Wahoo Systm (nach 6 Monaten Einsatz)

Wenn man etwas über einen längeren Zeitraum für einen Blogbeitrag testen möchte, kann es mitunter passieren, dass man überholt wird – von der Realität, vom Zeitplan oder von Neuerungen. So geschehen bei meinem Test von Wahoo Systm. Wobei die Inhalte, über die ich schreiben möchte, deswegen nicht alt oder überholt sind und sich ja eigentlich nichts Grundlegendes an der App geändert hat, seit ich begonnen habe, sie zu benützen.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Wahoo – bisher in erster Linie als Hersteller von Rollentrainern bekannt – hat neben SYSTM (das auf dem von Wahoo gekauften „Sufferfest“ beruht) auch noch „RGT Cycling“ in sein Portfolio aufgenommen. Und während hier also Wahoo einen Schritt vom Gerätehersteller zum Gesamtanbieter macht, bastelt dem Vernehmen nach parallel dazu der Softwareanbieter Zwift an seinem ersten Smart Trainer, möchte also von der Softwarebude auch zum Gesamtanbieter werden (nur von der anderen Richtung halt). Es werden hier also spannende Zeiten auf uns zukommen und idealerweise profitieren die Endkundin und der Endkunde ja auch von solchen – hoffentlich befruchtenden – Konkurrenzverhältnissen. Aber dazu an anderer Stelle mehr, kümmern wir uns um den eigentlichen Inhalt: Wahoo SYSTM!

Apps, Apps, Apps

Kurz zur Einordnung – es gibt derzeit ja grob drei Arten von Trainingsapps und –software, mit denen man sich die Zeit auf dem Home-Trainer spannender oder effektiver gestalten kann:

1.       echte (Real-World) Videos von Strecken, die man sich auf einen Computer oder Bildschirm streamt und nachradelt. Videos dazu gibt es in unterschiedlicher Qualität, Länge und von diversen Anbietern. Wahlweise gibt es noch einen Avatar, den man sich einblenden kann, da und dort minimale „social features“ und auch die Frage, ob Widerstand und Geschwindigkeit von der Software gesteuert werden – sich also die Anstrengung anpasst und damit der Realitätsgrad steigt (ist von Anbieter und Software abhängig).

2.       Reine Trainingsplattformen blenden auf einem Bildschirm diverse Balken, Zonen und Striche ein, die ein Trainingsprogramm vorgeben, den Widerstand der Rolle/des Trainers steuern und – idealerweise in Form eines Trainingsplans über einen längeren Zeitraum – zum Formaufbau beitragen. Hier gibt es in der Regel kein zusätzliches Video oder eine andere Art der Ablenkung. Das Training und die zu erreichenden Wattzahlen stehen im Mittelpunkt.

3.       Zwift ist wenn man so will eine dritte (eigene) Kategorie. Hier bewegt sich ein Avatar durch eine virtuelle Welt, die Gamification-Elemente sind hier definitiv am ausgeprägtesten, soziale Elemente und kleine Challenges sorgen für Zerstreuung und Abwechslung. Aufgrund der großen User-Zahlen und der guten finanziellen Ausstattung musste sich der Mitbewerb bisher immer an Zwift orientieren.

SYSTM!

Worum geht’s? Systm – ja, das ist so „richtig“ geschrieben – ist eine Plattform, die, 1. Trainings und Programme für Radfahren, Laufen, Yoga, Kraft- und Mentaltraining bietet, 2. dafür eine Vielzahl von Streckenvideos, „Pro Rides“, Filmen und Trainingsvideos bietet und 3. auf Computer (auch ohne App!), Tablet und Handy läuft. Im Details schaut das dann folgendermaßen aus:

Sportarten

Im Kern steht das Radfahren, auch wenn das Programm noch Laufen und Schwimmen als Sportarten anbietet. Für die beiden letzteren ist es aber realistischerweise vorgesehen, sich die vorgeschlagenen Trainings und Intervalle auf eine Uhr zu laden und dann außerhalb der App abzuspulen. Eine „immersive experience“, wie das oft so schön heraufbeschwört wird – also ein Hineingezogen-werden in ein realistisches und mitreißendes Trainingserlebnis – ist hier nicht wirklich zu erwarten (und stößt bei Themen wie Schwimmen naturgemäß auch irgendwie an Grenzen der Umsetzung). Beim Radfahren schaut das allerdings anders aus – hier ist es tatsächlich ein großer und sehr bunter Strauß an Möglichkeiten, die sich hier auftun und es sind viele, viele Stunden an Training und auch Spaß garantiert.

Wichtig ist in meinen Augen hingegen der Hinweis auf Yoga und Krafttraining! Traditionell ist das eines der größten Mankos von Radsportler*innen. Von 100 Radfahrer*innen wissen vermutlich rund 50, dass Rumpfstabilität und Core-Kräftigung fürs Radeln förderlich sind, 20 der 100 machen vermutlich hie und da etwas Training und 5 der 100 haben das regelmäßig in ihre Abläufe integriert. Ich gehöre hingegen zu dem hartnäckigen einen Prozent, die a) wissen, dass Coretraining sehr wichtig wäre, b) mit fast-Bandscheibenvorfällen auch schon mehrfach die (potentielle) Rechnung fürs Nichtstun präsentiert bekommen haben und es c) trotzdem nicht auf die Reihe bringen, die wenigen notwendigen Minuten aufzubringen, sich ein paar Mal zu strecken und zu kräftigen… Umso dankbarer bin ich, wenn es ein gutes und angeleitetes Training gibt, das ich auf „meiner“ Trainingsplattform gleich in der Übersicht vor den Latz geknallt bekomme und so immer wieder dezent drauf hingewiesen werden, gefälligst etwas zu machen! Dabei lassen sich Intensität, Dauer und Fokus der Trainings frei wählen, knapp 60 Einheiten stehen dafür zur Auswahl. Die Hemmschwelle ist dabei sehr niedrig: es sind keine Tools oder Geräte notwendig, oft braucht es nicht einmal eine Fitnessmatte. Und wenn am Bildschirm jemand die Übungen vormacht ist auch die Versagensangst geringer, den Arm in die falsche Richtung zu strecken oder sich irgendwo falsch zu belasten. Die einzige Challenge stellt sich, wenn man die ersten Male die Core-Trainings macht: die Abfolge der Übungen ist recht schnell und zackig, hier muss man sich erst zurechtfinden und sich „eingrooven“.

Und eine Nummer ruhiger (aber nicht zwingend weniger anstrengend) sind die Yoga-Einheiten. Auch hier gibt es die Differenzierung und Wahlmöglichkeit nach Dauer, Intensität und Yogi-Level, wiederum sind es rund 60 Videos zwischen 3 Minuten und 1 Stunde.

Von mir beim Yoga zeige ich lieber kein Foto her… da muss ein Screenshot aus der App herhalten! :)

Arten von Rad-Trainings („Channels“)

Kommen wir zum Kern der Sache und zwar den Möglichkeiten, ein Radtraining abzuspulen – und da gibt es einige, in ganzen neun unterschiedlichen Kategorien:

Sufferfest

Die Trainingsvideos von Sufferfest sind so etwas wie die Basis von Wahoo Systm. Dabei handelt es sich um Videos, die anspruchsvolle Trainingseinheiten mit Spaß und Unterhaltung verbinden. Die Zonen, Watt und Stufen des Trainings werden eingeblendet, wie man das auch von anderen Plattformen kennt, oben drauf gibt es allerdings Videos, die zumeist Ausschnitte von Profirennen wiedergeben und mit den Trainingsinhalten synchronisiert sind. Wobei „synchronisiert“ hier nicht auf Steigung oder Wattzahlen abzielt sondern eher auf eine „situative Synchronisierung“ – so wird zum Beispiel bei einem kurzen und harten Intervall eine Attacke aus der Spitzengruppe eingeblendet, oder aber man findet sich in einer Fluchtgruppe und soll mit einem hohen Tempo-Effort dem Peloton davonfahren. Genauso rollt man in Intervallpausen dann aber auch locker mit dem Feld mit, scherzt mit den anderen Fahrer*innen oder befindet sich in einer landschaftlich schönen Abfahrt. So vergeht zum einen die Zeit recht schnell, zum anderen hat der Geist auch etwas, worauf er sich einstellen kann oder aber bestimmte Situationen am Rad, die man mit dem Trainingsblock assoziieren kann. Alles in allem funktioniert das sehr gut und oft genug endet ein (hartes) Training mit dem Sieg eines Rennens oder einer Etappe im Video – die Belohnung kommt also instantly.

Fahr, du Sau!

Trainings und Intervalle machen selten Spaß – das ist ja auch nicht ihre ureigenste Aufgabe… Allerdings scheinen die Sufferfest-Videos schon eher auf der anspruchsvollen Seite zu sein, nicht umsonst steckt das Leiden schon im Titel drinnen. In diesem Licht sind viele Einheiten dann eher ein Durchbeißen und Kämpfen und auch die – teils schon fast derben – Motivationssprüche tragen ihren Teil dazu bei, dass es hier um „Glory through Suffering“ geht!

GCN

Das Global Cycling Network ist den meisten wohl bekannt, entweder von Beginn an durch den gleichnamigen Youtube-Kanal oder aber durch andere Aktivitäten, ist GCN doch mittlerweile an vielen Ecken aktiv. Bei den Trainings auf Wahoo Systm wird man von den bekannten GCN-Gesichtern nach dem Muster eines Gruppentrainings durch Einheiten geführt. Viel mehr gibt’s dazu nicht sagen. Ich persönlich bin kein immens großer Fan von GCN, daher ist für mich der Reiz dieser Videos überschaubar, wer jedoch eine entsprechende Affinität besitzt, für die oder den ist das aber vielleicht genau das richtige!

Inspiration

Hier sind tendenziell eher lockere oder ruhigere Einheiten gesammelt, während derer man mit spannenden, aufschlussreichen oder inspirierenden Videos aus der Welt des Radfahrens bei Laune gehalten wird. Es hat etwas von Youtube-Schauen mit Trainingsreizen und das Programm ist vielfältig: ganze Filme wie das großartige „A Sunday in Hell“, Dokus der Rennteams, inspirierende Radreisen mit Lael Wilcox, Making an Hour-Record mit Rohan Dennis, die „Outskirts“-Filmreihe, „Thereabouts“ oder aber Dokus und Blicke hinter die Kulissen einer Welt von Tommeke, Wout van Aert und Mark Cavendish.

Wahoo Fitness

Ehrlicherweise weiß ich nicht genau, was man mit den Trainings dieser Kategorie machen soll bzw. wo sie hingehören. Es handelt sich um jeweils vier Sets von Trainings (jeweils Endurance und Race Pace), die allesamt sehr lang sind und ohne Video daherkommen und damit wohl auch für die Ausübung draußen gedacht sind.

NoVid

Wobei genau für die Ausübung draußen gibt es dann eben auch eine eigene Kategorie von Einheiten ohne Video-Unterstützung oder –Ablenkung. Man kann diese natürlich auch am Hometrainer abspulen, bekommt dabei dann aber eben nur die Balken des Trainings und der Intervalle angezeigt. Die Möglichkeit, diese Videos auf den Radcomputer zu transferieren, legt aber nahe, dass man diese „mit raus nehmen“ sollte. Inhaltlich ist da alles dabei, was man sich nur denken kann – Intensitäten, Zonen, Längen, alles.

A Week with

Nummer eins der – in meinen Augen – spannendsten Channels machen die Trainings, in denen man eine Woche lang (5-6 Tage) einen Pro bzw. bekannten Radler „begleiten“ kann und gemeinsam mehrere Trainingsblöcke durchläuft. Zur Auswahl stehen hier derzeit Phil Gaimon, Neal Henderson und Ian Boswell. Dabei ergeben sich spannende Einblicke und das Konzept macht Freude und Laune.

ProRides

Weniger Freude und Laune als vielmehr viel Laktat und großen Respekt vor den Leistungen von Profis erzeugen die Pro Rides. Dabei kann man aus unterschiedlichen Rennen und Etappen wählen und einen Pro im Einsatz begleiten. Es werden dafür die echten Leistungsdaten dieses Fahrers bzw. dieser Fahrerin von genau dieser Stage herangezogen und auf die Leistungsstufe des Wahoo Systm-Nutzers bzw. Nutzerin runtergerechnet. Wenn also Tosh van der Sande 400 Watt tritt, sind es auf dem Home Trainer übersetzt 300, der Grad der Anstrengung sollte aber ähnlich sein. Und wie das bei einem echten Rennen ist, gibt es hier keine langen und gleichmäßigen Intervalle sondern ein stakkato-artiges Auf und Ab der Leistungskurve, je nachdem ob man gerade im Windschatten oder an der Spitze fährt, ob es bergauf geht oder bergab, ob man im Peloton mitrollt oder versucht, zur Spitzengruppe aufzuschließen. Wie schon erwähnt, erzeugt das (zumindest bei mir) einen sehr hohen Realitätseindruck, es ist als wäre man tatsächlich mitten im Rennen dabei. Zum anderen ist der Einblick in die Welt und die Leistungsfähigkeit von Profis etwas ganz besonderes und mein Respekt für die Leistungen steigt angesichts solcher Programme massiv an. Die Pro Rides sind aus meiner Sicht jedenfalls eines der großen Alleinstellungsmerkmale von Systm und sollen laut Hersteller noch weiter ausgebaut werden.

On Location

Michael Cotty ist vielen von den Youtube-Videos des Col Collective bekannt – schon dort hat er in einer schönen Mischung Radsport, Tourismus, Geografie und Geschichte vermischt und als Reiseberichte von den schönsten Radsport-Bergen der Welt ins Netz gestellt. Ähnlich läuft das nun bei den „On Location“-Videos in Systm ab: Reiseführer Cotty leitet dabei Trainingseinheiten durch wunderbare Radsportregionen wie die Pyrenäen, die Provence oder die Mittelmeerküste. Dabei läuft ein strukturiertes Training ab, das zur Topographie und zur Strecke passt, gleichzeitig erhält man in kurzen Einspielern, Informationen über Land und Leute, lokale Bräuche, Architektur und Kulinarik. Das kommt meiner persönlichen Art des Radfahrens sehr nahe – so ein Format nun auch für meine Indoor-Trainings zur Verfügung zu haben, macht mich sehr zufrieden.

Fitness Test

Zum Abschluss hier noch jene Kategorie, die eigentlich am Beginn und vor allen anderen Trainingseinheiten stehen soll – Leistungentests! Werden hier doch die Basiswerte ermittelt und festgelegt, nach denen sich die Intensitäten aller darauffolgenden Aktivitäten orientieren. Neben dem bekannten Rampentest wird man hier allerdings eines vergeblich suchen: den klassischen FTP-Test!

4DP statt FTP

Wahoo bzw. deren Head Coach Neal Henderson setzen statt FTP auf „4DP“ – Four-Dimensional Power. Die vier Superpowers sind Neuromuscular (Sprints), Anaerobic Capacity (Attacken), Maximal Aerobic Power (Klettern) und FTP (Ausdauer). Diese vier Aspekte sind beim 4DP-Fitness Test alle gleich gewichtet und werden dementsprechend auch gleichwertig ermittelt, anstelle eines FTP-Tests, der sich „nur“ auf die 20 Minuten FTP konzentriert. Der 4DP-Test ist auf den ersten Blick dann auch angsteinflößend, soll man doch neben dem bekannten 20 Minuten FTP-Test auch noch zusätzlich 5 Minuten Anaerobic, Sprints und Over-Threshold fahren. Der Test macht dann auch nicht wirklich Spaß – so ist es aber grundsätzlich bei allen diesen Tests… Am Ende hat man jedoch ein recht komplett wirkendes Profil seiner Stärken und Schwächen.

Mein persönliches Profil gibt beispielsweise aus, dass ich ein „Sprinter“ bin (wo ich doch viel lieber ein Puncheur sein wollte…). Viel spannender ist allerdings ein Blick in die detaillierteren Analysen, die Systm aus dem 4DP-Test zieht. So wird mir attestiert, dass es nicht wirklich möglich ist, meinen FTP-Wert zu erhöhen, solange mein „MAP“-Wert nicht zuerst gesteigert wurde. Ich sollte mein Trainings also zuerst auf meine Maximum Aerobic Power konzentrieren, um dann in Folge erst meinen FTP-Wert weiter steigern zu können – ein spannender Aspekt, den ich zuvor noch nicht so betrachtet habe.

Knowledge Base

Wer grundsätzlich mehr Interesse an solchen und anderen trainingswissenschaftlichen Hintergründen hat und auch inhaltlich verstehen möchte, warum er oder sie jetzt gerade so oder so viel Watt treten soll, der/die findet auf der Plattform auch recht ausführliche Artikel, Hintergrundinformationen und Blogbeiträge zum Thema Training.

Trainingsplan

Allerdings ist kein Einzeltraining effektiv, wenn es aus dem Kontext gerissen wird. Grundintention der Plattform bzw. eines gewünschten Leistungszuwachses ist daher, einen Trainingsplan zu starten. Im Ablauf schaut das so aus, dass man den oben erwähnten 4DP-Leistungstest absolviert, sein Profil erhält, gewünschte Sportarten, Zeitraum und Intensität  wählt, optional Yoga, Kraft- und Mentaltraining oben drauf packt und fertig ist der Trainingsplan. Dabei sind dem Design des Trainingsplans wenig Grenzen gesetzt, man sollte jedoch halbwegs wissen, wo die eigenen Möglichkeiten liegen – und damit meine ich weniger die individuelle Leistungsfähigkeit als die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, den Trainingsplan auch durchzuziehen. Kann man den Trainingsplan zeitlich bewältigen? Ist die Anzahl der Einheiten richtig gewählt? Ist die Intensität eh nicht zu hoch? Solche Fragen sollte man sich selbst (kritisch) stellen oder aber mit einem Trainer oder eine Trainerin besprechen, bevor man sich in das mehrwöchige Korsett eines Trainingsplans begibt. Denn es muss auch klar sein, dass die Ergebnisse eventuell nicht die erwünschten sind, wenn man nur halbherzig jede zweite oder dritte Einheit bestreitet. Ansonsten gefällt der Modus Trainingsplan sehr gut, vor allem der Fokus auf die spezifischen Bereiche (gemäß 4DP) vermittelt den Eindruck, dass man tatsächlich bei jeder Einheit sieht, wofür das ganze gerade gut ist.

Manko – wie bei jedem (online) Trainingsplan – ist jedoch, dass man den Trainingsplan nur bedingt „mit nach draußen“ nehmen kann. Zwar lassen sich etliche Videos auch am Wahoo speichern und (als „NoVid“ sowieso) auch im Freien absolvieren. Umgekehrt fehlt aber die Möglichkeit, Einheiten von Draußen in den Trainingsplan zu integrieren oder in Systm abzubilden. Was im Winter eher weniger ein Problem ist (weil man vielleicht ohnehin lieber drinnen bleibt), ist in der Übergangszeit und im Sommer mitunter schwierig.

Der in Systm integrierte Kalender gibt eine guten Überblick über die absolvierten Trainingseinheiten, bildet aber eben „nur“ Systm-eigene Einheiten ab. Der Umweg über eine andere Plattform (z.B. Strava) gibt dann zwar ein vollständiges Bild der Trainings und Ausfahrten wieder, hat aber eben keinen Einfluss auf die Trainingsplanung.

Mein persönliches Fazit zu den Trainingsplänen ist ein gemischtes. Ich war noch nie konsequent und ehrgeizig genug, meinen Rad-Alltag einem Plan zu unterwerfen. Als Berufstätiger und Vater fehlt mir außerdem auch oft die Zeit (oder die Energie), um die Einheiten des Tages dann auch entsprechend unterzubringen. Allerdings ist es toll, im Hintergrund so etwas wie eine grobe Guideline zu haben, worauf man seine Trainingseinheiten fokussieren sollte. Und das nutze ich gerne und so oft ich kann!

Gamification

Heutzutage geht nichts mehr ohne Gamification und viele – ich auf jeden Fall! – sind da auch empfänglich dafür. (Und wenn es dabei hilft, besser auf dem Rad zu werden, dann gerne…). Es gibt auf der Plattform zahlreiche Goodies, Achievements, Badges und Belohnungen, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei anderen Plattformen. Die soziale Gamification entfällt auf Systm, da ist man eher als Einzelkämpfer dabei. Gamification im weiteren Sinne sind dann auch die Videos und deren Aufbau, die auf spielerische Art und Weise versuchen, den User und die Userin vom harten Trainings abzulenken – sei es durch Abwechslung, Ablenkung oder Zuspruch! Die Möglichkeiten der Plattform sind groß und zahlreich genug, dass man länger dran Freude finden kann und bei der Sache bleibt.

Technisches

Systm läuft auf Windows, macOS, iOS und Android, der benötigte Speicherplatz und die restlichen Systemanforderungen sind sehr überschaubar. Zum Abspielen der Videos ist eine aktive Internetverbindung erforderlich, ist diese zu langsam werden die Videos runterskaliert oder im schlimmsten Fall „pausiert“ – das Training läuft dabei im Hintergrund weiter. Es gibt allerdings die Möglichkeit, ausgewählte Videos vorab herunterzuladen und lokal abzuspeichern, damit lässt sich die erforderliche Internetverbindung elegant umgehen. Videos müssen allerdings einzeln zum Download ausgewählt werden (bei Trainingsplänen wäre es beispielsweise toll, wenn man alle Einheiten einer Woche auf einmal runterladen könnte), außerdem steigt damit natürlich der lokale Speicherplatzbedarf (rund 1GB pro Video-Stunde) – das könnte für all jene unter uns problematisch werden, die auf dem iPhone schon 30.000 Fotos ihrer Kinder oder Katzen gespeichert haben…

Idealerweise nützt man Systm mit einem Smart Trainer, dessen Widerstand von der Software gesteuert wird. Die Geschwindigkeiten sind virtuell und mehr oder weniger willkürlich, geht es doch in erster Linie um Wattvorgaben und nicht darum, wie schnell man im Programm unterwegs ist. Ähnlich vernachlässigbar sind etwaige Climb-Funktionen wie beim Wahoo Kickr Bike.

Fazit

Ich bin ein ganz schlechter Trainierer und die Vorstellung von strukturiertem Training lässt mich erschaudern. Umso dankbarer bin ich für jeden (spielerischen) Input, der mich dazu treibt, doch mehr zu machen, als nur spazieren zu fahren oder lockere Einheiten zu absolvieren. Systm drängt mich dazu, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen, schreit mich an, treibt mich an, hilft mir aber gleichzeitig auch, wenn es gerade hart ist. Die Videos von Sufferfest vermitteln etwas von einem vermeintlich archaischen (und in meinen Augen an sich veralteten) Heldentum, dem klassischen „Glory through Suffering“ – das mag einem ge- oder missfallen, ehrlicherweise ist es aber ein gutes Gefühl, wenn man sich erfolgreich durch eine harte Einheit gekämpft hat und den belohnenden Finish-Screen präsentiert bekommt. Mehr mein Metier sind die „On Location“-Videos mit Michael Cotty, in denen ich durch Geografie und Geschichte davon abgelenkt werde, dass mir gerade der Schweiß von der Stirn tropft. Definitiv was Neues und Spannendes sind die ProRides, da fällt mir auf die Schnelle keine andere Plattform oder Software ein, die etwas vergleichbares bieten kann – spannend und fordernd und ein toller Einblick in das, was ein Profi leistet.

Bei monatlicher Bezahlung sind für Wahoo Systm 16,49 Euro zu berappen, im Jahresabo wird es etwas günstiger. Der Preis liegt damit irgendwo zwischen Zwift und Trainerroad. Wer von Zwift kommt und etwas mehr Struktur und neue Inputs abseits der puren Gamification und den „social features“ sucht, für den ist Wahoo Systm eine spannende Option. Wer nur pures Training haben möchte – ohne Ablenkung und ohne weitere Inputs, der ist eher bei Trainerroad zuhause.

Nachdem für mich dieses Jahr einige größere Projekte auf dem Plan stehen und ich meine „Junk Miles“ zumindest eine Spur reduzieren möchte (auch wenn sie am meisten Spaß machen), kommen mir die strukturierten Trainingsoptionen von Systm genau recht. Ich persönlich werde daher auch den beginnenden Sommer über die Optionen von Systm nutzen, wenn sich ein Fenster für ein kurzes Training ergibt. Fast noch etwas wichtiger sind mir aber im Moment die Angebote des Kraft- und Rumpftrainings – hier habe ich seit jeher meine Defizite und auch hier bin ich über eine etwas spielerische Option dankbar, die mich zumindest ab und zu auf die Trainingsmatte bekommt!

Für 14 Tage kann man Systm übrigens gratis testen, macht euch gerne selbst ein Bild! Viel Spaß und „Ride On“ (oops nein, das sagt man ja auf der anderen Plattform…) ;)

FTP Ramp Test auf Zwift

Ich habe einen Ramp Test auf Zwift absolviert, der innerhalb von 15-20 Minuten einen FTP-Wert ausgeben kann. Ob diese Art Test mit einem Stufentest in einem Labor mithalten kann, worin die Unterschiede liegen und worauf man achten muss, erklären Clemens und Matthias von HPC.

Festive 500 - DNF

So wie 2020 insgesamt ein recht holpriges Jahr war, so war auch mein Festive 500-Versuch von schwierigen äußeren Rahmenbedingungen geprägt. Bereits im letzten Jahr war es eine besondere Challenge, die 500 Kilometer zwischen Weihnachten und Neujahr in den Alpen abzuspulen. Die Temperaturen rund um Lienz waren herausfordernd und für mich eine besonders harte Nuss, die ich aber irgendwie knacken konnte.

2020 kamen Rekordschneefälle dazu, die zwar wie eine willkommene Abwechslung wirken mögen, tatsächlich aber hinderlich sind. Viele der Routen und Streckenvarianten fallen auf diese Weise weg - Waldwege, schlecht/nicht geräumte Seitenstraßen aber genauso Berge und Pässe (alleine schon wegen der kalten Abfahrt!). Was also romantisch und abenteuerlich wirkt, ist in Wahrheit nicht ganz so prickelnd :)

Allerdings waren auch die Temperaturen eine Herausforderung - bei bis zu minus 13 Grad kommen auch die besten Schuhe und Handschuhe an ihre Grenzen und begrenzen so die Zeit, die man draußen auf dem Rad verbringen möchte. Dennoch sind die Festive 500 jedes Jahr wieder eine schöne Motviationshilfe, aufs Rad zu steigen, wenn man sonst vielleicht eher vor dem Ofen oder dem Weihnachtsbaum liegen bleiben würde. Aber es soll eben “nur” eine Motivationshilfe sein, allzu sehr sollte man sich nicht zwingen müssen - schließlich geht es ja auch noch um den Spaß am Radfahren!

8 Virtual Cycling Apps im Test

"Es ist Winter und kalt draußen und unter manchen Umständen ist es einfach angenehmer, drinnen auf der Rolle zu fahren". So oder so ähnlich würde dieser Blogpost starten, wenn nicht 2020 wäre. Dieses Jahr kommen noch diverse Lockdowns, Quarantänen und Homeoffice dazu, die dem Indoor Cycling einen massiven Schub verpasst haben. Der scharenweise Zulauf zu diversen Trainings- und Unterhaltungsplattformen hat der ganzen Branche eine neue und zusätzliche Dynamik verpasst.

Platzhirsch ist fraglos Zwift, das 2013/2014 eines der ersten umfassenden Angebote auf den Markt gebracht habt. Seitdem hat sich auf Zwift viel getan und auch zahlreiche andere Player sind aufgetaucht - manche mit ähnlichen Angeboten, andere mit eigenen (guten) Verkaufsargumenten oder Alleinstellungsmerkmalen. Dass Zwift die Nummer Eins ist, haben nicht zuletzt zwei Ereignisse aus der kürzeren Vergangenheit gezeigt: Einerseits ist da die erste Virtual Cycling Weltmeisterschaft, die Anfang Dezember 2020 auf Zwift stattgefunden hat, zum anderen ein Investment von 450 Millionen US-Dollar, das Zwift im September diesen Jahres eingesammelt hat und das wohl für die Zukunft einiges an Erwartungen schürt.

Für diesen Blogpost möchte ich Zwift jedoch außen vor lassen. Ins Scheinwerferlicht werden die Alternativen gerückt. Ich habe über die letzten Wochen hinweg acht Alternativen getestet und ausprobiert und möchte meine Erkenntnisse und Erfahrungen mit euch teilen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit - jede App auf Herz und Nieren durchzutesten, würde jeglichen Zeitrahmen sprengen. Und wie immer sind meine Eindrücke und Meinungen natürlich subjektiv und meine eigenen :)

Zu jeder App bzw. jedem Programm gibt es in Folge eine kurze Zusammenfassung, dann eine Typen- und Kaufberatung und am Ende eine tolle Tabelle mit allen Informationen und zusätzlich auch noch ein Video, schließlich soll man ja auch sehen, wie das ganze in Action aussieht. Im Video gibt es darüberhinaus als Draufgabe einen "Special Guest" - da kann sogar der DC Rainmaker einpacken ;) Und weil es etwas mehr zu erzählen gibt, hier ein Inhaltsverzeichnis:

  1. Rouvy

  2. Kinomap

  3. Fulgaz

  4. Bkool

  5. RGT Cycling (Road Grand Tours)

  6. Sufferfest

  7. Trainerroad

  8. GPX am Wahoo Elmnt

Nicht getestet habe ich die Software von Tacx, die eigene Videos zum Nachfahren anbietet. Außerdem war es nicht möglich, "Velothon" zu testen - eine vielversprechende Software, die sich allerdings seit mittlerweile schon zwei Jahren im Beta-Stadium befindet.

Rouvy

Wenn man dem Gros der Stimmen aus dem Internet glauben schenken möchte, hat Rouvy die besten Karten, der Hauptkonkurrent von Platzhirsch Zwift zu sein. Das tschechische Unternehmen hat es 2020 auch geschafft, "Austragungsort" einiger offizieller Rennen zu sein, bspw. der virtuellen Flandern-Rundfahrt.

Rouvy bietet eine große und gute Auswahl an qualitativ hochwertigen (realen) Streckenvideos, man bewegt sich also auf "echten" Straßen und nicht in einer virtuellen Spielwelt. Die Videos laufen flüssig und die Synchronisation mit dem eigenen Tempo funktioniert sehr gut.

Was man auf Zwift eventuell nie hinterfragt, einem allerdings bereits bei der ersten alternativen App auffällt, ist die "Trainer Difficulty". Auf Zwift ist es nicht ungewöhnlich, auf dem großen Blatt einen sagen wir 8-10% steilen Anstieg hinaufzufahren - in erster Linie liegt das daran, dass Zwift default-mäßig den Trainerwiderstand niedrig anlegt. Auf Rouvy (und in allen anderen Apps dieses Tests) schaut das anders aus, 10% in der App fühlen sich auch an wie 10% draußen - zumindest merkt man das an der Gangwahl. Dementsprechend ist auch das Geschwindigkeitsgefühl und die Art und Weise wie man vorankommt realistisch und nahe an der Wirklichkeit.

Die Strecken und Anstiege sind in kleinere Abschnitte unterteilt, die alle ihre jeweilige Steigung hinterlegt haben. Die Steigungswechsel sind flüssig und entsprechen im Großen und Ganzen auch dem, was man am Bildschirm vor sich sieht. Wer die unmittelbaren und flüssigen Steigungsübergänge von Zwift gewöhnt ist, könnte allerdings bei den ersten Fahrten etwas irritiert sein.

Die Fahrer schauen aus wie Football Spieler, haben einen steifen Oberkörper und bewegen sich wie Roboter. Die Bewegungen wirken unnatürlich und auch die Dynamik passt irgendwie nicht zu dem was man macht - so steht der Fahrer zum Beispiel nicht auf, wenn die Trittfrequenz sehr niedrig ist. Sie schauen auf jeden Fall nicht aus wie Radfahrer - Vicenza Nibali wäre noch mehr ein Strich in der Landschaft neben einem Rouvy-Avatar - und wenn man in Ruhe das Grödner Joch hinauf fährt, irritiert der Avatar fast ein bisschen. Praktischerweise kann man den Avatar aber auch einfach ausblenden und so einen ungestörten Blick auf die Strecke erhaschen.

Andere Fahrer sind zwar (vereinzelt) auf den gleichen Strecken unterwegs und man sieht auf der linken Seite des Bildschirms ein "Leaderboard" bzw. eine Liste der Fahrerinnen und Fahrer, Interaktion ist allerdings keine möglich.

Gamifikation oder anderen Kurzweil sucht man eher vergeblich - wenn man direkt von Zwift kommt, kann das ungewohnt sein. So gibt es zwar "Wertungsbögen" auf den Strecken bei Halbzeit, dort passiert allerdings nichts weiter als dass die eigene Zeit angezeigt wird.

Reizvoll sind hingegen der Karrieremodus, in dem man Stufe für Stufe Erfahrungen sammelt und vom Rookie zum Profis heranwächst. Badges, Challenges und organisierte Rennen bieten Herausforderungen abseits des einsamen Abfahrens von Strecken. Auch Trainingsprogramme sind im Funktionsumfang von Rouvy enthalten, wenn diese auch - für mich nicht ganz nachvollziehbar - noch einmal in einer eigenen App untergebracht sind.

169k-Testergebnis: Gute Strecken und Videos und die größte Verbreitung hinter Zwift. Die Umsetzung ist gut und die App macht Spaß, aber nur wenn den ungelenken Avatar ausblendet.

Kinomap

Auch bei Kinomap liegt der Fokus auf realen Videos, anhand derer man sich durch die ganze Welt bewegen kann. Die Auswahl an Videos ist sehr groß und man weiß im ersten Moment gar nicht, wonach man filtern oder suchen soll. Dafür ist die Suchfunktion aus meiner Sicht auch nicht wirklich ideal, das haben andere Mitbewerber etwas besser gelöst. Aber es ist definitiv für jede und jeden etwas dabei.

Während der Aktivität fährt man die Videostrecke ab, es gibt keinen Avatar der ablenkt. Es sind zwar andere Fahrer auf der gleichen Strecke unterwegs, ein Aufeinandertreffen hat allerdings keine Auswirkungen und es ist auch keine Interaktion möglich oder vorgesehen.

Zwei Dinge fallen aus meiner Sicht bei Kinomap am schlechtesten (in dieser Auswahl von Apps) aus: Einerseits ist die Anpassung der Geschwindigkeit der Videos bzw. die Synchronisierung des Videos zur gerade erbrachten Leistung am Rad am diffusesten. Manchmal scheint das Video fast etwas zu ruckeln, wie wenn das Programm nicht genau wüsste, was man auf dem Rad gerade macht. Natürlich fällt dies eher bei Videos auf, wo noch andere Fahrer, Fußgänger oder Autos unterwegs sind, aber mich persönlich irritiert es ein wenig. Und alles was "unnatürlich" aussieht, trübt bei mir recht schnell den Spaß. Auf einer anderen Strecke war ich bergab mit 75 virtuellen km/h unterwegs, während das Video im Schneckentempo abgespielt wurde.

Weiteres "Problemfeld" sind aus meiner Sicht die Steigungen in Kinomap. Diese sind nämlich auf recht große Abschnitte "ausgebreitet" - soll heißen, dass zum Beispiel im Anstieg zuerst ein 550 Meter langer Abschnitt mit 5,4 Prozent kommt, danach ein 300 Meter langer Teil mit 7,3 Prozent, danach 800 Meter mit 2,3. Alles in allem erzeugt das nicht nur eine irgendwie abgehackte Fahrt sondern auch einen unrealistischen Eindruck der realen Strecke. Ich konnte nicht herausfinden, ob das nur bei den von mir getesteten vier Strecken der Fall war oder bei allen Videos auf Kinomap. Normalerweise werden Videos mit einem dazugehörigen GPX-File eingereicht und angeboten, dementsprechend sollte eigentlich ein detailliertes und feiner unterteiltes Höhenprofil möglich sein.

Es gibt Workouts, die allerdings recht rudimentär daherkommen, einen Challenge-Mode gegen die Zeit und eine gute Mischung aus Features. Für manche mag auch ein Kriterium seien, dass bei Kinomap nur sehr wenige Strecken aus Österreich zur Auswahl stehen.

169k-Testergebnis: Leider vermiest die technische Umsetzung (vor allem die seltsame Steigungsdynamik) jeglichen Spaß am Radfahren.

Fulgaz

Öffnet man Fulgaz zum ersten Mal landet man in einem optisch wenig anspruchsvollen und irgendwie seltsam strukturierten Hauptmenü. Das war es dann aber auch schon mit den Kritikpunkten!

Es gibt einen Haufen Videos realer Strecken, die auf ein Nachfahren warten. Die Sortierung und Suchfunktion ist die beste aller Apps, die Unterteilung ist sinnvoll und man findet schnell, was man sucht oder worauf man gerade Lust hat. Neben den klassischen Kategorien "Berg", "lange Strecken" und "flach" gibt es außerdem - als einzige App - sogenannte Sightseeing-Strecken und auch eine Hand voll Mountainbike-Trails. Am anderen Ende des Regenbogens führt die Ironman Kona Strecke die Liste der "Long Runs" an. Viele Videos sind außerdem auch in 4K-Auflösung verfügbar - ein Alleinstellungsmerkmal im Strauß der Virtual Cycling Apps. (Auch wenn mir persönlich der unmittelbare Nutzen von 4K - mangels geeigneter Abspielgeräte - nicht so wichtig ist...).

Neben der hohen Qualität der Videos ist mir persönlich die gute Synchronisation mit den eigenen Leistungen am wichtigsten - und die funktioniert bei Fulgaz hervorragend. Der Widerstand ist im Mittelfeld, kann allerdings individuell angepasst werden. Die Steigungswechsel sind recht flüssig, die Übergänge gut ausgestaltet - damit ist man recht nahe an der Realität dran und das Videobild stimmt auch mit dem überein was man spürt.

Als einzige App mit realen Streckenvideos kann man bei Fulgaz einzelne Videos lokal herunterladen und damit auch offline trainieren.

Es sind keine anderen Fahrerinnen oder Fahrer auf den Strecken unterwegs - nichts verstellt den Blick auf die Straße, die man neben Video auch als Kartenansicht oder Satellitenbild von oben genießen kann.

169k-Testergebnis: Mein Favorit, wenn man reale Streckenvideos und gute technische Umsetzung haben möchte.

Bkool

Bis vor kurzer Zeit war Bkool noch Hersteller von Rollentrainern, mittlerweile dürften sich die Spanier voll und exklusiv auf ihre App konzentrieren.

Auch hier geht es auf realen Strecken zur Sache, allerdings bietet Bkool als einzige App die Möglichkeit, während der Fahrt zwischen Video, virtueller Strecke und Kartenansicht zu wechseln. Wem das Video mit der echten Strecke und dem realen Verkehr zu viel sein sollte, kann also jederzeit - sofern verfügbar - in eine virtuelle Welt entfliehen, die anhand der GPX-Daten modelliert ist. Auf diese Art und Weise kommt zusätzliche Variation und Abwechslung in die ganze Geschichte.

Bevor man jedoch in die Pedale tritt, empfängt einen die App mit einem gut gemachten und umfassenden Intro, einer Vorstellung der verfügbaren Funktionen und einer entsprechenden "Einschulung" - Pluspunkte dafür! Punkteabzug und großes Unverständnis gibt es von mir allerdings für das Video, das im Rahmen des Tutorials verwendet wird. Hier wäre man mit so gut wie jedem anderen Video besser bedient gewesen und der erste Eindruck wäre jedenfalls ein besserer gewesen.

Neben dem Einführungsvideo finden sich noch zahlreiche andere, die verwackelt oder seltsam schief daherkommen oder einfach nicht gut gefilmt sind. Hier haben alle Apps mit realen Strecken wohl unterschiedliche Herangehensweisen in Bezug auf Streckenauswahl, Videoübermittlung und Qualitätssicherung. Mich persönlich konnten die Videos auf Bkool großteils leider nicht überzeugen - vor allem wenn man Rouvy und vor allem Fulgaz als Benchmark heranzieht.

Teil der Einführung in die App ist auch ein Leistungstest, den man absolvieren muss, um die korrekte FTP anzugeben - ein direktes Eingeben des FTP-Werts ist nicht möglich. Fahren kann man natürlich trotzdem, allerdings geht der Avatar dann schon recht früh aus dem Sattel und die Bewegungen stimmen nicht mit dem überein, was man auf dem Rad macht.

Apropos Übereinstimmung - die Synchronisation zwischen Video und Leistung auf dem Trainer ist solala und eher Mittelfeld, die Steigungen sind zwar gut abgestuft stimmen aber mitunter nur so halbwegs mit dem überein, was man im Video sieht.

Andere Fahrer findet man vereinzelt auf den Strecken, eine Interaktion ist allerdings nicht vorgesehen oder möglich. Mit Trainings, “Live-Strecken” (also quasi organisierten Events) und vielen anderen Features ist für einige Stunden Unterhaltung und Trainingsvariation gesorgt.

Bkool hat übrigens den härtesten Widerstand von allen Apps. Bei 7% Steigung war ich mit 250 Watt bereits im ersten Gang unterwegs...

169k-Testergebnis: Viele Strecken und guter Funktionsumfang, allerdings sind die Videos nicht so hochwertig wie in anderen Apps.

RGT Cycling (Road Grand Tours)

In RGT habe ich persönlich die größten Hoffnungen gesetzt, einen annähernd ebenbürtigen Rivalen zu Zwift zu finden. Und die Grafik des "Spiels" enttäuscht nicht - in bester Auflösung kann man eine der realen Strecken (Stilfser Joch, Cap Formentor, und andere) unter die Räder nehmen. Auch gut gemacht sind die Steigungen und Übergänge, der Widerstand ist realistisch und passt mit dem zusammen, was man am Rad aufführt.

ABER! Was mich absolut fertig macht sind die Bewegungen des Avatars. Und daran ändern auch die ansprechenden Kameraperspektiven und Blickwinkel nichts. Wenn sich der Avatar 100 Meter vor einer Kurve beginnt nach innen zu lehnen aber noch munter geradeaus weiterfährt, dann kann das nicht "realitätsgetreu" sein. Das mag anderen egal sein, mir verdirbt so etwas den Spaß an der App - leider.

Über andere Kleinigkeiten könnte ich sonst noch hinwegsehen: den enormen Ressourcenverbrauch des Programms zum Beispiel, wo ich auf einem halbwegs aktuellen MacBook Pro die Grafikeinstellungen etwas reduzieren muss, um ein flüssiges Bild zu bekommen. Oder die umständliche Lösung mit "Screen App" (am Computer oder iPad) und verpflichtender zusätzlicher "Mobile App" am Telefon. Oder der Tatsache, dass am Ende der Strecke einfach nichts passiert - keine Wertung, keine Zusammenfassung... nur ein Umdrehen und Zurückfahren.

Auch “Magic Roads”, wo man ein eigenes GPX-File einschicken kann und RGT innerhalb von wenigen Minuten in-game eine entsprechende virtuelle Strecke bereitstellt, ist leider nicht so beeindruckend, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar bekommt man eine virtuelle Strecke mit den "richtigen" Kurven und Gradienten aber die Landschaft ist ein bleibt eine beliebige und zufällige Insel/Palmen-Mischung. Schon klar, dass man nicht die "echte" Strecke nachgebaut bekommen kann, aber aus meiner Sicht werden hier höhere Erwartungen geschürt, als dann erfüllt werden können.

169k-Testergebnis: Vielleicht bin ich auch nur enttäuscht, weil ich mir von RGT so viel erwartet habe. Aber gute Grafik alleine reicht einfach nicht!

Sufferfest

Sufferfest gehört Wahoo und ist dementsprechend gut in das Wahoo-Universum eingebettet - man kann sich mit einem bestehenden Wahoo-Login anmelden und bei jedem Kickr Smarttrainer ist ein 60-Tage-Test inklusive. Und neben Radfahren bedient Sufferfest auch gleich noch andere Sportarten und -bereiche: Multisport, Yoga, Krafttraining und einiges mehr.

Wenn man sich einen der Trainingspläne von Sufferfest als Grundlage hernimmt, kann man sein komplettes Training inklusive Cross-Activities, Strength und Entspannung in der App absolvieren. Das Ganze ist dabei gut gelöst und einfach zu handhaben.

Bei Sufferfest verabschieden wir uns von klassischen Streckenvideos und Routen, hier geht es um Training anhand von definierten Parametern. Nachdem das eventuell nicht so einfach zugänglich ist, wie das Nachfahren von Straßen, gibt es ein toll gemachtes, unterhaltsames und aufschlussreiches Intro und Tutorial-Video. Hat man dieses absolviert, sind eigentlich alle Fragen beantwortet. Und gleichzeitig fühlt man sich richtig abgeholt und aufgenommen in den Club der "Sufferlandrians". Ein bisschen Übung erfordert es dann trotzdem, bis man die gesamte Systematik durchschaut und internalisiert hat. Für mich war zum Beispiel anfangs schwer, die Wattwechsel mitzugehen - allerdings ist das ein Thema von 2-3 Einheiten, dann geht alles gut von der Hand.

Die Videos sind hochgradig kurzweilig und unterhaltsam, von Szenen aus dem Profi-Peloton über romantische Fahrten durch den Wald bekommt man unterschiedliche Videoschnipsel eingespielt - je nachdem was gerade zum Traininigsblock passt. Anweisungen, Anleitungen und Motivationssprüche sorgen dafür, dass man 1. immer weiß, was zu tun ist und 2. gut unterhalten und motiviert ist. So vergeht die Zeit während dem Training wie im Flug.

In Homeoffice Zeiten lässt sich die App praktisch minimieren, sodass der Bildschirm noch dazu verwendet werden kann Mails zu beantworten. OK, oder Netflix zu schauen...

169k-Testergebnis: Durchdachtes Konzept, das gleichsam unterhält und motiviert. So macht Training Spaß und man bedankt sich auch noch artig, nachdem man sich durch Intervalle gequält hat.

Trainerroad

"Reduced to the max" wäre wohl eine jener Formeln, die an dieser Stelle stehen könnten. Bei Trainerroad geht es nur um eines - Training! Alles andere wird ausgeblendet bzw. existiert erst gar nicht. Nach Avataren, Strecken, Videos, Chats und Gamification sucht man hier also vergeblich - das ist eine andere Zielgruppe.

Trainerroad hat eine immense und vollständige Bibliothek an Trainingsplänen und -einheiten und diese spult man trocken und cool ab - zumindest was Aufmachung und Design angeht. Beim Treten und Trainieren wird es dann ohnehin weniger "cool" zugehen.Mir fallen noch weitere Attribute und passende Adjektive ein: trocken, technokratisch, schick, klar, no bullshit!

Auf dem Bildschirm ist ein Balken zu sehen, der die Watt vorgibt. Diesem zu folgen ist die einzige Vorgabe, die das Programm gibt. Sofern man aus seinem schweißtropfenden Gesicht noch etwas sieht, erhält man gute Anleitungen, Erklärungen, warum man gerade das tut, was man macht und sinnvolle Motivationssprüche.

Da die trockene Aufmachung einigen doch einen Tick zu langweilig sein dürfte, fährt das Gros der User mit Netflix oder TV nebenbei oder aber auch gleichzeitig mit Zwift.

169k-Testergebnis: Maximales Training? Trainerroad! Am weitesten entfernt von einem "Computerspiel" - im positiven Sinn.

GPX am Wahoo Elmnt

Etwas außer Konkurrenz läuft das Nachfahren eines GPX-Tracks auf dem Wahoo Elemnt - handelt es sich dabei doch nicht um eine App im eigentlichen Sinn. Aber auch das ist mitunter eine schöne Möglichkeit, Strecken nachzufahren oder neue kennenzulernen.

Jeder Elemnt hat eine Kickr-Datenseite, die man einmal in der App aktivieren muss und die aktiv wird, sobald ein Kickr in der Nähe zu arbeiten beginnt. Dann ist es möglich, über den Radcomputer den Widerstand des Kickrs zu regulieren oder aber eine GPX-Datei am Elemnt als Strecke auszuwählen. Dieser steuert dann den Widerstand und simuliert die Steigungen.

So kann man - ohne Mehraufwand und Ablenkung - seine Strecken nachfahren, die Auffahrt auf den Mont Ventoux versuchen oder das Zeitfahren rund um den Attersee (den tollen King of the Lake) trainieren. Dabei kann wie gewohnt zwischen Datenfeldern, Höhenprofil und Kartenansicht gewechselt werden.

Das funktioniert grundsätzlich ganz gut, allerdings nur solange man einen tatsächlich gefahrenen GPX-Track verwendet. Dieser hat genug "echte" Datenpunkte, damit die Strecke und die Steigungswechsel entsprechend geschmeidig umgesetzt werden. Nimmt man einen nur geplanten Track sind Datenpunkte und "Bread Crumbs" (also die Punkte, an denen sich der Computer orientiert) zu weit auseinander oder zu wenig und Steigungswechsel werden eher abenteuerlich als realitätsgetreu.

Das Ganze funktioniert offenbar auch mit Garmin-Computern und anderen Trainern, allerdings habe ich das nicht selbst ausprobiert.

169k-Testergebnis: Wer ein konkretes GPX-File nachfahren möchte und dabei keinerlei Training oder Ablenkung braucht, ist hier eventuell gut bedient - allerdings nur mit bereits gefahrenen GPX-Tracks!

Alle Apps im Überblick

Fazit, Typen- und Kaufberatung

Rollenfahren ist eine eigene Geschichte - nicht nur, ob man es grundsätzlich mag oder nicht, auch die Anforderungen an eine Virtual Cycling App können sehr unterschiedlich sein. Im Endeffekt kann man drei Kategorien oder Gruppen bilden: "Zwift-artige" virtuelle Welten, reale Videos oder reine Trainings-Apps.

Das Nachfahren anhand realer Streckenvideos war für mich bis jetzt kein Thema, erst dieser Test hat mir gezeigt, dass darin durchaus ein großer Reiz liegt. Auch auf diese Weise kann man neue Ecken der Welt oder des eigenen Landes kennenlernen, bekannte Strecken nachfahren oder die Landschaft in Südamerika studieren. Die technisch korrekte Umsetzung und da vor allem die Steigungssimulation ist für mich wesentlich, damit mir das Radfahren Spaß macht. Fulgaz und Rouvy bekommen das am besten hin - Fulgaz hat die schöneren Videos und die bessere technische Umsetzung, Rouvy hat dafür mehr Strecken zur Auswahl und die etwas größere Community. Kinomap überzeugt mich nicht, Bkool hat eine große Auswahl und zahlreiche Features, wirkt aber irgendwie noch nicht ganz ausgegoren.

Trainerroad und Sufferfest sind reine Trainingsprogramme, wissenschaftlich aufbereitet und auch entsprechend dargereicht. Hier hat man von Anfang an den Eindruck, ernsthaft an seiner Leistung zu schrauben - bei Sufferfest zusätzlich mit kurzweiliger Ablenkung und Unterhaltung. Auf Dauer würde mir hier aber etwas fehlen - nur vor sich verändernden Leistungsbalken zu sitzen, wäre mir über einen ganzen Winter hinweg zu wenig. Aber wer auf no-nonsense steht und den maximalen Output sucht, ist hier wohl am besten bedient.

Vom Konzept her Zwift am Ähnlichsten ist RGT Cycling, allerdings ist hinter der tollen Grafik (leider) nicht allzu viel Substanz bzw. sind viele Funktionen in meinen Augen schlicht und ergreifend noch nicht fertig.

Was bedeutet dieser Test für mich?

Zwift kann etwas, was mir bis dato gar nicht so richtig bewusst war: Nur Zwift denkt in einer "SpielWELT" und nicht in Strecken und genau dieser "Weltgedanke" ist mir in meinem Radfahren wichtig. So wie ich auch draußen oft planlos fahre und die Vielzahl der Möglichkeiten genieße, so freue ich mich auch in Zwift über die Möglichkeit, bei Kreuzungen spontan abbiegen, Routen variieren zu können und zu Beginn der Fahrt noch nicht zu wissen, wo man eventuell enden wird. Außerdem ist Zwift im Moment technisch am ausgereiftesten - von der Fahrdynamik, dem Avatar, den Steigungswechseln bis hin zur Interaktion mit anderen Fahrerinnen und Fahrern.

Ich werde daher jedenfalls mein langjähriges Zwift-Abo weiterführen - keine Frage. Zusätzlich werde ich diesen Winter eventuell Fulgaz weiter testen, die qualitativ hochwertigen Videos machen Laune und bieten eine gute Mischung aus Training und Sightseeing.

Video

Das folgende Video soll noch einen wichtigen Einblick geben, wie die Apps tatsächlich im Betrieb aussehen - sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen ist immer wichtig. Und nachdem alle Apps Testmöglichkeiten (meistens von 14 Tagen) biete, kann man sich interessante Apps auch einfach mal runterladen und und ausprobieren.

Welcher Smart-Trainer passt zu mir?

Die kalte Jahreszeit lässt sich mannigfaltig nutzen und am besten ist ohnehin, wenn man die "Off-Season" für unterschiedliche Aktivitäten nützt: Laufen oder Langlaufen als Ausdaueralternativen; Skitouren gehen, wenn man in den Bergen wohnt; Cyclocross-Rennen wenn man auch im Winter eine richtig harte Challenge sucht; Mountainbiken, wenn man seine Fahrtechnik-Skills etwas aufpolieren möchte; oder aber natürlich das klassische Rollentraining. Wobei so klassisch ist das nicht mehr, seit sowohl hardware- als auch softwareseitig enorm aufgerüstet wurde! Seitdem gibt es kein stundenlanges Pedalieren mehr vor einer weißen Wand - außer natürlich man möchte genau das, wie Jonas Deichmann... ;)

Cyclocross…

…oder Zwift?

Um in den Genuss von Plattformen wie Zwift und Co. kommen zu können, ist ein sogenannter "smarter" Rollentrainer notwendig. Dieser unterscheidet sich von einem "dummen" (also nicht "smarten") dadurch, dass er mit Computer, Tablet oder Telefon kommunizieren kann und sich auf diesem Wege auch steuern lässt. Mit dem Ergebnis, dass eine Steigung auf dem Radcomputer oder auf Zwift auch als solche spürbar wird, weil die Software den Widerstand des Rollentrainers erhöht. Gleiches gilt für Trainingsblöcke oder Intervalle, bei denen man "nur" noch treten muss - den richtigen Widerstand besorgen der Rollentrainer und das dazugehörige Trainingsprogramm. Auf diesem Wege lassen sich auch Einheiten auf der Rolle unterhaltsam und kurzweilig gestalten und der Schrecken des monotonen Wintertrainings verfliegt im Nu!

Bei der Anschaffung einer smarten Trainingsrolle sollte man vorab kurz seine Anforderungen definieren, denn die Modelle unterscheiden sich sowohl in Funktion als auch Preis mitunter deutlich. Es gibt natürlich mehrere Hersteller am Markt, von Wahoo hatte ich allerdings schon drei unterschiedliche Systeme und Modelle in Verwendung, deshalb werde ich diese als Bespiel heranziehen, um auf Unterschiede, Nutzen und Eignung einzugehen.

Arten von Rollentrainern

"Wheel-On Trainer" (Wahoo Kickr Snap)

So oder so ähnlich kennt man einen Rollentrainer bzw. so haben sie vor einigen Jahren auch schon ausgeschaut - ein stabiles Metallgestänge mit einem Widerstand dazwischen. Man nimmt sein eigenes Rad so wie es vor einem steht und spannt es in den Trainer ein. Man muss dazu lediglich den mitgelieferten Schnellspanner verwenden oder die geeignete Steckachse verwenden. Steckachsen sind da so ein Thema, so wie es teilweise auch noch vereinzelt zu Problemen mit Scheibenbremsen kommen kann, wenn schlicht und ergreifend nicht genug Platz ist, um die Scheiben noch unterzukriegen. Bezüglich der Scheibenbremsen sollte man vorab die Produktbeschreibung und die Kompatibilität checken. Bei Steckachsen ist es so, dass man dafür oft extra Adaptersets dazubestellen muss. Technisch ist das absolut problemlos aber es entstehen halt noch einmal zusätzliche Kosten - am Beispiel des Wahoo sind das immerhin 50 Euro und damit 10% des Preises des Trainers an sich. Hat man die Adapter aber einmal in Verwendung, ist das Rad sicher und stabil mit dem Rollentrainer verbunden. Einen Hebel noch umgeklappt und schon treibt das Hinterrad den Rollentrainer an und der Spaß kann beginnen. Der Widerstand verändert sich entweder - ohne Steuerung von außen - progressiv, oder aber man überlässt die Steuerung einem Wahoo Elmnt Radcomputer oder einer Trainingssoftware a la Zwift oder Trainerroad - Stichwort “smart”.

Vorteile einer derartigen Bauform sind der vergleichsweise günstige Einstiegspreis sowie die Flexibilität, so gut wie jedes Rad einspannen zu können. Wenn man zum Beispiel auf unterschiedlichen Rädern trainieren möchte - sagen wir Rennrad und Zeitfahrrad, so wie ich das im Frühjahr gemacht habe - dann geht dieser Wechsel schnell von der Hand und es sind keine Umbauarbeiten oder dergleichen notwendig. Ebenfalls ein Faktor sind unterschiedliche Antriebssysteme: bei SRAM-12fach auf meinem Zeitfahrer und Shimano 11fach auf meinem Rennrad wäre ein Wechsel immer mit einem gewissen Aufwand verbunden gewesen - mit dem Kickr Snap bzw. einem anderen Wheel-On-Trainer, kein Problem.

optionale Steckachse für den Wahoo Kickr Snap

Aufgrund der indirekten Kraftübertragung über den Hinterreifen hat man geringe Einbußen bei der Unmittelbarkeit des Fahrens - ein paar Watt werden so im System verloren gehen und auch Tempowechsel oder die von der Software gesteuerten Widerstandswechsel werden nicht so direkt und unmittelbar spürbar.

Während viele Reifenhersteller dezidierte Indoor-Reifen anbieten, kann ich dabei keine besonderen Vor- oder Nachteile feststellen. Wichtig ist da eher, dass das Rad mit all seinen Bestandteilen sauber ist, denn der Dreck vom Rad wird sich sukzessive in der Wohnung verteilen, wenn sich das Hinterrad dreht. Kann sein, dass es hier einzelne Reifen-Modelle gibt, bei denen man eventuell Abrieb merkt oder dieser sich in der Wohnung verteilt. Bei meinen Reifen (Vittoria, Pirelli und Continental) konnte ich das allerdings nicht bemerken.

Durch die unterschiedlichen (und zahlreicheren) bewegten Teile ist auch die Geräuschentwicklung bei dieser Bauform von Trainern etwas größer. Das sollte man auf jeden Fall bedenken, wenn man kein Haus sein eigen nennt oder empfindliche Nachbarn hat. Und bei jeder Art von Trainer sollte man nicht nur bedenken, dass der Trainer selbst Geräusche entwickelt sondern auch die Bewegungen und Vibrationen wiederum Körperschall erzeugen, der sich über Wände, Böden und Decken in alle Richtungen verteilt. So kann es passieren, dass es für einen selbst im Raum gar nicht so laut ist, bei den Nachbarn allerdings ein lästiges und lautes Dröhnen entsteht.

Direct Drive-Trainer (Wahoo Kickr)

Am anderen Ende der Produktpalette steht der Wahoo Kickr, der mit diesem Jahr in einen neuen Produktzyklus eingetreten ist. Er ist der klassische Vertreter der Trainer mit "Direct Drive". Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass das eigene Rad ohne hinteres Laufrad direkt in den Trainer eingespannt wird. Die Kraftübertragung erfolgt damit von der Kette des Rads direkt auf den Widerstand des Rollentrainers, mit dem Ergebnis, dass Tempo- und Wattwechsel schnell und direkt spürbar sind und das allgemeine Fahrgefühl besser wird. Außerdem reduzieren sich dadurch etwaige Reibungsverluste im System - so kommt die ganze Kraft aus den Muskeln auch tatsächlich bei der Walze an - der größte Vorteil von Direct Drive!

Vorteile bestehen demnach in der Kraftübertragung, der Direktheit, dem schnellen Ansprechverhalten bei Tempowechseln und dem generell höheren Leistungsvermögen der Rolle. Es sind weniger Teile in Bewegung (das komplette hintere Laufrad fällt weg), damit reduziert sich auch der Verschleiß an Teilen des eigenen Fahrrads. Auch durch die hochwertige Ausgestaltung des Widerstands läuft der Direct Drive-Trainer in der Regel bedeutend leiser als ein Modell, bei dem man das gesamte Rad einspannt. Wahoo hat hier mit dem Kickr über die letzten Jahre erstaunliches geleistet und so kommt die aktuelle Iteration des Wahoo Kickr mit einem derart leisen Betriebsgeräusch daher, dass man teilweise schon glauben könnte, es bewegt sich dort unten gar nichts... Je nach Intensität und Leistung ist das Laufgeräusch der Kette am eigenen Rad lauter als das Betriebsgeräusch des Trainers.

Dem aktuellen Kickr-Modell wurden als Sahnehäubchen noch bewegliche Füße gegönnt, die eine größere seitliche Bewegung des Rads erlauben und so ein noch realistischeres Fahrgefühl ermöglichen. Nicht ganz das, was man mit einer "Roller Plate" oder "Swing Plate" erreichen würde, wo sich ja tatsächlich das ganze System neigt und bewegt und auch nicht dasselbe wie die "Road Feel"-Funktion von Tacx aber eben eine gewisse Flexibilität in Seitenrichtung. Positiver Nebeneffekt: Damit hat auch das Rad etwas mehr "Bewegungsspielraum", was vielleicht jene Zweifler etwas beruhigen wird, die sich um ihren Untersatz Sorgen machen. (Obwohl ich persönlich keinen Fall kenne, bei dem ein (Carbon-)Rahmen auf der Rolle Schaden genommen hätte).

Das alles hat allerdings seinen Preis und die Anschaffung eines Direct Drive-Trainers will dann auch dementsprechend überlegt sein. Wer jedoch regelmäßig trainieren oder an der Genauigkeit und Direktheit seine Freude haben möchte, der wird um einen Direct Drive-Trainer wie den Kickr nicht herumkommen. Und auch die Nachbarn daneben und darunter werden ihre Freude haben.

Wahoo Kickr Core

Wer auf die Leistungsfähigkeit eines Direct Drive-Trainers nicht verzichten möchte, jedoch nicht das letzte Quäntchen aus sich und dem Trainer (und seiner Geldtasche!) ausreizen möchte, findet vermutlich in der goldenen Mitte ein gutes Zuhause. Der Kickr Core vereint die positiven Eigenschaften des "großen" Kickrs (im Sinne eines Direct Drive-Trainers) und verzichtet dabei nur auf einige wenige Merkmale, die allerdings im Alltag eines Radsportlers verzichtbar sein dürften. Statt 2.200 kann der Core beispielsweise "nur" 1.800 Watt simulieren - das dürfte aber eher Andre Greipel oder Sam Bennett stören, weniger uns "Normalos". Auch die simulierbare Steigung ist beim Core mit 16% etwas geringer. Und während beim "großen" Kickr bereits eine Kassette montiert ist, muss man diese beim Kickr Core zusätzlich besorgen. Angesichts der Vielfalt der aktuell verfügbaren Antriebsgruppen ist es aber ohnehin meistens notwendig, die passende Kassette nachzukaufen.

Einziges tatsächliches Manko des Core ist aus meiner Sicht, dass sich dieser nicht zusammenklappen lässt. Während man Kickr Snap und Kickr verkleinern und (z.B. im Sommer) gut verstauen kann, benötigt der Kickr Core etwas mehr Platz.

Komplettes Trainingsbike (Kickr Bike)

Wer sich mit voller Hingabe dem Indoor-Training widmen will, der hat auch noch Training-Bikes als Option - zum Beispiel das Kickr Bike. Dabei bekommt man ein komplettes Ökosystem ins Wohn- oder Hobbyzimmer gestellt und muss sich eigentlich um nichts anderes mehr sorgen. Die Geräuschentwicklung ist ohne bewegliche Teile und dank voller Integration gleich Null. Das eigene Bike kann man getrost schonen und für Fahrten draußen reservieren. Es gibt kein Herumhantieren mit Schnellspannern, Steckachsen, Kassetten oder dergleichen. Im Fall von Wahoo bekommt man mit dem Kickr Bike auch die Climb-Funktionalität dazu, mit der sich das Rad entsprechend der gefahrenen Steigung mitbewegt. Zum Kickr-Bike gibt es allerdings so viel zu sagen, dass ich mir das lieber für einen eigenen Blogpost aufhebe - glücklicherweise steht ein solches nämlich gerade bei mir in der Wohnung! ;)

Fazit und Typenberatung

Wintertraining muss und soll nicht langweilig sein und mit den aktuellen Rollentrainern sind die perfekten Voraussetzungen geschaffen, dass man entspannt und gut unterhalten durch den Winter fährt und im Frühjahr gleich auf einen respektablen Trainingsstand aufbauen kann. Neben Wahoo gibt es mit Tacx und Elite noch die zwei anderen Großen, außerdem noch einige weitere kleinere Hersteller von Smart-Trainern, die man sich jedenfalls genauer ansehen kann. Nicht-smarte Trainer gibt es auch noch auf dem Markt, allerdings spielen die tatsächlich nur noch eine untergeordnete Rolle und wenn man einmal in die Spielereien der smarten Welt hineingeschnuppert hat, möchte man eher nicht wieder zurück. Und ja, auch die freie Rolle gibt es natürlich noch - aber die war immer schon eine Geschichte für Spezialisten, sei es auf der Bahn oder für die Schulung eines schönen und runden Tritts (oder Videos auf Instagram, in denen man freihändig etwas kocht oder ein Instrument spielt, während man auf dem Rad sitzt...).

Die eigenen Anforderungen und die Geldbörse bestimmen am Ende, welches Modell am besten geeignet ist:

- Wechselt man oft zwischen Rädern oder benützt auf unterschiedlichen Rädern unterschiedliche Antriebssysteme, ist ein Wheel-On-Trainer naheliegend - auch wenn die Genauigkeit des letzten Watts nicht so wichtig ist.

- Bei wem Präzision und Leistungsvermögen an erster Stelle steht, ist mit einem Direct Drive-Trainer am besten bedient. Nirgendwo sonst bekommt man derart direkte Kraftübertragung und Direktheit bei einem gleichzeitig sehr leisen Betriebsgeräusch.

- Für einen Großteil der Nutzerinnen und Nutzer wird dann aber die "günstigere" Variante ausreichen, die mit ihrem Funktionsumfang so gut wie alle Anforderungen erfüllt, die man an einen Direct Drive-Trainer stellen kann. Bei Wahoo ist das der Kickr Core (gegenüber dem Kickr), bei Tacx wäre es der Flux (mit dem größeren Bruder Neo).

Smarte Wheel-On Trainer wie der Wahoo Kickr Snap kosten um die 500 Euro, die "billigeren" Direct-Trainer um die 800 und die "großen" um 1.200 Euro. Und erstaunlicherweise ist es so, dass auch die großen Internethändler bei Smart Trainern nicht wirklich bessere Preise anbieten können. Man kann also in diesem Fall getrost beim Hersteller oder im Fachgeschäft des Vertrauens bestellen und kaufen. Derzeit ist das allerdings - ehrlicherweise - sowieso eine enge Angelegenheit, sind doch durch Corona und diverse Lockdowns sowohl die Lager der Hersteller als auch jene der Händler komplett leergeräumt.

Für den Kauf beim Händler spricht übrigens auch - und das muss hier leider ungeschönt erwähnt werden -, dass es unabhängig vom Hersteller doch vermehrt zu Reklamationen und Garantiefällen kommt, weil Dinge nicht 100%ig funktionieren. Woran das liegt, kann ich nicht sagen - sei es die schnelle Produktion mit überschaubarer Qualitätskontrolle, die kurzen Produktzyklen, die permanente Weiterentwicklung oder die technische Komplexität... Immer wieder liest und hört man von "Montags-Geräten", bei denen ein Austausch über den Fachhändler dann wohl auch angenehmer ist, als ein 25 Kilo schweres Paket über die Post an den Hersteller zurückschicken zu müssen...

Aber gehen wir vom Positiven aus und da heißt es nur noch umziehen, genug Trinkflaschen bereitstellen, das Fenster öffnen und loslegen! Ride On!

11 Zwift-Tips in Zeiten von Corona

“When life gives you lemons, make lemonade!” - so oder so ähnlich könnte man es ausdrücken. Für das Fahren auf der Rolle gibt es mittlerweile so viele unterschiedliche Varianten und Spielereien, dass die berühmte “weiße Wand” irgendwie ihren Schrecken verloren hat. Die derzeitige Aussicht auf mehrere Wochen Indoor-Radeln mag dennoch nicht die rosigste sein…

Ich fahre ja gerne auf Zwift und bewege mich mit Freude zwischen virtuellen Trikots, Strecken und anderen Radlern, die zeitgleich auf der ganzen Welt in ihren Kämmerchen und Kellern sitzen und genauso schwitzen wie ich. Über Trainingseffekte, Realitätsgehalt und dergleichen möchte ich an dieser Stelle nicht mehr schreiben - hier wurde bereits das meiste gesagt und ich habe aufgehört, jene bekehren zu wollen, die Zwift nur als reine Spielerei sehen wollen.

Für die kommenden Tage und Wochen brauche allerdings auch ich eine Perspektive, Ziele und kleine Incentives. Daher habe ich mir ein paar Dinge überlegt und möchte diese gerne mit euch teilen, in der Hoffnung, dass für jeden etwas Zerstreuung, Unterhaltung und Training dabei ist.

#stayathome

I - Meet-Ups

Nicht nur Großveranstaltungen und Rennen sind abgesagt, auch die wöchentliche Gruppenfahrt oder der Clubride sind unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht durchführbar. Nun ist die “Gesellschaft” auf Zwift natürlich eine andere, schließlich rollt niemand direkt neben einem. Dennoch bieten Zwift-Rides die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten, ähnlich Trainierten und Schnellen unterwegs zu sein. Dazu stehen zahllose Zwift-Events zur Auswahl, bei denen man sich jeder erdenklichen Art von Training, Ausfahrt oder Rennen hingeben kann.

Wer es gerne etwas intimer haben möchte, kann auf die Funktion der Meet-Ups zurückgreifen. Dabei können bis zu 50 Radlerinnen und Radler zu einer gemeinsamen Ausfahrt eingeladen werden. Strecke, Länge und Tempo werden dabei vom Organisator festgelegt, das ganze erfolgt mehr oder weniger demokratisch, niederschwellig und ohne Zugangsbarrieren. (Im Vergleich dazu ist ein wahrer Kraftakt notwendig, um einen offiziell gelisteten Zwift-Ride zu bekommen). Voraussetzung ist, mit dem Organisator oder der Organisatorin des Rides auf Zwift befreundet zu sein - nur so kann man auch zum Meet-Up eingeladen werden. Die Einladungen scheinen in der App ganz oben auf und können eigentlich nicht übersehen werden (Erinnerungsfunktionen und dergleichen inklusive).

Der Ride selbst funktioniert wie gewohnt, der Ride Leader ist eindeutig als solcher erkennbar, man sieht die anderen, die Abstände und die Strecke. Einzig die Trikots werden nicht angeglichen, beim Bewegen durch die Zwift-Welten ist daher nicht auf den ersten Blick erkennbar, welcher Avatar zur eigenen Gruppe gehört und welcher nicht. Bei maximal 50 Teilnehmer*innen hat man aber ohnehin recht schnell herausgefunden, wer in der gleichen Gruppe fährt und wer nicht.

Für die kommenden Wochen sind einige Club-Ausfahrten bereits in derartige Meet-Ups “umgewandelt” - bspw. der Sonntags-Ride des Vienna International Cycling Clubs oder die Puppyton Rides. Außerdem veranstaltet beispielsweise auch das Profi-Team Hrinkow Meet-Ups, bei denen man auch noch in den Genuss des Windschattens von Radprofis kommen kann.

II - Touren & Etappenveranstaltungen

Zwift selbst bietet regelmäßig organisierte Veranstaltungen an, die motivationssteigernd wirken und zahlreiche Variationen des vermeintlich bereits bekannten Contents bieten. Allen voran ist die Tour de Zwift zu nennen, die einmal im Jahr über sieben Etappen in allen Spielwelten Zwifts stattfindet. Derzeit läuft gerade die Tour of Watopia über fünf Etappen, jeweils unterteilt in eine flache Etappe, eine Bergankunft, etwa schnelles, und so weiter. Einsteigen ist hier noch möglich, ein Nachholen von verpassten Rides natürlich auch.

Auch wenn diese Fahrten meist nicht als Rennen betitelt sind, geht es dort doch recht anspruchsvoll zur Sache. Und auch wenn man es locker angehen lassen möchte, wird man vom Herdenverhalten mitgetrieben, will den Vordermann einholen, noch eine Platzierung gewinnen und die Wattwerte in die Höhe schrauben.

III - Challenges

Ganz ohne Druck geht es hingegen bei den Challenges zu. Hier sind grundsätzlich zeitlich begrenzte Aktionen und die drei großen Zwift-internen Aufgaben zu unterscheiden. Bei letzteren gibt es zwei kilometer-bezogene Challenges, bei denen lediglich eine gewisse Distanz abzuspulen ist: “Ride California” führt dabei über 1.284 Kilometer, bei der “Tour Italy” sind dann schon 2.000 Kilometer zurückzulegen. Allseits bekannt ist hingegen die Everesting Challenge, bei der zuerst ein “normales” Everesting zu absolvieren ist und in einem weiteren Schritt dann das Erreichen von insgesamt 50.000 Höhenmetern, um an das heißbegehrte Tron Concept-Bike zu gelangen. Bei diesen drei Challenges ist zu beachten, dass gefahrene Kilometer und Höhenmeter jeweils nur für die Aufgabe zählen, die gerade aktiviert ist! Das ist auch der Grund, warum ich mein Tron-Bike noch nicht habe, weil ich sehr lange herumgefahren bin, ohne dass die Everesting-Challenge aktiv war.

Zeitlich begrenzt und meistens an aktuelle Ereignisse, Events oder Aktionen geknüpft sind hingegen jene Challenges, die immer wieder einmal in Zwift aufpoppen. Fahre “2.900 Höhenmeter mit einem MTB” und gewinne ein Scott RC Spark im Rahmen der Absa Cape Epic Challenge, “verbrenne 10.000 Kalorien in einem Monat”, fahre x Kilometer auf dieser und jener Strecke mit dem Zwift-Zeitfahrrad und ähnliches. Dabei kann man sich gut und selbst einteilen, ob, wann und wie man diese Aufgaben erfüllen möchte. Für Unterhaltung und Abwechslung ist auf diesem Wege allerdings gesorgt, besteht die Challenge doch oft aus Dingen, die man sonst wahrscheinlich nicht so schnell machen würde oder die man so einfach nicht am Radar hat.

IV - Badges

Ich bin ein großer Freund von Gamification und damit auch von Badges, Levelaufstiegen und Belohnungen. Zwift animiert die Userin und den User zu einer Vielzahl von Dingen und diese werden in der Regel auch mit einem Badge belohnt. Erzielte Wattleistungen, abgespulte Kilometer, erhaltene “Ride-Ons” und regelmäßige Zwift-Besuche - das alles wird mit virtuellen Trophäen und wertvollen XP-Points aufgewogen. Für einzelne Ziele erhält man auch neues In-Game-Equipment. “Klassiker” sind dabei natürlich die 100 und die 160-Kilometer-Challenge - für diese wäre ja jetzt gerade genug Zeit.

Recht neu und ein weites Betätigungsfeld sind die Route Achievements. Bei denen bekommt man für jede Route, die man abfährt einen Badge und XP-Points. Wer so wie ich eine ausgeprägte Sammelleidenschaft für Badges hegt, kann in diesen Tagen zum Beispiel der Reihe nach die unterschiedlichen Strecken auf Zwift abfahren und dafür gute XP-Punkte und Badges einheimsen. Wichtig dabei (und etwas umständlich) ist, dass pro Zwift-Session nur ein derartiger Route-Badge gesammelt werden kann. Will man einen weiteren Route-Badge holen, muss man vorher kurz die Aktivität beenden und eine neue starten. Eine kurze und flache Runde ist entsprechend schnell und einfach geholt, während die harten Brocken (“Four Horseman”, “Uber-Pretzel”) mit 100+ Kilometern und entsprechend Höhenmetern natürlich mehr XP bringen. Ein rascher Levelaufstieg ist auf diesem Weg garantiert.

V - Trainingsprogramme

Es steht außer Frage, dass Zwift für strukturiertes und kontrolliertes Training sehr gute Rahmenbedingungen bietet. Ohne Umwelteinflüsse, Steigungen und rote Ampeln kann man sich ohne Ablenkung auf das wattgesteuerte Training konzentrieren. Die Suche nach Streckenabschnitten, die sich für einen 20-Minunten-Test eignen erübrigen sich damit weitgehend.

Zwift bietet eine Reihe von Trainings-Sessions aber auch mehrtätigen oder sogar mehrwöchigen Trainingsprogrammen. Diese kann man sich durchaus einmal näher ansehen, alle zielen auf unterschiedliche Bereiche des Trainings oder der Leistungsentfaltung ab. Und die Rolle bietet auch die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren, die man im Freien sonst nicht so ohne weiteres versuchen kann oder möchte - zum Beispiel einseitiges Pedalieren.

VI - TT-Bikes/TT-Position

Ein Fixtermin in meinem jährlichen Renn- und Eventplan ist der King of the Lake - das einzigartige Einzelzeitfahren rund um den Attersee. Allerdings waren meine bisherigen Versuche auf dem Zeitfahrer eher von Nackenschmerzen und Positionsschwierigkeiten geprägt. Daher hatte ich schon letzten Herbst den Plan geschmiedet, mein Zeitfahrrad auf die Rolle einzuspannen und dort über den Winter etwas an der Position zu arbeiten. Wobei “an der Position arbeiten” in meinem Fall nicht bedeutet, die letzten Hundertstel rauszuholen sondern einfach meinem Rücken möglichst schonend beizubringen, dass er über eine längere Zeit in dieser Position verharren soll. Sich dabei nicht aufs Fahren konzentrieren zu müssen, sondern sich auf der Rolle statisch an diese Verrenkung heranzutasten, ist ein großer Vorteil. Und es kann ein “Projekt” sein, dem man sich in den nächsten Tagen und Wochen annimmt. Auf dass der King of the Lake im September schon wieder in jener Zeit liegt, in der Veranstaltungsabsagen kein Thema mehr sind.

In Zwift spielen Zeitfahrräder auch insofern eine besondere Rolle, als auf diesen kein Windschatten zu nützen ist. Wer daher auf Zwift die Schwierigkeit seiner Ausfahrten und Rides steigern möchte, steigt einfach mal auf ein Zeitfahrrad. Das Zwift-eigene TT-Bike ist von Beginn an freigeschaltet, die Maschinen von BMC, Specialized und Canyon (bis hin zum fürchterlich aussehenden Diamond Back) kann man hingegen freischalten bzw. in-game erwerben (dazu gleich noch mehr). Noch ein positiver Nebeneffekt: Am TT-Bike erhält man bei der Durchfahrt eines Bogens (Start, Ziel, Wertung, usw.) immer Bonus-XP.

VII - Anderes Rad - Anderer Untergrund

Doch auch noch weitere Radgattungen haben in den letzten Monaten Einzug auf Zwift gehalten. Crosser, Gravel- und Mountainbikes durchmischen die Räder des virtuellen Pelotons. Und damit diese Maßnahme nicht nur rein optischer Natur ist, wurde auch der Rollwiderstand der unterschiedlichen Untergrundbeschaffenheiten entsprechend angepasst. Die Erdfahrbahn des Jungle Circuit ist beispielsweise auf einem MTB um vieles schneller zu bewältigen als mit einem klassischen Rennrad. Einfach mal ausprobieren - auch hier sind einige Räder schon von Beginn an verfügbar, andere muss man sich erst verdienen.

VIII - Eigenen Style entwickeln

Der In-Game-Shop in Zwift ist mir grundsätzlich sehr sympathisch, nützt er doch als Währung kreditkartenschonende Schweißtropfen. Mit jedem Kilometer auf Zwift sammelt man diese und hat man sein Konto weit genug aufgefüllt, kann man sich um Schweißtropfen neue Rahmen und Laufräder “kaufen”. Voraussetzung für manche Teile ist außerdem ein gewisses Level.

Auf diesem Wege kann man sich sukzessive “seine” Teile zusammensuchen und so seinen eigenen Stil auf Zwift festlegen. Das mag vielleicht infantil und überflüssig klingen, ich schaue allerdings gerne auf einen Avatar, der mir auch gefällt. Und vielleicht fährt meine Spielfigur auch mit dem gleichen Rad wie jenes, das bei mir im Vorzimmer steht. Oder man erarbeitet sich sein virtuelles Traumrad. Brillen, Helme, Handschuhe, Sockenfarben und ein Haufen Trikots bieten nahezu unbegrenzte Kombinationsmöglichkeiten. Und auch meine grauen Haare kann ich in Zwift mit Stolz reproduzieren…

IX - Ernährung

Nicht ganz unter Laborbedingungen aber doch kontrolliert und mit einem ständigen Sicherheitsnetz (namens Küche oder Badezimmer) kann man auf der Rolle auch noch andere Dinge erproben. Ernährungsstrategien, Verträglichkeiten, Nüchterntrainings, neue Riegel und Gels, andere Geschmacksrichtungen und noch vieles mehr. All diese Dinge sollte man vor einem Rennen oder Event versucht und herausgefunden haben, warum sollte man das nicht in Ruhe und Sicherheit auf der Rolle machen. Und wo wenn nicht dort, kann man sich fünf Trinkflaschen nebeneinander aufstellen, ohne dass die Transportkapazitäten an ihre Grenzen gelangen.

X - Eigene GPX-Strecken nachfahren

Nicht 100% Zwift-relevant aber jedenfalls ein Thema für die Rolle ist das Nachfahren von Strecken über den Radcomputer. Wahoo bietet hier beispielsweise die Möglichkeit, einen vorhandenen GPX-Track schnell und problemlos nachzufahren - inklusive Simulation der Steigungen. Dabei ist es egal, ob man diese Strecke schon einmal selbst gefahren ist, sich einen GPS-Track von jemand anderem besorgt (z.B. als Download von Strava oder GPSies) oder einen Track über ein entsprechendes Routenplanungstool anlegt.

Der Wahoo verbindet sich mit dem Kickr, sobald dieser in der Nähe ist und mit wenigem Knopfdrücken steht man schon am Start der virtuellen Route. Auf diesem Wege kann man den Mont Ventoux hinaufradeln, die gewohnte Greifenstein-Runde nachfahren oder aber sich auf ein spezielles Event vorbereiten. Einfach das GPX-File eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin vom letztjährigen Radmarathon besorgen und schon kann es losgehen. Nicht nur Formel 1-Piloten schauen sich vorher die Rennstrecke auf der Playstation an. Ich habe mir beispielsweise die Route der Race Around Austria Challenge rund um Oberösterreich als GPX angelegt und diese Route in 40km-Abschnitte eingeteilt. Auf diesem Wege kann ich nun die Strecke meines Projekts kennenlernen - natürlich nicht mit dem 100%-igen Realitätsgrad aber zumindest als Annäherung. Vorsicht ist hier nur geboten, wenn man einen Routenplaner mit mäßiger oder schlechter Kartengrundlage verwendet, dann werden Steigungen nämlich oft nicht realitätsgetreu (sondern eher sprunghaft) dargestellt und auch entsprechend an den Rollentrainer weitergeleitet. Bei mir haben sich tatsächlich gefahrene Strecken (als gpx-File) am besten bewährt.

XI - Zwift Run

Wer den Luxus eines Laufbands genießt, kann - etwas außer Radler-Konkurrenz - natürlich auch die Lauf-Funktionen von Zwift ausprobieren. Die Lauf-Sektion der Software kommt in den Genuss ständiger Weiterentwicklungen und auch das Publikum und die Nutzer*innen werden täglich mehr. Das Lauf-Universum auf Zwift gleicht grundsätzlich jenem des Radfahrens - mit den gleichen Challenges, Badges, anderen und zusätzlichen Strecken und dem gleichen Motivationsschub, wie es auch beim Radeln der Fall ist.

Ride On!

Wer noch Tipps zum Setup von Zwift braucht, findet eventuell hier ein paar Ratschläge!

Was bringt 2020?

Mit Vorsätzen für das neue Jahr ist es so eine Geschichte… Der Schwung, Elan und Idealismus aus den wenigen freien und hoffentlich entspannten Tagen rund um Weihnachten und Neujahr ist in der zweiten Jännerwoche oft schon wieder zur Gänze verflogen - und damit auch die guten Vorsätze. Grund genug für mich, mit meinen Plänen für das Jahr 2020 erst dann herauszurücken, wenn das Jahr wieder in seine normale Ordnung zurückgekehrt ist, der Alltag erneut funktioniert und auch die eine oder andere Idee wieder sanft auf dem Boden der Realität angekommen ist.

2019 war gut zu mir und meinen Projekten - darüber können auch kleine Rückschläge, DNFs und Weh-Wehchen nicht hinwegtäuschen. Die Möglichkeiten, hier meine Erlebnisse mit anderen zu teilen, haben mir im vergangenen Jahr große Freude bereitet und werden das auch in den kommenden Monaten tun. An der Mischung aus Rennberichten, Tests, Fotos und - seit kurz vor Weihnachten - Podcasts wird sich 2020 also nichts Wesentliches ändern. Jedes Format kommt dort zum Einsatz, wo es am besten passt.

169k

An der sportlichen Front habe ich mein großes Ziel aus dem letzten Jahr kurzerhand ins neue Jahr mitgenommen. Die Teilnahme an der Race Around Austria Challenge ist 2019 noch an meinem bescheidenen Fitnesslevel und den mangelnden Trainingsstunden gescheitert, für 2020 sind die Rahmenbedingungen bessere. Das Training - sowohl in Struktur als auch Umfang - ist schon jetzt auf das Highlight des Jahres ausgerichtet, dafür habe ich sogar einen Teil meiner Freigeistigkeit aufgegeben und mich einem Leistungstest und dazugehörigen Trainingsempfehlungen unterworfen. Zusätzliche Motivation erhalte ich aus dem Rennmodus der RAA Challenge, die dieses Jahr zum ersten Mal in einer “Unsupported”-Variante bestritten werden kann. Dabei verzichtet man auf Begleitfahrzeug, Crew und Support und begibt sich alleine auf die 560 Kilometer lange Distanz rund um Oberösterreich. Ich war bei der Testfahrt im Oktober dabei und habe mir dort meinen letzten Gusto geholt - auch wenn mich die Anstiege im Mühlviertel kurz zweifeln haben lassen. Besonders freut mich, dass der Virus Race Around Austria auch in meinem Umfeld zu wirken begonnen hat - so finden sich in und rund um Wien mehrere Mitstreiter und Teams, die man wohl an der Startlinie in Sankt Georgen treffen wird. Das RAA wird mich - und dadurch auch alle Leser/Hörer/Seherinnen von 169k - das Ganze Jahr über in unterschiedlichen Formaten begleiten - von einem Videotagebuch über einen RAA-Nightride in Wien bis hin zu RAA-”Stammtischen”, die Teilnehmer*innen und Interessierte unkompliziert zusammenbringen.

Ob und in welcher Form ich auch beim zweiten Rennen “Rund um…”, dem Race Around Niederösterreich nämlich, dabei sein werde, ist derzeit noch Thema von Verhandlungen und Überlegungen. Fix hingegen sind einige andere Termine: Gespannt bin ich auf den Radmarathon Bad Kleinkirchheim, der als Teil der Austria Top Tour in den Rennkalender zurückkehrt. Wir erinnern uns, vor wenigen Jahren gab es dort einen Unfall, eine darauffolgende Klage eines Teilnehmers und als Rattenschwanz bleiben uns heute noch dutzende Formulare und Haftungserklärungen, die wir vor jedem Rennen und Marathon zu unterzeichnen haben. Umso bewundernswerter finde ich, dass die Organisatoren rund um den Radclub Feld am See die Segel nicht endgültig gestrichen sondern mit voller Kraft weitergemacht haben und dieses Jahr wieder ein Rennen stellen. Auch Teil der Top Tour ist der Super Giro Dolomiti, mit dem ich bekanntermaßen ja noch eine Rechnung offen habe - dass ich diese Scharte ausgerechnet über den Monte Zoncolan ausmerzen soll, macht die Sache nicht einfacher aber der Blogpost wird so oder so ein guter werden - da bin ich zuversichtlich.

Noch ein weiterer Baustein der Austria Top Tour - wenn auch auf anderem Untergrund - ist die Salzkammergut Trophy in Bad Goisern. Nachdem ich seit letztem Jahr nebenbei wieder auf dem MTB sitze und in Mondsee auch mein erstes diesbezügliches Rennen bestritten habe, steht der Plan, hier 2020 mehr zu machen. Zwar hat mir das Event in Mondsee aufgezeigt, dass für MTB-Rennen noch einmal andere Anforderungen gelten und ich dabei nicht besser sondern eher noch etwas weiter hinten unterwegs bin, dennoch überwiegt der Spaß und die Lust an den breiten Reifen. Noch ist nicht klar, an wieviele Startlinien ich mich stellen werde - es gibt im MTB-Sport zahlreiche spannende Rennserien -, aber das eine oder andere wird da schon dabei sein. Und abseits des organisierten Fahrens freue ich mich darauf, mit dem MTB in alpinere Regionen vorzustoßen - der Stoneman Dolomiti ist da so ein Projekt, das mich sehr reizen würde.

Und auch zwischen Rennrad und MTB bleibt noch etwas Platz - für ein Gravel Bike nämlich. Nachdem ich das BMC URS nunmehr bei zwei Gelegenheiten ausgiebig testen durfte und mein eigenes Exemplar innerhalb der nächsten Wochen bei mir zuhause stehen sollte, freue ich mich auf spannende und abenteuerliche Ausfahrten. Der Variantenreichtum der möglichen Routen und die Flexibilität unterwegs machen ein Gravelbike zu einem spannenden Begleiter und ich habe einige Projekte im Sinn, über die ich aber noch nicht allzu viel verraten möchte… ;)

Events & Fotos

Veranstaltungen und Fotos nehmen auf 169k einen großen Platz ein und das wird auch im Jahr 2020 der Fall sein. Zu spannend, vielfältig und unterhaltsam sind die Geschichten und Bilder, die sich bei derartigen Gelegenheiten auftun, als dass man nicht über sie berichten sollte. Die Österreich Rundfahrt steht wieder auf meinem Menüplan, die Rad-WM findet 2020 in der Schweiz statt - nahe genug also, um eventuell vorbeizuschauen, der Giro d´Italia startet in Budapest - mit dem Zug schnell erreicht und auch Tour of the Alps oder die eine oder andere kleinere Rundfahrt in einem unserer Nachbarländer ist in Schlagdistanz.

Nicht ganz so groß aber nie und nimmer weniger abwechslungsreich sind die kleinen Rennen in und um Wien, zum Beispiel der Kriterium-Cup auf der Donauinsel, der auch 2020 wieder vom VICC - Vienna International Cycling Club mitorganisiert wird oder das großartige Wiener Bahnorama, das regelmäßig und niederschwellig für tolle Unterhaltung auf der Wiener Radbahn sorgt.

Videos & Podcasts

Ich habe länger darüber nachgedacht, welche Kanäle wieviel Zuwendung brauchen und welche Formate wieviel Aufwand erzeugen. Dabei geht es mir natürlich nicht um Gewinnmaximierung (denn den gibt es nicht) oder Aufwandsminimierung (denn sonst würde ich das Ganze hier nicht machen) sondern darum, für die richtigen Inhalte auch das am besten geeignete Format zu finden. 2020 wird es daher alles geben, von Text über Fotos bis hin zu Videos und Podcasts. Hier auf der Homepage wird alles zusammenlaufen, werden alle Informationen und Formate gesammelt abzurufen sein. Feedback und Anregungen sind immer willkommen, gerade in der Anfangsphase neuer Formate freue ich mich über Rückmeldungen von euch und dir.

Zwift

Mit meinen zeitlichen Ressourcen muss ich nach wie vor haushalten. Sobald zwischendurch oder abends etwas Zeit bleibt, möchte ich diese für Trainings und Radeln nützen und dabei die Zeit am Rad maximieren. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich mir bei Dunkelheit, Kälte und Wetter das umständliche Anziehen, Herrichten und Vorbereiten spare und mich auf die Rolle setze. Im Gegensatz zu manch anderen - die mir diesbezüglich schon eine Art Störung attestieren wollen - macht mir das Rollentraining wirklich Spaß. Ich habe kein Problem damit, stundenlang im Kreis zu fahren, vermeintlich monoton dahinzurollen oder meinen Geist anderen Prüfungen zu stellen. Die Abwechslung und Kurzweile von Zwift helfen mir, die Kilometer abzuspulen, die ich für meine RAA-Vorbereitung brauche. Zusätzlich schmökere ich regelmäßig durch die unzähligen Trainingspläne und -programme auf Zwift, um mir das eine oder andere strukturierte Training zu suchen. Events auf Zwift - wie die derzeit laufende Tour de Zwift - bieten zusätzliche Motivation. Und wenn wir schon (wieder) vom Race Around Austria sprechen: Ich habe mir auf Komoot bereits die Route des RAA abgespeichert und zurechtgelegt und werde die Funktion des Wahoo Kickr ausprobieren, einen “echten” GPS-Track am Trainer nachzufahren. Die Steigung und die Streckenbeschaffenheit werden dabei wie gewohnt vom Kickr gesteuert. Vielleicht bekommt man so etwas Gefühl für die Strecke - und in der Vorbereitung für das RAA ist mir jedes Hilfsmittel recht.

Rides

Damit ich nicht immer nur alleine unterwegs bin, möchte ich 2020 schließlich wieder mehrere Rides ausschreiben. In den letzten beiden Jahren ist die Zahl der organisierten oder ausgeschriebenen Social- und Community-Rides stark zurückgegangen. Die Gründe dafür kann ich mir nur zusammenreimen - ich denke, es ist eine Mischung aus dem Aufwand, der mit der Organisation eines Rides natürlich verbunden ist, und zum anderen - unter Berücksichtigung der teils eher angespannten Situation auf den Straßen - auch eine gewisse Belastung, sich für eine Gruppe in gewisser Weise verantwortlich zu fühlen.

Etwas entschärfen lässt sich diese Situation, wenn man auf einen tollen Verein zurückgreifen kann, der bei solchen Dingen (und bei anderem Blödsinn) immer gerne dabei ist. Auch 2020 bin ich wieder Teil des PBIKE.AT Racing Team, obwohl ich mich vom Wortteil “Racing” nur bedingt angesprochen fühle… Es wird in diesem Sinne mehrere Veranstaltungen geben, bei denen 169k und Pbike gemeinsam auftreten werden - Kräfte zu bündeln, macht hier jedenfalls Sinn.

Feedback

Ich freue mich auf das Jahr 2020, ganz egal, ob die oben genannten Dinge eintreten werden oder nicht. Denn ich weiß jetzt schon, dass ich Freude haben werde, bei dem was ich machen darf. Und ich werde weiterhin die 169k-Kanäle mit Inhalten füllen. Wenn es Wünsche, Anregungen, Kritik, Beschwerden, Tipps oder Feedback gibt, bitte Immer her damit! Wir sehen uns auf der Straße - Ride On!

Titelbild aufgenommen von Nora!

Zwift: Fuego Flats

Mit beeindruckender Regelmäßigkeit erweitert Zwift die Strecken in und rund um Watopia. Gerade jetzt, wo der Frühling - oder ist es schon der Sommer? - anklopft und man seine frisch rasierten Beine am liebsten schon wieder an der frischen Luft ausführen würde, hilft die neue Erweiterung “Fuego Flats” auch noch die letzten kleinen Phasen von schlechtem Wetter zu überstehen.

Watopia (Island) - nach Jarvis Island aus der Beta-Phase - quasi die älteste originale Strecke, hat mittlerweile schon einige Erweiterungen erlebt: Ocean Boulevard, den Epic KOM, die Runden durch und auf den Vulkan, die Maya-Ruinen im Süden und das legendäre Alpe du Zwift. Jede Strecke und jedes Segment hat eine andere Charakteristik, je nachdem worauf man gerade Lust hat - Höhenmeter, Wellen oder Tempobolzen - wählt man die geeignete Route.

Fuego Flats

Fuego Flats ist der neue Streich, zweigt vom Ocean Boulevard bzw. vom Sequoia Circle ab und führt in eine trockene Wüste, in der Hoffnung, dass man genug Wasser für die Fahrt mitgeführt hat. Die Strecke ist - wie es so schön heißt - “brettleben”, auf 15 Kilometern sammelt man ganze 60 Höhenmeter. Die Route ist somit hervorragend für Zeitfahren, Ausdauertrainings und Rennen geeignet, allzu viel Ablenkung bietet die Landschaft dabei nicht. Gut also, um in sich selbst zu gehen, fokussiert zu fahren und sich auf sich selbst zu konzentrieren. Ist mentale Stärke auf der Rolle schon grundsätzlich nicht schlecht, wird man sie in den Fuego Flats jedenfalls brauchen, um dort länger unterwegs sein zu können.

Zwei Orte unterbrechen die Wüstenlandschaft - einer davon gleicht einer Wild West-Geisterstadt, der andere bietet futuristische Gebäude, wie man sie aus Zukunftsvisionen der 60er-Jahre kennt. Dazwischen durchmisst man Canyons (vielleicht gibt es da einen Bonus, wenn man auf einem Canyon-Rad sitzt ;) ), fährt an pittoresken Wasserfällen vorbei und passiert Steinsäulen, wie man sie aus den amerikanischen Wüsten und von Bildern des Race Across America kennt.

An den Übergängen von der Wüste zur bestehenden Zwift-Welt stößt man auf hübsche Waldgebiete und hügelige Berglandschaften, und wer genau hinsieht, findet auch gleich den Hinweis auf die nächste Erweiterung. Auf beiden Seiten der Strecke deuten Absperrungen darauf hin, dass früher oder später die dahinterliegende Asphaltstücke eröffnet werden. Dem Vernehmen nach - es gab schon erste Bilder der Strecke bei einem der Zwift-Entwickler - handelt es sich dabei dann um eine knackige Bergstrecke durch Redwood-ähnliche Waldlandschaften. Damit wäre eine Bergstrecke verfügbar, die noch näher beim Startpunkt von Zwift Island liegt als Epic KOM und vor allem Alpe du Zwift.

Zwei Segmente bieten die Möglichkeit, sich offiziell mit anderen Fahrern - oder sich selbst - zu messen. Im Uhrzeigersinn führt ein 500 Meter langes “klassisches” Sprintsegment, gegen den Uhrzeigersinn gibt es hingegen ein neues Format in Form eines sieben Kilometer langen TT-Segments.

Impressionen von der Strecke

Streckenoptionen

Mit den Fuego Flats wächst die Zahl der Streckenvarianten noch weiter, sodass man sich - sofern man nicht frei fahren möchte - vorab schon einige Gedanken machen sollte, wohin man fahren will. Wenn man - so wie ich - immer erst kurz vor dem Fahren chaotisch die Routenoptionen durchklickt, dauert das mittlerweile recht lange, so groß ist die Auswahl.

Folgende Varianten beinhalten die neue Strecke Fuego Flats (inkl. der neuen ultimativen Super-Runde “The Uber-Pretzel”, die man ganz einfach charakterisieren kann, nämlich “einmal alles!”):

Hier meine Testfahrt über den Tick Tock-Kurs: https://www.strava.com/activities/2316074115

Leistungsmessung - Teil 1: Grundlagen und Notwendigkeiten

Vor zwei Wochen war ein Paket in meinem Postkasten, darin enthalten die neueste Auflage von Joe Friels „Trainingsbibel für Radsportler“. Dieser geradezu Orgie an Zahlen, Tabellen und daraus ableitbaren Möglichkeiten werde ich im Idealfall noch einen eigenen Beitrag widmen. Was jedoch auffällt, wenn man das Buch auch nur überfliegt: State of the Art in der Trainingssteuerung ist heutzutage Leistungsmessung. Rad-Industrie und Magazine haben hier natürlich mitgeholfen, sodass heutzutage kein Radfahrer mehr ohne Wattmesser leben kann. Aber Spaß beiseite… Auch aus trainingswissenschaftlicher Sicht spricht einiges für Leistungsmessung, ist der Watt-Output doch konstanter und unabhängiger von (Umwelt)Einflüssen als die Herzfrequenz.

Doch alles der Reihe nach… Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, weiß, dass ich nicht der ehrgeizigste Mensch der Welt bin. Zerstreuung, Spaß und entspanntes Abenteuer stehen für mich am Rad immer noch im Vordergrund. Ein gewisses Grundlevel an Fitness möchte ich mir dabei aber stets erhalten und auch abrufen können, damit die Projekte, die ich mir über das Jahr hinweg vornehme auch halbwegs würdevoll bewältigt werden können. Ansonsten bin ich aber so unterwegs, wie es mir gerade Spaß macht, Trainingsplan hatte ich noch nie einen. Ich hab mich immer dagegen gesperrt, meine Radgewohnheiten einem Plan von außen unterwerfen zu müssen - Fahren, wenn es regnet, Ruhetage bei schönstem Wetter, Grundlage, wenn man Lust auf was kurzes, schnelles hat, Inkompatibilität mit Gruppenfahrten… Alles Argumente, die für mich gegen einen Trainingsplan sprechen.

Unterstützt wurde diese These noch durch den ersten Leistungstest, den ich damals vor einigen Jahren gemacht habe. Ergebnis war, dass meine Werte verhältnismäßig gut sind, „wie ich denn genau trainierte“ war die Frage des Trainers. Meine Antwort war für ihn damals offenbar wenig befriedigend, lautete sie doch sinngemäß „ich fahre, was mir gerade Spaß macht“. Dann solle ich doch genau so weitermachen, wie bis jetzt, wenn sportliche Höchstleistungen nicht mein wichtigstes Ziel wären.

Fart…was? Fartlek!

Freies Fahren bietet fraglos viele Vorteile. Im vermeintlich flachen Osten Österreichs ist man tatsächlich mit einer schier endlosen Anzahl an kleineren Hügeln konfrontiert (außer man bewegt sich ausschließlich am Donauradweg auf und ab). Das Weinviertel mit seinen zuerst sanften, kleineren und dann auch etwas größeren Hügeln, der nahe „domestizierte“ Wienerwald für den klassischen Wiener Ausflügler, der ins Alpenvorland übergehende Wienerwald, der plötzlich etwas bergiger und wilder wird - nennen wir es einmal kupiertes Gelände. Im Trainings-Sprech gibt es den Begriff „Fartlek“ - aus dem skandinavischen kommend, bedeutet das soviel wie Fahrtenspiel. Dieses wiederum meint eine spielerische Abfolge von Geländeformen, Intensitäten und natürlichen Intervallen, die sich auch in der Trainingsintensität entsprechend niederschlagen. Für mich bedeutet dieses „Fahrtenspiel“, sich auszutoben, zu machen, was man will, „es laufen zu lassen“. Im Training fast nur Fartlek zu betreiben, erzeugt einen guten Allrounder - Spezialist wird man dadurch aber keiner.

Mit meinem Leistungsmesser am Rennrad nutze ich die Daten, die mir nach der Ausfahrt auf Strava ausgespuckt werden, bisher eher zu Unterhaltungszwecken als zur Steuerung. Ich freue mich wie ein kleines Kind vor dem Christbaum, wenn irgendwo vierstellige Wattzahlen stehen (obwohl diese überhaupt keinen Schluss auf eine Gesamtleistung zulassen), studiere meine Durchschnittsleistungen (gebe mich aber damit zufrieden, wenn sich diese einem Fenster von 30-40 Watt bewegen) und nutze die Zahlen in erster Linie dazu, das schwere Gefühl in meinen Beinen zu begründen. Im kleineren Rahmen und speziell bei Veranstaltungen und Rennen versuche ich natürlich schon, anhand der Daten meine Leistungen im Nachhinein zu bewerten und bestimmte Entwicklungen zu begründen. Drei Beispiele dazu (Achtung: es handelt sich dabei um meine Hobby-Analysen - ein Trainer wird da vermutlich andere Schlüsse daraus ziehen…):

Wachauer Radtage 2018

Nach sieben Tagen im Tross der Österreich Rundfahrt, die ich vor allem stehend oder im Auto sitzend verbracht habe, war ich nicht allzu optimistisch für dieses Rennen. Umso überraschender war, dass meine Beine recht frisch waren und die kleinen Watts nur so herausgesprudelt sind. Der FTP-Wert war damals noch etwas höher (und nicht winterbedingt so niedrig wie im Bild unten dargestellt), insofern stimmen die 99% Intensität nicht ganz. In Summe schaut das Muster für ein Rennen über 2,5 Stunden ganz gut aus, viel höher dürften die Wattwerte nicht sein, ansonsten würde ich vermutlich nicht über die Distanz kommen. Das wellige Streckenprofil der Wachauer Radtage kommt mir zugute, kurze Anstiege mit anschließender Möglichkeit, sich zu erholen und mitzurollen und längere flache Passagen entsprechen recht gut meinem Anforderungsprofil.

Arlberg Giro 2018

Jedenfalls weniger meinem Anforderungsprofil entspricht der Arlberg Giro mit seinen zwei großen Anstiegen. (Dennoch ist Bergfahren noch immer eine der schönsten Geschichten, die man machen kann - abseits jeglicher Leistungsmessung oder-bewertung!). Wie die Balken erkennen lassen, verschiebt sich das Ganze leistungstechnisch etwas nach unten, erklärbar durch die längeren Anstiege, in denen man eher haushalten muss und die Leistungsgrenze lieber etwas niedriger ansetzt. Lange Bergabfahrten bringen auch längere Phasen mit keinem oder weniger Leistungsoutput. Dafür fehlt die „goldene Mitte“, also jene Bereiche und Abschnitte, in denen man flott dahinrollt (Zone „Tempo“ wäre das dann). Aufgrund der Länge des Rennens (von in diesem Fall 5,5 Stunden) fehlen auch die Spitzen und die Werte „im Roten“ weitgehend, da geht es bei mir eher darum, konsistent über die Länge des Rennens zu kommen - Sprints und Ähnliches sind da für mich kontraproduktiv. Einzig ab und zu den Anschluss an eine Gruppe zu schaffen (oder diesen zu halten) ist es meiner Meinung nach wert, kurz „ins Rote“ zu gehen.

King of the Lake 2018

Eher ernüchternd ist die Analyse des King of the Lake 2018, den ich diesmal auf dem Rennrad in Angriff genommen habe. Der “KOTL” bezieht ja auch aus der Tatsache seinen Reiz, dass man annähernd an dieser magischen Stundengrenze unterwegs ist - dementsprechend also seinen FTP-Wert unter realen (und schmerzhaften) Bedingungen der Realitätsprüfung unterziehen kann. Dementsprechend sollte der Balken rund um 280-290 Watt durchgehen bis zum rechten Bildschirmrand, die Realität sieht aber anders aus. Praktisch zeigt die Analyse, dass ich den größten Teil des Rennens recht deutlich unter meinem FTP-Wert unterwegs war, die möglichen Erklärungen sind vielfältig, eine weiterführende Überprüfung wird auch dieses Jahr stattfinden :) Die Strecke des “KOTL” ist schwierig, einige - mitunter recht gemeine - Hügel wollen auf dem Kurs rund um den Attersee bezwungen werden , hier mit gleichmäßiger Leistung drüber zu fahren, ist an sich schon schwer. Zusätzlich scheint es mir schwer zu fallen, eine konstante Leistung über einen gewissen Zeitraum zu erbringen - vielleicht ist das normal, vielleicht sprechen andere Faktoren dafür oder dagegen, jedenfalls konnte ich bei diesem Rennen meinen Leistungsoutput nicht konstant (hoch) halten. Bei einer Dauer von gut einer Stunde würde ich mir erwarten, dass die Balken allesamt etwas weiter im Roten liegen, für aktive Regeneration hat man in diesem Fall nach dem Rennen genug Zeit.

Zwift

Bringen wir noch einen weiteren Faktor ins Spiel, der aus meiner Sicht beim Thema Wattmessung nicht fehlen sollte - zumindest in meiner Rad-Welt. Die allseits bekannte und beliebte Trainingsplattform Zwift lebt zu einem großen Teil von den Vorteilen von Smart Trainern, die notwendigerweise auch eine Leistungsmessung beinhalten. Wer also keinen Powermeter auf seinem Rennrad montiert hat, kommt eventuell in den virtuellen Welten von Zwift (erstmals) mit Leistungsmessung in Berührung. Ich möchte hier nicht über den Realitätsgrad von Zwift diskutieren, sondern nur feststellen, dass bei Verwendung der Trainingsprogramme in Zwift immer mit Leistungswerten gearbeitet wird. Und wenn man im Winter auf der Rolle nach Watt fährt (und Zwift wird die Intensitäten der Trainings und Intervalle nach Watt einteilen), dann wird man vermutlich auch im Sommer wissen wollen, wie man denn gerade unterwegs ist und eventuell auch sein Training ab diesem Zeitpunkt auf Basis eines Leistungsmessers abwickeln. Zwift ist daher aus meiner Sicht eine gute und naheliegende Möglichkeit, die Welt der Leistungsmessung und das darauf aufbauende Training auszuprobieren und sich quasi langsam „einzuleben“. Es bleiben gewisse Unschärfen zwischen der Leistungsentfaltung auf der Rolle und draußen auf dem Rad - die Angaben über die Unterschiede sind unterschiedlich - im Endeffekt ist empfehlenswert, einen Leistungstest zu Beginn der Freiluftsaison durchzuführen, um die tatsächlichen Leistungszonen feststellen zu können. Denn es ist jedenfalls kontraproduktiv, mit falschen Leistungszonen zu arbeiten und sein Training entsprechend (falsch) darauf auszurichten.

Was will ich damit jetzt sagen?

Ich habe bis jetzt getan, „was ich wollte“ - ohne wirkliches Ziel, ohne wirklichen Plan. (Und es hat gut funktioniert und Spaß gemacht). Ich verwende Zwift und bekomme dort meine Leistungsdaten ausgespielt. Ich habe einen Powermeter am Rennrad und komme auch dort in den vollen Genuss des „quantified selfs“. Irgendwie möchte ich da aber jetzt mehr daraus machen.

Es ist kein Geheimnis, dass ich 2019 am Start der Race Around Austria Challenge stehen werde - dabei geht es nonstop 560 Kilometer rund um Oberösterreich. Mein Ehrgeiz beschränkt sich momentan noch auf die „Besiegung des inneren Schweinehunds“ - ich möchte die Strecke innerhalb des Zeitlimits zurücklegen, dabei würdevoll bleiben und auch meinen Spaß haben und neue Erfahrungen sammeln. Gewinnen sollen andere! Während ich also grundsätzlich optimistisch bin, dieses Vorhaben mit meiner üblichen Vorbereitung (Stichwort „Fartlek - ungeplant“) bewältigen zu können, gibt es da in meinem Kopf eine Ecke, in der eine kleine Stimme wiederholt darauf hinweist, dass ich meinen Ars** doch etwas mehr bewegen sollte und das Privileg, bei so einer Veranstaltung dabei zu sein, besser nützen sollte.

Ich habe daher beschlossen, dieser Stimme Folge zu leisten und meine bisherigen Konventionen ein Stück weit über Bord zu werfen. Ich werde seit langem wieder einen Leistungstest machen, meinen Powermeter mit neuen Batterien versorgen und kalibrieren und mir einen Trainingsplan gönnen. Die Weichen dafür sind bereits gestellt, die Termine großteils organisiert, die notwendigen Ansprechpartner gefunden. Es handelt sich hier also um eine … *Trommelwirbel* … Serie von Blogposts. Bis Ende Mai folgen dementsprechend noch:

  • Teil 2: Langzeittest Garmin Vector 3

  • Teil 3: Leistungstest bei Flowsports

  • Teil 4: Training für das Race Around Austria

Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen - auf neue Erkenntnisse, neue Erfahrungen und eventuell ein paar Watt mehr am Ende des Tages. (Und keine Sorge: ich werden meine Hobby-Analysen auch noch vom Profi beurteilen lassen).

Ernährung (Teil I)

„Nummer 81. Nummer 81!“ ruft der junge Mann mit dem karierten Halstuch und ich trete vor an die Theke, um mein Essen entgegenzunehmen. Es sind Hüttenwochen bei McDonalds und ich mittendrin - ab nach Hause, auspacken, essen, fertig. Dass ich mich danach weder gesättigt noch besonders gut versorgt fühle hat Tradition, war aber bis jetzt kein dringender Grund, McDonalds links liegen zu lassen. Ist doch eh heimisches Fleisch, Gemüse ist auch drinnen, die Kalorienzahlen lesen sich nicht allzu dramatisch. Aber ist das der Weisheit letzter Schluss? Und was ist mit dem Schokoriegel zwischendurch, der Topfengolatsche nach dem Mittagessen und warum bin ich jetzt schon wieder aufgebläht?

Die Pläne für 2019 sind teilweise groß, die sportlichen Herausforderungen werden beträchtlich und auch wenn kein allzu großer Leistungsdruck da ist, es wäre doch schade, wenn man nicht 100% seiner Leistung abrufen kann. Bis jetzt habe ich mir keine allzu großen Gedanken über meine Ernährung gemacht, obwohl mir natürlich immer klar war, dass hier (großes) Potential schlummert, besser zu werden. Ich habe nur aus den Augenwinkeln diverse Ernährungstrends mitverfolgt - Veganismus, Paleo, Keto-Irgendwas, High Carb, Low Carb - und mir bei den meisten gedacht, dass diese keinen Bestand haben werden. Außerdem habe ich nie besonderen Leidensdruck verspürt, an meiner Ernährung etwas verändern zu müssen - ich bin kein Risikopatient, habe keine hervorstechenden Blut-, Zucker- oder Cholesterin-Werte, mein Bauch wächst - keksbedingt - über den Jahreswechsel an und wird wieder kleiner, wenn im Frühjahr die Zahl der abgespulten Radkilometer steigt.

Für 2019 habe ich mir allerdings vorgenommen, mich mit meiner Ernährung näher zu beschäftigen. Mein einjähriger Sohn bekommt jeden Tag feinstes Bio-Gemüse, hochwertige Hafer- und andere Getreideflocken, beste Zutaten von überall - und es schmeckt ihm hervorragend! Damit also ich ein Vorbild sein kann, muss ich mir ihn als Vorbild nehmen. Es geht demnach um Wohlbefinden und Gesundheit - ganz unsportlich gesehen. Weniger Zucker, bessere Inhaltsstoffe, bewusstere Entscheidungen. Zweiter Grund ist aber natürlich der Sport und die mögliche Leistungssteigerung, die man durch eine Optimierung der Ernährung erzielen kann. Dazu habe ich mir professionelle Hilfe geholt.

Anamnese im „Büro für Ernährung“

Caroline Schlinter-Maltan führt in Wien das „Büro für Ernährung“. Neben der Ausbildung als Ernährungsberaterin ist sie auf Ausdauersportler spezialisiert, genau die richtige Kombination für meine Anforderungen. Das Kennenlernen ist herzlich, Vertrauen sofort da - dieses ist aus meiner Sicht auch deshalb wichtig, weil es sich schon um eine recht intime Angelegenheit handelt, nicht im medizinischen Sinn sondern eher im Sinne einer Beichte. Sich selbst gegenüber sollte man natürlich auch ehrlich sein bzw. sein wollen und können - wer den Schokoriegel zwischendurch verheimlicht und verleugnet, wird nur bedingt erfolgreich sein.

Es beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Das Gewicht, dass die Hightech-Waage ausspuckt, ist dabei nicht die einzig wesentliche Messgröße. Es werden Körperfett, Muskel- und Flüssigkeitsanteil, die Verteilung auf die einzelnen Extremitäten und viele andere Werte ermittelt, am Ende sieht man sich einer recht profunden Analyse des eigenen Körpers gegenüber. An dieser Stelle gibt es möglicherweise schon erste Erkenntnisse - beispielsweise wenn einer der ermittelten Werte tatsächlich weit außerhalb einer Norm oder Empfehlung liegt. Ansonsten aber sind diese Werte als Ausgangsposition zu sehen, möglicherweise als Arbeitsauftrag, jedenfalls aber als Grundlage für die weiteren Schritte. Es ist ähnlich wie mit wattgesteuertem Training - wer von einem falschen FTP-Wert ausgeht, wird permanent in den falschen Leistungsbereichen trainieren und damit wenig bis nichts erreichen. Ebenso ist es wichtig, grundlegende Werte wie den täglichen Kalorienumsatz zu kennen, um die Ernährung entsprechend darauf einstellen zu können.

Neben der Vermessung und Verwiegung dient ein ausführlicher Fragebogen der Ermittlung der mitunter lieb gewonnenen Gewohnheiten. „Süß“ mag ich, „Linsen und Bohnen“ mag ich, kommen aber in meinem Speiseplan nicht vor, „wieviel Kaffee trinkst du täglich“ - alle Bereiche und Segmente der Ernährung werden sukzessive abgeklopft. Auch mögliche Allergien und Unverträglichkeiten werden an dieser Stelle vorgebracht - bei mir sind diese glücklicherweise nicht vorhanden, andere leiden darunter recht massiv.

Dritter Puzzleteil - neben Waage und Fragebogen - sind die Ernährungsprotokolle. Als erste Hausaufgabe ist man angehalten, seine täglichen Mahlzeiten aufzuzeichnen. „Frühstück, Vormittag, Mittag, Nachmittag, Abendessen, später Abend“ - dazu sind möglichst detaillierte Angaben (in Gramm, Stücken, Portionen oder Kalorien) zu machen. Ehrlichkeit ist dabei - wie schon erwähnt - sehr wichtig, schlechtes Gewissen nicht angebracht. Umgekehrt sagt Caroline Schlinter-Maltan, dass Ernährungsprotokolle sehr oft schon eine erste Verbesserung mit sich bringen - die Bewusstmachung der täglichen Mahlzeiten, lässt einen schon viel differenzierter an die Sache herangehen, Schokoriegel werden mitunter schon alleine deswegen weggelassen, weil man sie ansonsten aufschreiben und damit dokumentieren müsste.

Ernährungsprotokolle

Ich habe also von nun an einen Pack Zettel in meiner Hand - immer und überall. Im Büro, zuhause, vor dem Computer - jede Mahlzeit, jeder Snack wird protokolliert. Am zweiten Tag stelle ich beim Frühstück eine Küchenwaage neben mich und beginne Brot, Butter und Marmelade zu wiegen. Klingt pedantisch und übertrieben? Möglicherweise, aber wer ist sich schon bewusst, wie viel 100 Gramm oder 100 Kalorien sind. Davon eine Idee zu bekommen, hilft dabei, Mahlzeiten und Mengen besser einschätzen zu können. (Nach dem zweiten Tag kann man die Waage getrost wieder in der Küche stehen lassen, es geht ja nur darum, ein Gefühl dafür zu bekommen). Mein direktes Umfeld zeigt sich übrigens schnell interessiert, das Thema Ernährung lässt offenbar keinen locker, betrifft jede und jeden. Einige schließen sich mir an und beginnen auch für sich mitzuschreiben, was sie den ganzen Tag so zu sich nehmen - rein aus Interesse.

Nach zwei Wochen Ernährungsprotokoll wird recht schnell klar, wo man ansetzten könnte. Mein Frühstück ist immer das Gleiche, Variation und andere Inhaltsstoffe können mir hier helfen, besser durch den Tag zu kommen. Es ist kein hochwissenschaftliches Geheimnis, wo die Unterschiede zwischen einfachem Zucker und langkettigen Kohlenhydraten liegen. Dass man nach der Marmelade-Semmel am Morgen spätestens um 10 Uhr vormittag wieder Hunger bekommt, ist biologisch recht einfach darstellbar - warum man es dann trotzdem nicht von selbst macht, weiß ich nicht… Schmeckt halt auch gut so ein Honigbrot! Mit mehr (=nachhaltigerer) Energie vom Frühstück erspare ich mir dann vielleicht auch meine Vormittagsjause, esse später zu Mittag und auch der Snack am Nachmittag wird vielleicht nicht mehr so wichtig und notwendig sein wie im Moment. Ich bin sehr gespannt, wie sich das die nächsten Wochen und Monate entwickeln wird.

Denn klar ist auch, dass eine derartige Entwicklung nicht von heute auf morgen passieren wird bzw. kann. Ebenso auf der Hand liegt, dass Ernährung eine sehr individuelle Geschichte ist und man deshalb nicht blindlings auf vorgefertigte oder standardisierte Pläne und Konzepte aufsetzen sollte. Mein Entwicklungshorizont ist ein moderates Abnehmen bis Juni - wobei „Abnehmen“ im Sinne des Wohlbefindens zu verstehen ist - und danach eine Optimierung meiner Nahrungsaufnahme während des Sports.

Auf dem Rad

Denn ist man oft und viel auf dem Rad unterwegs, beeinflusst das den Energiehaushalt natürlich entsprechend. Es macht keinen Sinn mit einem Ruhe-Kalorienverbrauch von 1.950 Kalorien zu rechnen, wenn man beim Training auf dem Rad noch zusätzliche 1.000 Kalorien verbrennt. Trainingshäufigkeit und -intensitäten müssen daher bei einem Ernährungsplan und einer Optimierung der Ernährung entsprechend berücksichtigt werden. Es werden auch sportliche Aktivitäten ins Ernährungsprotokoll eingetragen - sobald man seinen Puls misst, erhält man über Zwift, Strava und dergleichen auch einen (annäherungsweise richtigen) Kalorienverbrauch für ebendiese Aktivität. Auch hier ist ein großer Teil die Bewusstmachung - bei meiner 160k-Tour auf Zwift habe ich beispielsweise 3.200 Kalorien verbraucht - interessant, diesen Wert zu kennen und für andere Aktivitäten einschätzen zu können.

Neben dem Einfluss des Sports auf die allgemeine Ernährung und den Energiebedarf geht es für mich auch ganz stark um die Ernährung auf dem Rad bzw. vor und nach dem Training. Das beste Training hat keinen (oder weniger) Sinn, wenn man hungrig oder vollgestopft aufs Rad steigt, die Leistung wird nicht passen, wenn man von den falschen Lebensmitteln aufgebläht ist und wer schon einmal ein Müsli direkt vor dem Radfahren gegessen hat, weiß, dass der Körper sich dann nicht ausschließlich aufs Radeln konzentrieren wird können. Während der Aktivität gibt es mit der großen Auswahl an Nahrungsmitteln (Shots, Gels, Riegel) natürlich großen Spielraum und Variationsmöglichkeiten - aber auch hier gibt es „natürlichere“ oder „bessere“ Produkte. Und schließlich ist da noch das Essen nach dem Heimkommen - und das soll nicht in einen „Fress-Flash“ ausarten, in dem man wahllos alles in sich reinstopft, was man findet, um seine Speicher wieder zu füllen, sondern idealerweise kommen auch hier „sinnvolle“ und hochwertige Inhaltsstoffe und Produkte zur Verwendung, die einem die Weiterentwicklung ermöglichen und nicht den ganzen Trainingseffort gleich wieder zunichte machen.

Im Hinblick auf mein Race Around Austria im August stellt sich außerdem die Frage, wie man sich am Rad für eine Belastung über 24 Stunden am besten versorgt. Dabei sind die Anforderungen wiederum andere als bei kurzen Trainings auf der Rolle oder den klassischen zwei- bis dreistündigen Ausfahrten. Aber dazu kann ich im Sommer mehr sagen, schließlich läuft mein Projekt Ernährungsberatung über die nächsten Monate. Mehr dazu also im nächsten Teil der Serie - voraussichtlich wird das Ende Mai/Anfang Juni der Fall sein. Ich habe außerdem bereits in den ersten Tagen einige Nachrichten zu diesem Thema bekommen, mit Vorschlägen, Anregungen und weiteren Inputs - diese möchte ich auch in den nächsten Teilen gerne mitbehandeln.

Bis dahin: Mahlzeit!

Link:

Büro für Ernährung - Mag. Caroline Schlinter-Maltan

Alban Lakata im Interview

169k hat Alban Lakata in Lienz zum Interview getroffen, es gibt ja auch viel zu besprechen: ein neues Team, Trainingsmethoden, Strava als Social Network für Sportler, Unterschiede zwischen Mountainbikern und Radrennfahrern und Osttirol!

Titelfoto: Team Bulls (Sebastian Stiphout)

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Für die breite Öffentlichkeit mitunter überraschend hast du vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass du im nächsten Jahr für das Team Bulls am Start stehen wirst und nicht mehr für Canyon-Topeak. Wie ist es genau dazu gekommen?

Schon bei den Vertragsverhandlungen für 2018 wurde mir nur ein Ein-Jahres-Vertrag angeboten, angeblich weil Topeak das Sponsoring nur für ein Jahr fix weitermachen wollte und auch die anderen Sponsoren nur für diesen Zeitraum zusagen wollten. So ist es mir weitergegeben worden, das musste ich so akzeptieren, war aber für mich schon irgendwie ein Wink, dass das vielleicht in der Form nichts mehr wird und das Ende des Teams naht.

Die anderen Fahrer haben auch alle nur einen Ein-Jahres-Vertrag bekommen?

Bei den anderen Fahrern hat es ganz das Gleiche gespielt, ja. Ich hab mir nach den Vertragsverhandlungen lange den Kopf darüber zerbrochen, wie es weitergeht. Ich habe auch versucht, die Zuständigen beim Team noch einmal umzustimmen oder mit Alternativen zu kommen, die die Zukunft für mich etwas sicherer machen - aber auch diese Varianten sind fehlgeschlagen bzw. wurden nicht angehört. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war mir ganz klar, dass das wohl nicht weitergehen wird - gleichzeitig aber überhaupt nicht nachvollziehbar, weil alles gut läuft, die Marke läuft gut, das Team funktioniert gut, die Erfolge waren da (zu diesem Zeitpunkt noch mit dem WM-Titel). Außer vielleicht das Durchschnittsalter der Fahrer, aber da hätte man ein paar Junge dazu nehmen können, gemeinsam mit den Arrivierten weiterfahren bis man da einen Wandel herbeiführt.

Es war sicher nicht einfach, in dieser Saison mit diesen Gedanken Rennen zu fahren?

Im Endeffekt war das Thema das ganze Jahr im Hinterkopf und hat sehr stark dazu beigetragen, dass ich nicht 100% meiner Leistung abrufen konnte. Im September nach der Marathon-WM hat man uns dann gesagt, dass es definitiv nicht weitergehen wird. Vielleicht war der Wunsch von Canyon da, beim Teamsponsoring einzusparen, Canyon ist ja bei einigen Teams sehr engagiert - und da waren wir die ersten, bei denen die Verträge ausgelaufen sind. Jeder von uns hat geglaubt, dass es weitergeht - es wurde ja auch viel investiert: Fahrzeuge, Designänderungen, Klamotten. Von Außen war jeder erstmal überrascht, wir haben aber mit unseren Informationen schon gemutmaßt, dass es aus ist und konnten uns schon ab Saisonmitte ein bisschen umschauen.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, das Sky als Sponsor aus dem Radrennsport aussteigt - nach fast zehn Jahren und auf den ersten Blick weiß auch keiner warum - und da waren auch die sportlichen Erfolge vorhanden. Vielleicht steigt man als Sponsor aus, wenn man quasi alles erreicht hat? Canyon hat zwei Straßenteams, die Räder verkaufen sich von selbst…

Canyon sponsort neben Straße und Triathlon auch noch einige Teams im Offroad-Bereich wie eben uns, aber auch Cyclocross, Enduro und Downhill. Mittlerweile geht es ja nicht nur ums Material sondern da müssen auch Millionen zusätzlich reingesteckt werden. Wie auch beim Downhillteam, dass kostet schon ordentlich!

Wegen dem Materialeinsatz?

Trucks, Material und die Fahrergehälter sind richtig hoch im Downhill - das wissen oft nur Insider. Jeder denkt sich, Downhill ist so eine Randsportart aber die verdienen da richtig Kohle. Da können wir im Cross Country-Marathon nicht mithalten, vielleicht gerade einmal ein Nino Schurter, der ist ja der Topverdiener im Ausdauerbereich.

Zählt Downhill auch mehr wegen der „Red Bull“-Welt?

Das weniger, aber die kriegen da einfach richtig gute Werksverträge. Teilweise natürlich weil das Ganze auch oft im Fernsehen ist, wie auch teilweise bei den Cross Country-Rennen, das gibt einfach einen größeren Werbewert und erleichtert die Sponsorensuche. Im Cross Country-Bereich ist es derzeit aber auch eher schwierig - die Teams sprießen nicht aus dem Boden, es ist schon eher ein zähes Geschäft. Dabei ist der Marathon noch „gesegnet“, weil die Masse der Leute dahinter steht, die Kunden.

Jetzt also Team Bulls mit Karl Platt - vom Konkurrenten zum Freund quasi?

Eigentlich ist das schon ein spannende Geschichte, dass zwei, die den Marathonsport geprägt haben (ich bei Eintagesrennen, er bei Etappenrennen) so zusammengefunden haben. Wir waren Konkurrenten und auch da schon eher richtige Rivalen, weil jeder so ein bisschen die Rolle des Marathonfahrers verkörpert. Er ist ein Vieltrainierer (viele Kilometer, viele Stunden), ich trainiere wattgesteuert mit Intervallen, das hat er lange nicht gemacht. Darin sehe ich aber auch einen großen Vorteil unserer Fusion, wir können beide von unserem Erfahrungsschatz lernen. Ich kann viel von seinen Cape Epic-Erfahrungen profitierten, da hat er den Schlüssel zum Erfolg. Das ist das erste große Ziel für uns, das Cape Epic - sein Ziel ist der sechste Sieg, damit wäre er alleinstehend erfolgreichster Teilnehmer (Christoph Sauser hat derzeit auch fünf Siege). Ich bin 39 und er 40, wir sind sicher nicht die jüngsten aber mit der Motivation und mit dem Kopf voll bei der Sache. Wir motivieren und jetzt gegenseitig.

Karl Platt und Alban Lakata (Foto: Team Bulls)

Ihr ergänzt euch ganz gut oder? Besser unterschiedliche Stärken, als jeder macht und kann genau das gleiche.

Mein bisheriger Teamkollege war vom Fahrertyp anders als ich - Schnellstarter und eher auf den kürzeren Strecken gut. Karl und ich sind Typen, die eher längere Rennen bevorzugen, hinten raus schneller werden, den längeren Atem haben - da harmonieren wir richtig gut. Es ist fast hollywoodreif, dass da zwei zusammenfinden, die sonst immer Konkurrenten waren, Wissen und Know How richtig zurückgehalten haben. Jetzt können wir beide von unserem Wissen profitieren.

Hat es da diesen einen Moment gegeben, wo einer auf den anderen zugegangen ist?

Ja, bei einem Rennen in Kolumbien waren wir im gleichen Hotel untergebracht und hatten das gleiche Rahmenprogramm - da hat man Zeit zum Quatschen. Da hab ich ihm erzählt, dass es das Team nicht mehr gibt, da war auch er baff wie alle anderen. Und er hat begonnen nachzudenken, wie er da unterstützen kann. Ein Monat später kam die Frage, ob ich mir vorstellen kann mit ihm zu fahren. Wir haben dann beide intensiver darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass das richtig gut funktionieren kann, weil wir vom Fahrertyp gleich sind, ähnlich viel Erfahrung haben und auch von unserem Umfeld her recht gefestigt sind - uns wirft nichts so schnell aus der Bahn. Und das sind Faktoren, die dann auch im Rennen entscheidend sind. Und dass wir beide uns gegenseitig helfen können, etwas zu erreichen, was wir alleine noch nicht geschafft haben.

Für dich ist das das Cape Epic?

Genau, für mich das Cape Epic, für ihn eine Medaille bei einer WM. Ich möchte ihm helfen, das zu erreichen - ich stehe ja schon etwas in der Schuld, weil er mich ins Team gebracht hat und das ist schon ein geniales Paket bei Bulls, das wäre woanders nicht möglich. Ich versuche mit Infos über Material und Training etwas zurückzugeben - Nehmen und Geben ist in so einer Partnerschaft sehr wichtig. So weit ich ihn jetzt kennengelernt habe, war meine Einschätzung als Konkurrent ganz anders. Interessanter Punkt ist auch, dass man als Konkurrent immer sieht, wo einer angreifbar ist. Das kann ich ihm jetzt sagen und umgekehrt geht das auch. Er hat mir auch schon ganz klar gesagt, welche Fehler ich mache, z.B. bei Etappenrennen.

Ich habe gelesen, dass du auch überlegt hast, ein eigenes Team zu gründen, auch im Hinblick auf eine mögliche Nachwuchsförderung?

Ja, wobei das war einer der kürzesten Gedanken aber das kam aus der Not heraus. Mit einem relativ kleinen Team - und ich hätte jedenfalls einen jungen Fahrer dazugenommen und einen erfahrenen Teamkollegen für die Etappenrennen - wäre das aber trotzdem viel Arbeit gewesen und ich hätte mich nicht mehr zu 100% auf den Rennsport konzentrieren können. Das war dann auch der Entscheidungsgrund, warum ich das recht schnell verworfen hab und eher geschaut habe, dass ich ein Team mit guten Strukturen finde.

Du möchtest schon noch ein paar volle Saisonen fahren? Es wäre doch auch eine Variante gewesen, dass Cape Epic irgendwie noch zu gewinnen und dann die Karriere auslaufen zu lassen?

Pensionierung ist definitiv noch kein Thema. Ich sehe, dass eine Leistungsentwicklung über die Jahre gegeben ist. Ich trainiere mit Watt und in der Leistungsdiagnostik ist erkennbar, dass noch Potential da ist. Und ich weiß auch, wieviel der Kopf mitspielt und allein von dem her könnte ich noch relativ lange fahren. Ich fühle mich noch nicht verbraucht.

Dein neuer Vertrag läuft zwei Jahre und hat eine Option auf ein drittes?

Genau, die Dauer war mir ganz wichtig. Ich möchte idealerweise nächstes Jahr schon das dritte Jahr fix machen. Schauen wir mal, wie es nach dem Cape Epic ausschaut, ob alle zufrieden sind. Aber alleine der Wille zum dritten Optionsjahr ist für mich ein Signal, dass sie mit mir zusammenarbeiten wollen. Als Grundgedanke war wichtig, dass jetzt nicht für zwei Jahre ein Fahrer für Karl Platt ins Team kommt und dann schmeissen sie mich raus. Schon beim Erstgespräch war ganz klar die Frage, was ich danach machen will. Ich hab gesagt, am liebsten möchte ich schon noch 3-5 Jahre Rennfahrer sein, solange ich halt vorne mitfahren kann. Alter ist irgendwie so eine Sache, ich fühle mich jetzt nicht so, dass ich nur noch hinten nachfahre, sonst würde ich es schon lassen. Wichtig ist, dass man Veränderungen akzeptiert und neue Reize setzt, dass man einfach nicht stagniert.

Alban Lakata im Trikot von Team Bulls (Foto: Team Bulls)

Abgesehen von Rennen als Zweierteam: welchen Wert hat das Team in deinem Radlerleben, auch im Vergleich zum Rennradsport? Könntest du deine Leistungen auch „alleine“ erbringen?

Das Team ist nicht so wichtig wie auf der Straße, du bist von deinen Teamkollegen im Rennengeschehen nicht so abhängig bzw. ist es nicht notwendig, teamstrategisch zu fahren.

Marathon fährt man alleine.

Ja, den fährst du mehr oder weniger alleine - von Anfang bis Ende am Limit. Das ist anders als auf der Straße. Klar gibt es Situationen in einem Rennen, wo du vielleicht profitierst, wenn du in einer Gruppe oder im Team zusammenarbeitest, aber viel wichtiger sind die Supporter drumherum - Masseure, Mechaniker, Teammanager.

Wie ist die technische Umstellung von Canyon auf Bulls? Ist dir egal, worauf du sitzt oder macht es für dich einen tatsächlichen Unterschied?

Ehrlicherweise hab ich mir zu Beginn schon kurz gedacht, dass Bulls zuerst einmal ein kleiner Rückschritt sein könnte. Canyon war sehr professionell was Marketing und Werbung angeht, wobei das ja grundsätzlich nichts über das Produkt aussagt. Bei Bulls steht ein Riesenkonzern dahinter, der große Umsätze macht und sehr gesunde Finanzen hat - Bulls ist da eigentlich nur eine kleine Sparte vom Ganzen. Bei meinen ersten Fahrten - egal ob mit dem Fully oder dem Rennrad war kein Riesenunterschied zu erkennen, obwohl ich ein echter Materialfreak bin in dieser Hinsicht. Optisch natürlich ein Unterschied, aber ein Rad ist ein Rad - um es banal auszudrücken. Bei einem Rad sprechen wir ja immer auch vom Gesamtpaket, bestimmte Sponsoren wie Fox und Shimano bleiben gleich, die Reifen ändern sich von Maxxis auf Schwalbe - wenn das Gewicht des Rahmens um einen Tick schlechter ist, ist der Reifen vielleicht einen Tick besser, das Gesamtpaket verschlechtert sich da auf keinen Fall. Karl hat schon bewiesen, dass es möglich ist, mit dem Rad Rennen zu gewinnen. Auch Urs Huber hat letztes Jahr 14 oder 15 Rennen gewonnen. Mitunter sehe ich es auch als meine Aufgabe, zu helfen, das Rad weiterzuentwickeln.

Bei neuen Rädern ist das Niveau insgesamt schon sehr hoch.

Genau. Image ist halt noch so eine Sache, aber das ist bei Bulls jetzt nicht so das Riesenthema - die sind sehr gut bei E-Bikes und im Low Budget-Bereich, das ist ihnen auch sehr wichtig.

Das ist ja auch der Massenmarkt, da wo die Umsätze herkommen.

Richtig, der Highend-Bereich ist gar nicht so sehr im Fokus. Was für die Fahrer fast etwas schade ist, weil die Verkaufszahlen eines High End-Rads ja auch die Werbewirksamkeit eines Fahrers oder des Teams widerspiegeln. Aber das kann man auch anders sehen - bei Canyon hat es soweit geführt, dass es anscheinend gar kein Team mehr braucht, um das Rad zu verkaufen. Wir haben sicher die Jahre zuvor gut gearbeitet, Leistungen erbracht, und Werbung gemacht, damit sich das Produkt gut verkauft. Jetzt wird davon eine Weile profitiert.

Was sind deine Ziele für 2019 (abseits des Cape Epic)?

Worldcup gibt es ja in dem Sinn keinen im Marathon und die bestehende Marathon-Serie hat nicht allzu viel Stellenwert für mich. Wichtig sind mir die Titel, das ist auch wieder etwas für das Team. Wenn man sich mein neues Trikot anschaut, dann ist das mehr oder weniger blank, die Weltmeisterstreifen kommen noch auf den Ärmel. Mein Ziel ist es, wie ein junger Fahrer, nach und nach meine Streifen und Abzeichen an meinem neuen Teamtrikot zu erarbeiten. Klares Ziel ist auch der WM-Titel mit dem neuen Team und unter der neuen Marke, das wäre schon etwas besonderes. Auch die Österreichischen Meisterschaften sind mittlerweile eine große Herausforderung, das Niveau in Österreich ist extrem hoch. Daniel Geismayr ist letztes Jahr Vize-Weltmeister WM geworden - das zeigt schon, was wir für ein Niveau haben, da stehen noch andere auf der Liste aber es reicht schon einer, um nicht Meister zu werden. Ich habe schon ein paar Mal gesagt ich fange jetzt wieder bei Null an - das ist so natürlich nicht ganz wahr. Ich muss mich jetzt nicht zwingend beweisen aber ich möchte es! Und zeigen, was mit dem Rad, dem Team und dem Umfeld alles möglich ist. Mit dem Alter kommt auch eine Reife und damit andere Ziele - andere als ein jüngerer Fahrer, vielleicht so etwas wie eine höhere Stufe der Selbstverwirklichung.

Zum Straßenradsport - du warst 16. bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften und einer der besten Österreicher beim Ötztaler Pro - da warst du bis zum Jaufenpass in einer guten Gruppe.

Am Jaufenpass hat sich dann die entscheidende Gruppe abgesetzt, leider ohne mich. Ich hatte da einen Hänger mit Unterzuckerung - schlecht gewirtschaftet, denn ich habe einmal meine Flasche nicht bekommen und in der fremden Flasche war ein Getränk mit Süßstoff. Man muss wissen, dass wir Mountainbiker sehr abhängig von Kohlenhydraten sind - Straßenfahrer funktionieren anders, die haben einen anderen Motor, die trainieren das auch. Bei Straßenrennfahrern ist die letzte Stunde wichtig, bei uns die Erste. Ich habe aus dem Rennen gelernt, nicht zu viel von vorne zufahren. Am Anfang bin ich viel vorne gefahren, aufs Kühtai hoch, viel im Wind - aus der Unerfahrenheit heraus. Der Ötztaler hat mich jedenfalls nicht glücklich gemacht vom Ergebnis her, auch weil ich gemeint habe, dass mir das Rennen vom Profil und den Anforderungen her liegen sollte. Ich möchte auch unbedingt nochmal starten, ob beim Pro Ötztaler oder beim normalen ist egal. Der normale kommt mir mehr entgegen, weil man da eher wie bei einen MTB-Marathon fährt - jeden Berg gleich schnell, vielleicht in einer kleinen Gruppe aber gleichmäßig an der Schwelle. Bei den Profis stellen die großen Teams halt ein paar Fahrer ab, einer von Bora ist den ganzen Brenner hoch vorne im Wind gefahren, um die Lücke zur Spitze zu schließen, das hätte ich mir nie gedacht. Der ist dann aber auch ins Auto eingestiegen und hat gesagt „Für mich ist der Job jetzt erledigt“. Ich hab daweil in der Gruppe überlegt, ob man sich da nicht irgendwie einbringen und unterstützen soll…

Das heißt, das entspricht nicht so wirklich deiner Philosophie?

Nicht wirklich. Ich hab dann schon gemerkt, dass meine MTB-Kollegen Geismayr und Pernsteiner - die zwei, die regelmäßig auch Straßenrennen fahren - sich da entsprechend zurückgehalten haben und beide sind dann gut gefahren. So ein Ergebnis hätte ich mir erwartet - dass ich gewinne war unrealistisch aber Top Ten hätte ich erwartet und da war ich halt weit davon entfernt.

Und die Österreichischen Meisterschaften Straße?

Bei der Straßenmeisterschaft habe ich taktische Fehler gemacht und auch zu wenig in die Vorbereitung investiert bzw. investieren können - da hat am Ende die Spritzigkeit gefehlt und für die Spitzen hab ich zu wenig draufgehabt. Das Zeitfahren war dafür ganz passabel.

Das heißt, Straßenrennen werden ein „Hobby“ für dich bleiben? Und Zeitfahren interessiert dich mehr?

Rennen wie der Ötztaler oder der Super Giro Dolomiti interessieren mich schon sehr, weil sie absolut meinem Fahrerprofil entsprechen und du auch nicht unbedingt abhängig bist von einem Team. Richtig professionelle Straßenrennen… klar hätte mich eine Straßen-WM in Innsbruck interessiert, zum einen in Tirol und die Strecke würde mir auch liegen…

Wo du halt alleine auf dich gestellt bist, ist das Zeitfahren,. Wenn man sich da mal ein Monat oder so darauf konzentriert, dann kann man da leistungsmäßig schon etwas abrufen. Materialmäßig hatte ich dieses Jahr zwar ein gutes Rad aber die Einstellung war suboptimal. Ich hatte gehofft, viel mit meiner Leistung und Stärke wettmachen zu können und hab auch einiges wettgemacht - aber eben nicht alles. Auch die Fahrtechnik war ein großer Punkt, ich hab knapp eine Minute in der Abfahrt liegenlassen, es war nass und regnerisch und ich hab einfach auch nicht alles riskiert. Brändle ist damals Zweiter geworden, wir sind in einer ähnlichen Gewichtsklasse und meine Wattwerte waren leicht höher als seine - das zeigt schon, dass ich da etwas weiter vorne hätte sein müssen, wenn alles gepasst hätte.

Wie gehts mit dem Zeitfahren weiter? Planst du das fix ein, entscheidest du spontan bzw. lässt deine Saisonplanung das überhaupt zu?

Das hängt davon ab, welche Freiheiten ich haben werde, ob ich mir mal drei oder vier Wochen rausnehmen kann um dafür zu trainieren. Mir schwebt auch so etwas wie der Stundenweltrekord als Projekt vor - nur um mal zu schauen, wo ich da liege. Mein aktueller Coach kennt sich da ganz gut aus und könnte mir sicher einige Tipps geben, um mit überschaubarem Aufwand ein ganz gutes Ergebnis zu erzielen. Heuer hab ich aber mal den Teamwechsel zu verdauen und dann werden wir schauen, welche Ausflüge in die anderen Sphären sich da noch vereinbaren lassen.

Wie schaut es z.B. mit dem King of the Lake aus?

Den habe ich definitiv am Schirm, zuletzt war das zeitlich schwierig, da war gleichzeitig die WM. Aber wenn es sich ausgeht, solche Sachen würden mich immer wieder mal interessieren - warum nicht!

Reizt dich die Langstrecke? Die Projekte von Christoph Strasser? Das Race Around Austria?

Vor zwei Jahren hätte ich gesagt „Sicher nicht - den „Blödsinn“ mach ich nicht“. Aber ich seh schon auch wieder einen Reiz in dem Ganzen, ich würde das nicht mehr komplett ausschließen. Das sind auch die Aspekte des Ausdauersports, wo das Alter nicht so negativ reinspielt.

Wer deine Aktivitäten verfolgt, weiß, dass du sehr aktiv auf Strava bist. War es jemals ein Thema, dass du bestimmte Daten nicht auf Strava veröffentlichst?

Ja das war Thema - wenn du einen Coach hast und viel leistungsgesteuert trainierst, dann ist es natürlich nicht ganz fair, wenn man da zu viel preisgibt. Ich versuche natürlich schon, ein transparenter Athlet zu sein und die Menschen sollen sehen, was notwendig ist, um vorne mitzufahren und was ein Profi wirklich macht. Es nützt keinem etwas, wenn ich auf Strava nur die Fahrten und ein paar Bilder hochlade und alles andere verheimliche - da gehört viel mehr dazu und die Menschen schätzen das auch.

Hast du irgendwelche negativen Erfahrungen gemacht? Wie sieht das Feedback der Follower aus?

Was ich schon gemerkt habe ist, dass man teilweise „ausspioniert“ wird. Viele Trainer schauen genau hin, die Sportler selbst schauen und gehen dann zu ihrem Trainer und sagen, sie wollen das auch so und so machen. Nach dem durchwachsenen Jahr 2018 ist die Aufmerksamkeit etwas weniger geworden, man merkt es an den Followerzahlen. Als ich 2017 Weltmeister geworden bin, ist alles regelrecht explodiert. Jetzt mit dem Teamwechsel bin ich offenbar wieder etwas interessanter geworden, das gibt einem schon ein gewisses Feedback. Ich selbst folge nicht vielen - ich habe mir ein paar herausgepickt, die interessant sind in meinem Bereich, wo ich vielleicht auch noch etwas lernen kann. Ich nütze Strava als wahres Social Media für den Radsportler, weil Leute sich da normalerweise schon für die Materie interessieren - egal ob Material oder Training. Leute kommen auf mich zu und sagen „Ich folge dir auf Strava“ - das zeigt mir, dass sie nicht nur an Canyon oder Bulls oder sonst irgendwas interessiert sind, sondern an mir und meinem Beruf. Das gibt mir das Feedback, dass ich da etwas richtig mache.

Spannend an deinem Strava-Profil finde ich den Mix aus Sportarten (Rad, Fitness, Rolle, Skitouren) - das ist für mich ein Mehrwert und eine gute Veranschaulichung, was notwendig ist im Training.

Vier Stunden Skitouren sind für mich weniger anstrengend als vier Stunden Rolle, weil es kurzweiliger ist. Viele Sportler gehen jetzt Skitouren, alle die die Möglichkeiten haben oder in den Alpen wohnen. Ich mache das schon seit ich Radsport betreibe, einfach weil es bei uns in Osttirol einfach nicht anders geht und natürlich weil es ein super Ausgleichstraining ist. Das könnte ich ja theoretisch auf Strava auch verstecken - ich verheimlich auch nicht dass ich Intervalle bei den Skitouren gehe. Ich erkläre es jetzt nicht mehr so ausführlich wie früher - wenn ich schreibe „4x10min VO2Max“ und dann noch „30-30er Intervalle“ dann fragen die Leute nach und dann geht das mehr und mehr ins Detail. Ich schreibe dann eher „VO2Max Intervalle“ oder „Harte Einheit auf der Rolle“ und das passt auch. Mir haben Leute schon Auswertungen über mich selbst geschickt, das weiß nicht einmal ich so detailliert, meine aktuelle Schwelle oder den FTP-Wert.

Alban Lakata auf Strava

Osttirol präsentiert sich als sportliche Raddestination - was bekommst du davon mit?

Es tut sich sehr viel in Lienz und in ganz Osttirol, zum Beispiel auch mit dem Bikepark am Hochstein, der weiter wächst.

Dort gibt es ja auch den Lakata-Trail.

Genau, den bin ich ich ja damals mit Peter Sagan bei der Eröffnung heruntergefahren. Das Team von Bora-Hansgrohe ist regelmäßig auf Trainingslager in Lienz, da könnte ich auch mitfahren - das ist schon ein eigenes Flair, wenn so eine große Mannschaft da auf Höhentrainingslager ist und die Gegebenheiten nutzt. Die Leute schauen auf Lienz und Osttirol - da kann man Radfahren, da gibt es die Infrastrukturen - insgesamt eine sehr gute Initiative.

Und für dein sportliches Mountainbiken?

Die Trainingsausfahrten mit großen Mannschaften sind gut, Hermann Pernsteiner war letztes Jahr für ein paar große gemeinsame Runden hier - es macht Riesenspaß, mit solchen Leuten zu trainieren. Der Bikepark kommt mir da sehr zu gute, weil ich da meine Skills trainieren kann.

Das heißt, den nützt du regelmäßig?

Ja, gerne und oft, wenn es sich ausgeht. Aber auch sonst - wir haben viele Radwege, sodass man nicht nur auf den Hauptstraßen unterwegs sein muss.

Du bist aber auch recht viel auf den Bundesstraßen unterwegs?

Ich fahre gerne die Kreuzbergrunde und die Lesachtalrunde. Es sind flüssige Schleifen, man kann teilweise die Radwege benützen, schöne vier Stunden lang. Wichtig ist, dass es Runden sind und man nicht einen Radweg rauf und runter fährt. Auf halbem Weg in Hermagor hab ich mein Stamm-Café für einen Cappuccino, bevor ich weiterfahre.

Du fährst also nicht mit dem Kopf unten am Lenker sondern schaust auch mal in die Landschaft?

Teils, teils - bei so einer Runde gibt es z.B. Strava-Segmente, die baut man ein und dann hat man während der Fahrt immer wieder kleine Herausforderungen.

KOMs (King of the Mountain-Wertungen) sind schon ein Ansporn für dich?

Ja sicher - z.B. der KOM am Gailberg gehört nicht mehr mir, der wurde bei der Dolomitenradrundfahrt unterboten. Der Kreuzberg ist extrem umkämpft, den hab ich mir kürzlich zurückgeholt. Im Gailtal gibt es ein langes flaches Segment, das ich immer wieder einmal in Angriff nehme.

Also Strava als Motivation?

Das ist ein wesentlicher Pluspunkt von Strava - die Motivation, die man daraus zieht. Man schaut, was die anderen fahren, dann kann ich halt auch einmal 4-5 Stunden in der Kälte trainieren. Mit den KOMs sehe ich aber auch, wo ich an mir arbeiten kann. Ich fahre jetzt nicht in der Welt herum, um KOMs zu sammeln, aber wenn auf einer größeren Runde z.B. der Monte Zoncolan dabei ist, dann versuche ich schon, mir den zu schnappen. Der Zoncolan von Ovaro ist seit dem Giro relativ schwierig mit der Zeit vom Froome - obwohl der hat das gar nicht hochgeladen…

Wie oft bekommst du ein Email, dass du einen KOM verloren hast?

E-Mail nicht, weil die Funktion ausgeschaltet ist, aber Benachrichtigungen schon regelmäßig, viele kommen aber auch mit dem Auto oder E-Bikes zustande. Falls ein KOM mir ehrlich abhanden kommt, dann kann das schon motivieren, beim nächsten Mal in diesem Segment etwas mehr Gas zu geben.

Auch weil du recht viel alleine unterwegs bist?

Definitiv. Und auch für den sportlichen Ehrgeiz, um andere Leute wieder zu motivieren etwas zu tun. Den KOM am Kreuzberg hab ich mir zuletzt zurückgeholt, dann hoffe ich, dass da der nächste kommt und die Zeit wieder verbessert. Man lernt nicht nur wie man schneller fährt, sondern auch auf die Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Man wird ein feinfühliger Fahrer, schaut wie sich der Wind verhält - über die tageszeitabhängigen Windverhältnisse auf der Rückseite des Iselsberg weiß ich mittlerweile sehr viel. Das sind so Spielereien, aber die machen das Ganze spannend und interessant. Und es geht ja im Endeffekt darum, dass es nicht fad wird.

Gutes Stichwort für ein Schlussplädoyer: trotz allem Ehrgeiz und Wettkampf gehst du gerne Radfahren und es macht dir Spaß? Es gibt ja immer wieder Interviews mit Profis oder Fahrern, die sagen, dass sie in ihrer Freizeit kein Rad angreifen würden…

Die meisten haben eine romantische Vorstellung vom Leben eines Radprofis, aber ich kann sagen, es ist mit Sicherheit nicht immer romanisch. Es macht mir schon zu 90% Spaß. Ich trainiere gerne strukturiert aber eben manchmal auch ins Blaue hinein. Spaß ist dabei ein wichtiger Motivationsfaktor - wenn man den nicht mehr hat, im Training und auch im Rennen, dann ist es bald vorbei. Ich fahre liebend gern Rennen und ich trainiere auch extrem gern. Für beides musst du Spaß daran haben, da spielt dann auch das Alter keine Rolle. Wenn du dich zum Training motivieren kannst, dann wird die Leistung nicht so schnell abfallen.

Alban, Vielen Dank für die Zeit und das Interview - Alles Gute für die kommende Saison im neuen Team Bulls.

Alban Lakata auf Facebook, Instagram, Strava und sein Steckbrief des Team Bulls:

Bahnschnuppern mit Florian Posch

Es macht keinen Sinn, jemanden hinauf auf die Bahn zu zwingen, vielmehr geht es darum, dass der Kopf versteht, dass es funktioniert - der Rest passiert von alleine. Jene, die es gleich verstanden haben, erkennt man am höher werdenden Tempo und am Lächeln auf den Lippen. Jene, die etwas länger brauchen, bekommen Unterstützung von Florian - und wenig später lächeln auch sie!

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Velo/Run 2017 - Florians Rennbericht (Gastbeitrag)

169k.net

Leider konnte ich ja beim Rennen vor meiner Haustüre diesmal nicht dabei sein. Meine Verkühlung hat es nicht erlaubt, mitzufahren, sehr wohl aber Fotos zu machen. Neben den tollen offiziellen Fotos auf der Homepage des Veranstalters könnt ihr hier auch meinen Beitrag durchschauen.

geradeaus.at

Sowohl aktiv als Rennteilnehmer als auch "passiv" mit der Kamera waren auch Tini & Andy von geradeaus.at beim Velo/Run dabei, hier könnt ihr einen spannenden Bericht dazu lesen. Im Vorfeld des Rennens waren wir ja schon zusammen auf der Strecke unterwegs, das großartige Video von damals findet ihr auch auf der Seite von geradeaus.at!

Rennbericht von Florian

Bei einer anderen Gelegenheit war ich auch mit Florian auf dem Kurs des Velo/Run unterwegs, als Vorbereitung auf sein erstes Radrennen. Die dabei entstandenen Eindrücke haben ihm hoffentlich geholfen, das Rennen noch etwas besser zu meistern! Siene Leistung kann sich absolut sehen lassen, außerdem war er so lieb, einen Erfahrungsbericht über den Velo/Run zu verfassen, den ich euch hier als Gastbeitrag natürlich nicht vorenthalten will:

Am Sonntag war es soweit, mein erstes Radrennen. 318 Anmeldungen standen am Vortag auf der Starterliste, am Ende wurden 295 gewertet. Die Wetterprognose eher ernüchternd. Es regnete die ganze Nacht durch, jedoch wurde zumindest kein Regen nach dem Start um 9 Uhr vorhergesagt.

Neben der kurzfristigen Vorbereitung am Rad, Kleidungsauswahl und Verpflegung am Vortag, stand bei der langfristigen Vorbereitung das zweimalige Befahren der Strecke auf dem Programm.

Der Renntag

Unter Regen erfolgte die Anreise nach Baden und es stellte sich mir wiederholt die Frage: „Warum tue ich mir das eigentlich an?“. Als erklärter Schönwetterfahrer graute mir die Vorstellung, mein schönes Rad zu verschmutzen. Ich ließ mich davon jedoch nicht abhalten und zog meine Vorbereitung durch. Schuhe an, Helm auf, Wind-/Regenjacke an. Darunter das Vereins-Trikot mit einem Merino Baseshirt, da die Temperaturen wohl nicht über 13 Grad klettern sollten. Gegen 8:30 nochmals Nieselregen. Kurzes Einrollen folgt, das Wasser der Straße spritzt in alle Richtungen. Um 8:40 stehe ich am Start, langsam füllt sich der Startbereich. Der Regen hört auf, die Regenjacke wird durch eine Windweste ersetzt. Die Anspannung steigt, der Puls klettert demnach leicht in die Höhe. Die Frage nach dem „Warum“ wird mich noch mehrmals begleiten in den nächsten 2 ½ Stunden.

Foto: Velo/Run / Rainer Mirau

Dann endlich der Startschuss pünktlich um 9 Uhr. Ich positioniere mich rechts außen und habe so das Gefühl, dass ich zumindest auf das Bankett ausweichen könnte. Der Tross von 300 Radlern setzt sich von Baden über die B210 nach Mayerling in Gang. Zu Beginn noch neutralisiert wird nach wenigen Kilometern das Tempo  erhöht. Der Blick auf die Vordermänner gerichtet, das Wasser kommt von allen Seiten und schon längst ist mir klar, dass eine intensive Radwäsche nachmittags am Programm steht.

Nach rund 5km der erste Body Check – es geht eng her. Ich suche Lücken und versuche mich abzuschirmen, das Tempo geht schnell über 40km/h. Durch Mayerling weiter nach Alland, das Feld noch dicht zusammen, geht es danach nach Klausen-Leopoldsdorf. Nun mit durchschnittlich 4-6% Steigung nach Forsthof. Langsam wird das dichte Feld ausgedünnt, ich versuche mich vorne an der Spitze zu halten. Oben am „ersten“ Anstieg angekommen, bleibt diesmal keine Zeit für den schönen Ausblick auf den Wienerwald, macht nichts, die Sicht heute ohnedies nur grau in grau. Ich bin in den Top 30 dabei, jedoch geht es nun bergab mit Geschwindigkeiten über 70km/h nach Laaben. Der Carbonlaufradsatz zwar schön leicht, das Bremsen im Nassen jedoch suboptimal. Bei den Bedingungen gehe ich keine Risiken ein und nehme Tempo raus. Ich werde überholt und lasse mich in meinem Tempo nicht beirren.

In Laaben angekommen, bleibt wenig Zeit zum Erholen, der nächste Anstieg Richtung Klammhöhe wartet auf die Oberschenkel. Ich sehe, dass vor mir bereits eine Gruppenbildung beginnt. Ein kurzer Versuch meinerseits aufzuschließen scheitert, die rund 100m Abstand hole ich bergauf mit Wind alleine nicht auf, außerdem warten doch noch 45km auf mich und 2 Anstiege. Kräfte sparen. Ich fahre mein Tempo zum höchsten Punkt der Strecke (650m), vereinzelt kann ich ein paar Plätze gut machen, werde aber auch überholt. Oben angekommen sind wir zu Dritt, aber auch bei dieser Abfahrt gehe ich nicht ans Limit und lasse die 2 anderen ziehen. Die nächsten gut 10 Kilometer bin ich fortan alleine unterwegs. Verpflegung bis jetzt erst 0,3L Isogetränk und 1 Riegel. Gefühlt haben meine Socken und Schuhe mehr Flüssigkeit aufgenommen. Vor dem nächsten Anstieg dann sicherheitshalber noch ein Energy Gel.

Zwischen Neuwald und St. Corona kommt eine kleine Gruppe auf mich zu und wir beschließen gemeinsam weiterzufahren. Wir wechseln uns im Wind ab und fahren ein flottes Tempo zu den nächsten Anstiegen. Bergauf merke ich, Energie ist noch in den Beinen. Die Zeit vergeht flott, die Gruppe und Geschwindigkeit passt. Dann endlich in Neuhaus links abbiegen zum letzten Anstieg – auf nach Schwarzensee. Knackige 12% warten in einem Waldabschnitt, bevor es dann wieder durchs Helenental gut 15km zurück an den Ausgangspunkt in Baden geht.

Der Anstieg gelingt ganz gut, die Strapazen sind mir bei der Nahaufnahme doch etwas ins Gesicht geschrieben – ein Lächeln wird mir dennoch entlockt. Langsam findet auch die Sonne an den Wolken vorbei, kalt und feucht bleibt es dennoch. Oben am Anstieg tut es gut ein paar bekannte Gesichter zu sehen. Kurzer Blick nach hinten, zusammenwarten und formiert als 4er Gruppe Richtung Ziel. Mit Tempo 40km/h+ im belgischen Kreisel werden die letzten 15 Kilometer gemeistert. Dann die Abbiegung zum Start/Zielbereich. Den Schlusssprint lasse ich mir natürlich nicht nehmen, Puls noch einmal auf 180 und auf 50km/h beschleunigen. 100 Meter vor dem Ziel noch ein Schlagloch und ein Knall, unbeirrt fahre ich durch das Ziel. Später stellte sich heraus, dass sich meine Satteltasche eigenständig gemacht hat – optimale Gewichtsoptimierung für den Sprint.

Foto: Florian Klemm

Nach dem Durchatmen im Ziel und dem überstreifen der Finisher Medaille, hörte ich dann auch schon vom Sprecher, dass eine kleine schwarze Tasche gefunden wurde. Das fehlende Equipment aufgesammelt, ein Erdinger Alkoholfrei geschnappt und dann endlich den ersten Dreck abwaschen.

Irgendwann folgte noch der erste Blick auf das Smartphone und die Ergebnisse wurden gesucht: 49. Gesamtrang, 12. Platz in meiner Altersklasse. Erwartungshaltung mehr als erfüllt. Finisher Zeit 2h 32min und 45sek, 12 Minuten langsamer als die Sieger.

Resümee

Schlussendlich hat es doch Spaß gemacht, den Stress  zu Beginn und das unfreundliche Wetter ausgeblendet. Das Wichtigste für mich, Rennatmosphäre kennenlernen und unfallfrei ins Ziel kommen. Die Vorfreude auf die nächsten Radkilometer und Projekte ungebrochen, das nächste Rennen wohl nicht vor Ende Juni. Das Training aber doch ganz klar auf Langdistanzen ausgerichtet.

Foto: Florian Klemm

Start: 09:00 (neutralisierter Start)
Länge: 85,3km
Höhenmeter: 1.100
Zeit: 2h32min45sek
Gesamtrang: 49 von 295
Klassenrang: 12 von 71
MW-Rang: 47 von 272

Bikefitting

Bevor wir einsteigen, ein paar Fragen, die jede und jeder für sich selbst beantworten sollte:

  • Habe ich beim oder nach dem Radfahren schon einmal Rücken-, Sitz- oder Gelenksschmerzen gehabt?
  • Kann ich lange Strecken beschwerdefrei durchfahren?
  • Passen die Anbauteile an meinem Rad (Lenker, Vorbau, etc.) zu mir und meinem Fahrstil?
  • Möchte ich meinen Leistungsoutput verbessern/optimieren?
  • Habe ich beim Radkauf eine Beratung und eventuelle Anpassung bekommen?
  • Hat mein Rad mehr als ein Monatsgehalt gekostet?

Wer bei einer dieser Fragen (es gibt noch einige mehr!) ins Grübeln kommt, sollte über die Möglichkeit eines Bikefittings nachdenken! (Was der Preis des Rades damit zu tun hat, dazu kommen wir noch).

Bikefitting - wozu?

Eigentlich geht es ja "nur" darum, das Rad in seinen Einstellungen an die körperlichen und trainingstechnischen Bedürfnisse des Fahrers und dessen Körper anzupassen. Ein vermeintlich kleiner und unbedeutender Schritt also - offenbar so klein und unbedeutend, dass viel von uns ihn einfach überspringen. Für viele ist die richtige Einstellung des Rads auch schon abgeschlossen, wenn die Sattelhöhe halbwegs richig eingestellt ist - wie war das? Ferse aufs Pedal und durchstrecken, dann ist alles gut? Nicht gut!!

Bikefitting ist zurecht gerade ein sehr präsentes Thema. Es macht doch auch viel mehr Sinn, sich um die richtigen Einstellungen des Rades zu kümmern, bevor irgendwo Schmerzen auftreten, bevor irgendein Gelenk irreversibel abgenutzt ist, bevor wir uns "falsche" Bewegungsmuster angewöhnen. Viele von uns verbringen ohnehin schon den Großteil des Tages sitzend vor dem Bildschirm, von dort bringen wir schon genügend Belastungen unseres Körpers mit in die Freizeit - auf dem Rad sollten wir uns dann zumindest wohlfühlen können und unsere Schmerzen, Belastungen und Fehlstellungen nicht noch verstärken. Rund die Hälfte der Bikefittings finden erst statt, nachdem Probleme aufgetaucht sind - nicht gut!

Grob die andere Hälfte der Bikefittings hat den Zweck, die Leistungen zu optimieren, die wir am Rad erbringen. Auch hier ist es mit der grundsätzlich richtigen Sitzposition nicht getan - eine Vielzahl von (Gelenks-)Winkeln und Längenverhältnissen bestimmen, wie effektiv wir unsere wertvollen Watt auf das Rad übertragen können und wie effizient die Leistung auch dort hinkommt, wo sie im Endeffekt hin soll.

Das Bewußtsein für die Notwendigkeit eines Bikefittings scheint im Allgemeinen zu steigen - das ist eine gute Sache. Auch und gerade dem Hobbysportler - die wir unsere wertvolle Freizeit dem Radsport verschrieben haben - sollte eine angenehme & schmerzfreie aber gleichzeitig etwas leistungsoptimierte Position auf dem Rad ein Anliegen sein.

Bikefitting - Ablauf

Schauen wir uns das Ganze etwas detaillierter an! Christoph und Lukas von P.bike waren so freundlich, mich bei einem Bikefitting über die sachkundige Schulter schauen zu lassen (Cafe und viele dumme Fragen meinerseits inklusive) ;)

1. Der Fahrer

Am Beginn steht die Aufnahme von einigen Grunddaten zum Fahrer. In diesem Fall bekommt Ironman Robert ein Bikefitting für seine Triathlon-Maschine. Die biometrischen Daten (Körpermaße) sind schon mal der erste wesentliche Input für das Bikefitting-Computersystem, das bei P.bike in Verwendung ist. Die relevanten Körperteile von Robert werden mittels Laserpunkten bemessen.

Auch die Frage nach Verletzungen, Vor-Schädigungen, Fehlstellungen oder bekannten Einschränkungen im Bewegungsapparat wird hier abgehandelt. Jede und jeder von uns ist schon mal gestürzt, manche schleppen vielleicht eine "Erinnerung" an frühere Tage mit sich herum, die wenigsten von uns "funktionieren" 100% planmäßig... Derartiges Wissen muss entsprechend ins System eingepflegt werden, das betroffene Gelenk wird uns später noch sehr dankbar sein.

Genauso zum Fahrer gehören auch die individuellen Ansprüche, die man an sich selbst im Sport stellt. Ist man Genussfahrer, sportlich ambitioniert oder zu 100% auf Wettkampf getrimmt? Stack & Reach - hä?? Das Rad gibt schon einiges vor, aber beim Bikefitting geht es vor allem auch darum, dass Rad an die jeweiligen sportlichen Bedürfnisse anzupassen. Also gleich raus damit und ehrlich sein, was man eigentlich will am Rad (und was nicht).

2. Das Rad

Auch das Rad wird mit Laser vermessen. Eckpunkte und Positionen der relevanten Anbauteile (Sattel, Vorbau, Lenker), Tretlagerposition, Kurbellängen - alle jene Punkte, die auf die Position am Rad einen Einfluss haben.

3. Die Einstellungen

This is where the magic happens - mit den Maßen von Roberts Körper und jenen des Rads gefüttert, berechnet die Software nun eine dem vorher angegebenen Einsatzzweck entsprechende optimale Sitzposition und schlägt gleichzeitig auch die notwendigen Korrekturen an den einzelnen Teilen vor - also Sattel x cm nach vorne, Sattelstütze y cm raus und Lenker z cm nach oben. Klingt großartig oder?

Ganz so einfach ist es dann aber doch wieder nicht - eine gehörige Portion Know-How ist notwendig, um - bei allem Technologievertrauen - die Individualität jedes einzelnen Radlers und jeder einzelnen Radlerin zu berücksichtigen. Sobald also die vom System vorgeschlagenen grundlegenden Einstellungen vorgenommen sind, geht es ins Detail. Will der Radler das überhaupt so? Wie weit weicht man von den vorigen Einstellungen ab? Haben wir uns teilweise falsche Dinge so sehr antrainiert, dass man mit einer Änderung nur Schaden anrichten würde? Passen die Einstellungen zu meinem Fahrstil? Ist meine Muskulatur imstande, neue Belastungen zu verkraften (Nacken!)? All das gilt es hier Schritt für Schritt herauszufinden und in den Einstellungen entsprechend zu berücksichtigen.

Christoph ist Sportwissenschaftler und weiß wovon er spricht. Erst im Gespräch kommt man drauf, wie die Vorschläge des Bikefitting-Computers umzusetzen sind - und dafür nimmt er sich auch die notwendige Zeit. Er erklärt eine wesentliche Unterscheidung zwischen dem hinteren System aus Sitzposition, Sitzwinkel und Tretlager und auf der anderen Seite dem gesamten Vorbau-Lenker-System. Der hintere Bereich ist an sich einmal anhand der Körpermaße einzustellen und danach mehr oder weniger unverrückbar - für die optimale Kraftübertragung auf das Pedal gibt es nun einmal einen gewissen Knie-Winkel und der ändert sich im Grunde nicht, egal auf welchem Rad man sitzt. Veränderungen an der Front des Rads geben hingehen den Ausschlag, wie sportlich/aerodynamisch/gestreckt man auf dem Rad sitzt oder eben schon liegt.

4. Die Pedalplatten

Klein aber mit großer Auswirkung - gerade deshalb sollte man die Pedalplatten keinesfalls vernachlässigen! Die Ausrichtung und Montage der Platten an der Schuhsohle ist ohnehin schon eine wacklige Angelegenheit, wenn man zuhause auf dem Sofa sitzt und versucht, die drei Schrauben gleichzeitig anzuziehen, ohne dabei die Platte wieder großartig zu verschieben. Dabei geht es auch hier um Millimeter - in alle Richtungen.

Das Großzehengelenk ist im Regelfall rund einen Zentimeter vor der Pedalachse positioniert - am Einfachsten ist, man markiert sich das Großzehengelenk am Schuh mit einem Klebeband. Die seitliche Positionierung ist dann etwas Spielerei. Im Sinne der Aerodynamik kann man grundsätzlich versuchen, möglichst weit nach innen - zum Pedal - zu rücken, allerdings bitte genug Platz lassen, damit man nicht mit den Schuhen an der Kurbel streift. Etwas heikel kann es werden, wenn Gelenksprobleme oder Fehlstellungen bekannt oder vorhanden sind. Dann geht es darum, in kleinen Schritten den richtigen Winkel der Pedalplatten zur Fußachse zu finden. Jeder, der schon einmal eine Runde mit falsch eingestellten Cleats absolviert hat, weiß, dass schon eine kleine Veschiebung zu Knieschmerzen führen kann. Also hier besser sorgfälitg arbeiten. Wer - so wie ich - mehrere Paar Schuhe hat, ist natürlich gut bedient, alle Schuhe möglichst ähnlich einzustellen.

Christoph nimmt hier eine Plastik-Schablone von Ergon zuhilfe, damit fällt zumnidest die gröbste Wacklerei beim Anschrauben weg :)

5. Das Ausprobieren

Nachdem mittlerweile alles vermessen, besprochen und eingestellt ist, heißt es nur noch "Aufsitzen!" und ausprobieren. Vorerst im Geschäft, auf der Rolle!

Robert tritt in neuer Position zum ersten Mal kräftig in die Pedale. Die eine oder andere Änderung kann sich gleich gehörig auf die Sitzposition auswirken und damit auch auf das Gefühl, wie man sich auf dem Rad fühlt. Hier sind das Feedback und die Kommunikation wichtig - Christoph schaut aufmerksam auf die Bewegungen von Robert, wie sich das Rad verhält, wie sich die Gelenkswinkel darstellen, wie sich Robert anstellt. Dieser wiederum versucht sich auf dem Rad "auszubreiten", unterschiedliche Positionen einzunehmen, einmal stärker, einmal schwächer zu treten, aus dem Sattel zu gehen, zu "hören" und zu "fühlen"!

Manche Änderungen werden sofort in ein lautes "Aha" münden, andere werden Probleme lösen - vielleicht sogar jene, von denen man vorher gar nicht gewußt hat, dass sie ein Problem waren. Andere Dinge werden nicht auf Anhieb funktionieren oder sich zu Beginn "komisch" anfühlen. Diese Dinge wiederum vor dem individuellen Hintergrund jedes Einzelnen zu besprechen und darauf einzugehen ist ein Schlüssel zu einem guten Bikefitting. Im Idealfall sollten wir alle halbwegs auf unsere Körper hören können, und verstehen, wenn wir eindeutige Signale zugeschickt bekommen.

6. Der Nachlauf

Robert wird mit seinen neuen Einstellungen ein paar Ausfahrten unternehmen und dann noch einmal zu Christoph in den P.bike-Store kommen. Jedes Bikefitting ist ein Lernprozess - für den Radler, aber natürlich auch für den "Bikefitter". Änderungen an einzelnen Teilen sind mit ein paar Drehungen des Inbusschlüssels erledigt - die Auswirkungen dieser Änderungen können aber oft erst nach ein paar Kilometern - manchmal sogar erst nach vielen Kilometern - gespürt, bewertet und eingeschätzt werden.

Wie so oft heißt es im Endeffekt: "Es gibt nicht DIE richtige Position am Rad", es geht vielmehr darum, die geeignete Position für den individuellen Körper und Einsatzzweck zu finden. Dieser Prozess muss dementsprechend auch erlauben, dass man nach ein paar Ausfahrten noch einmal zurückkommt, um Feedback abzugeben und vielleicht doch noch die eine oder andere Schraube nachzudrehen.

Bikefitting - Was gibt es noch zu sagen?

Statisches vs. Dynamisches Bikefitting

Oben wird ein statisches Bikefitting beschrieben - eine von vielen unterschiedlichen Varianten, wie man heutzutage ein Bikefitting durchführen kann.

Viele haben schon vom berühmten "Retül" gehört, dem Frankenstein unter der Rädern, an dem jedes Teil in alle erdenklichen Positionen gebracht werden kann, auf der anderen Seite gibt es mittlerweile sogar Apps zum Download, die im eigenen Wohnzimmer ein Bikefitting (vermeintlich) ermöglichen. Die Varianten sind hier zahlreich.

Beim dynamischen Bikefitting werden hingegen Marker an bestimmten Punkten des Körpers angebracht, mit Kameras werden dann die tatsächlichen Bewegungen auf dem Rad aufgenommen und bestimmt und dementsprechend dann die Einstellungen variiert - ein System, das auch bei Pbike zur Anwendung kommt (mehr dazu bald!)

Wesentlich und grundsätzlich ist jedoch: Bikefitting, ja bitte machen! Wie, in welcher Form und wo ist zweitrangig. erkundigt euch in eurem Umfeld, sprecht mit euren Freunden, holt Informationen ein. Ein gutes Bikefitting kostet nicht die Welt - vor allem im Verhältnis zum Kaufpreis der meisten Räder!

Rennrad vs. Zeitfahrer/Triathlonrad

Robert hat sich in diesem Fall ein Zeitfahrrad anpassen lassen. Warum haben wir das gemacht? Ganz einfach, die Komplexität und der Anspruch, ein Triathlonrad zu "fitten" ist noch einmal höher als bei einem normalen Rennrad. Die Verstellmöglichkeiten sind vor allem an der Lenker-Vorbau-Einheit noch einmal komplexer.

Aber wie schon zuvor erwähnt: Manche grundlegende Einstellungen sind unabhängig vom Radtyp. Nicht unabhängig vom Radtyp ist allerdings, dass ein Bikefitting sehr viel Sinn macht. :)

Aufmerksamen Lesern mag außerdem nicht entgangen sein, dass wir hier ein Canyon (also ein Versenderrad) in den Shop gebracht haben. Ohne hier auf die Diskussion "Versand versus stationärer Handel" einzugehen - gerade bei Versenderrädern macht es Sinn, ein Bikefitting vorzusehen. Natürlich kann ein Bikefitting nach dem Kauf beim Versender kein komplett unpassendes Rad passend machen - eine vorherige Probefahrt oder eine sehr gute Kenntnis der eigenen Körpermaße ist noch immer essentiell - aber gerade bei Versenderbikes wird eine genaue Anpassung auf die individuellen Bedürfnisse in den meisten Fällen notwendig sein. Der Vorteil des Handels hingegen liegt hier auf der Hand - nämlich "alles aus einer Hand"!

P.bike

Christoph Pulz führt den Familienbetrieb P.bike im 9. und 17. Wiener Gemeindebezirk. Er und sein Team bieten Verkauf und vielfältiges Service in einer sympathischen und entspannten Atmosphäre. Davon soll sich aber am Besten jede und jeder ihr/sein eigenes Bild machen - zum Beispiel beim Season Opening im Shop in der Boltzmanngasse Ecke Alserbachstraße vom 30.03.-01.04-17. (Link zum Facebook-Event: hier)

Handzeichen in der Gruppe

Bald wird hoffentlich das Wetter wieder etwas schöner - das bedeutet, dass wir auch wieder öfters zu Gruppenfahrten aufbrechen werden. Gleichzeitig befindet sich der Radsport in scheinbar ungebremstem Wachstum, jedes Jahr finden mehr von uns den Weg aufs Rad, auf die Straße und zu organisierten Ausfahrten. Das heißt, wir werden immer mehr und mehr - was großartig ist! Umso wichtiger ist, dass wir für ein reibungsloses und vor allem sicheres Miteinander auf dem Rad ein paar Basics beachten.

Eine der elementarsten Voraussetzungen für das Radfahren in der Gruppe sind Handzeichen. Je höher das Tempo und je größer die Gruppe, desto wichtiger ist das Befolgen gewisser Grundregeln. In erster Linie ist die folgende Zusammenfassung von Handzeichen für jene gedacht, die noch nicht so viel Zeit auf dem Rad verbracht oder bis jetzt noch nicht an Gruppenausfahrten teilgenommen haben. Gleichzeitig soll sich aber jeder auch noch so erfahrene Radler für sich nochmal überlegen, wie sorgfältig er mit Handzeichen umgeht und ob er oder sie diese im Alltag auch einsetzt. Ich bin ja überhaupt kein Freund des "erhobenen Zeigefingers" und möchte auch niemanden belehren, aber in diesem Fall sollte die Sicherheit der Gruppe über etwaigen Eigeninteressen stehen. :)

Handzeichen

Was sind nun die gängigsten Handzeichen und Signale?

Achtung / Stop

Die flache Hand senkrecht nach oben gestreckt signalisiert "Vorsicht / Achtung" für die gesamte Gruppe und bedeutet, bremsbereit zu fahren, abzubremsen bzw. bereit zu sein, zu einem vollständigen Halt zu kommen. Häufigster Einsatzzweck - abgesehen von plötzlich auftretenden Gefahren - sind Kreuzungen, Abzweigungen, Ampeln und dergleichen. Da das Signal über dem Kopf stattfindet und die Köpfe der RadlerInnen während der Fahrt tendenziell eher nach unten gerichtet sind, wird das Handzeichen häufig von einem Ruf "Vorsicht / Halt / Stop" begleitet.

Abbiegen

Dieses Zeichen haben die meisten von uns schon während der Radprüfung in der Volksschulzeit gelernt. Ein Abbiegen der Gruppe wird mit einem Zeig in die einzuschlagende Richtung angezeigt. Damit das Zeichen eindeutig erkennbar ist und nicht in der Gruppe untergeht, ist es sinnvoll, die Hand leicht über Schulterhöhe zu heben.

Hindernis auf der Strecke

Zweige, Steine, Schlaglöcher aber auch Poller und andere kleinere bzw. punktuelle Hindernisse können erhebliche Folgen nach sich ziehen, wenn sie nicht erkannt und rechtzeitig an die Gruppe kommuniziert werden. Bei höheren Geschwindigkeiten und im Windschatten des Vorausfahrenden ist es so gut wie unmöglich, schnell genug zu reagieren, um derartigen Hindernissen noch ausweichen zu können. Ein Fingerzeig auf die Seite des Hindernisses reicht als Warnung an den Hintermann aus, wichtig ist ein rechtzeitiges Weitergeben und daher auch ein entsprechendes Vorausschauen der Gruppenspitze.

flächiges Hindernis auf der Strecke

Im Gegensatz dazu wird auf flächige Hindernisse mit der flachen Hand hingewiesen - wiederum jeweils auf jener Seite, auf der das Hindernis auftritt. Flächige Hindernisse sind dabei in erster Linie Rollsplitt, Fahrbahnverschmutzungen, Glasscherben, etc. Wer nicht sicher ist, ob ein Hindernis jetzt "punktuell" oder "flächig" ist - nicht allzu lange nachdenken, sondern einfach mit dem Finger hinzeigen! Das ist jedenfalls besser als gar keine Warnung.

waagrechtes Hindernis

Darunter sind all jene Hindernisse zu verstehen, die normal oder leicht schräg zu unserer Fahrtrichtung verlaufen: Schienen, große Fugen im Asphalt, Aufwerfungen in der Fahrbahnoberfläche (wie beispielsweise am Donauradweg zwischen Korneuburg und Greifenstein), Schwellen in der Fahrbahn und dergleichen. Ein Schwenk mit dem Zeigefinger hinter dem Rücken, ein pendelnder Arm oder das Nachzeichnen von Schienen mit zwei Fingern sind alles Varianten dieses Handzeichens. Auch hier gilt wieder: im Zweifelsfall einfach mit dem Finger draufzeigen ("Hindernis auf der Strecke"), das ist allgemeingültig.

Hindernis umfahren

Treten rechts oder links (statische oder langsame) Hindernisse auf - parkende Autos, langsame Fußgänger, Blumenrabatten - muss die Gruppe geschlossen aus der Fahrlinie schwenken und ausweichen. Auch hier gibt es unterschiedliche Varianten, vom Fingerzeig bis zum Schwenk mit der ganzen Hand jeweils in die auszuweichende Richtung. Fährt man in Zweierreihe, dann ist dieses Signal auf beiden Seiten weiterzugeben, nicht nur auf der Seite des Hindernisses.

Einserreihe / Zweierreihe

Ab einer gewissen Gruppengröße wird üblicherweise in Zweierreihe gefahren. Wenn die Straßenverhältnisse (z.B. Engstellen, schmale Brücken) oder andere Einflüsse dies nicht ermöglichen, kann durch das Heben des Zeigefingers signalisiert werden, dass in eine Einserreihe gewechselt werden soll - der Wechsel erfolgt üblicherweise nach dem Reißverschlussprinzip. Gleichermaßen kann man durch das Heben von Zeigefinger und Mittelfinger wieder der Wechsel auf die Zweierreihe signalisiert werden.

Abstand fordern

Mit zunehmendem Selbstvertrauen (nicht Leichtsinn!) und in gut funktionierenden Gruppen kann der Abstand zum Vordermann oder zur Vorderfrau schon mal recht knapp werden - gut für den Windschatteneffekt, mitunter kritisch für die Sicherheit. Touchiert man den Reifen des Vordermannes kann - neben einem selbst - auch dieser zu Sturz kommen, und die ganze Gruppe der Nachkommenden gleich dazu. Um daher im Fall von Tempoänderungen eine Sicherheitsreserve einzubauen, kann man dem Nachfahrenden signalisieren, dass er mehr Abstand halten soll. Üblicherweise hält man dazu kurz seine flache Hand hinter seinen unteren Rücken und damit ins Blickfeld des Nachkommenden, der damit verständigt wird, dass er den Abstand leicht erhöhen soll. Auf manchen Seiten im Internet findet man dafür auch ein kurzes Schnippen als Signal, ich persönlich habe das so aber noch nie gesehen. Wichtig ist dieses Signal jedenfalls, wenn man in den Wiegetritt wechseln möchte - sobald man aus dem Sattel geht schiebt man nämlich automatisch das Rad ein paar Zentimeter nach hinten - genug, um so manche Sicherheitsreserve des Nachfahrenden aufzufressen.

Gefahr anzeigen, ohne die Hände vom Lenker zu nehmen

Kein offizielles Signal aber doch ab und zu gesehen, ist das Herausstrecken beider Ellbogen gleichzeitig, um eine Gefahr zu signalisieren. Dieses Signal kann bzw. muss dann verwendet werden, wenn man beide Hände fest am Lenker hat oder haben muss. In diesem Fall kann auch ein kurzer Ruf hilfreich sein.

Signale weitergeben!

Für die Gruppe ist absolut essentiell, das sämtliche Handzeichen und Signale nach hinten weitergegeben werden! Wenn ihr in der Mitte der Gruppe fahrt und ein Hindernis selbst wahrgenommen habt, geht niemals davon aus, dass euer Hintermann dies auch getan hat. Sobald daher der Fahrer oder die Fahrerin vor euch ein Handzeichen gibt, wiederholt ihr dieses und helft damit dem Fahrer und der Fahrerin hinter euch.

In der Zweierreihe signalisieren außerdem immer beide Fahrer - wenn ein Hindernis auf der rechten Seite auftritt, ist es trotzdem notwendig, auch den links Fahrenden zu verständigen, immerhin muss hier die gesamte Gruppe ausweichen.

Rufen

Grundsätzlich kann auch jedes Handzeichen mit einem Ruf verstärkt werden. Festgelegte Wortlaute gibt es hier meines Wissens keine, aber "Rechts", "Links", "Langsamer" und "Halt/Stop" sind allgemeinverständlich und gültig.

Ein lauter Ruf kann im Notfall auch ein Handzeichen ersetzen, wenn ihr beispielsweise keine Möglichkeit habt, eine Hand vom Lenker zu nehmen - in solchen Fällen ist ein akustischer Hinweis immer noch besser als gar keiner!

Ebenfalls ein weitverbreiteter Ruf ist außerdem "Frei" oder "Geht", der signalisiert, dass die Einfahrt in eine Kreuzung oder Abzweigung gefahrlos möglich ist. Auch dieses Signal wird weitergegeben, allerdings nicht in blindem Vertrauen auf den Vordermann - hier ist es jedenfalls notwendig, dass jeder und jede sich von Neuem versichert, dass keine Gefahr aus dem Straßenverkehr droht!

Abschließend bleibt ein Appell, Handzeichen und Signale auch wirklich zu verwenden. Wie eingangs erwähnt, geht es um die Sicherheit einer Gruppe von Menschen - hier sollten Alleingänge oder Eigeninteressen nichts verloren haben. Im Zweifelsfall ist es ansonsten besser, ein Handzeichen lieber einmal mehr als einmal zu wenig zu machen. Erfahrenere Sportler sollten ihr Wissen weitergeben - in einer Art und Weise, dass Neu-Hinzugestoßene nicht gleich abgeschreckt werden. Ansonsten bleibt mir nur ein letztes Plädoyer für mehr Kommunikation am Rad - miteinander zu reden und zu wissen, was der andere tut, hat noch nie geschadet!

Hi!

Wenn wir schon bei Handbewegungen sind - da liegt mir noch Folgendes am Herzen: Es gibt so viele Gleichgesinnte unter uns, wir alle haben unseren Spaß am Rad, genießen Ausfahrten, Natur und sportliche Betätigung. Wir organisieren uns on- und offline zu Ausfahrten und sind so oft gemeinsam unterwegs - bei allem Respekt für die jeweiligen Einzelleistungen, das ganze ist schon auch eine soziale Geschichte.

Daher - es geht ja immerhin um Handzeichen - wenn ihr einen Radler seht, euch eine Radlerin entgegenkommt oder auch wenn ihr jemanden überholt: Hebt kurz die Hand, streckt einen Finger raus oder sagt kurz "Hallo"! #nottooprotosayhello

Vielen Dank an Jan für die geduldigen Model-Dienste! :)

Lanzarote

Letztes Jahr hab ich den Jahreswechsel auf Lanzarote verbracht. Wer für dieses Jahr noch auf der Suche nach Ideen ist oder sich inspirieren lassen möchte, hier ein kleiner Erfahrungsbericht.

Ich hab ja wenig bis keine Erfahrung was das Radeln auf den „klassischen“ Inseln betrifft (Mallorca hab ich bis jetzt ausgelassen aber das kommt sicher bald). Außerdem war mein Aufenthalt auf Lanzarote als Entspannungsurlaub und Besuch von Freunden ausgelegt. Der Plan, dort auch in die Pedale zu treten kam erst relativ spät – von daher war die Reise auch nicht rund ums Rad geplant. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich in diesem Fall ein paar Sachen anders gemacht...

Lanzarote hab ich im Vorfeld der Reise nicht als „DIE“ Radinsel wahrgenommen. Die World Tour-Teams trainieren woanders und auch die meisten Radler in meinem Umfeld zieht es wenn dann nach Mallorca. Umso überraschender war – einmal auf der Insel angekommen – die riesige Anzahl an Radlern, die sich dort tummeln. Ambitionierte Großgruppen, Familien, tief(f)liegende Zeitfahrer und Triathleten, Alt & Jung, aus aller Herren Länder – aus dem Grüßen bin ich nicht mehr herausgekommen. Die schiere Masse hat positive Konsequenzen: Es ist (fast) immer genug Platz auf der Straße in Form von Seitenstreifen, auf denen man relativ unbehelligt seine Kreise ziehen kann und Autofahrer nehmen großteils Rücksicht und halten entsprechend Abstand.

Lanzarote ist nicht sehr groß! Das hat zur Folge, dass man relativ schnell einen Überblick gewonnen hat und auch in kurzer Zeit die Insel erkundet (=abgefahren) hat. Es gibt zahlreiche kleine Verbindungsstraßen, sodass genug Möglichkeiten zur Variation vorhanden sind und immer wieder Neues entdeckt werden kann, die Hauptachsen braucht man jedoch immer wieder – das kann vielleicht etwas langweilig werden, wenn man länger unterwegs ist.

Mitunter auch deshalb, weil die Topographie der Insel tückisch ist. Das beginnt beim Faktum, dass in einer Landschaft ohne Hindernisse Straßen einfach geradeaus gebaut werden – Lange! Geradeaus! Die Asphaltbänder ziehen sich daher öfters wie ein einziger gerader Strich bis zum Horizont bzw. bis zum nächsten Vulkankegel. Hinzu kommt, dass es auf Lanzarote so gut wie keinen Meter ohne Neigung gibt! Es geht eigentlich permanent mit 2-6% Steigung/Gefälle dahin, mit dem Ergebnis, dass man auf einer 70-80 km-Runde immer locker über 1000 hm kommen wird.

Als Sahnehäubchen oben drauf weht auf Lanzarote beständiger Wind in unterschiedlicher Stärke und aus unterschiedlicher Richtung. Die meiste Zeit kann man diesen Wind als angenehme Kühlung während des Fahrens aus den Gedanken streichen, allerdings sollte man Acht geben, wenn der Wind auf 50-70 km/h auffrischt. Die Streckenwahl sollte dann wohl durchdacht sein. Auf einer meiner Runden war es großartig, in der (Fast-Ebene) sechs Minuten lang mit 65 km/h zu fahren, aber für solchen Leichtsinn bekommt man spätestens am Rückweg eine saftige Rechnung präsentiert.

Wirft man das nun alles zusammen, bekommt man folgendes: Lange Geraden, „falsche Ebenen“, wenig Ablenkung, Wind. Für mich persönlich bedeutet das, man benötigt eine gewisse Grundkondition und –ausdauer und vor allem auch einen halbwegs „gefestigten Charakter“ oder einfach gute Nerven, damit es mit dem Rennrad auf Lanzarote Spaß macht. Dafür macht es dann sehr viel Spaß!

Highlights sind die Fahrt durch den Timanfaya Nationalpark (geradeaus!), „die eine“ Bergstraße mit Serpentinen sowie die übrigen Straßen rund um Haría im Norden, sowie die Verbindung von Ye nach Orzola. Den Südosten der Insel rund um Arrecife kann man meiner Ansicht nach meiden – außer Hauptstadt, Industrie, Flughafen und Ring“autobahn“ gibt’s dort nicht viel zu sehen. Der Asphalt ist zu 90% glatt und in hervorragendem Zustand, die übrigen 10% stellen dafür die strukturelle Integrität des Fahrrads auf die Probe (diesbezügliche Tiefpunkte: alte Bundestraße von Las Brenas nach Yaiza und die Verbindung zwischen Guatiza und Teguise über Teseguite). Da krachts und schepperts im Carbon!

Max Huerzeler bietet zu fairen Preisen (190 EUR für 12 Tage inkl. Versicherung) top eingestellte Centurion Carbon-Renner mit Ultegra-Ausstattung, der Kontakt war eher kühl aber absolut ausreichend – mehr Service hab ich (Gott sei Dank) auch nicht gebraucht. Einzig die gefühlt tonnenschweren Laufräder waren zu bemängeln – allerdings gut für den Trainingseffekt und stellenweise eben offenbar auch strukturell notwendig. :)

Monumento del Campesino (Manrique)

Monumento del Campesino (Manrique)

Steigt man vom Rad ab, gibt’s auf Lanzarote sanften Tourismus (bis auf ein paar Hotelburgen im Osten und eine deutsch/englisch/holländische Massentoursimus-Enklave im Süden (Playa Blanca). An allen Ecken stehen Museen und Skulpturen von César Manrique, die definitiv einen näheren Blick wert sind ("Jameos del Agua" für alle, die schon immer eine Behausung wie ein James Bond Bösewicht haben wollten!) . Die Vulkanlandschaft ist zuerst fast abschreckend und etwas eintönig (gewisse Ähnlichkeiten zum Star Wars-Planeten Tatooine sind vorhanden), offenbart aber nach einigen Tagen ihre Schönheit und einige sehr reizvolle Aspekte. Wer noch mehr Ruhe braucht, dem sei ein Ausflug mit der Fähre auf die kleine Insel La Graciosa (nördlich vor Lanzarote) ans Herz gelegt!

Jameos del Agua (James Bond lässt grüßen)

Jameos del Agua (James Bond lässt grüßen)

Mein Fazit: Lanzarote ist als Insel zum flotten Radeln sehr zu empfehlen, sofern eine gewisse Grundausdauer und vor allem gute Nerven vorhanden sind! Ich persönlich würde beim nächsten Mal vielleicht den Crosser nehmen, damit erweitert sich der Aktionsradius glaub ich sehr, da die zahlreichen Schotterspisten mitgenützt werden können – damit würden viel mehr Routenoptionen offenstehen.

Meine Strava Heatmap - Lanzarote

Meine Strava Heatmap - Lanzarote