle ich meine Flaschen auf und richte einen Riegel her, den ich dann während der Abfahrt essen kann. Dabei hab ich ein neues System entwickelt: Ich nehme den Riegel (z.B. meinen ClifBar) aus der Verpackung und stecke nur den Riegel unter den Beinabschluss meiner Hose. Von dort kann ich jetzt Stück für Stück vom Riegel abbrechen und in Ruhe essen. Es hat mich immer gestresst, den Riegel komplett in der Hand halten zu müssen während dem Fahren, vor allem weil die ClifBars ja keine Riegel sind, die man schnell einmal kaut und hinunterschluckt. Im Vorfeld habe ich mich ja mit meiner Ernährungsberaterin Caro vorbereitet und auch für dieses Rennen ein paar Dinge ausprobiert. Die Ernährung während des Rennens war ein Teil davon, wann ich welche Riegel und Gels zu mir nehmen soll, entnehme ich vertrauensvoll dem Plan, den mir Caro noch per Mail zugeschickt hat.

Es geht vom Plöcken hinunter Richtung Paluzza, es rollt gut, der Tacho zeigt immer irgendetwas über 40 an. Habe ich die Abfahrt noch alleine begonnen, haben sich rund um mich nun noch ein paar Fahrer zusammengefunden, gemeinsam geht’s dann doch nochmal schneller und im Nu ist der südlichste Punkt der Strecke bei Arta Terme bzw. Cedarchis erreicht. Es geht sofort wieder bergauf auf eine kleine Straße, die sich den Hang entlang schmiegt und moderat aber stetig ansteigt. Der plötzlich fehlende Fahrtwind lässt mich recht unvermittelt spüren, dass es mittlerweile recht heiß geworden ist. Die Sonne strahlt am blauen Himmel, wir sind südlich der Karnischen Alpen, es hat knapp unter 30 Grad. Zu viert fahren wir die Straße entlang, das Tempo nicht sonderlich hoch, der Weg an sich nicht besonders anspruchsvoll. Ich lasse die kleine Labe aus, an die wir gemeinsam kommen – blöde Idee, wie sich später herausstellen soll. Bevor ich allerdings über die Tragweite irgendwelcher Entscheidungen nachdenken kann, beginnt eine abwechslungsreiche Zwischenabfahrt durch kleine Dörfer, vorbei an gutbesetzten Cafés, durch flowige Kurven, weiter hinein ins Tal. Paularo erscheint am Ende des Tals, der Wendepunkt der Strecke – auf der Originalstrecke würde man hier zum Lanzenpass abzweigen. Ich habe mir vor dem Rennen ein paar Abschnitte der Strecke auf Google Street View angesehen – nicht wegen irgendwelchen Details sondern um einen generellen Eindruck zu bekommen. Von Paularo ist mir in Erinnerung geblieben, dass es sehr steil zur Kirche hinauf geht, dann aber oben eine Art Hochplateau kommen soll. Wäre meine Recherche da nur mal ausführlicher gewesen… Den Stich zur Kirche von Paularo hinauf – mit seinen knapp 20% Steigung – konnte ich da noch irgendwie überwinden, dass danach allerdings kein Hochplateau sondern weitere fünf Kilometer mit rund 12% folgen würden, war fatal!

Worst comes to worst

Da war ich nun im Anstieg von Paularo nach Ligosullo. Manche jener, die sich im Vorfeld noch beschwert hatten, dass der Monte Zoncolan nicht Teil der Strecke war, sind hier wohl eines Besseren belehrt worden. Gut, der Monte Zoncolan ist noch einmal ein Kaliber ärger, aber das war mir persönlich in diesem Moment nicht einmal ein schwacher Trost. Und spätestens hier dämmerte mir auch zum ersten Mal, dass ich bis dorthin viel zu wenig getrunken UND zusätzlich auch noch die letzte Labe ausgelassen hatte - Bravo, Martin! Caro hatte mir im Vorfeld auch gesagt, ich solle viel trinken – „No na…“, aber warum mach ich es dann nicht? Die Flüssigkeitsreste aus meinen Flaschen hatte ich am Ende des Anstiegs schon längst bis auf den letzten Tropfen in mich geleert, mein Flüssigkeitshaushalt und damit auch mein Kreislauf waren an dieser Stelle allerdings schon nachhaltig beleidigt. Da half auch die Akut-Ration Extra-Wasser und Iso-Drink bei der nächsten Labe nichts mehr. Ich kenne meinen Körper mittlerweile ganz gut und weiß in den meisten Situationen, wie ich gewisse Signale zu deuten habe.

Und dann kam noch ein Punkt dazu, den ich ganz ohne Gram und Reue akzeptieren muss: ich hatte im Jahr 2019 einfach noch nicht genug Kilometer in den Beinen. Mit etwas mehr Fitness und Power wären solche Tiefs noch eher zu übertauchen gewesen, hätte ich über den schmerzenden Rücken und Nacken eher hinweggesehen, wären die noch bevorstehenden (100) Kilometer weniger respekteinflößend gewesen.

Nach der Labe in Ligosullo waren Downhill-Kilometer angesagt - immer eine willkommene Gelegenheit, sich etwas auszuruhen und oft schaut die Welt nach einer kurzen Abfahrt schon wieder ganz anders aus als wenn man gerade erst am Ende eines Anstiegs erschöpft aus dem Sattel gestiegen ist. Waren bei der Labe noch einige Leute um mich herum, war ich in der Abfahrt plötzlich mutterseelenalleine. Erste Zweifel kamen auf, ob ich denn noch auf der richtigen Strecke war – die Abfahrt war verwinkelt, die Kehren eng, bei einer der etlichen Abzweigungen hätte man schon falsch abbiegen können… Endlich kam aber wieder eines der Streckenmarkierungsschilder in den Blick und die Fahrt konnte ungehindert fortgesetzt werden – ich hätte da keinen Meter wieder bergauf zurückfahren wollen.

In Paluzza war schließlich die Bundesstraße wieder erreicht, auf der wir eine Stunde zuvor hinuntergekommen waren. „What went down, must go up“ – oder so ähnlich, die gleiche Strecke wieder hoch zu müssen, auf der man zuvor runtergefahren ist, kann eine psychische Herausforderung sein. An dieser Stelle war ich ohnehin schon eher im Sparmodus unterwegs, daher: in den ersten Gang schalten und locker den Berg raufkurbeln. Die Aussicht auf 16 Kilometer Anstieg hinauf bis zum Plöckenpass und zur nächsten (notwendigen) Labe haben mich dann allerdings gebrochen. Die Temperaturanzeige am Wahoo begann bei 30 Grad im noch halbwegs geschützten Paluzza und zeigte einen Maximalwert von 38 Grad mitten im Anstieg zum Plöcken, auf den direkt vom Süden schön die Sonne draufknallte. Auch wenn der Wahoo hier mehr Grad anzeigte, als es wirklich waren… 20 Grad mehr als beim Start wenige Stunden zuvor und meine wenig intelligente Flüssigkeitsversorgung taten das ihrige. Es dauerte gefühlt mehrere Stunden, bis ich oben am Plöcken Richtung Labe rollte. Der Entschluss, das Rennen nicht fertigzufahren, war zu diesem Zeitpunkt schon gefällt – ich hatte ja genug Zeit, im Anstieg meine Gedanken zu sortieren, Argumente abzuwägen und Optionen durchzudenken. Ich kenne das Lesachtal und weiß, welche Herausforderungen dort noch auf die Fahrer*innen warten - auch wenn ich weiterfahren hätte wollen, es wäre nicht wirklich zielführend gewesen. 1.400 Höhenmeter noch bis ins Ziel? – zu viel für mich an diesem Tag.

Oben am Plöcken reicht ein kurzer Anruf bei der Familie in Lienz und der Abholservice setzt sich dankenswerterweise in Bewegung. Die Abfahrt vom Plöcken nehme ich noch mit, quasi Ausrollen denke ich mir. Der (wirklich) schlechte Belag in der Abfahrt und die wenigen kurzen Gegensteigungen räumen die letzten Zweifel aus, ob ich nicht doch weiterfahren hätte sollen. Ich bin müde und fertig, rolle am Streckenposten in Kötschach vorbei, der mich verzweifelt auf die (richtige) Strecke zurücklotsen will.

Mein privates Taxi rollt auf den Kirchenvorplatz von Kötschach während ich auf der Mauer liege und meine Beine hochlagere. Mein Schwager ist so lieb und holt mich ab, reagiert verständnisvoll und tröstet mich mit Aussicht auf die bevorstehende Grillerei im Garten. Wobei Trost brauche ich an dieser Stelle keinen, das Rennen vorzeitig zu beenden stürzt mich weder in eine existenzialistische Krise noch lässt es mich am meiner grundsätzlichen Leistungsfähigkeit oder am Spaß des Radfahrens zweifeln.

Ursachen?

Die Ursachenforschung ist ebenso schnell erledigt bzw. hatte ich genügend Zeit, im Anstieg zum Plöcken darüber nachzudenken.

Nummer 1: Ich habe schlecht gehaushaltet. Während die feste Ernährung gut funktioniert hat, habe ich einfach nicht genug getrunken. Und da kann mir eigentlich keiner helfen, Caro kann noch so oft sagen „Viel trinken“. Man sollte sich halt auch daran halten! So reizvoll es auch ist, an Laben flott vorbeizufahren, stehenbleiben und nachfüllen stellt die bessere Lösung dar – vor allem, wenn es um die Entscheidung zwischen Gesamtrang 245 und 238 geht.

Nummer 2: Ich habe schlicht und ergreifend zu wenig Kilometer gesammelt in meinem bisherigen Jahr 2019. Egal, wo die Gründe dafür liegen und warum es sich da und dort vielleicht nicht so ausgegangen ist, wie es geplant war. Ein Rennen über 210 Kilometer mit etlichen Höhenmetern bedarf einfach eines gewissen Trainingszustands, hier habe ich das Ganze vielleicht etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen.

Wie geht’s weiter?

Googelt man „DNF“ kommen Ergebnisse wie „Disjunktive Normalform“, „Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft“ oder „Duke Nukem Forever“. Leider lässt sich aus keinem dieser Akronyme ein unterhaltsamer Schlusssatz für diesen Blogpost basteln. Ich probiers einfach mal mit „Dieses Rennen Nochmal Fahren“!

Disclaimer

Die Teilnahme fand auf Einladung des Veranstalters statt, die Rennfotos wurden durch Sportograf gemacht.

Alban Lakata im Interview

169k hat Alban Lakata in Lienz zum Interview getroffen, es gibt ja auch viel zu besprechen: ein neues Team, Trainingsmethoden, Strava als Social Network für Sportler, Unterschiede zwischen Mountainbikern und Radrennfahrern und Osttirol!

Titelfoto: Team Bulls (Sebastian Stiphout)

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Für die breite Öffentlichkeit mitunter überraschend hast du vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass du im nächsten Jahr für das Team Bulls am Start stehen wirst und nicht mehr für Canyon-Topeak. Wie ist es genau dazu gekommen?

Schon bei den Vertragsverhandlungen für 2018 wurde mir nur ein Ein-Jahres-Vertrag angeboten, angeblich weil Topeak das Sponsoring nur für ein Jahr fix weitermachen wollte und auch die anderen Sponsoren nur für diesen Zeitraum zusagen wollten. So ist es mir weitergegeben worden, das musste ich so akzeptieren, war aber für mich schon irgendwie ein Wink, dass das vielleicht in der Form nichts mehr wird und das Ende des Teams naht.

Die anderen Fahrer haben auch alle nur einen Ein-Jahres-Vertrag bekommen?

Bei den anderen Fahrern hat es ganz das Gleiche gespielt, ja. Ich hab mir nach den Vertragsverhandlungen lange den Kopf darüber zerbrochen, wie es weitergeht. Ich habe auch versucht, die Zuständigen beim Team noch einmal umzustimmen oder mit Alternativen zu kommen, die die Zukunft für mich etwas sicherer machen - aber auch diese Varianten sind fehlgeschlagen bzw. wurden nicht angehört. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war mir ganz klar, dass das wohl nicht weitergehen wird - gleichzeitig aber überhaupt nicht nachvollziehbar, weil alles gut läuft, die Marke läuft gut, das Team funktioniert gut, die Erfolge waren da (zu diesem Zeitpunkt noch mit dem WM-Titel). Außer vielleicht das Durchschnittsalter der Fahrer, aber da hätte man ein paar Junge dazu nehmen können, gemeinsam mit den Arrivierten weiterfahren bis man da einen Wandel herbeiführt.

Es war sicher nicht einfach, in dieser Saison mit diesen Gedanken Rennen zu fahren?

Im Endeffekt war das Thema das ganze Jahr im Hinterkopf und hat sehr stark dazu beigetragen, dass ich nicht 100% meiner Leistung abrufen konnte. Im September nach der Marathon-WM hat man uns dann gesagt, dass es definitiv nicht weitergehen wird. Vielleicht war der Wunsch von Canyon da, beim Teamsponsoring einzusparen, Canyon ist ja bei einigen Teams sehr engagiert - und da waren wir die ersten, bei denen die Verträge ausgelaufen sind. Jeder von uns hat geglaubt, dass es weitergeht - es wurde ja auch viel investiert: Fahrzeuge, Designänderungen, Klamotten. Von Außen war jeder erstmal überrascht, wir haben aber mit unseren Informationen schon gemutmaßt, dass es aus ist und konnten uns schon ab Saisonmitte ein bisschen umschauen.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, das Sky als Sponsor aus dem Radrennsport aussteigt - nach fast zehn Jahren und auf den ersten Blick weiß auch keiner warum - und da waren auch die sportlichen Erfolge vorhanden. Vielleicht steigt man als Sponsor aus, wenn man quasi alles erreicht hat? Canyon hat zwei Straßenteams, die Räder verkaufen sich von selbst…

Canyon sponsort neben Straße und Triathlon auch noch einige Teams im Offroad-Bereich wie eben uns, aber auch Cyclocross, Enduro und Downhill. Mittlerweile geht es ja nicht nur ums Material sondern da müssen auch Millionen zusätzlich reingesteckt werden. Wie auch beim Downhillteam, dass kostet schon ordentlich!

Wegen dem Materialeinsatz?

Trucks, Material und die Fahrergehälter sind richtig hoch im Downhill - das wissen oft nur Insider. Jeder denkt sich, Downhill ist so eine Randsportart aber die verdienen da richtig Kohle. Da können wir im Cross Country-Marathon nicht mithalten, vielleicht gerade einmal ein Nino Schurter, der ist ja der Topverdiener im Ausdauerbereich.

Zählt Downhill auch mehr wegen der „Red Bull“-Welt?

Das weniger, aber die kriegen da einfach richtig gute Werksverträge. Teilweise natürlich weil das Ganze auch oft im Fernsehen ist, wie auch teilweise bei den Cross Country-Rennen, das gibt einfach einen größeren Werbewert und erleichtert die Sponsorensuche. Im Cross Country-Bereich ist es derzeit aber auch eher schwierig - die Teams sprießen nicht aus dem Boden, es ist schon eher ein zähes Geschäft. Dabei ist der Marathon noch „gesegnet“, weil die Masse der Leute dahinter steht, die Kunden.

Jetzt also Team Bulls mit Karl Platt - vom Konkurrenten zum Freund quasi?

Eigentlich ist das schon ein spannende Geschichte, dass zwei, die den Marathonsport geprägt haben (ich bei Eintagesrennen, er bei Etappenrennen) so zusammengefunden haben. Wir waren Konkurrenten und auch da schon eher richtige Rivalen, weil jeder so ein bisschen die Rolle des Marathonfahrers verkörpert. Er ist ein Vieltrainierer (viele Kilometer, viele Stunden), ich trainiere wattgesteuert mit Intervallen, das hat er lange nicht gemacht. Darin sehe ich aber auch einen großen Vorteil unserer Fusion, wir können beide von unserem Erfahrungsschatz lernen. Ich kann viel von seinen Cape Epic-Erfahrungen profitierten, da hat er den Schlüssel zum Erfolg. Das ist das erste große Ziel für uns, das Cape Epic - sein Ziel ist der sechste Sieg, damit wäre er alleinstehend erfolgreichster Teilnehmer (Christoph Sauser hat derzeit auch fünf Siege). Ich bin 39 und er 40, wir sind sicher nicht die jüngsten aber mit der Motivation und mit dem Kopf voll bei der Sache. Wir motivieren und jetzt gegenseitig.

Karl Platt und Alban Lakata (Foto: Team Bulls)

Ihr ergänzt euch ganz gut oder? Besser unterschiedliche Stärken, als jeder macht und kann genau das gleiche.

Mein bisheriger Teamkollege war vom Fahrertyp anders als ich - Schnellstarter und eher auf den kürzeren Strecken gut. Karl und ich sind Typen, die eher längere Rennen bevorzugen, hinten raus schneller werden, den längeren Atem haben - da harmonieren wir richtig gut. Es ist fast hollywoodreif, dass da zwei zusammenfinden, die sonst immer Konkurrenten waren, Wissen und Know How richtig zurückgehalten haben. Jetzt können wir beide von unserem Wissen profitieren.

Hat es da diesen einen Moment gegeben, wo einer auf den anderen zugegangen ist?

Ja, bei einem Rennen in Kolumbien waren wir im gleichen Hotel untergebracht und hatten das gleiche Rahmenprogramm - da hat man Zeit zum Quatschen. Da hab ich ihm erzählt, dass es das Team nicht mehr gibt, da war auch er baff wie alle anderen. Und er hat begonnen nachzudenken, wie er da unterstützen kann. Ein Monat später kam die Frage, ob ich mir vorstellen kann mit ihm zu fahren. Wir haben dann beide intensiver darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass das richtig gut funktionieren kann, weil wir vom Fahrertyp gleich sind, ähnlich viel Erfahrung haben und auch von unserem Umfeld her recht gefestigt sind - uns wirft nichts so schnell aus der Bahn. Und das sind Faktoren, die dann auch im Rennen entscheidend sind. Und dass wir beide uns gegenseitig helfen können, etwas zu erreichen, was wir alleine noch nicht geschafft haben.

Für dich ist das das Cape Epic?

Genau, für mich das Cape Epic, für ihn eine Medaille bei einer WM. Ich möchte ihm helfen, das zu erreichen - ich stehe ja schon etwas in der Schuld, weil er mich ins Team gebracht hat und das ist schon ein geniales Paket bei Bulls, das wäre woanders nicht möglich. Ich versuche mit Infos über Material und Training etwas zurückzugeben - Nehmen und Geben ist in so einer Partnerschaft sehr wichtig. So weit ich ihn jetzt kennengelernt habe, war meine Einschätzung als Konkurrent ganz anders. Interessanter Punkt ist auch, dass man als Konkurrent immer sieht, wo einer angreifbar ist. Das kann ich ihm jetzt sagen und umgekehrt geht das auch. Er hat mir auch schon ganz klar gesagt, welche Fehler ich mache, z.B. bei Etappenrennen.

Ich habe gelesen, dass du auch überlegt hast, ein eigenes Team zu gründen, auch im Hinblick auf eine mögliche Nachwuchsförderung?

Ja, wobei das war einer der kürzesten Gedanken aber das kam aus der Not heraus. Mit einem relativ kleinen Team - und ich hätte jedenfalls einen jungen Fahrer dazugenommen und einen erfahrenen Teamkollegen für die Etappenrennen - wäre das aber trotzdem viel Arbeit gewesen und ich hätte mich nicht mehr zu 100% auf den Rennsport konzentrieren können. Das war dann auch der Entscheidungsgrund, warum ich das recht schnell verworfen hab und eher geschaut habe, dass ich ein Team mit guten Strukturen finde.

Du möchtest schon noch ein paar volle Saisonen fahren? Es wäre doch auch eine Variante gewesen, dass Cape Epic irgendwie noch zu gewinnen und dann die Karriere auslaufen zu lassen?

Pensionierung ist definitiv noch kein Thema. Ich sehe, dass eine Leistungsentwicklung über die Jahre gegeben ist. Ich trainiere mit Watt und in der Leistungsdiagnostik ist erkennbar, dass noch Potential da ist. Und ich weiß auch, wieviel der Kopf mitspielt und allein von dem her könnte ich noch relativ lange fahren. Ich fühle mich noch nicht verbraucht.

Dein neuer Vertrag läuft zwei Jahre und hat eine Option auf ein drittes?

Genau, die Dauer war mir ganz wichtig. Ich möchte idealerweise nächstes Jahr schon das dritte Jahr fix machen. Schauen wir mal, wie es nach dem Cape Epic ausschaut, ob alle zufrieden sind. Aber alleine der Wille zum dritten Optionsjahr ist für mich ein Signal, dass sie mit mir zusammenarbeiten wollen. Als Grundgedanke war wichtig, dass jetzt nicht für zwei Jahre ein Fahrer für Karl Platt ins Team kommt und dann schmeissen sie mich raus. Schon beim Erstgespräch war ganz klar die Frage, was ich danach machen will. Ich hab gesagt, am liebsten möchte ich schon noch 3-5 Jahre Rennfahrer sein, solange ich halt vorne mitfahren kann. Alter ist irgendwie so eine Sache, ich fühle mich jetzt nicht so, dass ich nur noch hinten nachfahre, sonst würde ich es schon lassen. Wichtig ist, dass man Veränderungen akzeptiert und neue Reize setzt, dass man einfach nicht stagniert.

Alban Lakata im Trikot von Team Bulls (Foto: Team Bulls)

Abgesehen von Rennen als Zweierteam: welchen Wert hat das Team in deinem Radlerleben, auch im Vergleich zum Rennradsport? Könntest du deine Leistungen auch „alleine“ erbringen?

Das Team ist nicht so wichtig wie auf der Straße, du bist von deinen Teamkollegen im Rennengeschehen nicht so abhängig bzw. ist es nicht notwendig, teamstrategisch zu fahren.

Marathon fährt man alleine.

Ja, den fährst du mehr oder weniger alleine - von Anfang bis Ende am Limit. Das ist anders als auf der Straße. Klar gibt es Situationen in einem Rennen, wo du vielleicht profitierst, wenn du in einer Gruppe oder im Team zusammenarbeitest, aber viel wichtiger sind die Supporter drumherum - Masseure, Mechaniker, Teammanager.

Wie ist die technische Umstellung von Canyon auf Bulls? Ist dir egal, worauf du sitzt oder macht es für dich einen tatsächlichen Unterschied?

Ehrlicherweise hab ich mir zu Beginn schon kurz gedacht, dass Bulls zuerst einmal ein kleiner Rückschritt sein könnte. Canyon war sehr professionell was Marketing und Werbung angeht, wobei das ja grundsätzlich nichts über das Produkt aussagt. Bei Bulls steht ein Riesenkonzern dahinter, der große Umsätze macht und sehr gesunde Finanzen hat - Bulls ist da eigentlich nur eine kleine Sparte vom Ganzen. Bei meinen ersten Fahrten - egal ob mit dem Fully oder dem Rennrad war kein Riesenunterschied zu erkennen, obwohl ich ein echter Materialfreak bin in dieser Hinsicht. Optisch natürlich ein Unterschied, aber ein Rad ist ein Rad - um es banal auszudrücken. Bei einem Rad sprechen wir ja immer auch vom Gesamtpaket, bestimmte Sponsoren wie Fox und Shimano bleiben gleich, die Reifen ändern sich von Maxxis auf Schwalbe - wenn das Gewicht des Rahmens um einen Tick schlechter ist, ist der Reifen vielleicht einen Tick besser, das Gesamtpaket verschlechtert sich da auf keinen Fall. Karl hat schon bewiesen, dass es möglich ist, mit dem Rad Rennen zu gewinnen. Auch Urs Huber hat letztes Jahr 14 oder 15 Rennen gewonnen. Mitunter sehe ich es auch als meine Aufgabe, zu helfen, das Rad weiterzuentwickeln.

Bei neuen Rädern ist das Niveau insgesamt schon sehr hoch.

Genau. Image ist halt noch so eine Sache, aber das ist bei Bulls jetzt nicht so das Riesenthema - die sind sehr gut bei E-Bikes und im Low Budget-Bereich, das ist ihnen auch sehr wichtig.

Das ist ja auch der Massenmarkt, da wo die Umsätze herkommen.

Richtig, der Highend-Bereich ist gar nicht so sehr im Fokus. Was für die Fahrer fast etwas schade ist, weil die Verkaufszahlen eines High End-Rads ja auch die Werbewirksamkeit eines Fahrers oder des Teams widerspiegeln. Aber das kann man auch anders sehen - bei Canyon hat es soweit geführt, dass es anscheinend gar kein Team mehr braucht, um das Rad zu verkaufen. Wir haben sicher die Jahre zuvor gut gearbeitet, Leistungen erbracht, und Werbung gemacht, damit sich das Produkt gut verkauft. Jetzt wird davon eine Weile profitiert.

Was sind deine Ziele für 2019 (abseits des Cape Epic)?

Worldcup gibt es ja in dem Sinn keinen im Marathon und die bestehende Marathon-Serie hat nicht allzu viel Stellenwert für mich. Wichtig sind mir die Titel, das ist auch wieder etwas für das Team. Wenn man sich mein neues Trikot anschaut, dann ist das mehr oder weniger blank, die Weltmeisterstreifen kommen noch auf den Ärmel. Mein Ziel ist es, wie ein junger Fahrer, nach und nach meine Streifen und Abzeichen an meinem neuen Teamtrikot zu erarbeiten. Klares Ziel ist auch der WM-Titel mit dem neuen Team und unter der neuen Marke, das wäre schon etwas besonderes. Auch die Österreichischen Meisterschaften sind mittlerweile eine große Herausforderung, das Niveau in Österreich ist extrem hoch. Daniel Geismayr ist letztes Jahr Vize-Weltmeister WM geworden - das zeigt schon, was wir für ein Niveau haben, da stehen noch andere auf der Liste aber es reicht schon einer, um nicht Meister zu werden. Ich habe schon ein paar Mal gesagt ich fange jetzt wieder bei Null an - das ist so natürlich nicht ganz wahr. Ich muss mich jetzt nicht zwingend beweisen aber ich möchte es! Und zeigen, was mit dem Rad, dem Team und dem Umfeld alles möglich ist. Mit dem Alter kommt auch eine Reife und damit andere Ziele - andere als ein jüngerer Fahrer, vielleicht so etwas wie eine höhere Stufe der Selbstverwirklichung.

Zum Straßenradsport - du warst 16. bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften und einer der besten Österreicher beim Ötztaler Pro - da warst du bis zum Jaufenpass in einer guten Gruppe.

Am Jaufenpass hat sich dann die entscheidende Gruppe abgesetzt, leider ohne mich. Ich hatte da einen Hänger mit Unterzuckerung - schlecht gewirtschaftet, denn ich habe einmal meine Flasche nicht bekommen und in der fremden Flasche war ein Getränk mit Süßstoff. Man muss wissen, dass wir Mountainbiker sehr abhängig von Kohlenhydraten sind - Straßenfahrer funktionieren anders, die haben einen anderen Motor, die trainieren das auch. Bei Straßenrennfahrern ist die letzte Stunde wichtig, bei uns die Erste. Ich habe aus dem Rennen gelernt, nicht zu viel von vorne zufahren. Am Anfang bin ich viel vorne gefahren, aufs Kühtai hoch, viel im Wind - aus der Unerfahrenheit heraus. Der Ötztaler hat mich jedenfalls nicht glücklich gemacht vom Ergebnis her, auch weil ich gemeint habe, dass mir das Rennen vom Profil und den Anforderungen her liegen sollte. Ich möchte auch unbedingt nochmal starten, ob beim Pro Ötztaler oder beim normalen ist egal. Der normale kommt mir mehr entgegen, weil man da eher wie bei einen MTB-Marathon fährt - jeden Berg gleich schnell, vielleicht in einer kleinen Gruppe aber gleichmäßig an der Schwelle. Bei den Profis stellen die großen Teams halt ein paar Fahrer ab, einer von Bora ist den ganzen Brenner hoch vorne im Wind gefahren, um die Lücke zur Spitze zu schließen, das hätte ich mir nie gedacht. Der ist dann aber auch ins Auto eingestiegen und hat gesagt „Für mich ist der Job jetzt erledigt“. Ich hab daweil in der Gruppe überlegt, ob man sich da nicht irgendwie einbringen und unterstützen soll…

Das heißt, das entspricht nicht so wirklich deiner Philosophie?

Nicht wirklich. Ich hab dann schon gemerkt, dass meine MTB-Kollegen Geismayr und Pernsteiner - die zwei, die regelmäßig auch Straßenrennen fahren - sich da entsprechend zurückgehalten haben und beide sind dann gut gefahren. So ein Ergebnis hätte ich mir erwartet - dass ich gewinne war unrealistisch aber Top Ten hätte ich erwartet und da war ich halt weit davon entfernt.

Und die Österreichischen Meisterschaften Straße?

Bei der Straßenmeisterschaft habe ich taktische Fehler gemacht und auch zu wenig in die Vorbereitung investiert bzw. investieren können - da hat am Ende die Spritzigkeit gefehlt und für die Spitzen hab ich zu wenig draufgehabt. Das Zeitfahren war dafür ganz passabel.

Das heißt, Straßenrennen werden ein „Hobby“ für dich bleiben? Und Zeitfahren interessiert dich mehr?

Rennen wie der Ötztaler oder der Super Giro Dolomiti interessieren mich schon sehr, weil sie absolut meinem Fahrerprofil entsprechen und du auch nicht unbedingt abhängig bist von einem Team. Richtig professionelle Straßenrennen… klar hätte mich eine Straßen-WM in Innsbruck interessiert, zum einen in Tirol und die Strecke würde mir auch liegen…

Wo du halt alleine auf dich gestellt bist, ist das Zeitfahren,. Wenn man sich da mal ein Monat oder so darauf konzentriert, dann kann man da leistungsmäßig schon etwas abrufen. Materialmäßig hatte ich dieses Jahr zwar ein gutes Rad aber die Einstellung war suboptimal. Ich hatte gehofft, viel mit meiner Leistung und Stärke wettmachen zu können und hab auch einiges wettgemacht - aber eben nicht alles. Auch die Fahrtechnik war ein großer Punkt, ich hab knapp eine Minute in der Abfahrt liegenlassen, es war nass und regnerisch und ich hab einfach auch nicht alles riskiert. Brändle ist damals Zweiter geworden, wir sind in einer ähnlichen Gewichtsklasse und meine Wattwerte waren leicht höher als seine - das zeigt schon, dass ich da etwas weiter vorne hätte sein müssen, wenn alles gepasst hätte.

Wie gehts mit dem Zeitfahren weiter? Planst du das fix ein, entscheidest du spontan bzw. lässt deine Saisonplanung das überhaupt zu?

Das hängt davon ab, welche Freiheiten ich haben werde, ob ich mir mal drei oder vier Wochen rausnehmen kann um dafür zu trainieren. Mir schwebt auch so etwas wie der Stundenweltrekord als Projekt vor - nur um mal zu schauen, wo ich da liege. Mein aktueller Coach kennt sich da ganz gut aus und könnte mir sicher einige Tipps geben, um mit überschaubarem Aufwand ein ganz gutes Ergebnis zu erzielen. Heuer hab ich aber mal den Teamwechsel zu verdauen und dann werden wir schauen, welche Ausflüge in die anderen Sphären sich da noch vereinbaren lassen.

Wie schaut es z.B. mit dem King of the Lake aus?

Den habe ich definitiv am Schirm, zuletzt war das zeitlich schwierig, da war gleichzeitig die WM. Aber wenn es sich ausgeht, solche Sachen würden mich immer wieder mal interessieren - warum nicht!

Reizt dich die Langstrecke? Die Projekte von Christoph Strasser? Das Race Around Austria?

Vor zwei Jahren hätte ich gesagt „Sicher nicht - den „Blödsinn“ mach ich nicht“. Aber ich seh schon auch wieder einen Reiz in dem Ganzen, ich würde das nicht mehr komplett ausschließen. Das sind auch die Aspekte des Ausdauersports, wo das Alter nicht so negativ reinspielt.

Wer deine Aktivitäten verfolgt, weiß, dass du sehr aktiv auf Strava bist. War es jemals ein Thema, dass du bestimmte Daten nicht auf Strava veröffentlichst?

Ja das war Thema - wenn du einen Coach hast und viel leistungsgesteuert trainierst, dann ist es natürlich nicht ganz fair, wenn man da zu viel preisgibt. Ich versuche natürlich schon, ein transparenter Athlet zu sein und die Menschen sollen sehen, was notwendig ist, um vorne mitzufahren und was ein Profi wirklich macht. Es nützt keinem etwas, wenn ich auf Strava nur die Fahrten und ein paar Bilder hochlade und alles andere verheimliche - da gehört viel mehr dazu und die Menschen schätzen das auch.

Hast du irgendwelche negativen Erfahrungen gemacht? Wie sieht das Feedback der Follower aus?

Was ich schon gemerkt habe ist, dass man teilweise „ausspioniert“ wird. Viele Trainer schauen genau hin, die Sportler selbst schauen und gehen dann zu ihrem Trainer und sagen, sie wollen das auch so und so machen. Nach dem durchwachsenen Jahr 2018 ist die Aufmerksamkeit etwas weniger geworden, man merkt es an den Followerzahlen. Als ich 2017 Weltmeister geworden bin, ist alles regelrecht explodiert. Jetzt mit dem Teamwechsel bin ich offenbar wieder etwas interessanter geworden, das gibt einem schon ein gewisses Feedback. Ich selbst folge nicht vielen - ich habe mir ein paar herausgepickt, die interessant sind in meinem Bereich, wo ich vielleicht auch noch etwas lernen kann. Ich nütze Strava als wahres Social Media für den Radsportler, weil Leute sich da normalerweise schon für die Materie interessieren - egal ob Material oder Training. Leute kommen auf mich zu und sagen „Ich folge dir auf Strava“ - das zeigt mir, dass sie nicht nur an Canyon oder Bulls oder sonst irgendwas interessiert sind, sondern an mir und meinem Beruf. Das gibt mir das Feedback, dass ich da etwas richtig mache.

Spannend an deinem Strava-Profil finde ich den Mix aus Sportarten (Rad, Fitness, Rolle, Skitouren) - das ist für mich ein Mehrwert und eine gute Veranschaulichung, was notwendig ist im Training.

Vier Stunden Skitouren sind für mich weniger anstrengend als vier Stunden Rolle, weil es kurzweiliger ist. Viele Sportler gehen jetzt Skitouren, alle die die Möglichkeiten haben oder in den Alpen wohnen. Ich mache das schon seit ich Radsport betreibe, einfach weil es bei uns in Osttirol einfach nicht anders geht und natürlich weil es ein super Ausgleichstraining ist. Das könnte ich ja theoretisch auf Strava auch verstecken - ich verheimlich auch nicht dass ich Intervalle bei den Skitouren gehe. Ich erkläre es jetzt nicht mehr so ausführlich wie früher - wenn ich schreibe „4x10min VO2Max“ und dann noch „30-30er Intervalle“ dann fragen die Leute nach und dann geht das mehr und mehr ins Detail. Ich schreibe dann eher „VO2Max Intervalle“ oder „Harte Einheit auf der Rolle“ und das passt auch. Mir haben Leute schon Auswertungen über mich selbst geschickt, das weiß nicht einmal ich so detailliert, meine aktuelle Schwelle oder den FTP-Wert.

Alban Lakata auf Strava

Osttirol präsentiert sich als sportliche Raddestination - was bekommst du davon mit?

Es tut sich sehr viel in Lienz und in ganz Osttirol, zum Beispiel auch mit dem Bikepark am Hochstein, der weiter wächst.

Dort gibt es ja auch den Lakata-Trail.

Genau, den bin ich ich ja damals mit Peter Sagan bei der Eröffnung heruntergefahren. Das Team von Bora-Hansgrohe ist regelmäßig auf Trainingslager in Lienz, da könnte ich auch mitfahren - das ist schon ein eigenes Flair, wenn so eine große Mannschaft da auf Höhentrainingslager ist und die Gegebenheiten nutzt. Die Leute schauen auf Lienz und Osttirol - da kann man Radfahren, da gibt es die Infrastrukturen - insgesamt eine sehr gute Initiative.

Und für dein sportliches Mountainbiken?

Die Trainingsausfahrten mit großen Mannschaften sind gut, Hermann Pernsteiner war letztes Jahr für ein paar große gemeinsame Runden hier - es macht Riesenspaß, mit solchen Leuten zu trainieren. Der Bikepark kommt mir da sehr zu gute, weil ich da meine Skills trainieren kann.

Das heißt, den nützt du regelmäßig?

Ja, gerne und oft, wenn es sich ausgeht. Aber auch sonst - wir haben viele Radwege, sodass man nicht nur auf den Hauptstraßen unterwegs sein muss.

Du bist aber auch recht viel auf den Bundesstraßen unterwegs?

Ich fahre gerne die Kreuzbergrunde und die Lesachtalrunde. Es sind flüssige Schleifen, man kann teilweise die Radwege benützen, schöne vier Stunden lang. Wichtig ist, dass es Runden sind und man nicht einen Radweg rauf und runter fährt. Auf halbem Weg in Hermagor hab ich mein Stamm-Café für einen Cappuccino, bevor ich weiterfahre.

Du fährst also nicht mit dem Kopf unten am Lenker sondern schaust auch mal in die Landschaft?

Teils, teils - bei so einer Runde gibt es z.B. Strava-Segmente, die baut man ein und dann hat man während der Fahrt immer wieder kleine Herausforderungen.

KOMs (King of the Mountain-Wertungen) sind schon ein Ansporn für dich?

Ja sicher - z.B. der KOM am Gailberg gehört nicht mehr mir, der wurde bei der Dolomitenradrundfahrt unterboten. Der Kreuzberg ist extrem umkämpft, den hab ich mir kürzlich zurückgeholt. Im Gailtal gibt es ein langes flaches Segment, das ich immer wieder einmal in Angriff nehme.

Also Strava als Motivation?

Das ist ein wesentlicher Pluspunkt von Strava - die Motivation, die man daraus zieht. Man schaut, was die anderen fahren, dann kann ich halt auch einmal 4-5 Stunden in der Kälte trainieren. Mit den KOMs sehe ich aber auch, wo ich an mir arbeiten kann. Ich fahre jetzt nicht in der Welt herum, um KOMs zu sammeln, aber wenn auf einer größeren Runde z.B. der Monte Zoncolan dabei ist, dann versuche ich schon, mir den zu schnappen. Der Zoncolan von Ovaro ist seit dem Giro relativ schwierig mit der Zeit vom Froome - obwohl der hat das gar nicht hochgeladen…

Wie oft bekommst du ein Email, dass du einen KOM verloren hast?

E-Mail nicht, weil die Funktion ausgeschaltet ist, aber Benachrichtigungen schon regelmäßig, viele kommen aber auch mit dem Auto oder E-Bikes zustande. Falls ein KOM mir ehrlich abhanden kommt, dann kann das schon motivieren, beim nächsten Mal in diesem Segment etwas mehr Gas zu geben.

Auch weil du recht viel alleine unterwegs bist?

Definitiv. Und auch für den sportlichen Ehrgeiz, um andere Leute wieder zu motivieren etwas zu tun. Den KOM am Kreuzberg hab ich mir zuletzt zurückgeholt, dann hoffe ich, dass da der nächste kommt und die Zeit wieder verbessert. Man lernt nicht nur wie man schneller fährt, sondern auch auf die Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Man wird ein feinfühliger Fahrer, schaut wie sich der Wind verhält - über die tageszeitabhängigen Windverhältnisse auf der Rückseite des Iselsberg weiß ich mittlerweile sehr viel. Das sind so Spielereien, aber die machen das Ganze spannend und interessant. Und es geht ja im Endeffekt darum, dass es nicht fad wird.

Gutes Stichwort für ein Schlussplädoyer: trotz allem Ehrgeiz und Wettkampf gehst du gerne Radfahren und es macht dir Spaß? Es gibt ja immer wieder Interviews mit Profis oder Fahrern, die sagen, dass sie in ihrer Freizeit kein Rad angreifen würden…

Die meisten haben eine romantische Vorstellung vom Leben eines Radprofis, aber ich kann sagen, es ist mit Sicherheit nicht immer romanisch. Es macht mir schon zu 90% Spaß. Ich trainiere gerne strukturiert aber eben manchmal auch ins Blaue hinein. Spaß ist dabei ein wichtiger Motivationsfaktor - wenn man den nicht mehr hat, im Training und auch im Rennen, dann ist es bald vorbei. Ich fahre liebend gern Rennen und ich trainiere auch extrem gern. Für beides musst du Spaß daran haben, da spielt dann auch das Alter keine Rolle. Wenn du dich zum Training motivieren kannst, dann wird die Leistung nicht so schnell abfallen.

Alban, Vielen Dank für die Zeit und das Interview - Alles Gute für die kommende Saison im neuen Team Bulls.

Alban Lakata auf Facebook, Instagram, Strava und sein Steckbrief des Team Bulls:

Lesachtal-Runde

So kämpft man sich Kilometer für Kilometer durch das Lesachtal, hin- und hergerissen zwischen Entzückung und Ermüdung, Staunen und Raunen, erstem Gang und großem Blatt. Alle 200 Meter erinnert die Markierung auf der Asphaltoberfläche daran, dass man noch einen weiten Weg vor sich hat.

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70. Österreich-Rundfahrt / Streckenpräsentation

Am 3. Mai wurde im Oberbank Forum in Linz die Streckenführung der „Flyeralarm Österreich-Rundfahrt“ präsentiert und dieses Jahr gibt es ein Jubiläum zu feiern. Zum 70. Mal geht es rund im und durch das Land - auf den Glockner, auf das Kitzbühler Horn und 2018 auch zu vermeintlich unbekannteren Orten.

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Was bringt 2018?

Oft passieren also die besten Dinge, wenn man sie nicht plant... In diesem Sinne möchte ich gar nicht weiter fabulieren, was 2018 sein könnte oder würde oder sollte. Starten wir einfach drauf los - ich freu mich.

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Giro, Glockner & große Gefühle

Ein Kurztrip nach Ost- und Südtirol stand am Plan: Giro d´Italia schauen in Innichen und im Grödnertal, eventuell eine Umrundung der Drei Zinnen, den Großglockner bezwingen, Osttirol weiter erkunden... Aber der Reihe nach:

Planänderung - Lienzer Talbodenrunde

Things don´t always follow the original plan... Grenzwartezeiten nach/aus Deutschland und ein Verkehrschaos an der italienischen Grenze als Folge des G7-Gipfels auf Sizilien (!) machten eine Programmänderung notwendig. Statt also über den Brenner und Bozen direkt nach St. Ulrich zum Ziel der 18. Giro-Etappe zu fahren, lieber gleich in den Süden nach Osttirol - unserer geliebten zweiten Homebase. Und gleich aufs Rad! Jan ist zum ersten Mal in Osttirol, da fängt man zum Kennenlernen am Besten mit einer Talbodenrunde an. Gemütliches Einrollen geht in Osttirol sowieso nicht wirklich, entweder kurz flach oder aber gleich mit zweistelligen Prozentwerten auf einen Berg rauf.

Tristacher See - Lavant - Nikolsdorf - Nussdorf - Gaimberg - Thurn - Lienz! Einrollen abgehakt :) Dass am Ende der 45km-Runde trotzdem 700 Höhenmeter auf dem Computer stehen - tja, so ist das halt in den Bergen... Ein großartiger Auftakt bei blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen, die Bergkulisse Osttirols wird NIE langweilig werden!

Giro d´Italia - Start in Innichen

Über die Frage, ob der Giro jetzt noch spannender und interessanter ist als die Tour de France, kann man ja vortrefflich diskutieren (die Antwort ist "Ja"!). Dass der Giro während seiner alljährlichen Alpen-Exzessen nahe zur österreichischen Grenze kommt ist hingegen fix - mit Innichen war der Start der 19. Etappe dieses Jahr aber richtig nahe. Von Lienz nach Innichen fährt man gerade mal 40 Minuten.

Ich war noch nie beim Start einer Grand Tour-Etappe, dementsprechend groß Aufregung und Neugier! Im kleinen und pittoresken Städtchen Innichen angekommen wurden wir von Menschenmassen und basslastigem Eurodance-Gewummer von einer der Show-Bühnen begrüßt. Obwohl nur wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, weiß ein Rad-Event hier definitiv mehr Menschen zu begeistern als bei uns zuhause. Auf der Hauptbühne wird die "unendliche" Giro-Trophäe in die Höhe gehalten, eine stöckelbeschuhte RAI-Moderatorin brüllt in ein übersteuertes Mikrofon, Menschenmassen wälzen sich zwischen Merchandising- und Sponsorenständen hindurch. Was das alles logistisch für eine Kleinstadt bedeutet, ist ein eigenes Kapitel und verwundert mich jedesmal wieder. Drei Stunden später wird vermutlich keiner mehr merken, was hier am Vormittag alles über die Bühne gegangen ist.

Irgendetwas fehlt aber! Ach ja, Radfahrer! Teamtrucks! Wo ist der ganze Zirkus? Auf einem der großen Parkplätze am Rand von Innichen werden wir fündig. Teambusse mit aufgespannten Planen, Servicefahrzeuge mit Rädern auf den Dächern soweit das Auge reicht, fein säuberlich aufgereiht die Räder der Fahrer und dazwischen Fans, Hobbyradfahrer, Fotografen und wir!

Ich weiß am Anfang nicht wohin, weiß nicht, was ich fotografieren soll - Reizüberflutung. Räder fotografieren oder Fahrer suchen? Welches Team? Hier bleiben oder doch zurück zum Start, wo alle Fahrer hinmüssen, um zu unterschreiben? Wir besuchen das Team Bora-Hans Grohe, immerhin haben uns die drei jungen Österreicher in den Diensten dieses Teams schon viel Freude bereitet während der vergangenen Wochen. Den famosen Sieg von Lukas Pöstlberger auf der ersten Etappe und damit den ersten österreichischen Etappensieg beim Giro und das rosa Trikot werden wir noch lange in Erinnerung behalten!

Schließlich kommen nach und nach die Fahrer aus den Motor-Homes und fahren zum Startbereich. Es ist großartig, die Fahrer aus der Nähe zu sehen - wenn man bestimmte Dinge immer nur im Fernseher sieht, verliert man irgendwie die richtigen Dimensionen. Wir genießen also diese neue Perspektive, freuen uns, dass unser Lieblingssport derart volksnah ist und machen ein paar Fotos während die Minuten bis zum Startschuss langsam verrinnen.

Alles in allem! Danke Radsport! Danke Giro! Wir sehen uns wieder!

Großglockner - Eine Portion Demut

"Den Glockner muss man im Leben einmal gefahren sein!" Diese Aussage findet man in JEDEM Buch, Schriftstück oder Gespräch wieder, in dem es um Radsport und Österreich geht. Ja ja, oben war ich ja vorher auch schon, aber irgendwie fühlt sich jedes Mal wie das erste Mal an - definitiv etwas Besonderes! Ich schätze, es liegt daran, dass man als Flachländer - auch wenn sich manche Anstiege im Wienerwald nicht danach anfühlen - einfach nicht gewöhnt ist, im hochalpinen Gelände auf über 2.500 Metern herumzufahren. Und das ist gut so, finde ich! Ich finde es großartig, wie man sich staunend, mit offenem Mund und überwältigt Meter für Meter den Berg hochschraubt, immer wieder die Umgebung kontrolliert, ob das, was man erlebt, auch wirklich real ist und tatsächlich gerade passiert. Die Motorräder können der einzigartigen Ruhe auch keinen Abbruch tun (Pro-Tip: Nie am Wochenende fahren!). 

Wir sind nicht hier um Rekorde zu brechen - wir wollen etwas schaffen! Unser Hobby auf ein neues Level heben, unseren Körper fordern und dadurch besser kennenlernen, die Natur genießen, erkennen, in was für einem schönen Land wir leben, die Endorphine fließen lassen und dieses Glücksgefühl spüren. Und demütig sein!

Ich hab diesmal auf keinem Abschnitt auch nur ansatzweise einen PR oder eine Bestzeit erzielt, aber es war mir auch noch nie so egal! ;)

Weil es gerade so schön ist, erspare ich euch meine Ausführungen über hartnäckigen und starken Tauernwind auf der kräftezehrenden Anfahrt, eiskaltes Schmelzwasser von unten beim Abfahren und touristenverkehrsbedingte Besonderheiten... Genießt einfach die Fotos! :)

Glockner - die Rückseite

Statt nochmal die Räder zu zerlegen und mit Sack und Pack nach Südtirol zu tingeln, war als Abschluss noch eine Runde in Osttirol am Programm. Kals am Großglockner ist die "Rückseite des Glockners". Während sich über die bekannten Hochalpenstraße Touristenmassen und Ausflügler von Kärnten nach Salzburg wälzen, fährt man in Osttirol von Huben aus in ein Tal hinein nach Kals und von dort weiter über eine kleine Stichstraße zum Lucknerhaus. Dieses dient in den meisten Fällen als Ausgangspunkt für Glocknerwanderungen und -besteigungen.

"Besteigung" ist auch das richtige Stichwort, geht es doch auch hier gute 1.000 Höhenmeter am Stück bergauf. Der Charakter der Rückseite unterscheidet sich aber bedeutend von der Großglockner Hochalpenstraße - hier kurbelt man in Ruhe auf einer kleinen Bergstraße dahin - die hochalpine Landschaft fehlt hier und damit die Sensation des Außergewöhnlichen. Auf der Habenseite ist dafür eine wunderbare Landschaft und der Blick auf den Glockner-Gipfel zu verbuchen.

Wie auch am Tag zuvor, ist man auch hier sehr schnell wieder unten im Tal. Mitunter ist es fast etwas enttäuschend oder sogar "unfair", dass man nach - wie am Glockner - 2,5 Stunden Kletterei für die Abfahrt nur 15 Minuten benötigt. Das soll aber keinesfalls die Leistung abwerten, die man gerade zuvor erbracht hat!

Nach so viel Bergen fällt es kurz schwer, sich im Wiener Raum wieder zu orientieren. Zu groß und zu beeindruckend ist die landschaftliche Vielfalt in den Alpen - gerade wenn man es nicht gewöhnt ist. Aber genau von dieser Abwechslung lebt unser Sport und wir können uns glücklich schätzen, dass wir einen derart großen Strauß an Möglichkeiten zur Verfügung haben. Ein Hoch also auf die Abwechslung - wir kommen wieder!

Routen usw. findet ihr wie immer auf Strava!

Das Mountainbike-Dilemma

Finden wir noch einmal zueinander? ;)

Von Gainfarn aufs Eiserne Tor (Wolfsgeistrunde)

Von Gainfarn aufs Eiserne Tor (Wolfsgeistrunde)

Es ist jetzt unglaubliche (und erschreckende) zwanzig Jahre her, dass ich mit meinem ersten Mountainbike auf dem Anninger und dem Eisernen Tor (südlich von Wien) unterwegs war. Mountainbiken war damals gerade die neue Geschichte! John Tomac und Tinker Juarez gewannen die Rennen, ich hab mir mit dem "Bike-Workshop" jedes Frühjahr meine Traumräder Teil für Teil zusammengebaut, mein Merida-Hardtail hatte grüne Reifen und rote Bremsen (so weit ich mich erinnern kann, war das damals cool) und ich hatte meine ersten Konfrontationen mit Förstern im Wienerwald. Zu dieser Zeit war Mountainbiken die spannendste Sportart - Bewegung an der frischen Luft, Action und etwas Draufgängerisches :) Ich bin mir zumindest sehr cool und verwegen vorgekommen, wie wir nach der Ausfahrt dreckverschmiert durch die Innenstadt gerollt sind...

Von meinen jugendlichen Radausflügen gibt es leider keine Fotos - daher ersatzweise hier zwei Bilder vom jungen und talentierten Martin R. (beides am Eisernen Tor)

Von meinen jugendlichen Radausflügen gibt es leider keine Fotos - daher ersatzweise hier zwei Bilder vom jungen und talentierten Martin R. (beides am Eisernen Tor)

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Canyon Roadlite 7.0 - mein erstes Rennrad - treuer und verlässlicher Begleiter über mehrere Jahre

Canyon Roadlite 7.0 - mein erstes Rennrad - treuer und verlässlicher Begleiter über mehrere Jahre

Rennräder haben mich damals nicht interessiert, von Cyclocross hatte ich noch nie etwas gehört und wenn ich versuche, mich an den Bahnradsport zu erinnern, poppt der Name Roland Königshofer auf (und sein Kollege vor ihm auf dem Motorrad) - aber das wars dann auch schon wieder.

Nun bin ich ja erst vor vier oder fünf Jahren wieder auf den Radsport gekommen. Und naheliegenderweise hab ich mir zuerst einmal ein Mountainbike zugelegt - Schuster bleib bei deinen Leisten. Der alte Rhythmus und die Freude waren schnell wieder da. Der einzig merkbare Unterschied war ein gewachsener Respekt vor hohen Geschwindigkeiten und technisch schwierigen Abfahrten.

Irgendwie bin ich dann aber plötzlich beim Rennrad gelandet. An die ausschlaggebenden Beweggründe oder die Reihenfolge der Ereignisse kann ich mich nicht mehr im Detail erinnern. 2013 stand jedenfalls ein Rennrad im meinem Wohnzimmer und seit diesem Zeitpunkt bin ich diesem Gerät vollends verfallen. Von Anfang an hat mich die Effizienz der Fortbewegung fasziniert, die Schlank- und Einfachheit des Rads an sich, die Geschwindigkeit, mit der man Kilometer um Kilometer abspult. Umgekehrt hatte es das Mountainbike ab diesem Zeitpunkt schwer - das vermeintlich etwas pummelige, behäbige und breite Rad stand immer öfter unbenützt in der Ecke.

"Millenniumrunde" zwischen Mauerbach und Steinriegl

"Millenniumrunde" zwischen Mauerbach und Steinriegl

Bisamberg - mit dem Crosser super fahrbar

Bisamberg - mit dem Crosser super fahrbar

Vom Rennrad aus ging meine radsportliche Evolution auf schmäleren Reifen weiter. 2015: Infektion mit dem Cross-Virus und die Erkenntnis, dass 95% aller Wege mit dem Crosser bewältigt werden können. Wasser auf die Mühlen meiner immer wiederkehrenden Adventure-Gedanken (Stichwort #goexplore). Ebenfalls im Jahr 2015 hab ich bei einem Besuch von Freunden in Schladming mein Mountainbike mitgenommen, um die Steine und Wurzeln im Ennstal unter die Räder zu nehmen - mit unerwarteten Erkenntnissen.

Schladming - Rohrmoos/Untertal

Schladming - Rohrmoos/Untertal

Eine Erleuchtung

Es war auf der Runde zum Giglachsee, wo ich zuerst glücklich war, mit meinen MTB-Fähigkeiten und der vorhandenen Kondition relativ souverän von Alm zu Alm zu fahren - knappe 1.000 Höhenmeter am Stück. Etwas, was im Großraum Wien undenkbar ist - da geht es immer wieder auf und ab. Der Anstieg von der Ursprungalm wurde dann allerdings zu meinem persönlichen mountainbikerischen Armageddon. Tatsächliche 30%+ Steigung (gefühlt mindestens 60%) zwangen mich innerhalb weniger Augenblick in die Knie. Niedergeschlagen wurde ich in diesem Moment allerdings nicht von der Tatsache, dass ich da schlicht nicht rauffahren konnte, sondern eher von der Erkenntnis, dass das, was ich jahrelang als Mountainbiken praktiziert hatte, im Endeffekt nichts mit "richtigem" Mountainbiken zu tun gehabt hat. Natürlich kann man jetzt vielfältig argumentierten - ich wäre nicht auf den richtigen Wegen gefahren, hätte es nicht richtig gemacht, hätte mich mehr bemühen müssen... egal - the damage was done. Für mich war ab diesem Zeitpunkt klar: Rennrad an erster Stelle, Crosser reicht für die Forststraßen (im Wienerwald eher Forstautobahnen). Und das Mountainbike?

Auf dem Weg zum Giglachsee - Frustpause nach einem Kilometer mit bis zu 30% Steigung

Auf dem Weg zum Giglachsee - Frustpause nach einem Kilometer mit bis zu 30% Steigung

Als kleiner Exkurs muss hier erwähnt werden, dass ich mein Mountainbike zu einem Zeitpunkt gekauft habe, als 29-Zoll-Räder gerade auf dem Absprung waren. Ich war mir damals nicht sicher, ob das etwas für mich ist, und hab mich für ein altbewährtes 26-Zoll-MTB entschieden. Im Nachhinein betrachtet, wäre hier ein Twentyniner wohl die bessere Wahl gewesen. Auch wollte ich damals ein Full Suspension Bike haben (also mit Federung vorne und hinten) - wohl auch um die Starrgabel auf meinem Mountainbike aus Jugendzeiten zu kompensieren. Wiederum in der Nachschau hätte ich mich vermutlich für ein Hardtail entschieden (mit einer Federgabel vorne natürlich aber ohne Federung hinten). Aber das alles soll hier nicht als Ausrede gelten. :)

Rennradfahren in Osttirol - wunderschön und belohnend, aber auch steil!

Rennradfahren in Osttirol - wunderschön und belohnend, aber auch steil!

An dieser Stelle übersiedeln wir kurz ins wunderschöne Osttirol. Mit dem Rennrad war ich schon öfters da - nicht zuletzt auch bei der Dolomitenradrundfahrt letztes Jahr. Osttirol besteht aus wenig Tal und vielen vielen vielen Bergen. Dementsprechend herausfordernd gestaltet sich Rennradfahren in Osttirol - umso geeigneter müsste dann ja eigentlich das Mountainbike sein. Routen sind schnell gefunden - hier gibt es sowohl offiziell als auch inoffiziell - zahlreiche gute Quellen im Internet.

Gesagt - getan

Lange bin ich nicht mehr auf meinem Mountainbike gesessen. Geschwindigkeiten, Zeitgefühl und Distanzen sind auf das Rennrad geeicht. Dementsprechend werden 30 Kilometer schnell mal unterschätzt. Am Programm steht die Lienzer Hütte - nominell eine der leichtesten Routen. Schnee liegt in diesem Jahr so gut wie keiner, die Wege sollten samt und sonders frei und befahrbar sein. Hinein in den Berg kommt die Erkenntnis - da geht ja gar nichts weiter! Auf dem von meinen Routenexperten als flach bezeichneten Forstweg kurble ich mit 5 km/h durch die Landschaft. Eine tolle Landschaft wohl, jede Kurve bietet ein großartiges Panorama und einen potentiellen Fotostop, aber eigentlich möchte ich ja halbwegs flott auf diesen Berg rauf. Irgendwie frustriert es mich, dass ich nicht wirklich vorankomme. Es fällt mir schwer, mich von meinem Rennradschema zu lösen, will nicht einsehen, warum ich für zehn Kilometer zwei Stunden brauchen soll...

Lienz - Debanttal

Lienz - Debanttal

Genug genörgelt... Ich werde im Sommer noch einen Versuch starten. Wenn das Wetter besser ist, die Straßen wirklich bis auf den letzten Fleck befahrbar, die Temperaturen menschenfreundlicher sind. Das Rad ist definitiv keine Ausrede - dafür wie stiefmütterlich ich das Canyon Nerve zeitweise behandelt habe, leistet es mir hervorragende Dienste. Vielleicht versuche ich mein Glück auch einmal mit einem Twentyniner oder mit einer anderen Übersetzung - wobei eine Einfach-Übersetzung für mich noch undenkbar scheint - zu dringend brauche ich die kleinen Gänge :)

Mountainbiken - wir haben unsere Differenzen, aber ich gebe dich noch nicht auf! Wir sehen uns wieder!

Lienz - Debanttal

Lienz - Debanttal

Lienzer Talboden zwischen Tristach und Amlach

Lienzer Talboden zwischen Tristach und Amlach

Jahresrückblick 2016

Das Unvermeidliche... ;) - mein Jahresrückblick!

Gehen wir chronologisch vor!

In das Jahr 2016 bin ich in kurzen Ärmeln gestartet. Zum ersten Mal bin ich über Neujahr in den Süden geflogen, genauer Lanzarote. Was als Besuch von lieben Freunden geplant war, ist schnell zu einem (kleinen) Trainingslager ausgewachsen. What a way to start the year...! Den Post zum Lanzarote-Aufenthalt und Fotos davon findet ihr hier.

Das Frühjahr hindurch konnte ich mit Zwift meine Motivation halbwegs hoch halten. Die kurzweilige Unterhaltung während man auf der Rolle seine Kilometer runterstrampelt, hat mitgeholfen, eine gute Grundlage für das Jahr aufzubauen. Zwift ist zu einem fixen Bestandteil meiner "Trainingsroutine" geworden - nicht mehr nur im Winter. Und mittlerweile gibts davon die iOS-Version, da ist der Einsatz noch flexibler möglich.

Im Februar hab ich außerdem den ersten Leistungstest meines Lebens gemacht. Zwift war dafür mit ein Grund - nachdem dort alles wattbasiert abläuft wollte ich einmal wissen, wo ich mich da einzuordnen habe. Von einem Freund wurde mir die junge Firma SPOWI empfohlen, die ich an dieser Stelle auch gerne weiterempfehlen kann - nette Menschen, die sich gut auskennen! Ich war froh, aus den Leistungsdaten zu lesen, dass mein unkoordiniertes "Ich mach was ich will" im Grunde das beste Training für mich ist - und so kann ich ohne Bedenken weiterhin das machen, was mir Spaß macht!

Mitte März - Specialized Test-Tage im Wienerwald. Mein Canyon Roadlite hat mir bis dato ausgezeichnete und treue Dienste erwiesen, ich fühle mich aber nach etwas Neuem. Auf der Suche nach geeigneten Marken und Modellen aus unterschiedlichen Preisklassen, nütze ich die Möglichkeit und teste das Specialized Tarmac und Venge VIAS. Mein erster Kontakt mit Rädern die 8.000 respektive 11.000 Euro kosten verläuft ernüchternd - irgendwie hätte ich mir da eine Art von "Sensation" als Fahrgefühl vorgestellt. Stattdessen wabern am Tarmac 120mm Bremsscheiben vor sich hin und schleifen nach kurzem Gebrauch für die folgenden zwei Minuten. Das Venge hingegen mag zwar aerodynamisch designed sein, Bremswirkung dürfte aber auf der Agenda der Entwickler nicht allzu weit oben gestanden sein. Schwamm drüber, mittlerweile ist eine neue Generation Räder da, die Entwicklung ist ja nicht aufzuhalten. Ich werde gern wieder zu Testzwecken auf einen solchen "Technologieträger" aufsteigen, aber nach diesem Erlebnis fühle ich mich in meiner Meinung bestätigt, dass weniger manchmal doch mehr ist.

Ende März einer von vielen Lienz-Besuchen. Wer die Chance hat, im Winter die Pustertaler Höhenstaße zu befahren, der nutze sie. Bei aller Anstrengung habe ich selten so schöne Ausblicke, Momente und Eindrücke erlebt.

Anfang April findet der Vienna City Marathon statt, traditionell gehe ich dort mit Arbeitskollegen als Firmenstaffel an den Start. Bis dahin hatte ich mich immer vor dem ersten Staffelteil (16,1 km) gesträubt, dieses Jahr hab ich diesen gerne übernommen und noch den Halbmarathon dazu fertiggemacht. Meine Bestzeit hab ich dabei auf 1h:57m verbessern können, für mich ein zufriedenstellendes Ergebnis - aber durchaus noch ausbaufähig :)

N+1! Das neue Rad ist da - ein Canyon Ultimate! Und es ist großartig! Mehr dazu bald in einem eigenen Blogpost!

Den Wings for Life-Run am 8. Mai überspringe ich lieber. Zu heiß, nicht fit, nicht trainiert, im Starterfeld hinten... nach 16,5 Kilometer überholt mich schon das Catcher Car. Ändert allerdings nichts daran, dass es eine großartige Veranstaltung ist (sowohl bezogen auf den Zweck als auch Organisation, usw.)

15. Mai - erste Ausgabe des VeloRun in Baden. Ein tolles und spannendes Konzept für eine neue Veranstaltung, bei der quasi gleichzeitig ein Radrennen, eine gemütlichere Rad"fahrt", ein 10k-Lauf und ein Halbmarathon stattfinden. Das Ganze gelingt außerordentlich gut und verspricht für das nächste Jahr eine tolle neue Auflage. 9. Platz in der AK - zufrieden auf jeden Fall aber da geht noch was! Leider ist am gleichen Tag auch der Leithabergmarathon sowie der Gran Fondo Vienna - Schade, dass man sich nicht teilen kann...

Foto: Reinhard Hauer

Foto: Reinhard Hauer

Mitte Juni dann die Dolomitenradrundfahrt - ich bin also zurück in Lienz. Erstes Mal bei dieser Veranstaltung, ich beginne mit der "kleinen" Runde (115km/1800hm) - die ausgewachsene Variante namens "Super Giro Dolomiti" hebe ich mir einstweilen noch auf. Gute Entscheidung, wird 2016 doch kurzerhand der Monte Zoncolan als Ersatzroute festgelegt. Ich fahre ein gut eingeteiltes Rennen, ohne die letzten Reserven anzutasten und werde 57. in meiner Altersklasse. Zu sehen, dass am Schluss noch genug Energie da war, stimmt mich optimistisch für künftige Herausforderungen!

Foto: Sportograf

Foto: Sportograf

Am 21. Juni veranstalten wir im Radsporttreff die "Sonnwend-Ausfahrt" und unglaubliche Menschenmassen stehen mit uns am Start. Bei über 50 Radlerinnen verlieren wir kurz den Überblick, um dann in mehreren Gruppen Richtung Sonnenuntergang zu fahren. Eine denkwürdige Ausfahrt, an die ich noch heute sehr gerne zurückdenke - so viele nette und fröhliche Gesichter!

Foto: Alexander Löffelmann

Foto: Alexander Löffelmann

In der gleichen Woche noch ein kollektiver Abschied vom Hocheck - einem Trainingsberg im Süden von Wien, der nach vielen Jahren des Trainings leider nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Wiederum treffen sich über 50 Radlerinnen - großartig!

Juli ist Urlaubszeit und es wird naturgemäß ruhiger! Ein kurzer Kärnten-Aufenthalt und ein großartiger Guide vor Ort garantieren aber tolle Kilometer auf dem Rad. Der Gegend rund um Ferlach werde ich auch noch einen eigenen Post widmen!

Und gleich nochmal Ferlach... Mitte August vollziehe ich glücklich mein Jahresprojekt. Ein privates Brevet über 340 Kilometer von Baden nach Ferlach in knapp 14 Stunden Fahrzeit. Hier könnt ihr meine Erlebnisse nachlesen - was die Langstrecke angeht, bin ich auf jeden Fall auf den Geschmack gekommen! Da wird es 2017 sicher wieder etwas geben! :)

Im Sinne der Diversifikation und um meinen Oberkörper nicht vollends degenerieren zu lassen, absolviere ich ab Anfang Oktober einen Schwimmkurs bei Flowsports. Meine Erfahrungen dazu lest ihr hier! Große Empfehlung für alle, die neben dem Radfahren noch komplementäre Bewegung brauchen!

Ende Oktober springe ich schließlich in ein anderes kaltes Wasser. Rapha Supercross in München - mein erstes Cyclocross-Rennen. Die Strecke wurde umgestaltet und schwerer gemacht, da jetzt auch der Deutschland-Cup im Rahmen der Veranstaltung ausgefahren wird. Ich erlebe neue Grenzbereiche - in Bezug auf Maximalpuls, Leidensfähigkeit und Reifenhaftung - bin aber glücklich, diese Erfahrung zu machen. Ich komme zwar nicht ins Finale, habe aber grundsätzlich Blut geleckt und freu mich darauf, ab und zu an Cyclocross-Rennen teilzunehmen. Meine Paradedisziplin wird es allerdings eher nicht werden.

Ende November schließlich noch einmal N+1 und eine Bahnlizenz nebst Zutrittskarte zum Dusika-Stadion. Bahnradfahren empfinde ich als tolle Trainingsmöglichkeit für den Winter - als Ergänzung zu dem, was bereits vorhanden ist. Man trainiert anders, vieles wirkt spielerischer, ein Sprint hier, ein Rundengewinn da, in der Gruppe rollen dort. Macht riesigen Spaß und die Bahnorama-Veranstaltungen führen eindrucksvoll vor Augen, wohin diese Reise noch gehen könnte!

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In diesem Sinne freue ich mich auf das nächste Jahr und alle Herausforderungen, Challenges und Bekanntschaften, die da am Weg warten!