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Fotos // VICC Race Day 04.09.2022
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Wie soll ich diesen Blogpost über den King of the Lake 2019 beginnen, wo ich doch schon im vergangenen Jahr alle verfügbaren Superlative gebraucht habe… Daher hier die Kurzfassung für alle, die sich nicht durch die Details meines Blogposts wühlen möchten:
Der King of the Lake ist eine der tollsten Veranstaltungen, die ich mir nur vorstellen kann - (gesperrte) Strecke, Organisation, Menschen, Landschaft und alles Drumherum sind perfekt. Wer noch nicht dabei war oder nicht verstehen kann, warum jeder so von der Veranstaltung schwärmt, der oder die stelle sich unbedingt einmal an die Startlinie! Punkt.
Du möchtest doch noch mehr lesen? Na gut, starten wir von vorne :)
Es ist mein dritter King of the Lake, wobei King werde ich auch dieses Jahr nicht werden. Ich habe große Konkurrenz: neben meiner Wenigkeit stehen auch noch mein Trainingsrückstand, mein launischer unterer Rücken und mein Schlafmangel am Start - es wird ein hartes Match. Um kein Risiko einzugehen, habe ich materiell noch einmal aufgerüstet. Nach meiner grandios gescheiterten Premiere am Zeitfahrer im Jahr 2017 und einer - wie ich meine ganz soliden - Fahrt mit dem Rennrad 2018, steht 2019 wieder ein Zeitfahrer in meinem Hotelzimmer im Litzlberger Keller. Die neue BMC Time Machine Disc schreit “schnell” und “schnittig” und es wird wohl ein langer Weg werden, bis der Pilot ebenjener Maschine auch nur ansatzweise die selbe Dynamik versprühen wird - aber egal. Bekanntermaßen macht es (zumindest mir) mehr Spaß auf schönem Material und wo wenn nicht hier am wunderschönen Attersee beim größten Einzelzeitfahren Europas.
An den Attersee finde ich schon blind, verbringe ich doch mittlerweile schon mehrere Tage oder fast Wochen meines Radjahres hier in der Gegend. Mondsee-Radmarathon, die Staatsmeisterschaften 2019, das Race Around Austria, der Mohrenwirt in Fuschl - es ist hier eine besondere Ecke entstanden mit engagierten Menschen, die auf eine unaufgeregte aber zielstrebige Art und Weise den Rad(breiten)sport in Österreich vorantreiben. So wie auch ganz Oberösterreich mittlerweile eine tolle Vorreiterrolle eingenommen hat - nicht zuletzt die vielen oberösterreichischen Profis oder jene Fahrerinnen und Fahrer, die sich anschicken, solche zu werden, zeugen davon, dass es sich um einen guten Boden handelt.
Über den King of the Lake selbst wurde schon viel gesagt und geschrieben. Es ist die größte Veranstaltung ihrer Art in Europa - das Konzept geht nächstes Jahr in seine zehnte Ausgabe, was man am Weg dorthin geschafft und erlebt hat, können Worte wohl schwer beschreiben. Knapp 1.300 Starterinnen und Starter haben sich im Frühjahr 2019 um die Startplätze bemüht, innerhalb von wenigen Stunden waren diese dann auch schon wieder vergeben. Die gesperrte Bundesstraße rund um den See ist so etwas wie das Aushängeschild der Veranstaltung und OK-Chef Erwin Mayer muss jedes Jahr einen großen Teil seiner Energie darauf verwenden, dass dies auch so bleibt. Und das ist ihm unendlich hoch anzurechnen, sind doch die Interessen der Bevölkerung mannigfaltig und ein Radrennen ist halt trotzdem in der Wahrnehmung vieler immer noch “nur ein Radrennen” und unter diesen Rahmenbedingungen an einem Samstag für gut sechs Stunden die einzige Straße rund um den See komplett zu sperren, ist eine entsprechende Leistung. Polizei und Feuerwehr helfen tatkräftig mit, die Gemeinden tragen das Event ebenso und haben über die Jahre auch dessen Nutzen erkannt.
Der Freitag ist traditionell der Anreise und einem geselligen “Warm Up” am Abend gewidmet. 2019 bietet sich dafür eine neue Möglichkeit - auch im weiteren Sinne des Radsports -, hat doch die Mutter von Bora-Profi Lukas Pöstlberger ein altes Wirtshaus in Schörfling übernommen. So mischt sich lokale Wirtshauskultur mit deftigem Essen, dass sich ein World Tour-Profi am Tag vor dem Rennen wohl nicht in derartigen Mengen gönnen würde. Aber wenn man schon mal hier ist… Neben dem Organisationskomitee, Vertretern der Gemeinden und einigen Journalisten sitzen auch Marcus Baranski - der letztes Jahr noch mit seinem “Doper stinken. Alle. Immer”-T-Shirt einen großen Auftritt auf dem Podest neben Georg Preidler hatte - und Nora alias “Unicorn Cycling” am Tisch, die sich auf dem Rennrad auf die Umrundung des Sees begeben wird.
Nach einem derartig “carbo-geloaded” mediokren Schlaf steht Samstag Vormittag die obligatorische Testfahrt auf dem Programm. Systemcheck des Rads, kurzes In-Erinnerung-Rufen der mühsamen Stellen des Kurses auf der Westseite des Attersees. Während es ja auf der “Hinfahrt” auf der Ostseite (im Uhrzeigersinn) recht flach und entsprechend flott dahingeht, stellen sich ab der Südspitze nach und nach mehr oder weniger fiese kurze Rampen in den Weg. Schließlich wollen zwischen Start und Ziel rund 250 Höhenmeter gesammelt werden. Die entsprechenden Stellen vorab zu kennen, hilft ungemein beim Einteilen der Kräfte.
Ein weiterer Punkt, der den KOTL nämlich so besonders macht - zumindest bei jenen, die sich leistungstechnisch auch annähernd in diesen Sphären bewegen können - ist die Tatsache, dass eine Fahrzeit von etwas mehr als einer Stunde bedeutet, hier an seiner individuellen Leistungsschwelle unterwegs zu sein, den berühmten FTP-Wert also unter Realbedingungen einer Bewährungsprobe auszusetzen. Dementsprechend groß ist die Häufung von Leistungsmessern, um den Output messen und entsprechend steuern zu können.
Nicht allerdings an meinem Rad, dafür war die Zeit vor dem KOTL leider etwas zu kurz und die Lieferzeiten meines Wunsch-Powermeters etwas zu hoch. Alles in allem bin ich wiederum nur solala vorbereitet. Auf dem Zeitfahrer bin ich rund fünf Mal gesessen, nachdem dieser aber bei Pbike auf mich gefittet wurde, passt zumindest die Sitzposition. Als Ziel für die Umrundung nehme ich mir grob 1:15h vor, im Glauben, dass ich meine Rennrad-Zeit von 1:20 recht locker unterbieten sollte, wenn ich es schaffe, am TT in Aero-Position durchzufahren. Die großspurige Formulierung traue ich mir hier nur zu, weil ich dieses Ziel später nicht erreichen werde, aber dazu gleich mehr.
Die vormittägliche Testfahrt endet mit Gregor Mühlberger, der auf dem Rückweg zum Hotel plötzlich neben mir fährt. Und so geht es mir immer am Attersee: Irgendwie kennt man jeden, diesen hat man schon mal gesehen, mit dem anderen ist man in Wien schon mal eine Runde gefahren, du bist die von Strava - Das King of the Lake-Wochenende ist ein Familienfest mit der ganzen Radsportsippe - umso besser, dass das Festzelt im Zielbereich ausreichend dimensioniert ist.
Auch schon traditionell vertreibe ich mir meine Zeit bis zu meinem Start (dieses Jahr um 16:13) mit dem Ansehen der Starts der Rad-Bundesliga, den Vierer-Teams und den ersten Solo-Startern. Am Rückweg zu meinem Hotel kann ich noch ein paar Fotos schießen - auch hier der eine oder andere Aha-Moment, wenn man in den Vierer-Teams bekannte Gesichter entdeckt. Umziehen, Fertigmachen, zum Start rollen. Die verbliebenen Minuten widme ich einem Besuch beim “Fahrerlager” des VICC-Vienna International Cycling Club, der mit knapp 30 Mitgliedern am Start steht.
5, 4, 3, 2, 1 - und es geht runter von der Startrampe. Gleich nach dem Start geht es kurz bergauf, aber lieber mal etwas langsamer machen - die erste Hälfte sollte man grundsätzlich eher ruhiger angehen lassen. Ich beschließe - angesichts fehlender Leistungsdaten und unsicheren Leistungsniveaus - nach Gefühl zu fahren und es nicht zu übertreiben. Diesen Gedanken in meinem Gehirn fertigformuliert, taucht auch schon an meiner linken Seite ein Auto auf, Fotografin Tana Hell beugt sich aus dem Fenster und drückt ab. Und bevor ich es noch merke, trete ich plötzlich stärker in die Pedale, gebe Gas, überhole Fahrer - mache also alles, was ich nicht tun wollte… Alles für das Foto! :)
Als das Auto (endlich) weiterfährt, schalte ich erstmal einen Gang zurück. Wir sind auf Höhe Weißenbach am Attersee - das bedeutet, dass die ersten Höhenmeter auf dem Programm stehen. Ich matche mich mit dem Starter vor mir - immer wieder taucht seine Startnummer 1012 und sein gelbes Trikot auf. Bergauf überholt er mich, in der Ebene rolle ich wieder an ihm vorbei - immer mit dem notwendigen Abstand natürlich. Er ist wohlgemerkt auf dem Rennrad unterwegs, aber das kümmert mich nicht. Die Mischung aus Rennrad und Zeitfahrer, alt und jung und stark und stärker ist erfrischend und sorgt für Abwechslung.
In Unterach ist mit einem kurzen Stich hinauf zur Umfahrungsstraße der Wendepunkt im Süden erreicht, die darauffolgende Abfahrt bietet eine kurze Erholungspause bevor die Namen folgen, die ich mir in Gedanken notiert habe: Parschallen, Nußdorf und Buchberg. Dort geht es steiler und länger bergauf, als man “kurz einmal drüber drücken” könnte. Der Wind, der klassischerweise auf der zweiten Hälfte eine Rolle spielt, ist auch dieses Jahr wieder Begleiter (von vorne), aber die befürchteten Böen sind ausgeblieben.
Es ist immer ungefähr bei Kilometer 37 oder 38, wo das Rennen etwas “lang” wird. Man ist schon einige Zeit unterwegs, die Tanks werden langsam leer, die Strecke lang. An dieser Stelle muss man beißen, es sind nur fünf Kilometer, die man überstehen muss - der Knackpunkt ist der kurze Stich in Buchberg. Dort hat sich die Race Around Austria-Fanzone breitgemacht - die Stimmung ist gut, die Anfeuerungen helfen dabei, die kurzen 13% zu übertauchen. Und dann geht es - wie schon in den Jahren zuvor - plötzlich schnell! Das Gelände ist kupiert, es rollt kräftig dahin, über kurze Wellen rollt man mit Schwung und gut 50 km/h. Und dann purzeln die Anzeigetafeln mit den verbleibenden Kilometern nur noch so - 4, 3, 2. Eine kleine Prüfung steht noch auf dem Programm, die letzte Rampe zum Hotel Attersee, danach ist es aber wirklich vorbei. Vollgas hinunter nach Seewalchen, wohltemperiert durch die 90-Grad-Kurve, über die Agerbrücke und 300 Meter in Richtung Ziellinie. Im Nachhinein verfliegen die letzten Kilometer geradezu.
Dann ist es auch schon wieder vorbei. Am Wahoo die Fahrt beenden, Luft holen, bevor man es merkt, wird einem der Zeitnehmungschip abgeknipst. Die Wahrscheinlichkeit, dass man auf den ersten Metern aus dem Zielkanal ein bekanntes Gesicht trifft, ist sehr groß - aufmunternde, interessierte oder euphorische Worte inklusive. Auf meinem Radcomputer steht am Ende 1:16:57 und damit mehr, als ich mir erhofft hatte. Die 1:15 zu erreichen, war - ohne großartig darüber nachzudenken oder die Notwendigkeiten dafür genau zu analysieren - doch nicht so einfach, wie ich mir das vielleicht vorgestellt hätte. Andererseits muss ich mir ja für das nächste Jahr noch etwas Verbesserungspotential erhalten.
Zeit für Ärger oder Gram bleibt ohnehin keiner - zu schön ist der Attersee, zu spannend das Eventformat, zu gesellig der Abend im Festzelt. Objektiv betrachtet bewundere ich einerseits jede und jeden, die/der sich auf den Weg um den See macht und sich auf diese Weise misst. Andererseits werden von den schnellen Fahrerinnen und Fahrern gewaltige Leistungen abgeliefert, die Zeiten unter 1:00 werden immer mehr und die Zeiten sind schlichtweg beeindruckend!
So nehme ich mir mein Ziel von 1:15 mit ins Jahr 2020, hoffe auf wiederholtes Kaiserwetter, nette Gesellschaft und ein weiteres großartiges Wochenende am Attersee - King of the Lake werde ich zwar wieder nicht werden, aber genauso viel King oder Queen wie jeder, der sich auf den Weg macht!
Fotos (wenn nicht selbst aufgenommen oder gekennzeichnet): Sportograf
Die Teilnahme am Rennen erfolgte auf Einladung des Veranstalters.
Alle Infos: https://vicc.racing
Alle Infos, Termine & Ergebnisse: https://vicc.racing
Während ich es mir beim Zeitfahren am Samstag und beim Marathon am Sonntag mit der Kamera gemütlich gemacht habe, waren Nora und Michael beim Neusiedlersee Radmarathon mittendrin dabei - bei Wind, Wind und noch mehr Wind!
Statt #WinterIsComing könnte man dem letzten Wochenende eher den Tag #WindIsComing geben: typisch burgenländisch präsentierte sich der Neusiedler See Radmarathon am 28.5.2019 bei traumhaftem Sonnenschein und“leichten”Windböen.
Aber fangen wir mal ganz von vorne an: meine Saison startete gut und ich hatte bei der Online-Anmeldung schon knapp 3000 Trainingskilometer und einen Knorpelschaden im Knie hinter mir gelassen. Insofern war für mich klar, dass ich den vollen Marathon fahren würde und nicht die kurze Strecke bis Illmitz. So schön es sein mag, mit der Fähre nach getaner Arbeit im Rennen über den Neusiedler See zurück zu tuckern: noch schöner ist es, im Peloton über die Straßen zu jagen, zu schauen, “was nach 100 km noch drinnen ist”, im Rummel ins Ziel zu düsen!
Die Startnummer konnte ich mir schon am Donnerstag in der Mall bei Wien Mitte holen - dabei war natürlich auch ein prall gefülltes Start-Sackerl! Das fand ich natürlich sehr praktisch: statt einer langen Ausfahrt am Vortag oder extra früher Anreise am Renntag und Schlange stehen, wenn man sich eigentlich warmfahren sollte, lief so alles sehr stressbefreit ab. Man merkte einfach sofort, dass hier der Veranstalter auch bemüht ist, den Bewohnern der Bundeshauptstadt den Renntag so angenehm wie möglich zu gestalten. Schließlich ist der Neusiedler See Radmarathon für viele Wiener so etwas wie der “offizielle Saisonauftakt”.
In einer Fahrgemeinschaft mit zwei Vereinskollegen brach ich am Renntag selbst um 7:30 in Richtung Mörbisch auf. Man kann zwar auch ganz unkompliziert mit der S-Bahn nach Wulkaprodersdorf fahren und sich auf den weiteren 20 km zum Start die Beine warmfahren - aber wenn sowieso jemand fährt, nahm ich das Angebot gerne an. Auf der Hinfahrt nahm ich noch einmal ganz genau das Streckenprofil unter die Lupe. Am ersten Berg alles geben, dann eine gute Gruppe suchen, in Ungarn eher in der Mitte bzw. der linken Seite unserer Spur fahren, bei den Kreisverkehren aufpassen, dann kommt der Gegenwind. Ganz zum Schluss geht es noch einmal eine kleine Rampe hoch. Nicht demoralisieren lassen, noch ein paar Körner über haben, dann all out nach Mörbisch.
So weit, so gut: beim Aufwärmen ging es gleich den ersten Hügel hoch und meine Herzfrequenz machte mal wieder, was sie so gerne macht… Sie war sofort auf 180. Oder zumindest fühlte es sich so an, ich hatte nämlich vergessen, meinen Herzfrequenzgurt unter zu ziehen. Ja, ich weiß, klassischer Anfängerfehler, zurück zum Auto, Brustgurt unter Baselayer friemeln, und dann sah ich es auf dem Display: schon im Stehen pochte mein Herz im GA2 Bereich. Ich rollte noch ein bisschen herum, atmete tief durch, und mit der Nervosität legte sich auch langsam wieder die Herzfrequenz. Na dann, nichts wie rein in den Startblock!
PENG - los gings! Wir rollten durch Mörbisch und dann lag auch schon die kleine Rampe, die in die Weingärten führte vor uns. Es sah wirklich beeindruckend aus, die Menge an Trikots in allen erdenklichen Farben zu sehen, die sich dort hinauf wand. Zack, da war ich auch schon oben, weiter ging es durch die Weingärten, rein in ein kleines Wäldchen: die Straße war zwar recht schmal, aber in einem guten Zustand und der Hügel hatte das Feld auch schon etwas auseinander gerissen. Insofern war die kleine Abfahrt sehr angenehm und nicht zu technisch, genau nach meinem Geschmack. Weiter ging es in Richtung Ungarn: nach der Grenze erwartete uns dort eine komplett gesperrte Straße, auf der wir mit etwas Rückenwind in der Gruppe mit 50 Sachen entlang düsten. Das Wummern der Carbon-Räder um mich, die gesperrte Straße, der Blick auf den Wahoo, der über 50 Sachen anzeigte, ohne dass ich viel dafür machen musste: das war ein fantastisches Gefühl!
Natürlich blieben die Straßen, wie bei anderen RTFs auch üblich, nicht gänzlich gesperrt, allerdings war grade in Ungarn kaum bis gar kein Verkehr auf “unserer” Spur und der Gegenverkehr wartete stehend, bis das Feld vorbei war. Auch war die Straße in einem deutlich besseren Zustand, als ich nach den Erzählungen erwartet hatte. Mit meinen 28er 4-Seasons hatte ich zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, sicher unterwegs zu sein. Vielleicht hatten die Freunde von demjenigen, der vor mir mit seinem Crosser mit Gravel-Reifen unterwegs war, etwas übertrieben…
Der ungarische Teil zog sich dann etwas, zumindest dachte ich das, und konnte die österreichische Grenze kaum erwarten. Kaum durch Pamhagen durch, stürzten vor mir etliche Leute. Ich konnte grade noch bremsen, rollte vorsichtig an ihnen vorbei, alle rührten sich und bis auf ein paar Kratzer und Prellungen dürfte nicht zu viel passiert sein. Als ich aufsah, war meine Gruppe weg - und dafür der Gegenwind da. Der wichtigste Tipp, den ich bekommen hatte war: Such dir eine Gruppe in deinem Tempo, bevor du auf die laaaaange Grade im Gegenwind kommst! Mit Gegenwind meine ich Windböen mit bis zu 60 km/h, mit langer Grade meine ich eine größtenteils kurvenlose Straße durch gänzlich flache, burgendländische Felder.
Nach und nach schafften wir es immer wieder, Gruppen mit 2 bis 4 Fahrern hinzubekommen. Wir waren mit 18 km/h unterwegs, obwohl ich an der FTP-Schwelle fuhr. Wenn ich alleine war, begann ich mit mir zu reden: ich fühlte mich ein wenig wie Tom Hanks in Cast Away, so allein auf weiter Fluhr. “Wind formt den Charakter… Wind ist der Berg des kleinen Mannes…” - wenn das so ist, ist mein Charakter seit letzter Woche stromlinienförmig und ich bin den Großglockner hochgefahren. ;)
Endlich kamen wir in die Gegend bei Neusiedl, ich hatte auch wieder eine größere Gruppe, inzwischen 4 Gels intus, Flasche 1 leer und war eigentlich ganz guter Dinge. Ab hier kannte ich die Strecke, zwar üblicherweise mit Wind aus der anderen Richtung, aber immerhin: die Gegend gefällt mir wirklich gut und es macht immer wieder Spaß, duch Jois, Purbach und Co zu radeln. Außerdem gibt es in Purbach in der Kellergasse die weltbesten mit Pfeffer ummantelnten Würste - ja, sowas esse ich bei Ausfahrten. Allerdings hatte scheinbar auch die halbe Bevölkerung grade den Plan, mit dem Auto durch diese Gegend zu fahren und obwohl die Polizei bei den Kreisverkehren den Verkehr für uns aufhielt, fuhren wir hier zwischen Autos. Das und ein Platten von einem Leidensgenossen, mit dem ich schon auf der langen Gegenwind-Grade zusammen fuhr, zersprengte unsere Gruppe wieder. Vor mir hatte ich aber eine Frau gesehen, und ich wusste, dass ich sie einholen musste, um eine gute Platzierung zu bekommen.
Ich sah auf meinen Wahoo, meine Herzfrequenz, die bei 178 bpm im Schnitt lag, brüllte mich an: TUS NICHT! Ich spürte in meine Beine, das Ziehen im rechten Bein und das zweite Rennen dieser Saison 3 Tage später brüllten: TUS NICHT! Ich fühlte an meiner fast leeren zweiten Flasche, die mich anbrüllte: TUS NICHT! Natürlich tat ich es und ich fuhr alleine von “meiner” Gruppe weg und holte die Gruppe mit der anderen Dame ein. Kurz erholen, weiter gings: da waren noch genug Energiereserven und bis ins Ziel waren es nur noch um die 25 km. Auf meiner Navigation sah ich, dass irgendwo vor mir eine Jennifer fuhr. Also schmiedete ich erneut den Plan, diese einzuholen. Auf den kommenden Kilometern fuhr ich auch an einer Menge Teilnehmer vorbei, allerdings war keiner davon weiblich. Dann bog ich links ab, wo die Strecke in Richtung Stich vor Rust ging. Raus aus dem Sattel und rüber da! Und tatsächlich überholte ich eine Frau - aber laut meinem Compter war es nicht Jennifer.
Die kleine Abfahrt nach Rust runter war so unfassbar schön. Freie Straßen, Rückenwind, ich hatte keine Angst, wie sonst häufig bei Abfahrten und vor mir lag der Neusiedlersee und ein malerisches Dorf. Ich begann fast zu heulen, weil es einfach so geil war, hier runter zu fahren. Das mag für die Kopf-Nach-Unten-Fraktion bei Rennen etwas irritierend klingen, aber ich schau mir gerne an, wo ich lang fahre, und genieße es sehr, wenn es so schön ist, wie es dort war. Die Schönheit wurde nur von einer Sache getrübt: Entgegen meiner Annahme war das nicht das Dorf in dem das Ziel war. Und: Jennifer war noch vor mir.
Also ging es noch ein paar Kilometer weiter, einmal fand ich sogar noch ein Hinterrad, musste es dann aber ziehen lassen, die restlichen Teilnehmer waren mir zu langsam. Es war nicht mehr weit, ich hatte noch Energie über und ich wollte mir im Ziel nicht sagen müssen: Hätti wari wäri… Also all out Richtung Mörbisch! Ganz weit vor mir tauchte eine Silhouette auf. War das die mysteriöse Jennifer, die mir mein Wahoo immer wieder anzeigte, dann wieder nicht mehr, als hätte ich sie überholt? Vielleicht war das auch nur eine Strategie von meinem Radcomputer, um mich zu motivieren? Wie auch immer: ich wollte da ran kommen! Meine Herzfrequenz war bei 195 bpm, als ich nach Mörbisch rein fuhr, hier warteten noch 2 fiese Abzweigungen vor dem Ziel auf mich. Alles ging gut, ich sprintete noch einen Typen aus, der bereits aufgehört hatte, zu treten (Sorry, falls du das liest!) und dann war ich im Ziel. Der Moderator kündigte meine Ankunft als 8. der Altersklasse an, aber ich war zu fertig, um mich darüber zu freuen oder zu ärgern. Jennifer hatte gewonnen. Zumindest mein mentales Rennen im Kopf.
Als ich mich wieder gefasst hatte, genoss ich es sehr, mein Rad ganz unkompliziert und sicher bewacht abzugeben und meinen verdienten Finisher-Radler zu trinken. Auch einen kleinen Snack gab es sehr flott, generell war im Zelt alles schnell und unkompliziert organisiert und es gab genug Platz für alle. Aufs Podium hatte ich es zwar dieses Mal nicht geschafft, dafür hatte ich ein wirklich tolles Rennen. Vor allem die letzten paar Kilometer, als ich nicht gedacht hätte, dass da noch viel drinnen ist aber ich noch richtig Gas geben konnte waren ein richtiger Ego-Push für mich! Außerdem habe ich einen wunderschönen Tag in der Sonne genossen. Und vielleicht klappt es ja nächstes Mal, zumindest in die Top 5 der AK zu kommen? Wir sehen uns wieder, Neusiedler See Radmarathon!
Jetzt steh ich also am Start. Zum ersten Mal ein Rennen. Vorne am Rad eine Startnummer, hinten am Trikot eine Startnummer, außerdem die Jersey-Taschen voll mit Gels. Vor mir eine ziemliche Menschenmenge, ich steh in Startblock 3 und hab auch ein wenig verpasst, mich nach vorne zu quetschen. Ich dreh mich gar nicht um, aber hinter mir stehen nochmal ziemlich viele Leute.
Was habe ich in den letzten Wochen und Tagen darüber nachgedacht, über dieses Rennen, das erste Rennen meines Lebens. Wenn man mit deutlichem Übergewicht und im Alter von fast 35 Jahren beschließt, sowas zu machen, muss man sich bissl vorbereiten. Die Distanz von 125 Kilometer in Verbindung mit ca. 600 Höhenmetern macht mir keine Angst. Der Wind, die Rennsituation, die Ernährung, die Strecke, das sind Dinge, die mich beschäftigen. Ich quatsche mit Leuten, die schon den Neusiedler gefahren sind, traditionellerweise das erste Rennen der Saison. Aufpassen soll ich, weils (Über)Motivierte gibt und es öfter mal kracht. Am Anfang soll ich beissen und möglichst schnell über die ersten Hügel drüber, schnell eine Gruppe finden, sonst fahr ich allein, und das ist im Wind nicht angenehm. Ungefähr alle 30 Minuten soll ich dran denken, mir ein Gel reinzuschieben, der Körper braucht Sprit. Und ich solls genießen. Gut.
Um 10.00 Uhr gehts los, die Karawane beginnt langsam zu rollen. Ich hab ein paar Kilometer Warm-Up in den Beinen, bin den Anfangsberg einmal raufgefahren, bin wach und der Körper fühlt sich gut an. Ich habe eine Woche davor den Streckenanfang gescoutet, bin den Anfangsanstieg ein paar Mal gefahren und es war furchtbar. Die Angst, gleich einmal in den ersten Minuten gedropped zu werden, ist groß, dementsprechend fokusiert bin ich. Ja nicht abreissen.
Aber die Nerven hätte ich mir sparen können. Die ersten 10, 15 Minuten haben etwas von einem Spaziergang, bergauf staut es sich, man fährt mit wirklich niedriger Pace in die Weinberge Richtung ungarischer Grenze und zu meiner großen Überraschung gelingt es mir, viele Leute zu überholen. Das habe ich so nicht erwartet. Nach dem ersten Gupf gehts recht schnell und eng dahin, auch hier kann ich Plätze gut machen und beginne mich zu fragen, wie weit das Feld vor mir schon weg ist. Die Antwort auf diese Frage folgt prompt, als der Radweg kurz neben einem Feldweg aufmacht und sagen wir so: Mit der Gruppenspitze werde ich an diesem Tag keinen Kontakt mehr haben. Egal.
Es geht nochmal bergauf, bei Klingenbach gehts über die Grenze und dann in feschem Tempo Richtung Sopron und die Südseite vom Neusiedler. Der Rückenwind drückt an, ich mache wieder einige viele Plätze gut, finde eine ca. 40-köpfige Gruppe, mit der ich bis Pamhagen im Pulk fetzen kann. Und zum ersten Mal darf ich erleben, wie es sich anfühlt, in einer (für meine Verhältnisse) schnellen, großen Gruppe im Rennmodus zu fahren. Die Endorphine blocken jegliche Schmerzsensorik, ich fahre wie die Leute um mich herum hochkonzentriert, die nur in Fahrtrichtung gesperrte Straße lässt gar nicht so viel Platz für Fehler zu, aber es ist einfach nur ein geiles Gefühl. Von Ungarn krieg ich de facto nichts mit, die Umgebung zieht im Geschwindigkeitsrausch vorbei, als ich das erste Mal auf die Uhr am Wahoo schaue, sind schon 1,5 Stunden seit dem Start vergangen und wir biegen wieder in Richtung Grenze ab.
Und in Richtung Wind.
Und in Richtung Schmerz.
Und oh Gott ändert sich die Wahrnehmung des Rennens. Der Wind bläst heftig, wie mir ein Mörbischer später sagen wird so heftig, wie er sonst selten bläst. Er kommt von Links-Vorne, die Gruppe streckt sich, die linke Seite wird immer unbeliebter und immer mehr Leute versuchen, sich rechts in der Windkante zu verstecken. Ich bin Altruist und in dem Fall Trottel und fahre viel Zeit links vorne, in der Hoffnung, dass auch andere ihren Anteil an der Arbeit übernehmen. Sagen wir so: Ein Rennen ist nicht der richtige Ort für Altruismus und Hoffnung ist eh schön.
Aber gut, bis Illmitz fahren wir schön im Pack, leiden, aber alle leiden ungefähr gleich. Das Tempo ist auf bissl über 20km/h gefallen, die Herrlichkeit ist vorbei. In Illmitz wartet die erste Labe und auch die Möglichkeit, den Marathon bereits hier zu beenden und mit der Fähre wieder nach Mörbisch zu fahren. Ich spiele mit dem Gedanken, mir auf der Fähre ein Elekrolytgetränk anzuzünden, ein halbes Runderl um den See ist ja auch ok, aber ich fahre weiter. Von der Gruppe, in der ich gerade noch war, sind aber viele bei der Labe stehengeblieben, oder zur Fähre abgebogen, und die Leute, die jetzt um mich herum sind, sind mir zu schnell. Fuck.
Auf den nächsten Kilometern rauscht es dann ordentlich im Kopf. "Wieso tust du dir das an? Magst nicht umdrehen? Die Fähre ist noch nicht weit weg?", das sind so Fragen, die im Kopf herumschwirren. Das Flattergeräusch meiner Startnummer geht mir mittlerweile ziemlich auf die Nerven, das Dauerrauschen im linken Ohr ebenso. Ein Gel zu konsumieren ist solo im Wind auch nicht so leicht, ein paar Mal verreisst es mir den Lenker und der Wahoo zeigt irgendwas zwischen 16 und 18 km/h an. Das ist keine Renngeschwindigkeit, das ist ein Zustand und die Laune geht nach unten. Solche Momente nutze ich gerne, um a bissl ins Land einizuschauen, mich Kraft der Natur auf andere Umgebung auf andere Gedanken zu bringen, aber ohne der Ostseite des Neusiedlersees zu Nahe treten zu wollen: Die Umgebung hilft nicht. Eintönig geht es dahin, aber ich finde zum Glück in einen Tunnel, in dem ich einfach kurble. Irgendwann werde ich schon den Schwenk in Richtung Neusiedl erreichen, irgendwann geht dieser Wind weg.
Und in diesem Tunnel erwischt mich eine Gruppe von hinten und das Tempo dieser Gruppe kann ich halten. Knapp vor Podersdorf bin ich nicht mehr allein, die Lebensgeister kehren zurück. Ein Starbike-Kunde erkennt mich, möchte sich unterhalten, ich bin leider zu keiner Konversation fähig, aber das hole ich im Ziel nach.
Um Neusiedl herum wird der Straßenverkehr ein Faktor, die Strecke ist nur teilweise gesperrt, die Exekutive macht einen hervorragenden Job, um uns den Rücken und die Strecke freizuhalten, aber ein paar Trotteln gibts immer. Mein Puls geht aus Wut nach oben, aber zum Glück nur kurz. Nach Neusiedl fällt vom oben erwähnten Mörbischer der Satz "Wirst sehen, nach der Kurve ists mim Wind vorbei", ein paar Sekunden später muss ich ihn der Lüge bezichtigen. Der Wind bläst immer noch, jetzt halt von rechts, aber leider noch immer nicht wirklich von hinten. Aber wenigstens gehts tendenziell eher bergab.
Mein ursprünglicher Plan war es, beide Laben auszulassen, in Breitenbrunn mach ich aber dann doch einen kurzen Stopp. Und merke beim Absteigen vom Fahrrad, dass meine Muskulatur doch einigermaßen angestrengt ist, ich war bis jetzt scheinbar so konzentriert, dass ich das gar nicht so mitbekommen habe. Die paar Meter, die ich bei der Labe zu Fuss zurücklege, sind furchtbar und ich schwinge mich wieder aufs Rad. Sonst bleib ich dort stehen. Kurz nach der Labe fragt der Mörbischer, ob er sich bei mir im Windschatten dranhängen kann, bei ihm sind die Körner leer. Ich sage ihm, dass das bei mir eh auch nicht anders ist, aber zu zweit leidet sichs besser, als allein. Und es geht ja eigentlich quasi nur noch bergab.
Purbach kommt und geht, und ich frage mich, ob die nächste Ortschaft schon Donnerskirchen ist. Weil die Strecke von Donnerskirchen zum Ziel kenn ich sehr gut, die kann ich mir visualisieren. Und ich falle nochmal kurz in ein Loch, weil ich mir auf einmal nicht sicher bin, ob der nächste Ort tatsächlich Donnerskirchen ist. Und zu allem Überfluss drängt der Kehrwagen von hinten, vom Gas gehen ist also nicht. Aber Donnerskirchen ist Donnerskirchen, ich hau nochmal ein Gel rein und zünde die letzten Reserven. In meinem Windschatten haben sich mittlerweile ein paar Leute angeschlichen, ich schaffe es auch, ein paar Leute vor mir wieder einzuholen, bis Oslip fühlt sichs hervorragend an, auch, weil der Wind jetzt fast schon wieder von hinten kommt. Allein, ich weiß, es wartet noch ein Anstieg auf mich, und der wird nicht schön. Auch der Mörbischer hat diesen Anstieg als Endgegner auserkoren, erzählt, wie er letztes Jahr die letzten Meter schieben musste, weil die Krämpfe ihn erwischt haben. Passt schon, geht schon.
Und dann ist er da, der letzte Gupf, bei den Römerstreinbrüchen zwischen St. Margarethen und Rust. Er ist nicht steil, er ist nicht lang, er ist nicht hoch, aber er ist da. Und als Cycloklops ist jeder Höhenmeter schwierig, aber ich weiß, dahinter kommt das Paradies, dahinter kommen ein paar Kilometer bergab und all-out und dann Mörbisch und das Ziel und Bier.
Und so passiert es auch. Auf der Abfahrt kann ich nochmal ein paar Leute einholen, unter anderem einen ähnliche statuierten Fahrer im Irland-Jersey, mit dem ich mich schon die ganze Runde gematched habe. Richtung Mörbisch geb ich nochmal alles, aber die Beine wollen nicht mehr wirklich. Links hinten im Oberschenkel beginnt ein Krampf, rechts unten in der Wade, rechts vorne im Oberschenkel. Ich krieg nicht mehr viel Power aufs Pedal, kann aber auch nicht rollen. Der "Ire" holt mich wieder ein und fährt vorbei, Punkt für ihn. Der Mörbischer sagt, wir können jetzt ruhig langsamer, aber ich sag ihm, wir sind ja doch noch in einem Rennen und es geht schon noch. Beim Ortstaferl verabschieden wir uns, er muss seinen Heimatsort begrüßen, wird gefeiert, und auch ich werde von meiner Frau und meinen Eltern jubeld empfangen. Und ich muss sagen: Das Überfahren der Ziellinie fühlt sich richtig, richtig gut an.
Ich schlage mit dem Iren ab, mit seinem Partner, versuche, den Zeitnehmtransponder vom Fahrrad zu schneiden, ohne mir wehzutun. Im Zelt sind mittlerweile schon ziemlich Finisher, haben Speis und Trank vor sich, ich versuche, mich im Halbdelirium zu orientieren und mir Futter zu suchen.
Knapp unter 5 Stunden habe ich gebraucht, als 709er (oder so ähnlich) bin ich im Ziel angekommen, der Schnitt um den See herum waren letzten Endes 26km/h, ich bin mit meiner Leistung extrem zufrieden. Bier und Grillhuhn schmecken köstlich, bissl besser als sonst, die Beine zucken unmotiviert vor sich und es machen sich wieder Endorphine breit. Ich bin fertig und müde, aber im Ziel und happy. So soll es sein.
Wie der Keks-Teller meiner Schwiegermutter füllen sich dieser Tage auch wieder laufend jene Listen mit Vorsätzen und Plänen, die man sich fürs anlaufende Jahr vornimmt, auf die Fahnen heftet oder gar lauthals in die Welt hinausschreit (auf dass diese Verbindlichkeit nicht zum Verhängnis wird). Neben rein keks-induzierten Vorsätzen - bei mir dauert die “Reparatur” der weihnachtlichen Gewichtszunahme erfahrungsgemäß mehrere Wochen - möchte ich wie jedes Jahr einige meiner Ideen für 2019 formulieren, wie immer ohne Reihung, Wertigkeit und endgültige Verbindlichkeit. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich viele Dinge erst unterjährig und meistens auch recht spontan ergeben, einige davon stellen sich dann als die besten Unternehmungen heraus - besser als man sie je hätte planen können…
Mit ein paar Ausdauereinheiten auf der Rolle werde ich erst einmal die überzähligen Kilos beseitigen, die sich zuletzt angesammelt haben. Ich setze hier wie gehabt auf Zwift, die Trainingsplattform bietet aus meiner Sicht den besten Mix aus Leistung, Abwechslung und Spaß. Um den virtuellen Welten allerdings auch einmal einen Offline-Anstrich zu verpassen, freue ich mich besonders darauf, dass die alljährliche “Zwift x Wahoo-Tour” 2019 auch in Wien Halt machen wird. Am 18. Jänner 2019 bin ich daher im “WeXelerate” zu finden, gemeinsam mit ein paar anderen Verrückten, Begeisterten und Fans.
Es geht chronologisch weiter und gleichzeitig bildet der Februar so etwas wie einen Startschuss in die “ernste” Saisonplanung. Ich habe mir einen Vortrag von Christoph Strasser am 16. Februar im Audimax in Wien ausgesucht, der für mich symbolisch als Startpunkt für mein größtes Vorhaben 2019 dienen soll - mein persönliches Race Around Austria. Wer soll mich geistig und psychologisch besser auf ein derartiges Projekt einstimmen, als Mr. Weitradlfoarn Christoph Strasser.
Nach zwei Jahren, die ich das Race Around Austria mit der Kamera begleitet habe, kann ich 2019 nicht mehr anders, als selbst in die Pedale zu treten. Zu verlockend war und ist das Gefühl bei jedem Starter, der die Rampe in St. Georgen verlässt, mich selbst auf den Weg zu machen. Es wird die Einsteigervariante werden - die Race Around Austria Challenge, bei der 560 Kilometer rund um Oberösterreich zurückzulegen sind. Wie das funktioniert, haben Tini und Andi von geradeaus.at im vergangenen Jahr eindrucksvoll vorgemacht. Ich hoffe, dass sie mich mit wertvollen Tipps unterstützen, genauso wie ich jede und jeden ausfragen und ausquetschen werde, der mir in den letzten Jahren beim RAA begegnet ist und mir sachdienliche Hinweise geben kann. Die Vorbereitung macht jedenfalls schon einmal Spaß, hab ich doch schon während der Weihnachtsfeiertage etwas Zeit gehabt, mir über ein paar Dinge Gedanken zu machen und Pläne zu schmieden.
Wie genau die Vorbereitung für das RAA aussehen wird, ist noch nicht fixiert. Es gibt hier weder einen Trainingsplan noch irgendwelche anderen Vorgaben, einziger Plan ist derzeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad zu verbringen. Der Rest ergibt sich auf der Reise dorthin - wer an dieser Stelle ob dieses Auswuchses an Chaos und Planlosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der sei beruhigt… Bis jetzt bin ich so ganz gut gefahren und habe auch vor, das so weiterzuführen. Mir ist nun einmal wichtig, dass auch der Weg zum Ziel Freude bereiten soll und nicht nur die Zieleinfahrt… Da wird sich aber bestimmt noch einiges tun in den nächsten Monaten und ich werde natürlich entsprechend berichten - hier und auf allen anderen Kanälen!
Damit bis zum “D-Day” Mitte August auch sicher einige längere und flottere Einheiten dabei sind , hab ich den Rennkalender durchstöbert, um mir folgende Veranstaltungen vorzumerken: Osttirol im Juni bleibe ich treu, allerdings ist der Plan, statt der Dolomitenradrundfahrt auf die längere Strecke des Super Giro Dolomiti zu wechseln. Auch auf die längere Strecke wechseln werde ich bei den Wachauer Radtagen im Juli. Hier wird mein Verein - PBIKE - wohl wieder die inoffiziellen Vereinsmeisterschaften austragen, außerdem ist die Veranstaltung vor den Toren Wiens mittlerweile zu einem Fixtermin in meinem Radjahr geworden.
Offen ist, ob derzeit kursierende Ideen (Verbindlichkeit irgendwo zwischen Schnapsidee und Hirngespinst) Realität werden, und wir als Verein bei einem der Langstreckenrennen an den Start gehen, die Juni und Juli in den Rennkalendern zu finden sind. Glocknerman am 20. Juni oder Kaindorf am 20. Juli sind zwei dieser Möglichkeiten. Ein Start dort würde eine gute Vorbereitung auf das Race Around Austria bedeuten, außerdem nimmt das Team wohl etwas den Schrecken vor der Herausforderung. Kaindorf bietet neben dem klassischen 24h-Rennen auch die Möglichkeit eines 6h- oder 12h-Rennens, also auch eine Einstiegsmöglichkeit “light”. Hier müssen allerdings noch einige Vereinsabende vergehen, bis diese Ideen endgültig spruchreif sind und danach möglicherweise Realität werden.
Mitunter etwas gemütlicher geht es bei zwei anderen Veranstaltungen zur Sache, die ich mir ebenfalls einmal mit Bleistift in meinen Kalender eingetragen habe. Nummer 1 ist die In Velo Veritas, die Fahrt mit klassischen Stahlrennern durchs niederösterreichische Weinviertel. In den letzten Jahren stand ich vor dem schier unlösbaren Problem, dass In Velo Veritas und Dolomitenradrundfahrt immer am gleichen Wochenende stattfanden, und ich dabei (auch familienbedingt) immer Osttirol den Vorzug gegeben habe. 2019 finden die beiden Veranstaltungen an unterschiedlichen Terminen statt, Gelegenheit also, endlich wieder einmal mein Select “Weltrekordrad” auszumotten, mein Wolltrikot anzuziehen und von einer weingetränkten Labe zur nächsten zu radeln. Die gleichen Akteure sind auch beim zweiten Vorhaben am Werk, einer Fernfahrt von Wien nach Hamburg, die zur Feier des 150-jährigen Bestehens des ABC Altonaer Bicycle Club anhebt.
Mit ein paar mehr Trainingskilometern und der absolvierten Race Around Austria Challenge stehen im September schließlich noch zwei weitere Aufgaben an. Beim Velorun in meiner ehemaligen Heimatstadt Baden gilt es wieder, auf meinen damaligen Hausrunden einige “Personal Bests” in die Höhe zu heben. Und auch beim King of the Lake - dem Zeitfahren rund um den Attersee - ist eine neue Bestzeit fällig, wieder auf dem Zeitfahrer nämlich, nachdem ich ja dieses Jahr mit den Rennrad unterwegs war.
Abseits von Rennen und organisierten Veranstaltungen harren auch unzählige Projekte auf meiner ganz persönlichen Rad-Bucketlist ihrer Erfüllung. Je nachdem, wann sich was und wie ausgeht, besteht die Speisekarte aus Vrsic und Mangart als Vorspeise, Stelvio als Hauptgang und ein paar Dolomitenpässen als Dessert. Auch der Mont Ventoux übt einen großen Reiz aus, hier ist aber die Anreise einfach sehr, sehr, sehr weit…
Neben aktiver Zeit im Sattel ist mir auch Zeit hinter der Kamera wichtig. Ich bin jedenfalls wieder mit Kamera und Telefon bei der Österreich-Rundfahrt im Juli mit von der Partie - es waren tolle Erfahrungen, die ich bei meiner Premiere in diesem Jahr sammeln konnte, das möchte ich fortsetzen.
Aber auch beim Wiener Bahnorama im Dusika-Stadion, den VICC-Rennen auf der Donauinsel und wann immer es die Zeit erlaubt, werde ich mich mit der Kamera auf die Lauer legen, um den einen oder anderen Schnappschuss zu erhaschen.
Fotos werden demnach auch ein wesentlicher Pfeiler der Inhalte von 169k bleiben. Daneben möchte ich aber noch andere Bereich erschließen - erste Videos sind in Arbeit, Interviews ebenso. Für 2019 sind hier einige Neuerungen und Schmankerl vorgesehen, dranbleiben lohnt sich also!
“Brauchen” wäre in diesem Zusammenhang sowieso das falsche Wort, “wollen” passt auch nicht so wirklich, hab ich doch für fast jeden Einsatzzweck geeignetes Gerät. Ein Zeitfahrer steht immer wieder mal auf der Wunschliste, für Race Around Austria und King of the Lake wäre so ein Rad außerdem schon ganz praktisch. Meinen Crosser habe ich hingegen ein bisschen auf “Adventure-Bike” umgebaut (näheres hier in Kürze) - die Idee dahinter ist, ein Rad für alle Einsatzzwecke zu haben (Straße, Cross und MTB light). Hier bin ich noch etwas am Tüfteln, da diese Einsatzbereiche einfach unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, die mitunter nicht ganz einfach unter einen Hut zu bringen sind. Abhängig davon, ob ich mit meiner derzeitigen Plattform (dem alten Crosser) das Auslangen finde oder nicht, wird es hier vielleicht ein N+1-Aufbau-Projekt geben.
So irgendwie “N+0,5” wird es im Frühjahr aber jedenfalls geben. Damit der Nachwuchs auch Radluft schnuppern kann und gleichzeitig die Trainings-Zeiteinteilung etwas effektiver wird, ist ein Radanhänger in Anschaffung - nicht für Gran Fondos, sehr wohl aber für kurze Ausfahrten auf der Donauinsel oder ähnliches. N+0,1 hingegen wird das erste Laufrad für den Junior - fast so schön, wie ein Rad für sich selbst zu kaufen!
Sowohl aufgrund des Trainingseffekts als auch aus Zeitgründen, werde ich 2019 auch wieder öfters die Laufschuhe schnüren. Mit ein paar Kollegen wird es eine Staffel beim Vienna City Marathon im April geben, darüber hinaus möchte ich abseits ausgetretener Pfade mit Rucksack und GPS höher hinaus - in die Berge nämlich. Ob das dann Trailrunning ist oder Wandern oder schnelles Spazieren ist nebensächlich, das Naturerlebnis und die Berge stehen dabei im Vordergrund,
Neben allen Leistungen soll nämlich auch 2019 wieder die Freude als wesentlicher Antriebsgrund im Vordergrund stehen. Platzierungen sind mir seit jeher relativ egal, Rekorde sowieso - wichtiger das Erlebnis, die Erfahrung und die Erkenntnis, was man alles leisten kann und möchte (und leisten kann, WENN man es denn möchte).
In diesem Sinne einen schönen Start ins neue Jahr. Ich hoffe, den einen oder die andere (wieder) zu treffen - egal ob an einer Startlinie, bei einer Ausfahrt oder bei einer anderen Gelegenheit. Ich freu mich!
Alle Infos zur Rennserie, Ergebnisse und Termine hier: https://vicc.racing
Alle Informationen zum Ghisallo-Cup auf der Donauinsel, Termine & Ergebnisse findet ihr auf der Homepage der VICC Racing Division.
Die jahrelang bekannte und gut etablierte Rennserie im Cyclodrom auf der Wiener Donauinsel läuft dieses Jahr unter der tollen Organisation des Vienna International Cycling Club sowie mit dem Radladen "ghisallo" als Hauptsponsor. Bisher haben vier Rennen stattgefunden, Michael Kröll und die guten Frauen und Mannen des VICC sorgen für einen reibungslosen Ablauf und gute Stimmung, der ÖRV - der österreichische Radsportverband - hält die offizielle Hand darüber und übernimmt die Rennleitung.
Das Starterfeld wächst nach und nach, das Cyclodrom bietet mit dem 1 Kilometer langen Rundkurs natürlich auch die idealen Rahmenbedingungen für intensive und spannende Rennen.
Wer bis jetzt noch nichts über die Rennen gehört hat oder sich das Ganze noch anschauen möchte, am 22. und 27. August finden die letzten beiden Rennen dieser Saison statt. Natürlich ist auch jede und jeder eingeladen, sich die beiden Startnummern auf den Rücken zu pinnen und sich mitten ins Geschehen zu begeben! ;)
Die zweite Ausgabe des Velo/Run ist geschlagen! Ich war leider verkühlungsbedingt nicht am Start, dafür war umso mehr Zeit da, um Fotos zu machen ;)
Wenn du nur einen Versuch hättest?
Ich bekomme Besuch aus Kärnten - rennradfahrenden Besuch! Zwar sind wir gemeinsam noch nicht allzu viele Runden gefahren (dafür ist meistens ein Urlaub notwendig), aber die bisherigen Erlebnisse waren allesamt sehr besonders!
Ich wurde perfekt und auf tollen Nebenstraßen durch den Großraum Klagenfurt geführt, zwischen den östlichen Karawankenausläufern durchgeleitet (Koschuta, Schaidasattel) und auf der anderen Seite im Windschatten bis nach Osttirol gezogen. Über die Landschaft in Kärnten und Osttirol lässt sich nicht streiten, es ist dort einfach wunderschön - mit ortskundiger Begleitung umso mehr!
Diesmal gehts aber in die andere Richtung - der Gastgeber wird zum Besucher und ich freu mich darauf, den Rennrad-Guide für Wien zu spielen. Womit ich schon im Dilemma stecke... Welche Strecke nimmt man dafür her? Ich hab mich das auch bei Rennrad-Magazinen schon öfters gefragt. Irgendjemand sucht mehr oder weniger willkürlich Strecken aus und diese gelten dann stellvertretend für eine ganze Region oder Stadt - große Verantwortung! Auf der anderen Seite hab ich auch schon mal den Fehler gemacht, einem Freund ALLE Schönheiten und Strecken einer Gegend auf einmal zeigen zu wollen - der Spaß ist ob der großen Anstrengung dann etwas auf der Strecke geblieben.
Eine der schönsten Spielereien von Strava sind die sogenannten Heatmaps. Diese sind normalerweise Premium-Mitgliedern vorbehalten, zeigen aber sehr anschaulich wo man selbst wie oft gefahren ist (nett anzusehen beispielsweise als Jahresrückblick) und wo alle anderen Strava-User sich üblicherweise herumtreiben (ideal für die Routenplanung). Im Sinne einer Leistungsschau veröffentlicht Strava aber in regelmäßigen Abständen eine frei zugängliche "Global Heat Map" - eine kartographische Darstellung ALLER auf Strava hochgeladenen Aktivitäten - ein Traum für Kartenfreunde wie mich!
Holt man sich den Wiener Raum näher heran, wird klar, DIE Wiener Radrunde ist Greifenstein und zurück! Unbefriedigend, ist das doch nicht gerade die attraktivste Ecke unserer Stadt! Beim näheren Hinsehen wird aber klar, welche Segmente auf "dieser einen" Radrunde liegen müssen: Exelberg, Sophienalpe, Steinriegl, Dopplerhütte, Tulbingerkogel - die üblichen Verdächtigen! Die Wiener Rennradlerinnen und Rennradler haben einen guten Geschmack - und auch der "Vienna International Cycle Club" hat auf seinen Trikots das Best-of des Wienerwalds verewigt!
Wobei es muss ja nicht zwangsläufig der Wienerwald sein - jemandem die "Berge" zu zeigen, der sie zuhause vom Küchenfenster aus jeden Tag sieht? Weinviertel - im Winter kalt und windig. Lobau und Auen - eher Crosser-Territorium. Richtung Süden - Richtung Mödling und Baden viel Verkehr auf den Straßen. Oder gleich eine größere Runde draus machen und weiter in den Wienerwald vorstoßen?
Mit der Bereitschaft, ein paar Kilometer mehr unter die Räder zu nehmen, erhöht sich die Vielfalt enorm. Und man dringt in einen tieferen, "wilderen", urigeren Wienerwald vor. Die Hügel werden zu echten Bergen, die Landschaft ist nicht mehr so weichgespült, die Mienen der Menschen am Straßenrand signalisieren Unverständnis für alles, was nicht körperliche Arbeit ist - Radfahren... Pfff...
Die Belohnung für diese extra 20 Kilometer besteht in einem physischen und psychischen Abkoppeln vom Großraum Wien - man ist "am Land", man ist wie auf Urlaub, in einer anderen Gegend & Landschaft! Aber dazu ein anderes Mal mehr - für den Moment muss ich mir eine Route über Sophienalpe, Tulbinger Kogel und Dopplerhütte zurechtzimmern!