Ich hab schon lange keinen Jahresrückblick mehr geschrieben, früher war das fast eine Regelmäßigkeit. Irgendwie kippt man dann ja oft schnell in eine Art Nostalgie und das ist meistens wenig zielführend. Auf der anderen Seite ist immer die Frage, was es überhaupt zu berichten gibt und auf was man im abgelaufenen Jahr zurückblicken kann. Blogbeiträge wie diese arten bei mir immer in eine etwas gefühlsduselige Selbstreflexion aus - Achtung also an dieser Stelle: es könnte derartiger Content folgen... (wobei ich mit meinem erratischen Schreibstil an dieser Stelle des Textes noch nicht genau weiß, wohin die Reise führt!)
Das Sportliche
Fangen wir mir den Hard Facts an: 4.068,4 Kilometer gibt mit Strava als Jahreskilometerzahl für 2024 an. Weit entfernt von den magischen 10.000 Kilometern, die vor einigen Jahren mal eine Art Heiliger Gral gewesen sind. Wobei mir diese geschriebenen und ungeschriebenen Regeln mittlerweile nicht gleichgültiger sein könnten. War es vor einiger Zeit nach lustig, sich über die „Rules of Cycling“ zu unterhalten und auf deren Einhaltung zu pochen (Sockenlänge, Beine rasieren, Harden the fuck up, was auch immer da alles stand), klingen die meisten dieser Regeln heute irgendwie outdated und haben schon leichten Staub von Dad Jokes. Die Corona-Pandemie und alle damit verbundenen Folgen hat hier etwas in Bewegung gebracht. Es ging plötzlich ums RADFAHREN - egal mit welchem Rad, egal mit welchem Gewand, egal mit welchen Leuten, egal auf welchem Untergrund. Sofern man nicht ganz eng in seiner bestehenden sportlichen Rennradwelt verhaftet war, sah man sich plötzlich mit einem herrlich egalisierenden, befreienden und relativ zwanglosen Schwung konfrontiert, wo es plötzlich um andere Dinge ging als Tempo, Durchschnitt und Kilometer. Mir persönlich hat hier die Wiener Schotteria mit ihren Gravel-Ausfahrten die Augen geöffnet. Was ich von dort übernommen habe - und mein Eindruck ist, dass das viele andere auch getan haben - ist eine Loslösung von den alten Parametern hin zu neuen Faktoren, die zählen. Komoot hat das ganz gut auf den Punkt gebracht, indem in einem „Jahreszusammenfassungsmail“ von ihnen sinngemäß drinnen gestanden ist: „Du hast im Jahr xy so und so viele Abenteuer und gute Momente gesammelt“ - anstelle von plumpen Kilometerzahlen.
Und wenn wir schon bei den berühmt-berüchtigten Jahresrückblicken aller möglichen Plattformen sind: Gefühlt haben dieses Jahr 1. viel weniger Leute ihre Strava-Recaps gepostet und 2. viel spannender war, dass mit Stolz auch „geringere“ Kilometerzahlen geteilt wurden. Das klingt vielleicht etwas blöd oder auch überheblich, immerhin sind auch 3.000 Kilometer „viele“ Kilometer. Aber man merkt, dass durch Gravel und Bikepacking einfach andere Dinge wichtiger werden, die sich jetzt nicht mehr 1:1 in Kilometerzahlen widerspiegeln und nacherzählen lassen. In diesem Sinne fühle ich mich überhaupt nicht alleine mit meiner Einstellung, dass die Jahreskilometer eigentlich unerheblich sind und andere Dinge zählen. Zurück aber zu meinen 4.000 Kilometer im Jahr 2024. Es geht also nicht darum, ob ich damit zufrieden bin oder nicht - das sind die falschen Kategorien. Richtig muss es heißen: Ich wäre gerne mehr Rad gefahren, hätte noch die eine oder andere Tour gemacht und diese oder jene Region erkundet.
Das Medizinische
„Ein Lipom ist ein gutartiger Tumor der Fettgewebszellen (Adipozyten)“ sagt Wikipedia und es beschreibt, was an meinem Hals die letzten Jahre herangewachsen ist. Tumor klingt immer gleich sehr dramatisch aber es ist im Endeffekt ein Klumpen Fett, der subkutan, also unterhalb der Haut - vor sich hin wächst. Medizinisch leicht abzuklären und an sich auch einfach zu entfernen. Bei mir war das Ding aber am Hals und zumindest räumlich in der Nähe zu ein paar wichtigen Organen und Verbindungen, von daher war die Entfernung nicht die alleeleichteste Übung sondern mit Operation und Krankenhausaufenthalt verbunden. Und ich hab das Ganze eh lange genug vor mir her geschoben, aber 2024 wollte ich das Ding dann doch mal weghaben. Ein Termin im Winter (Off-Season) wäre natürlich am praktischsten gewesen, aber nachdem OP-Termine mitunter nicht so einfach zu bekommen sind, hab ich den im Juni genommen. Verbunden mit der Gewissheit, zwei Monate feinen Radfahrsommer ohne Radfahren verbringen zu müssen. Ich habe zuerst gedacht, dass ich unter dem Entzug massiv leiden werde, am Ende war es aber eigentlich nicht so schlimm, weil - eine OP ist eine OP - ich gar nicht wirklich in der Verfassung war, aufs Rad zu steigen und eigentlich auch nicht wirklich Lust darauf hatte.
Der ehrgeizige Kilometerzähler wird daher in meiner Strava-Statistik ein Loch von zwei Monaten finden, in denen eben exakt null Kilometer zu Buche stehen. Auch das Comeback war langsam und eher vorsichtig und auch etwas schaumgebremst - ich wollte es nicht übertreiben und habe eher auf Qualität statt Masse gesetzt. Medizinisch möchte ich noch kurz nachschießen: Bitte geht regelmäßig zum Arzt, hört auf eure Körper, achtet auf Signale, verschleppt Dinge nicht, die erledigt gehören und reiht die Gesundheit höher ein als irgendeine Statistik, dieses eine Event oder diese eine Ausfahrt mehr.
Auf der Habenseite
Ganz im komoot’schen Sinne habe ich aber eben trotzdem einige Erinnerungen gesammelt und auch ein paar Dinge von meiner Bucket List abgehakt. Meine Teilnahme am Unknown Race ist ja im Schatten eines epochal katastrophalen Wintereinbruchs eher kurz ausgefallen (DNF nach Tag 1) - wobei auch das natürlich eine Geschichte ist, die durchaus erzählenswert ist... Aber in der Vorbereitung zum „TURNo2“ waren viele schöne Dinge dabei.
Und hier sind wir auch bei einem der wichtigsten Punkte angelangt, nämlich meiner Erkenntnis, was mir am Radfahren im Moment am meisten Spaß macht. Und das ist dann wohl das flottere Reisen mit dem Rad in Form von 2-4 tägigen Bikepacking-Trips. In den letzten Jahren waren es eigentlich IMMER diese Touren und Kurztrips, die am meisten und die intensivsten Erinnerungen und Eindrücke erzeugt haben, die mich am meisten beeindruckt und geprägt haben und die am lustigsten waren. Begonnen mit Fahrten zu Freunden in Schladming und Ferlach im Jahr 2015 hab ich eigentlich in fast jedem Jahr irgendeine Art von Trip untergebracht. Mit Hotelübernachtungen oder draußen, um Freunde zu besuchen, neue Regionen kennenzulernen oder aber einfach ins Blaue hinein als eine Art Selbsterfahrung... ich habe es noch nie bereut! Im Frühjahr 2024 war ich mit dem Rad in Ungarn/Kroatien/Slowenien und dann auch nochmal von Kärnten Richtung Wien unterwegs und auch heir waren es wieder die schönsten Momente. Wenn man mich jetzt nach den prägendsten Erinnerungen des Jahres fragt, waren das fix Szene von diesen Touren. Die wunderschöne Pack-Überquerung, der geniale Schotterweg über den Griffener Berg, die Weinberge südlich von Murska Sobota, und und und. Es ist also aufgelegt, was ich auch in den nächsten Jahren gerne machen möchte...!
Abgesehen davon?
Ich verbringe viel Zeit auf Komoot und klicke mich durch Österreich und Europa auf der Suche nach highlights und Routen. Ich überlagere die Komoot-Karten mit meinen Wandrer-Daten und suche so Wege, auf denen ich noch nicht unterwegs war. Ich könnte Stunden damit verbringen, auf Komoot im Geiste zu reisen... Aber dazu gibt es in Kürze eine eigene kurze Geschichte hier am Blog.
Was den fahrbaren Untersatz betrifft, hab ich mich wohl auf das Gravelbike auf „first choice“ festgelegt. Zu vielseitig, komfortabel und flexibel ist es, jederzeit das Terrain wechseln zu können, sich keine Gedanken über den Untergrund zu machen und einfach drauf los zu fahren. Ich liebe Gravelbikes so sehr, dass ich - manche mögen eine Art Midlife Crisis vermuten - mir noch ein zweites zugelegt habe, das BMC Kaius.
Das am zweitmeisten benutzte Rad ist dann wohl mein Brompton Faltrad, das in der Stadt fast täglich zum Einsatz kommt und auch auf Dienstreisen mitkommt. Immer dabei, flexibel, klein und immer für eine kurze Tour zu haben. Und auch wenn mein Sohn in Folge von zu viel verfügbarer Energie ausgelüftet werden muss, ist das Brompton mit seinem Rad schnell eingepackt und man fährt schon auf irgendeinem Radweg dahin. (Teach them young!)
Und mit diesem zukunftsträchtigen Slogan schließe ich am besten jetzt auch den Blogbeitrag. Keine Ahnung, was ich jetzt genau geschrieben habe, ich werde es nicht noch einmal durchlesen. Danke fürs Beiwohnen meiner ganz persönlichen Seelenhygiene, ich freue mich, euch auf Komoot, in Zwift oder aber am besten draußen in der Natur zu sehen. Winkt und sagt Hallo, lasst uns 2025 neue Erinnerungen sammeln!