Wachauer Radtage – Wiesbauer Vintage Tour

„Vintage Steel“

Es gibt diese eine spezielle mathematische Formel, die mich nun seit Jahren begleitet „n+1“, ab und zu gleichbedeutend mit der Belastung des Bankkontos und unweigerlich auch irgendwann mit dem Platz daheim. Erst kürzlich hat Martin im Blog über dieses Phänomen berichtet und die Qual der Wahl das passende Rad zum richtigen Untergrund zu finden. Zusätzlich stellt sich dann natürlich auch die Frage nach dem Rahmenmaterial. Hier hat sich zwar heutzutage mehrheitlich Carbon durchgesetzt, doch traditionell sticht natürlich Stahl hervor. Und so war selbstverständlich auch mein Wunsch seit einiger Zeit nach Aluminium am Gravel/Crosser und Carbon am Rennrad – gut seit dem Frühjahr auch Titan am künftigen Brevet Renner – noch ein Stahlrennrad mein Eigen zu nennen. Willhaben Suchagent war schon länger aktiv, aber so richtig war das „leistbare“ Wunschmodell noch nicht dabei. 

Aber bevor ich noch weiter abschweife, n+1 wurde als Argument letztlich 2x genutzt und nach einem Francesco Moser aus 1978 im renovierungsbedürftigen Zustand, folgte im Juni aus 1. Besitz ebenfalls eine italienische Schönheit aus dem Hause Moser: ein Aero Cromovelato Modell mit dem markanten aufgebrannten Rauchlack aus dem Jahre 1981, stolze 5 Jahre älter als der glückliche neue Besitzer . Der Erhaltungszustand wunderbar und der Vorbau trägt (noch) den eingravierten Namen des Erstbesitzers, quasi ein Rad mit Stammbaum und Charakter. Warum aber Aero? Die Columbus Rohre sind nicht typisch rund sondern leicht oval, sowie die Schalthebel am Unterrohr und nicht seitlich montiert. Ebenso erlauben es die Campagnolo Bremshebeln, die Züge bereits innenliegend und nicht freiliegend zu führen – eher untypisch die Optik ohne die abstehenden Bowdenzüge, aber ein schönes besonderes Detail und ein weiteres kleines Alleinstellungsmerkmal. Geschalten wird über die Campagnolo Super Record Schalthebel – ausgefräst als Gewichtsersparnis versteht sich - am Unterrohr und Werfer, welche vorne eine Kurbel mit 53/42 Zähnen und hinten 6 Gänge zwischen 13/23 ansteuert. Und damit dieses wunderschöne Rad wieder auf die Straße findet, gibt es mittlerweile zahlreiche Veranstaltungen, welche diese traditionellen Rennräder hochleben lassen und diesen schönen Schätzen aus vergangenen Tagen wieder eine Bühne bieten. Somit rein ins Wolltrikot, Sturzriemen auf und los geht’s! 

Die Vorfreude auf die Wachauer Radtage und die Austragung der Wiesbauer Vintage Tour war sehr groß. Die Ausfahrt am Samstag den 13. Juli richtete sich an alle Rennrad Klassiker Fans, knapp über 100 Starter sind dem Ruf erlegen und versammelten sich kurz vor 13:30 in der Römerhalle in Mautern. Die Wetteraussichten waren bis vor dem Start nicht wirklich ermutigend und haben wohl in den Tagen davor den ein oder anderen Starter abgeschreckt. Letztlich ist die Befürchtung des sich abzeichnenden Dauerregens ausgeblieben und wir konnten trocken starten. Die Strecke führte danach über eine neutralisierte Phase von Mautern nach Krems, um die schönen Schätze auch einem größeren Publikum vorzuführen und die Pflastersteine in der Altstadt zu erproben. Danach ging es wieder zurück über die Donaubrücke und mich beschäftigte zu diesem Zeitpunkt schon die Sitzposition und speziell der Sattel. Mit kurzem Blick zu meinem Schwiegervater nur mein knapper Kommentar: „Längere Zeit auf dem Sattel und es schaut schlecht aus mit einem 2. Enkelkind für dich.“ Hintern zusammenzwicken und weiter ging es bereits im flotteren Tempo und durch die Weinbauregion Richtung Kontrollstelle 1. Auch ohne Zeitnehmung - die Vintage Tour ist kein Rennen, sondern eine Gemeinschaftsausfahrt - gab es gleich eine Tempoverschärfung. Entweder aufgrund der unvorteilhaften Wettervorhersage, die Lust auf die ersten erfrischenden Getränke beim Kontrollpunkt oder vielleicht durch den Einsatz von Klickpedalen, die vereinzelt durch die technische Abnahme gerutscht sind. 

Spätestens mit dem Anstieg zum Wetterkreuz war dann klar, dass mit Aerorad und Heldenübersetzung einiges an Kraft aufzubringen ist und einzig der Wiegetritt den Vorteil brachte, dass das Sattelproblem kurz vergessen war.  

Nach dem 1. Kontrollpunkt und kurzer flüssiger Stärkung ging es durch die Weinberge und über gemischten Untergrund weiter. Besser als in der offiziellen Streckenbeschreibung, welche durch die österreichische Radsport Legende Bernhard Rassinger zusammengestellt wurde, könnte ich es selbst nicht zusammenfassten: „Über unberührte Güterwege und idyllische Schotterpassagen geht es zur gemeinsamen Rast nach Maria Ellend.“

Bei der Ankunft an Kontrollstelle 2 und vor der Stärkung war noch Zeit für ein Erinnerungsfoto mit dem 2-maligen Weltmeister Gianni Bugno. Kulinarisch gut versorgt mit Backhenderl und Schweinsbraten tritt es sich nun „erschwert“ durch den restlichen Teil der Strecke, mit besonders schöner Landschaft durch den Skulpturenweg in Paudorf und vorbei am Stift Göttweig. Ab und zu der Blick in Richtung Himmel gerichtet, die von Westen aufziehenden Wolken bedrohlich dunkel. So war der Stopp bei Kontrollstelle 3 nur ein kurzer und die Abfahrt bei leicht beginnendem Nieselregen vom Dunkelsteiner Wald über die L7110 Richtung Donau eine flottere. Die 80er Jahre Felgenbremsen jedoch gut dosierbar und die Abzweigung an der Donau Richtung Mautern schnell erreicht, so dass wir dem Regen davonfahren konnten und der Wolkenbruch erst folgte, als die köstlichen Marillenknödel im Zielbereich bereits verspeist waren.

Neben tollen Erinnerungen, Gesprächen, Fachsimpeln, Fotos und dem guten Essen bleibt das Startergeschenk in Form einer Vintage Tour Retro Radkappe und die Vorfreude auf die neuerliche Austragung im nächsten Jahr. Der 18. Juli 2020 ist im Kalender bereits markiert - dann vielleicht mit meinem restaurierten Stahlrenner aus 1978.

An dieser Stelle noch einen herzlichen Dank an die Veranstalter, 169k.net für den zur Verfügung gestellten Startplatz und Radsport Strobl für die Vor- und Nachbereitung an meinem Stahlrenner!

Wachauer Radtage 2019

Traditionen wollen hochgehalten werden! Zum Beispiel die Tradition, dass ich bei der Österreich Rundfahrt mit der Kamera dabei sein kann, dass man Mitte Juli bei den Wachauer Radtagen am Start steht oder auch dass man sein Leistungslevel über- und die Strecke unterschätzt… Nach einer guten mittleren Distanz 2018 – in der Nomenklatur der Radtage nennt sich das „Raiffeisen Power Radmarathon“ – fiel die Wahl 2019 auf die lange Distanz, den „Krone Champions Radmarathon“. Ehrlicherweise hab ich mich im Vorfeld nicht wirklich mit der Strecke und den dahinterliegenden Daten befasst - 150 irgendwas Kilometer und die üblichen Höhenmeter. Ich habe mir angewöhnt, im Hinterkopf immer den Faktor 10 auf die Kilometerzahl draufzulegen, um auf die Höhenmeter zu kommen – solange dieses Verhältnis halbwegs eingehalten wird, ist es schaffbar. Auf den Jauerling war ich bis zu dem Zeitpunkt auch noch nicht unterwegs, aber ein höchster Punkt von knapp 800 Meter über Null wird wohl kein allzu großes Hindernis darstellen, oder?

Die Woche vor den Wachauer Radtagen ist für mich die Woche der Österreich Rundfahrt. In diesem Jahr war ich dort mit Kamera und Telefon bewaffnet unterwegs, um Schnappschüsse zu machen und die Social Media-Kanäle der Rundfahrt zu befüllen. Die zweite Etappe von Zwettl nach Wiener Neustadt führte übrigens durch die Wachau, den Seiberer hinunter, die Donau entlang über die Brücke bei Mautern und dann weiter Richtung Stift Göttweig. Während dieser Etappe war ich im Auto vom Team Hrinkow unterwegs und gemeinsam stellten wir fest, dass speziell die Abfahrt vom Seiberer ein Traum ist, dass man sich das wohl außerhalb der Tour mal in Ruhe anschauen sollte. Dass ich hier ein paar Tage später rauffahren muss, war mir zu dem Zeitpunkt nicht klar - Vorbereitung 1A… Die Ö-Tour endet am Freitag auf dem Kitzbüheler Horn, ich verbringe noch eine Nacht bei der Familie in Lienz und bin Samstag spätabends wieder in Wien. Essen herrichten, Gewand herrichten, Rad checken, sporadisch die Beine rasieren – ich möchte zumindest stilvoll langsam fahren ;)

Los gehts!

Sonntag, 7:30 in Mautern und alle sind da. Schon auf den ersten Metern freut man sich, bekannte Gesichter zu treffen. Meine Nachbarn sind da, Vereinskollegen vom PBIKE.AT Racing Team, viele VICC-Trikots. Max Kuen vom Team Vorarlberg Santic, der leider krankheitsbedingt kurzfristig die Teilnahme an der Österreich Rundfahrt hatte absagen müssen, fährt wieder mit seiner Freundin - außerdem einige Gesichter, die mit mir die letzte Woche bei der Ö-Tour verbracht haben, allen voran Martin Böckle, der mit Alpentour-TV mittlerweile dafür sorgt, dass fast jeder Marathon seine (Live-)Übertragung und damit entsprechende Präsenz bekommt. Die Startunterlagen sind schnell geholt, Nummern montiert und Trinkflaschen gefüllt. Ich bin früher dran als in den Vorjahren, erkennbar daran, dass ich diesmal einen Platz innerhalb des Startblocks finde und nicht außerhalb auf den Planken, die hinauf zur Straße führen. Der Blick nach vorne zeigt auch, dass das Starterfeld auf der langen Distanz vergleichsweise kompakt ist – die meisten Starter sind auf den beiden kürzeren Distanzen zu finden. Die Laune ist gut, die Stimmung fast familiär, man kennt sich mittlerweile untereinander doch schon recht gut – so macht das Ganze gleich noch mehr Spaß. Und letztendlich spielt auch das Wetter mit, die vorhergesagten Regenschauer sind erst für den späteren Nachmittag angesagt.

Am Start noch ein Lächeln übrig … ;)

Bei Sonnenschein fällt also um 9:00 der Startschuss, die beiden längeren Strecken starten gemeinsam - vorne weg der Champions Marathon über 159 Kilometer, gleich dahinter der Power Marathon über 92 Kilometer. Von der angekündigten Neutralisierung auf den ersten Kilometern ist weiter hinten im Feld nicht viel zu spüren. Ehrlicherweise ist es bei Radmarathons mit vielen Starten aber auch immer ein Balanceakt – „zu schnell“ macht die Neutralisation obsolet, „zu langsam“ erzeugt Staus und brenzlige Situationen weiter hinten. Die ersten elf Kilometer führt die Strecke entlang des nördlichen Donauufers Richtung Weißenkirchen, erst an dieser Stelle erfolgt die Feld-Teilung zwischen langer und mittlerer Strecke. Die Straße ist zwar in unserer Fahrtrichtung für den Verkehr gesperrt, vereinzelt tauchen aber auf der Gegenfahrbahn Autos auf. Diese weichen zwar – höflich bis leicht verängstigt – der Radlermeute an den Straßenrand aus, aufgrund der Masse an Radlern wird es allerdings trotzdem stellenweise recht eng. Die Spitze der mittleren Distanz möchte zur Spitze der langen Distanz, die zuvor gestartet ist, nach vor wollen sowieso alle, es vermischen sich schnellere mit langsameren Fahrer*innen, das wird dann mitunter schon recht viel auf einmal. Im Grunde ist es ähnlich wie bei allen Startphasen von Marathons, bei denen die Starter*innenzahlen in die höheren Hunderterbereiche gehen. Übermotivierte wird man immer finden, weniger talentierte womöglich auch, oft ist es aber einfach Pech, wenn etwas passiert. Die Kalamitäten in der Wachau halten sich absolut in Grenzen, es sind eher abrupte Bremsmanöver der Gruppe, die den Puls in die Höhe schnellen lassen. Auf Nachfrage erfährt man vom Veranstalter, dass eine Genehmigung des Rennens nur unter der Voraussetzung erfolgen kann, dass die betreffende Bundesstraße 3 für den Verkehr offen bleibt. Dass praktisch eh kein einziges Auto ungehindert durch- oder vorbeifahren kann, macht diese Behördenvorgabe zu einem Feigenblatt, erhöht aber massiv mein Verständnis gegenüber dem Veranstalter, der hier schlicht und ergreifend nicht aus kann.

Ins Waldviertel

In Weißenkirchen ist das alles kein Thema mehr, die lange Strecke biegt nach Norden ab, lässt die Donau hinter sich, taucht in malerische Weinberge ein und Fahrer nach Fahrer beginnt den Anstieg auf den Seiberer. Schlagartig geht es gemütlicher zu, das Tempo ist unten, der verfügbare Platz um Potenzen gesteigert. Die Sonne brennt vom Himmel und der Schweiß tropft auf Oberrohr und Asphalt – schon nach wenigen Kilometern habe ich ein Deja-Vu meines mäßig erfolgreichen Anstiegs zum Plöckenpass im Rahmen des Super Giro Dolomiti. Ganz so schlimm ist es glücklicherweise nicht, aber bei einer Steigung von 7% auf einer Länge von fünf Kilometern kann man schon einen ersten zarten Eindruck davon bekommen, wie der weitere Tag verlaufen könnte. Meine Oberschenkel gehen auf, ich spüre die vergangene Woche im Auto und ohne Bewegung, die Erkenntnis, dass dies wohl ein längerer Tag werden wird, setzt sich nach und nach in meinem Kopf fest. Da ich sowieso nicht auf irgendein Ergebnis fahre, stellt diese Erkenntnis kein Problem dar, ich lasse meine PBIKE-Kollegen ziehen und trete vor mich hin Richtung Waldviertel.

Es folgt ein knapp 50 Kilometer langes Auf und Ab durch das Waldviertel, es ist selten flach, die Anstiege sind tendenziell immer etwas zu steil, um halbwegs souverän „drüberdrücken“ zu können. Gefühlt kommt nach jedem Anstieg eine viel zu kurze Abfahrt bevor es gleich wieder in den nächsten Hügel hineingeht. Bergauf, bergauf, bergauf! Das Feld ist recht zerfetzt, es finden sich immer wieder Gruppen aus maximal 3-6 Fahrer*innen, die ein Stück des Weges gemeinsam bestreiten. Hier sollte man – neben guten Oberschenkeln – auch im Kopf halbwegs fit sein. Bzw. wie in meinem Fall, wenn man in den Oberschenkeln nicht fit ist, kann man sich mit einem fitten Kopf noch mit etwas Würde über die Anstiege retten. Es ist jener Teil der Strecke, den ich mir im Vorfeld überhaupt nicht angeschaut und daher am meisten unterschätzt habe und nun dafür entsprechend büßen muss. Es kommt etwas Wind dazu, Wolken haben sich mittlerweile vor die Sonne geschoben, dafür sind die Temperaturen angenehm frisch.

Kilometer 80 markiert die Hälfte der Strecke, das Ende des hügeligen Waldviertels, den Fuße des Jauerling und – glücklicherweise – auch jene Stelle an der Nachbar Gerald mit frischem Proviant auf seine Freundin und Vereinskollegin Patrizia wartet und dankenswerterweise auch für mich ein Musette mit frischen Flaschen und Gels bereithält. Ich nütze diese Gelegenheit für eine kurze Pause, einen Plausch über das bisher Erlebte, und dafür, den recht zwickenden Rücken etwas durchzustrecken. Die Hälfte eines Rennens oder einer Strecke ist für mich grundsätzlich immer etwas Besonderes, fährt man ab diesem Zeitpunkt ja „nur noch zurück“ oder „ab jetzt nach Hause“.

“J-aua!-ling”

Es geht also auf den Jauerling, jene Unbekannte für mich, von der ich zwar schon viel gehört habe, selbst aber noch nie einen Tritt des Anstiegs gefahren bin. Die Zahlen verheißen nichts Gutes, auf dem Display meines Wahoo baut sich im Höhenprofil eine Wand auf, die so schnell wohl nicht mehr enden wird. Später lese ich auf Strava 9% auf sieben Kilometern Strecke, die ersten vier Kilometer haben überhaupt eine Steigung von durchschnittlich zehn Prozent. Ab in den ersten Gang und hinaufkurbeln, aber nach dem Auf und Ab des Waldviertels und den doch schon 80 Kilometern in den Beinen, fällt auch das nicht mehr so einfach. In solchen Fällen schalte ich in meinen Not-Modus, blende fast alles rund um mich aus, konzentriere mich auf jeden einzelnen Tritt, leide innerlich, was gleichbedeutend ist mit „man muss da jetzt durchkämpfen, um diesen Anstieg oder Berg zu bezwingen“ – diesen Kampf, den ich mir da einrede, gewinne ich meistens, das Konzept geht also auf! ;) Ich treffe auf bekannte Gesichter – Patrizia zieht an mir vorbei (sie wird am Ende des Rennens den 8. Platz der Damen belegen!), Jean und Vejko rollen von hinten auf mich auf, mit vertrauten Gesichtern und Stimmen ist es auch gleich wieder etwas anderes. Der Jauerling ist ein harter Gegner – da wo der Anstieg vermeintlich zu Ende ist, durchfährt man eine kleine Ansiedelung, die gleich in den nächsten Anstieg mündet, fährt um eine Kurve, die wieder eine weitere Rampe verborgen hat. Und auch dort, wo der Berg tatsächlich einmal ein Ende genommen hat, ist die Freude der Abfahrt nur kurz – der Anstieg nach Nonnersdorf zieht auf 140 Höhenmetern noch einmal heraus, was in den Oberschenkeln eventuell noch vorhanden war.

Nach der Labe bei Kilometer 100 bin ich plötzlich alleine. Es geht endlich leicht bergab Richtung „Am Schuss“, einem Ortsnamen, der sich bei mir schon in den letzten Jahren der Wachauer Radtage eingeprägt hat. Die Strecke ist hier bis zur Donau hinunter identisch mit den Vorjahren, endlich etwas kalkulierbares auf dieser Strecke! Ich rolle mit knapp 35 Km/h Richtung Donau, schaue mich immer wieder nach Fahrer*innen um, die von hinten auf mich auffahren könnten – alleine möchte ich dieses Rennen nicht zu Ende fahren. Kurz vor Schloss Leiben sind wir dann zu fünft – mit dabei Alejo im VICC-Trikot, wie schon zuvor hilft es mir, auf bekannte Gesichter zu treffen. In der Gruppe geht es gleich einfacher und entsprechend flott nach Emmersdorf zur Donaubrücke. 40 Kilometer sind noch ausständig, zwei Anstiege kommen noch – nicht vergleichbar mit dem Jauerling aber in meinem aktuellen Zustand und mit doch recht schweren Beinen werden auch diese noch zur Herausforderung. Dementsprechend lasse ich mein Gruppe ziehen, sobald die Straße auch nur geringfügig ansteigt – hier jetzt mitzufahren, wäre keine gute Idee. Der Hügel bei Mauer bei Melk bzw. Umbach ist schnell bewältigt, es folgt noch eine Abfahrt Richtung Aggsbach, bevor es zum letzten Anstieg nach Maria Langegg geht. Die Abfahrt verbringe ich großteils im Stehen, mein Rücken wehrt sich dagegen, auf dem Rad weiter eingespannt zu sein – Autofahren als Vorbereitung für ein Radrennen scheint nicht optimal zu sein… Ich treffe wieder auf Jean, gefühlt zum fünften oder sechsten Mal – lustig, wie man im Verlauf eines Rennens mit Pausen, Laben und anderen Zwischenhalten immer wieder zusammenkommt, getrennt wird und sich dann wieder trifft. Hinauf nach Maria Langegg geht es auf drei Kilometern mit 8 % Steigung – langsam und gemächlich, die Tanks sind leer, die Ambitionen beschränken sich darauf, das Ziel erreichen zu wollen. Oben eine Labe, dann noch ein paar kleinere Wellen – die hab ich noch vom Vorjahr in Erinnerung.

Nass und fertig

Unvermittelt formen sich neben meinem Rad auf dem Asphalt handtellergroße Flecken – platsch, zuerst einer, dann mehrere. Es ist dieser Moment, in dem man weiß, was hier gleich losbrechen wird - Blitz und Donner und prasselnder Regen. Ich werfe mir mein Gilet über, stehenbleiben oder gar warten ist keine Option so kurz vor dem Ziel. Es ist 15 Uhr, jener Zeitpunkt, für den der Regen vorhergesagt war – nur wollte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon im Ziel sein. Die Abfahrt zurück zur Donau wird im Schneckentempo bestritten, es wäre dumm und unnötig, jetzt auf regennasser Fahrbahn noch einen Sturz zu provozieren. Die Abzweigung auf die B33 ist für mich so etwas wie meine persönliche Ziellinie – vorbei mit Bergen, Abfahrt, Anstiegen, Kurven. Ab diesem Zeitpunkt geht es nur noch flach auf einer Länge von knapp fünf Kilometern Richtung Ziellinie.

Jean hängt sich an einen überholenden Fahrer an, mir fehlt die Kraft, diesen kurzen Antritt mitzugehen. Weniger später ist mein Rennen aber auch offiziell beendet – ich rolle zufrieden aber sehr, sehr erschöpft über die Ziellinie, hinein in den Zielbereich, der leider vom durchziehenden Regenschauer fast komplett leergeräumt wurde. Schnitzelsemmel, Kuchen und anerkennende Ansprache im Ziel hilft mir, wieder zu Kräften zu kommen. 2.901 Höhenmeter auf meinem Wahoo belegen, dass es heute keine Kaffeefahrt war. Nass und kalt geht es zurück zum Auto, hinein in die trockene Trainingshose und ab nach Hause, next Stop: Badewanne!

Der Erkenntnisgewinn dieses Renntages ist massiv: Bestätigt fühle ich mich in meiner Meinung von den Wachauer Radtagen – die Veranstaltung ist hervorragend organisiert. Als Fahrer, der dann doch eher weiter hinten im Gesamtfeld unterwegs war, kam ich in den Genuss, bei JEDER Kreuzung oder Kreisverkehr Ordner oder Polizisten vorzufinden, die einem den Weg weisen und den Verkehr kurz aufhalten, damit man ungehindert passieren kann. Ebenfalls bestätigt wurde die landschaftliche Schönheit der Wachau und des südlichen Waldviertels, wobei das Hinterland auf mich hier einen größeren Reiz ausübt, als die „klassische“ Wachau direkt an der Donau. Wobei wenn man den Seiberer herunterkommt und zum ersten Mal das Panorama der Donau erblickt, wird man schon kurz andächtig.

Wundenlecken

Die andere Erkenntnis betrifft mich und meine Leistungen. In den letzten Jahren habe ich viele Dinge „einfach gemacht“ und dabei hat fast alles immer so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Dieses Jahr – und der „Jungvater“ soll hier jedenfalls nicht als Ausrede dienen! – muss ich mit meine Kräften und meinen Ressourcen haushalten. Bis in die letzten Ecken meines Kopfes hat sich das aber noch nicht durchgesetzt, mit dem Ergebnis, dass ich momentan dazu neige, meine Leistungsfähigkeit zu über- und gleichzeitig die sportlichen Herausforderungen zu unterschätzen. 160 Kilometer am Rad sind 2019 einfach etwas anderes für mich als 2018 oder gar 2017. Das mindert natürlich weder meinen Spaß am Radfahren noch an meinen Plänen oder Projekten, aber spätestens jetzt habe ich verstanden, dass ich die Dinge vielleicht etwas anders angehen muss. Eine Entscheidung ist allerdings vor diesem Hintergrund schon gefallen: Meine Teilnahme an der Race Around Austria Challenge werde ich vorerst einmal auf 2020 verschieben.

Aus der Wachau komme ich mit positiven Eindrücken zurück. Und die Schmerzen in Rücken, Knien und Oberschenkeln sind nach einem ausgiebigen Vollbad schon fast wieder vergessen, das Fluchen und innerliche Weinen der mühsamen Kilometer verdrängt und das Anmeldeformular für das nächste Jahr quasi schon wieder ausgefüllt. Danke Wachauer Radtage, bis nächstes Jahr!

Disclaimer

Die Teilnahme am Rennen erfolgte auf Einladung des Veranstalters. Alle Fotos: Sportograf.

Leistungsmessung - Teil 1: Grundlagen und Notwendigkeiten

Vor zwei Wochen war ein Paket in meinem Postkasten, darin enthalten die neueste Auflage von Joe Friels „Trainingsbibel für Radsportler“. Dieser geradezu Orgie an Zahlen, Tabellen und daraus ableitbaren Möglichkeiten werde ich im Idealfall noch einen eigenen Beitrag widmen. Was jedoch auffällt, wenn man das Buch auch nur überfliegt: State of the Art in der Trainingssteuerung ist heutzutage Leistungsmessung. Rad-Industrie und Magazine haben hier natürlich mitgeholfen, sodass heutzutage kein Radfahrer mehr ohne Wattmesser leben kann. Aber Spaß beiseite… Auch aus trainingswissenschaftlicher Sicht spricht einiges für Leistungsmessung, ist der Watt-Output doch konstanter und unabhängiger von (Umwelt)Einflüssen als die Herzfrequenz.

Doch alles der Reihe nach… Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, weiß, dass ich nicht der ehrgeizigste Mensch der Welt bin. Zerstreuung, Spaß und entspanntes Abenteuer stehen für mich am Rad immer noch im Vordergrund. Ein gewisses Grundlevel an Fitness möchte ich mir dabei aber stets erhalten und auch abrufen können, damit die Projekte, die ich mir über das Jahr hinweg vornehme auch halbwegs würdevoll bewältigt werden können. Ansonsten bin ich aber so unterwegs, wie es mir gerade Spaß macht, Trainingsplan hatte ich noch nie einen. Ich hab mich immer dagegen gesperrt, meine Radgewohnheiten einem Plan von außen unterwerfen zu müssen - Fahren, wenn es regnet, Ruhetage bei schönstem Wetter, Grundlage, wenn man Lust auf was kurzes, schnelles hat, Inkompatibilität mit Gruppenfahrten… Alles Argumente, die für mich gegen einen Trainingsplan sprechen.

Unterstützt wurde diese These noch durch den ersten Leistungstest, den ich damals vor einigen Jahren gemacht habe. Ergebnis war, dass meine Werte verhältnismäßig gut sind, „wie ich denn genau trainierte“ war die Frage des Trainers. Meine Antwort war für ihn damals offenbar wenig befriedigend, lautete sie doch sinngemäß „ich fahre, was mir gerade Spaß macht“. Dann solle ich doch genau so weitermachen, wie bis jetzt, wenn sportliche Höchstleistungen nicht mein wichtigstes Ziel wären.

Fart…was? Fartlek!

Freies Fahren bietet fraglos viele Vorteile. Im vermeintlich flachen Osten Österreichs ist man tatsächlich mit einer schier endlosen Anzahl an kleineren Hügeln konfrontiert (außer man bewegt sich ausschließlich am Donauradweg auf und ab). Das Weinviertel mit seinen zuerst sanften, kleineren und dann auch etwas größeren Hügeln, der nahe „domestizierte“ Wienerwald für den klassischen Wiener Ausflügler, der ins Alpenvorland übergehende Wienerwald, der plötzlich etwas bergiger und wilder wird - nennen wir es einmal kupiertes Gelände. Im Trainings-Sprech gibt es den Begriff „Fartlek“ - aus dem skandinavischen kommend, bedeutet das soviel wie Fahrtenspiel. Dieses wiederum meint eine spielerische Abfolge von Geländeformen, Intensitäten und natürlichen Intervallen, die sich auch in der Trainingsintensität entsprechend niederschlagen. Für mich bedeutet dieses „Fahrtenspiel“, sich auszutoben, zu machen, was man will, „es laufen zu lassen“. Im Training fast nur Fartlek zu betreiben, erzeugt einen guten Allrounder - Spezialist wird man dadurch aber keiner.

Mit meinem Leistungsmesser am Rennrad nutze ich die Daten, die mir nach der Ausfahrt auf Strava ausgespuckt werden, bisher eher zu Unterhaltungszwecken als zur Steuerung. Ich freue mich wie ein kleines Kind vor dem Christbaum, wenn irgendwo vierstellige Wattzahlen stehen (obwohl diese überhaupt keinen Schluss auf eine Gesamtleistung zulassen), studiere meine Durchschnittsleistungen (gebe mich aber damit zufrieden, wenn sich diese einem Fenster von 30-40 Watt bewegen) und nutze die Zahlen in erster Linie dazu, das schwere Gefühl in meinen Beinen zu begründen. Im kleineren Rahmen und speziell bei Veranstaltungen und Rennen versuche ich natürlich schon, anhand der Daten meine Leistungen im Nachhinein zu bewerten und bestimmte Entwicklungen zu begründen. Drei Beispiele dazu (Achtung: es handelt sich dabei um meine Hobby-Analysen - ein Trainer wird da vermutlich andere Schlüsse daraus ziehen…):

Wachauer Radtage 2018

Nach sieben Tagen im Tross der Österreich Rundfahrt, die ich vor allem stehend oder im Auto sitzend verbracht habe, war ich nicht allzu optimistisch für dieses Rennen. Umso überraschender war, dass meine Beine recht frisch waren und die kleinen Watts nur so herausgesprudelt sind. Der FTP-Wert war damals noch etwas höher (und nicht winterbedingt so niedrig wie im Bild unten dargestellt), insofern stimmen die 99% Intensität nicht ganz. In Summe schaut das Muster für ein Rennen über 2,5 Stunden ganz gut aus, viel höher dürften die Wattwerte nicht sein, ansonsten würde ich vermutlich nicht über die Distanz kommen. Das wellige Streckenprofil der Wachauer Radtage kommt mir zugute, kurze Anstiege mit anschließender Möglichkeit, sich zu erholen und mitzurollen und längere flache Passagen entsprechen recht gut meinem Anforderungsprofil.

Arlberg Giro 2018

Jedenfalls weniger meinem Anforderungsprofil entspricht der Arlberg Giro mit seinen zwei großen Anstiegen. (Dennoch ist Bergfahren noch immer eine der schönsten Geschichten, die man machen kann - abseits jeglicher Leistungsmessung oder-bewertung!). Wie die Balken erkennen lassen, verschiebt sich das Ganze leistungstechnisch etwas nach unten, erklärbar durch die längeren Anstiege, in denen man eher haushalten muss und die Leistungsgrenze lieber etwas niedriger ansetzt. Lange Bergabfahrten bringen auch längere Phasen mit keinem oder weniger Leistungsoutput. Dafür fehlt die „goldene Mitte“, also jene Bereiche und Abschnitte, in denen man flott dahinrollt (Zone „Tempo“ wäre das dann). Aufgrund der Länge des Rennens (von in diesem Fall 5,5 Stunden) fehlen auch die Spitzen und die Werte „im Roten“ weitgehend, da geht es bei mir eher darum, konsistent über die Länge des Rennens zu kommen - Sprints und Ähnliches sind da für mich kontraproduktiv. Einzig ab und zu den Anschluss an eine Gruppe zu schaffen (oder diesen zu halten) ist es meiner Meinung nach wert, kurz „ins Rote“ zu gehen.

King of the Lake 2018

Eher ernüchternd ist die Analyse des King of the Lake 2018, den ich diesmal auf dem Rennrad in Angriff genommen habe. Der “KOTL” bezieht ja auch aus der Tatsache seinen Reiz, dass man annähernd an dieser magischen Stundengrenze unterwegs ist - dementsprechend also seinen FTP-Wert unter realen (und schmerzhaften) Bedingungen der Realitätsprüfung unterziehen kann. Dementsprechend sollte der Balken rund um 280-290 Watt durchgehen bis zum rechten Bildschirmrand, die Realität sieht aber anders aus. Praktisch zeigt die Analyse, dass ich den größten Teil des Rennens recht deutlich unter meinem FTP-Wert unterwegs war, die möglichen Erklärungen sind vielfältig, eine weiterführende Überprüfung wird auch dieses Jahr stattfinden :) Die Strecke des “KOTL” ist schwierig, einige - mitunter recht gemeine - Hügel wollen auf dem Kurs rund um den Attersee bezwungen werden , hier mit gleichmäßiger Leistung drüber zu fahren, ist an sich schon schwer. Zusätzlich scheint es mir schwer zu fallen, eine konstante Leistung über einen gewissen Zeitraum zu erbringen - vielleicht ist das normal, vielleicht sprechen andere Faktoren dafür oder dagegen, jedenfalls konnte ich bei diesem Rennen meinen Leistungsoutput nicht konstant (hoch) halten. Bei einer Dauer von gut einer Stunde würde ich mir erwarten, dass die Balken allesamt etwas weiter im Roten liegen, für aktive Regeneration hat man in diesem Fall nach dem Rennen genug Zeit.

Zwift

Bringen wir noch einen weiteren Faktor ins Spiel, der aus meiner Sicht beim Thema Wattmessung nicht fehlen sollte - zumindest in meiner Rad-Welt. Die allseits bekannte und beliebte Trainingsplattform Zwift lebt zu einem großen Teil von den Vorteilen von Smart Trainern, die notwendigerweise auch eine Leistungsmessung beinhalten. Wer also keinen Powermeter auf seinem Rennrad montiert hat, kommt eventuell in den virtuellen Welten von Zwift (erstmals) mit Leistungsmessung in Berührung. Ich möchte hier nicht über den Realitätsgrad von Zwift diskutieren, sondern nur feststellen, dass bei Verwendung der Trainingsprogramme in Zwift immer mit Leistungswerten gearbeitet wird. Und wenn man im Winter auf der Rolle nach Watt fährt (und Zwift wird die Intensitäten der Trainings und Intervalle nach Watt einteilen), dann wird man vermutlich auch im Sommer wissen wollen, wie man denn gerade unterwegs ist und eventuell auch sein Training ab diesem Zeitpunkt auf Basis eines Leistungsmessers abwickeln. Zwift ist daher aus meiner Sicht eine gute und naheliegende Möglichkeit, die Welt der Leistungsmessung und das darauf aufbauende Training auszuprobieren und sich quasi langsam „einzuleben“. Es bleiben gewisse Unschärfen zwischen der Leistungsentfaltung auf der Rolle und draußen auf dem Rad - die Angaben über die Unterschiede sind unterschiedlich - im Endeffekt ist empfehlenswert, einen Leistungstest zu Beginn der Freiluftsaison durchzuführen, um die tatsächlichen Leistungszonen feststellen zu können. Denn es ist jedenfalls kontraproduktiv, mit falschen Leistungszonen zu arbeiten und sein Training entsprechend (falsch) darauf auszurichten.

Was will ich damit jetzt sagen?

Ich habe bis jetzt getan, „was ich wollte“ - ohne wirkliches Ziel, ohne wirklichen Plan. (Und es hat gut funktioniert und Spaß gemacht). Ich verwende Zwift und bekomme dort meine Leistungsdaten ausgespielt. Ich habe einen Powermeter am Rennrad und komme auch dort in den vollen Genuss des „quantified selfs“. Irgendwie möchte ich da aber jetzt mehr daraus machen.

Es ist kein Geheimnis, dass ich 2019 am Start der Race Around Austria Challenge stehen werde - dabei geht es nonstop 560 Kilometer rund um Oberösterreich. Mein Ehrgeiz beschränkt sich momentan noch auf die „Besiegung des inneren Schweinehunds“ - ich möchte die Strecke innerhalb des Zeitlimits zurücklegen, dabei würdevoll bleiben und auch meinen Spaß haben und neue Erfahrungen sammeln. Gewinnen sollen andere! Während ich also grundsätzlich optimistisch bin, dieses Vorhaben mit meiner üblichen Vorbereitung (Stichwort „Fartlek - ungeplant“) bewältigen zu können, gibt es da in meinem Kopf eine Ecke, in der eine kleine Stimme wiederholt darauf hinweist, dass ich meinen Ars** doch etwas mehr bewegen sollte und das Privileg, bei so einer Veranstaltung dabei zu sein, besser nützen sollte.

Ich habe daher beschlossen, dieser Stimme Folge zu leisten und meine bisherigen Konventionen ein Stück weit über Bord zu werfen. Ich werde seit langem wieder einen Leistungstest machen, meinen Powermeter mit neuen Batterien versorgen und kalibrieren und mir einen Trainingsplan gönnen. Die Weichen dafür sind bereits gestellt, die Termine großteils organisiert, die notwendigen Ansprechpartner gefunden. Es handelt sich hier also um eine … *Trommelwirbel* … Serie von Blogposts. Bis Ende Mai folgen dementsprechend noch:

  • Teil 2: Langzeittest Garmin Vector 3

  • Teil 3: Leistungstest bei Flowsports

  • Teil 4: Training für das Race Around Austria

Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen - auf neue Erkenntnisse, neue Erfahrungen und eventuell ein paar Watt mehr am Ende des Tages. (Und keine Sorge: ich werden meine Hobby-Analysen auch noch vom Profi beurteilen lassen).

Was bringt 2019

Wie der Keks-Teller meiner Schwiegermutter füllen sich dieser Tage auch wieder laufend jene Listen mit Vorsätzen und Plänen, die man sich fürs anlaufende Jahr vornimmt, auf die Fahnen heftet oder gar lauthals in die Welt hinausschreit (auf dass diese Verbindlichkeit nicht zum Verhängnis wird). Neben rein keks-induzierten Vorsätzen - bei mir dauert die “Reparatur” der weihnachtlichen Gewichtszunahme erfahrungsgemäß mehrere Wochen - möchte ich wie jedes Jahr einige meiner Ideen für 2019 formulieren, wie immer ohne Reihung, Wertigkeit und endgültige Verbindlichkeit. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich viele Dinge erst unterjährig und meistens auch recht spontan ergeben, einige davon stellen sich dann als die besten Unternehmungen heraus - besser als man sie je hätte planen können…

Zwift

Mit ein paar Ausdauereinheiten auf der Rolle werde ich erst einmal die überzähligen Kilos beseitigen, die sich zuletzt angesammelt haben. Ich setze hier wie gehabt auf Zwift, die Trainingsplattform bietet aus meiner Sicht den besten Mix aus Leistung, Abwechslung und Spaß. Um den virtuellen Welten allerdings auch einmal einen Offline-Anstrich zu verpassen, freue ich mich besonders darauf, dass die alljährliche “Zwift x Wahoo-Tour” 2019 auch in Wien Halt machen wird. Am 18. Jänner 2019 bin ich daher im “WeXelerate” zu finden, gemeinsam mit ein paar anderen Verrückten, Begeisterten und Fans.

Weitradln

Es geht chronologisch weiter und gleichzeitig bildet der Februar so etwas wie einen Startschuss in die “ernste” Saisonplanung. Ich habe mir einen Vortrag von Christoph Strasser am 16. Februar im Audimax in Wien ausgesucht, der für mich symbolisch als Startpunkt für mein größtes Vorhaben 2019 dienen soll - mein persönliches Race Around Austria. Wer soll mich geistig und psychologisch besser auf ein derartiges Projekt einstimmen, als Mr. Weitradlfoarn Christoph Strasser.

Nach zwei Jahren, die ich das Race Around Austria mit der Kamera begleitet habe, kann ich 2019 nicht mehr anders, als selbst in die Pedale zu treten. Zu verlockend war und ist das Gefühl bei jedem Starter, der die Rampe in St. Georgen verlässt, mich selbst auf den Weg zu machen. Es wird die Einsteigervariante werden - die Race Around Austria Challenge, bei der 560 Kilometer rund um Oberösterreich zurückzulegen sind. Wie das funktioniert, haben Tini und Andi von geradeaus.at im vergangenen Jahr eindrucksvoll vorgemacht. Ich hoffe, dass sie mich mit wertvollen Tipps unterstützen, genauso wie ich jede und jeden ausfragen und ausquetschen werde, der mir in den letzten Jahren beim RAA begegnet ist und mir sachdienliche Hinweise geben kann. Die Vorbereitung macht jedenfalls schon einmal Spaß, hab ich doch schon während der Weihnachtsfeiertage etwas Zeit gehabt, mir über ein paar Dinge Gedanken zu machen und Pläne zu schmieden.

Wie genau die Vorbereitung für das RAA aussehen wird, ist noch nicht fixiert. Es gibt hier weder einen Trainingsplan noch irgendwelche anderen Vorgaben, einziger Plan ist derzeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad zu verbringen. Der Rest ergibt sich auf der Reise dorthin - wer an dieser Stelle ob dieses Auswuchses an Chaos und Planlosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der sei beruhigt… Bis jetzt bin ich so ganz gut gefahren und habe auch vor, das so weiterzuführen. Mir ist nun einmal wichtig, dass auch der Weg zum Ziel Freude bereiten soll und nicht nur die Zieleinfahrt… Da wird sich aber bestimmt noch einiges tun in den nächsten Monaten und ich werde natürlich entsprechend berichten - hier und auf allen anderen Kanälen!

Rennkalender

Damit bis zum “D-Day” Mitte August auch sicher einige längere und flottere Einheiten dabei sind , hab ich den Rennkalender durchstöbert, um mir folgende Veranstaltungen vorzumerken: Osttirol im Juni bleibe ich treu, allerdings ist der Plan, statt der Dolomitenradrundfahrt auf die längere Strecke des Super Giro Dolomiti zu wechseln. Auch auf die längere Strecke wechseln werde ich bei den Wachauer Radtagen im Juli. Hier wird mein Verein - PBIKE - wohl wieder die inoffiziellen Vereinsmeisterschaften austragen, außerdem ist die Veranstaltung vor den Toren Wiens mittlerweile zu einem Fixtermin in meinem Radjahr geworden.

Wachauer Radtage (c) Sportograf

Offen ist, ob derzeit kursierende Ideen (Verbindlichkeit irgendwo zwischen Schnapsidee und Hirngespinst) Realität werden, und wir als Verein bei einem der Langstreckenrennen an den Start gehen, die Juni und Juli in den Rennkalendern zu finden sind. Glocknerman am 20. Juni oder Kaindorf am 20. Juli sind zwei dieser Möglichkeiten. Ein Start dort würde eine gute Vorbereitung auf das Race Around Austria bedeuten, außerdem nimmt das Team wohl etwas den Schrecken vor der Herausforderung. Kaindorf bietet neben dem klassischen 24h-Rennen auch die Möglichkeit eines 6h- oder 12h-Rennens, also auch eine Einstiegsmöglichkeit “light”. Hier müssen allerdings noch einige Vereinsabende vergehen, bis diese Ideen endgültig spruchreif sind und danach möglicherweise Realität werden.

Mitunter etwas gemütlicher geht es bei zwei anderen Veranstaltungen zur Sache, die ich mir ebenfalls einmal mit Bleistift in meinen Kalender eingetragen habe. Nummer 1 ist die In Velo Veritas, die Fahrt mit klassischen Stahlrennern durchs niederösterreichische Weinviertel. In den letzten Jahren stand ich vor dem schier unlösbaren Problem, dass In Velo Veritas und Dolomitenradrundfahrt immer am gleichen Wochenende stattfanden, und ich dabei (auch familienbedingt) immer Osttirol den Vorzug gegeben habe. 2019 finden die beiden Veranstaltungen an unterschiedlichen Terminen statt, Gelegenheit also, endlich wieder einmal mein Select “Weltrekordrad” auszumotten, mein Wolltrikot anzuziehen und von einer weingetränkten Labe zur nächsten zu radeln. Die gleichen Akteure sind auch beim zweiten Vorhaben am Werk, einer Fernfahrt von Wien nach Hamburg, die zur Feier des 150-jährigen Bestehens des ABC Altonaer Bicycle Club anhebt.

Mit ein paar mehr Trainingskilometern und der absolvierten Race Around Austria Challenge stehen im September schließlich noch zwei weitere Aufgaben an. Beim Velorun in meiner ehemaligen Heimatstadt Baden gilt es wieder, auf meinen damaligen Hausrunden einige “Personal Bests” in die Höhe zu heben. Und auch beim King of the Lake - dem Zeitfahren rund um den Attersee - ist eine neue Bestzeit fällig, wieder auf dem Zeitfahrer nämlich, nachdem ich ja dieses Jahr mit den Rennrad unterwegs war.

Bucket-List

Abseits von Rennen und organisierten Veranstaltungen harren auch unzählige Projekte auf meiner ganz persönlichen Rad-Bucketlist ihrer Erfüllung. Je nachdem, wann sich was und wie ausgeht, besteht die Speisekarte aus Vrsic und Mangart als Vorspeise, Stelvio als Hauptgang und ein paar Dolomitenpässen als Dessert. Auch der Mont Ventoux übt einen großen Reiz aus, hier ist aber die Anreise einfach sehr, sehr, sehr weit…

Fotos

Neben aktiver Zeit im Sattel ist mir auch Zeit hinter der Kamera wichtig. Ich bin jedenfalls wieder mit Kamera und Telefon bei der Österreich-Rundfahrt im Juli mit von der Partie - es waren tolle Erfahrungen, die ich bei meiner Premiere in diesem Jahr sammeln konnte, das möchte ich fortsetzen.

Aber auch beim Wiener Bahnorama im Dusika-Stadion, den VICC-Rennen auf der Donauinsel und wann immer es die Zeit erlaubt, werde ich mich mit der Kamera auf die Lauer legen, um den einen oder anderen Schnappschuss zu erhaschen.

Fotos werden demnach auch ein wesentlicher Pfeiler der Inhalte von 169k bleiben. Daneben möchte ich aber noch andere Bereich erschließen - erste Videos sind in Arbeit, Interviews ebenso. Für 2019 sind hier einige Neuerungen und Schmankerl vorgesehen, dranbleiben lohnt sich also!

N+1?

“Brauchen” wäre in diesem Zusammenhang sowieso das falsche Wort, “wollen” passt auch nicht so wirklich, hab ich doch für fast jeden Einsatzzweck geeignetes Gerät. Ein Zeitfahrer steht immer wieder mal auf der Wunschliste, für Race Around Austria und King of the Lake wäre so ein Rad außerdem schon ganz praktisch. Meinen Crosser habe ich hingegen ein bisschen auf “Adventure-Bike” umgebaut (näheres hier in Kürze) - die Idee dahinter ist, ein Rad für alle Einsatzzwecke zu haben (Straße, Cross und MTB light). Hier bin ich noch etwas am Tüfteln, da diese Einsatzbereiche einfach unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, die mitunter nicht ganz einfach unter einen Hut zu bringen sind. Abhängig davon, ob ich mit meiner derzeitigen Plattform (dem alten Crosser) das Auslangen finde oder nicht, wird es hier vielleicht ein N+1-Aufbau-Projekt geben.

So irgendwie “N+0,5” wird es im Frühjahr aber jedenfalls geben. Damit der Nachwuchs auch Radluft schnuppern kann und gleichzeitig die Trainings-Zeiteinteilung etwas effektiver wird, ist ein Radanhänger in Anschaffung - nicht für Gran Fondos, sehr wohl aber für kurze Ausfahrten auf der Donauinsel oder ähnliches. N+0,1 hingegen wird das erste Laufrad für den Junior - fast so schön, wie ein Rad für sich selbst zu kaufen!

Laufen

Sowohl aufgrund des Trainingseffekts als auch aus Zeitgründen, werde ich 2019 auch wieder öfters die Laufschuhe schnüren. Mit ein paar Kollegen wird es eine Staffel beim Vienna City Marathon im April geben, darüber hinaus möchte ich abseits ausgetretener Pfade mit Rucksack und GPS höher hinaus - in die Berge nämlich. Ob das dann Trailrunning ist oder Wandern oder schnelles Spazieren ist nebensächlich, das Naturerlebnis und die Berge stehen dabei im Vordergrund,

Neben allen Leistungen soll nämlich auch 2019 wieder die Freude als wesentlicher Antriebsgrund im Vordergrund stehen. Platzierungen sind mir seit jeher relativ egal, Rekorde sowieso - wichtiger das Erlebnis, die Erfahrung und die Erkenntnis, was man alles leisten kann und möchte (und leisten kann, WENN man es denn möchte).

In diesem Sinne einen schönen Start ins neue Jahr. Ich hoffe, den einen oder die andere (wieder) zu treffen - egal ob an einer Startlinie, bei einer Ausfahrt oder bei einer anderen Gelegenheit. Ich freu mich!

20. Wachauer Radtage - Rennbericht

Die Wachauer Radtage feiern Geburtstag - die 20. Ausgabe des Klassikers durch das Weltkulturerbe. Zur Feier des Tages hat man sich die drei Strecken nochmal genau angeschaut und für die 2018er-Ausgabe ein Best Of der bisherigen Streckenvarianten zusammengemischt. Dadurch ändern sich die Distanzen und Höhenmeter - genauso aber auch die Anforderungen, die Renneinteilung und der Rennverlauf. Wie die Strecken genau ausschauen, habe ich im Vorfeld der Radtage schon einmal zusammengefasst - hier der Überblick.

Raiffeisen Power Marathon

Ich stehe am Start des Raiffeisen Power Marathon, die Eckdaten: 85 Kilometer und rund 800 Höhenmeter durch die Wachau.

Start

Ich bin früher als letztes Jahr in Mautern beim Startgelände. Ich habe mir gemerkt, dass ich 2017 spät dran war und nur mehr den allerletzten Platz in der Startaufstellung ergattert habe. Die Zugänge zu den Startblöcken sind dieses Jahr etwas verbessert worden, trotzdem staut es sich an den Zugängen und es findet nicht mehr jeder den Platz, den er möchte. Ich bin einer von denen, die leicht außerhalb der Bande stehen und erst beim tatsächlichen Start einen Platz auf der Straße finden.

Dafür geht ab diesem Zeitpunkt alles sehr flott und reibungslos. Das Feld kommt schnell in Bewegung, keine der oft vorkommenden Stop-and-Go-Wellen, die ja auch ein gewisses Gefahrenpotential mit sich bringen. Schnell also über die Brücke bei Mautern auf die Nordseite der Donau und ab durch das Weltkulturerbe Wachau Richtung Spitz. 

Ein paar Meter vor mir blitzt ein Trikot des Continental-Teams MyBike Stevens aus der Menge. Nach einer Woche bei der Österreich-Rundfahrt bin ich quasi schon konditioniert auf die Trikots der Profis. Bei der Ö-Tour wurde das Team leider von einem Magen-Darm-Virus heimgesucht, von Tag zu Tag waren weniger Fahrer des Teams am Start, bis am Ende nur noch ein Fahrer den Startbogen unterschreiben konnte. Einer derer, die da quasi vom Rad geholt wurden, war Maximilian Kuen. Nach einer tollen Performance bei den ÖSTM am Kahlenberg wäre er für die Rundfahrt in guter Verfassung gewesen. Die Wachauer Radtage sind seine erste "Ausfahrt" am Rad nach der Ö-Tour, er fährt außer Konkurrenz mit. Praktischerweise liegt sein Grundlagen-/Gemütlichkeitslevel irgendwo nahe bei meinem FTP-Wert - das ergibt eine gute Mitfahrgelegenheit durch die Wachau auf den ersten zwanzig flachen Kilometern.

Kurz vor Spitz zeigt mein Tacho einen Schnitt von gut 45 km/h an, das wird wohl nicht mehr lange so bleiben, steht doch der erste Hügel auf dem Programm. Das Feld hat sich schon etwas gelichtet, zum einen weil wenige Kilometer vorher die Feldtrennung stattgefunden hat - die Teilnehmer des Champion Marathons sind dort auf ihre lange Runde abgebogen, aber auch weil das Tempo eben recht hoch war.

Von Spitz steigt die Strecke nun leicht an. Ich bin diesen Streckenabschnitt vorab nicht gefahren und liege mit meinen Erwartungen daher etwas daneben. Statt dem befürchteten großen Anstieg geht es rollend über mehrere Hügel dahin, entsprechend hoch ist das Tempo. Im letzten Jahr ging es hier steiler und auch langsamer zur Sache (hinauf nach Nöhagen). Der Großteil der Gruppe, die im Flachen miteinander gefahren ist, bleibt auch hier zusammen. Die Labe am höchsten Punkt dieses Streckenabschnitts lasse ich aus - mit meinen zwei Flaschen komme ich locker über die Distanz, außerdem ist mir das Handling der Mineralwasserflaschen zu kompliziert, die man (zugeschraubt) in die Straße gereicht bekommt.

Trotzdem spüre ich langsam aber doch meine Beine. Ich bin gerade erst acht Tage lang im Auto gesessen, um mit der Kamera die Österreich-Rundfahrt zu begleiten. Acht Tage ohne Aktivität, acht Tage, in denen ich mich nur vermeintlich ausgeruht habe vom Radeln. Aber spätestens jetzt spüre ich, wie meine "Haxn aufgehen" - so hat es Rudi Massak, der Generalsekretär des Radsportverbands, beim gemeinsamen Abendessen zwei Tage zuvor vorhergesagt.

Die Donaubrücke bei Melk markiert ungefähr die Hälfte des Rennens. Genauso wie jeder Teilnehmer am Vienna City Marathon schmerzlich feststellen muss, dass die Reichsbrücke eigentlich ein kleiner "Berg" ist, so ist auch diese Donaubrücke mehr als nur ein kleiner "Schupfer", vor allem wenn man mit flottem Tempo auf die andere Seite gelangen will.

2017 ist es ab hier "nur noch" flach Richtung Ziel gegangen, in diesem Jahr geht es nur ein kurzes Stück die Donau entlang. In Aggsbach biegt man rechts in Richtung Dunkelsteiner Wald. Während der Ironman St. Pölten hier geradeaus hinauf nach Gansbach verläuft, biegen wir links Richtung Maria Langegg ab. Es wartet ein kurzer aber knackiger Anstieg mit bis zu 12 % Steigung auf ein paar Metern. Ich nehme mir vor, meine Komfortzone zu verlassen, und drücke den Anstieg hinauf. Oben angekommen durchfährt die mittlerweile stark zerfallene Gruppe einen Bogen und das Werk erscheint vollbracht. Ich habe meine Reserven so eingeteilt, dass ich hier leer bin - für die Abfahrt und die restlichen paar Kilometer ins Ziel brauche ich nicht mehr viel. 

Erkenntnis 1 stellt sich ein - nämlich, dass sich die Woche im Auto doch stärker auswirkt als erwartet. Erkenntnis 2 betrifft die mangelnde Streckenkenntnis, kommen doch nach dem Bogen der Bergwertung noch drei oder vier kleine Anstiege - mit hundert bis zweihundert Metern Länge eigentlich nicht der Rede wert, aber im jetzigen Zustand nicht mehr sehr unterhaltsam. Ich verliere den Anschluss an die letzten Mitfahrer. Nur ein Kollege bleibt über, irgendwie kommen wir gemeinsam über die letzten Höhenmeter.

Die anschließende Abfahrt ist rasant, wie alle Teile des Marathons sind aber sämtliche Gefahrenstellen gut und deutlich gekennzeichnet. Während die meisten Marathons sich darauf beschränken, die Teilnehmer unzählige Haftungsausschlüsse und Verzichtserklärungen unterschreiben zu lassen, wird bei den Wachauer Radtagen zusätzlich dazu noch gute Vorarbeit geleistet - mit Videos der Strecke, Erklärungen der Gefahrenstellen und eben einer guten Kennzeichnung sowohl auf der Strecke als auch durch die vielfachen Streckenposten. Dennoch bleibt mir in der Abfahrt eine kurze Schrecksekunde nicht erspart. In einer schnellen Linkskurve liegt plötzlich am rechten Straßenrand ein Rad am Boden - ohne Vorderrad und dahinter ein steiler Abhang in den Wald hinunter. Ich schaue verdutzt um mich herum, bleibe stehen und erkenne einen Radler mit Laufrad in der Hand rund zehn Meter weiter unten im Wald stehen. Meine Frage, ob alles in Ordnung sei, wird glücklicherweise mit einem "Ja, danke" quittiert, so steht meiner Weiterfahrt nichts im Wege. Die dabei "verlorenen" Sekunden können für einen gestürzten Mitfahrer entscheidend sein, insofern nehme ich das gerne in Kauf. Und schon zu oft hat man Geschichten gehört, dass Radler nicht stehen bleiben, wenn rund um sie Stürze geschehen, obwohl es ja um wenig bis gar nichts geht...

Nach der Abfahrt folgen die letzten fünf Kilometer ins Ziel, wieder auf der Bundesstraße die Donau entlang. Gruppe ist keine mehr in Sicht, ich versuche noch einmal, aufs Tempo zu drücken, merke aber schnell, dass meine Beine leer sind. Meine Arbeit für heute ist getan, ich rolle gemütlich über die Ziellinie in Mautern.

Der 104. Rang steht später in der Ergebnisliste, Strava bestätigt mir in Zahlen den positiven Eindruck, den ich während des Rennens hatte. Zufrieden kann ich also im Ziel meine Erstverpflegung genießen - die Beine leer, der Erfahrungsschatz um ein Erlebnis reicher.

P.bike Vereinsmeisterschaften

Umso schöner ist es, dass im Ziel bereits meine Vereinskollegen vom PBIKE.AT-Racing Team auf mich warten. Die Tatsache, dass sie vor mir da sind, bedeutet zwar eine Niederlage in unseren internen Vereinsmeisterschaften, aber ich kenne ihre Leistungen zu gut - da hätte ich ohnehin keine Chance... Johannes ist am Schluss der Schnellste aus dem PBIKE-Stall - Gratulation nochmal an dieser Stelle.

Erwähnenswert jedenfalls auch der dritte Platz von Christoph im Rennen auf der langen Strecke!

2019?

Wir sehen uns jedenfalls im nächsten Jahr wieder. Schöne Strecke, tolle Organisation, kurze Anreise und ein tolles Teilnehmerfeld werden auch nächstes Jahr einen guten Rahmen bieten.

Das Copyright aller Fotos in diesem Blogpost (ausgenommen jenes von Christoph) liegt bei Sportograf.

19. Wachauer Radtage - Rennbericht

Suboptimaler Start - 15 Minuten vor dem Startschuss ist der Startblock voll, hinten anstellen die einzige Option, gewertet wird die Bruttozeit! Blöd, wenn ich auf Platzierung oder Zeit fahren würde ;) Aber in meinem Leistungsbereich ist es mir im Grunde egal, ob ich 165. oder 227. oder 112. werde. Für mich zählt das sportliche Erlebnis, die Stimmung und natürlich, mich zu fordern. Mein Gegner bin ich selbst - naja ein paar andere finden sich meistens auf der Strecke schon noch... :)

Vor mir liegen 99 Kilometer und rund 1.000 Höhenmeter. Die Strecke sind wir eine Woche davor schon einmal abgefahren - praktisch, denn die Anstiege sind nicht ganz eindeutig und oft weiß man nicht so genau, was auf einen zukommt. (Die Streckenfotos sind übrigens bei diesem "Recon-Ride" entstanden).

Vom Start in Mautern staut sich das Feld über die erste Donauquerung. Wenn man das Feld der Radler 300 Meter vor sich schon über die Brücke rollen sieht während man selbst noch nicht einmal losgefahren ist, dann wird man schon etwas nervös und überlegt sich, das nächste Mal doch etwas früher Aufstellung zu nehmen. Auf der Schnellstraße nach Krems sortieren sich die ersten Dinge gleich einmal, mit ein paar flotten Kollegen holt man hier einiges wieder auf. Das Gleiche gilt für die Bundesstraße von Krems Richtung Senftenberg - nicht dass hier schon die allergrößten Herausforderungen warten würden, aber hier zieht sich das Fahrerfeld schon in die Länge, Gruppen mit ähnlichem Tempo finden sich.

Gruppenbildung ist aber insofern obsolet, da ab Senftenberg die ersten Anstiege beginnen, in denen ohnehin jeder mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist. Die Teilung der Strecken nach Senftenberg (156k-Runde geradeaus, 99k nach links) ist übrigens rechtzeitig und sehr gut gekennzeichnet und sollte keine Rätsel aufgeben (auch wenn das offenbar bei einigen trotzdem der Fall war, wie ich gehört habe...). Von Senftenberg bis hinauf nach Nöhagen kämpft man sich durch den Wald hinauf Richtung Waldviertel, hinauf in eine tolle und wunderschöne Landschaft. Genau diese Landschaft hat es aber auch in sich, die Anstiege sind teilweise giftiger als sie aussehen, hinter der Kuppe geht es kurz bergab und dann meistens gleich wieder bergan und auch der Wind (meistens aus Westen) spielt einem hier nicht wirklich in die Karten.

Das Wetter ist aber im Grunde ideal für ein Radrennen, nicht zu warm, bedeckt - kein Vergleich zu unserer Streckenbesichtigung, bei der wir mit 35 Grad zu kämpfen hatten. Das wirkt sich bei mir auch positiv auf meine Verpflegungsstrategie aus. Bei der ersten Labe kurz nach einem Wasser greifen - gut ist. 

Von Nöhagen geht es Richtung Jauerling - auch wenn wir diesen auslassen, dieser ist den Teilnehmern des Champions Marathon über 156 Kilometer vorbehalten. Die flotte Abfahrt Richtung Mühldorf wird relativ entspannt abgehandelt, die engen und gefährlichen Kurven in Mühldorf ebenso - die Strecke ist hier gut abgesichert und zahlreiche Ordner sorgen dafür, dass man die Gefahrenstellen eigentlich nicht übersehen kann.

Einmal noch wellig dahin und der letzte Hügel bei Zeining kurz vor der zweiten Labe, ab diesem Punkt geht es im Grunde nur noch eben bzw. bergab Richtung Donau und dann zurück nach Mautern. Nach der zweiten Labe - ich habe mir wieder eine der rausgestreckten Wasserflaschen gekrallt - bin ich plötzlich alleine, alle Gruppen sind weg, keine Ahnung wohin. Die Fahrer hinter mir sind keine Option, die haben beim Überholen gerade nicht den fittesten Eindruck gemacht, nach vorne nur ein Einzelkämpfer und nochmal 300 Meter davor die nächste größere Gruppe. Alleine fahren macht an dieser Stelle jetzt aber weder Sinn noch Spaß, also runter mit dem Oberkörper und Vollgas. :) Drei Kilometer dauert es, bis ich meinen Vordermann eingeholt habe, einen weiteren Kilometer später fahren wir alle wieder in einer Gruppe. 

An dieser Stelle beginnt allerdings das altbekannte Geplänkel, keiner will vorne fahren. Ellbogenwackeln, Herum-Gedeute, Schwenk nach links, Schwenk nach rechts... Kurze Aufmunterungsrufe - zuerst nett, später dann ungeduldigere Aufforderungen, doch auch endlich mal vorne zu fahren. Fünf Kilometer am nördlichen Donauufer bevor es über die Brücke auf die Südseite nach Melk zurück geht. Ein paar Leute finden sich dann doch, mit denen man sich in der Führungsarbeit abwechselt. Leute werden eingeholt, während die Gruppe mit einem satten Tempo durch das Weltkulturerbe Wachau rollt. Vorbei an Marillenverkaufsständen und Heurigen, durch enge, pittoreske Ortschaften, vorbei an Schlössern und immer entlang der Donau. Die Zeit vergeht schnell, die Kilometer bis zum Ziel schmelzen nur so dahin. 

Von hinten ist eine weitere Gruppe herangefahren, offenbar sind wir jetzt genug Fahrer, dass wir Mottorradbegleitung haben. Praktisch und sicher, haben wir doch so etwas mehr Spielraum bei den Ortsdurchfahrten und bei Gegenverkehr. (Grundsätzliches Lob hier an den Veranstalter - obwohl hier Straßen nicht gesperrt sind, gab es keinerlei brenzlige Situationen, die Absicherung der Kreuzungen usw. hat hervorragend funktioniert, der Streckenverlauf war immer eindeutig!). 

Zehn Kilometer vor dem Ziel steigt das Tempo noch einmal an, es macht sich so etwas wie eine Sprintvorbereitung bemerkbar, das lässt das Adrenalin noch einmal ansteigen. Dass wir hier vermutlich um die Plätze 200-220 "kämpfen", blenden alle geflissentlich aus. Der Zielbogen erscheint am Horizont, ich warte darauf, dass irgendjemand lossprintet aber es passiert irgendwie nichts... Manche nehmen raus, einige werden schneller, ein paar gehen dann doch noch kurz aus dem Sattel. Aber im Sinne der Sicherheit und weil es ja außerdem um Nichts geht, ist es wohl eh gescheiter, sich hier nicht komplett zu verausgaben. Ein relativ heftiger Sturz bei der Zieleinfahrt ein paar Minuten nach meiner Ankunft bestätigt das leider entsprechend...

Isotonisches Getränk im Zielbereich und ein Dank an die Organisation und alle Freunde, Bekannten und Mitstreiter! Es war sehr schön, wir sehen uns nächstes Jahr wieder!

Ach ja: Rang 166 ist es geworden, bei 744 Startern auf der 99 km-Strecke. Liest sich jetzt nicht so berauschend wie es sich angefühlt hat, aber das ist ja gleichzeitig das Schöne an der ganzen Sache! Nichts geht über das Gefühl einer großen Gruppe, die gut und flott dahinrollt, die latente Nervosität an neuralgischen Punkten der Strecke, das Adrenalin, wenn man richtig gefordert ist! Die 246 Watt Durchschnittsleistung werden in der Badewanne wieder abgewaschen, die Freude am Radsport und das Erlebnis in der Gruppe bleiben!

Wachauer Radtage: https://wachauer-radtage.at/de/

Strava-File: https://www.strava.com/activities/1085992175/overview