Plädoyer für die/den Unbekannte/n.

Der Mensch - und damit auch der Radler - ist ja ein Gewohnheitstier. Standard-Strecken, Standard-Trainings, Standard-Radkollegen. Nicht, dass irgendetwas davon schlecht ist - sicher nicht! Aber etwas Abwechslung ab und zu ist jedenfalls eine Bereicherung.

In der gerade abgelaufenen Woche war ich viermal radeln. Bei drei dieser Ausfahrten war ich mit Leuten unterwegs, die ich vorher noch nie gesehen oder getroffen habe. Nicht, dass ich mir das explizit vorgenommen hätte, es ist eher so passiert.

Fall 1: Early Bird Runde, die große Gruppe rollt gewohnheitsmäßig bis Greifenstein, dann weiter Richtung Hadersfeld. Um meine zarten Beinchen nach den Wachauer Radtagen zu regenerieren, entscheide ich mich für ein Auslassen des Anstiegs nach Hadersfeld und für den ebenen und entspannteren Weg zurück entlang der Donau. Neben mir rollt Iris zurück Richtung Wien, ein neues Gesicht in meiner Wiener Rad-Welt. Danke für die nette Gesellschaft an dieser Stelle. :)

Fall 2: Es gibt ja mittlerweile schon so viele Facebook-Gruppen für Radler, Messenger-Gruppen, Whats-App-Gruppen, whatever... Da den Überblick zu behalten, ist schon schwer. Auch noch aktiv mitzumachen, erfordert manchmal einiges an Energie. Und wenn alle paar Minuten das Smartphone bimmelt, vibriert und klingelt, verliert man ab und zu auch schon mal die Lust, ständig nachzuschauen, was als nächstes passiert. Donnerstag also wieder mal die Messenger-Gruppe - Frage von mir "ins Blaue", Sebastian meldet sich und fährt mit mir eine gemütliche Runde. Wieder ein sehr nettes Gespräch, gutes Tempo - toll!

Fall 3: Relativ spontane Gruppenausfahrt auf der Strecke des Velo/Run mit Kollegen aus Baden. Die Gruppe wird noch etwas größer, zu siebent fahren wir eine großartige Runde durch den Wienerwald. Also wieder neue Gesichter, nette Gespräche, Gleichgesinnte, Spaß beim Radfahren. Genauso wie es sein sollte.

Was sollen jetzt diese drei Fälle aussagen? 

Nein - keiner soll seine gewohnten Routen verlassen.
Nein - niemand soll seine Cycling-Buddies in den Wind schießen
Nein - wir brauchen keine Partnerbörse für Radler (obwohl das wäre wiederum ein eigenes und vermutlich lukratives Nebengeschäft...)

Aber JA, wir sollte immer wieder offen sein für Neues, offen sein für neue Gesichter, Gespräche und Ansichten. Was im Leben an sich gilt, sollte einfach auch fürs Radeln gelten. Probiert es einfach mal aus! Und im "Notfall" ist eine Greifenstein-Runde ja auch in 2 Stunden wieder vorbei... ;)

Großartiges Wien! (Eine Foto-Lovestory)

Im Herbst 2016 hatte ich die Ehre, mit Norbert Gruber zwei Tage lang die schönsten Rennrad-Spots Wiens abzufahren und ein paar Fotos für Isadore Apparel zu machen!

Und ums kurz zu machen: Wien ist großartig! Und damit sind keine Mercer-Studien zur Lebensqualität gemeint. Es geht um Wien aus den Augen eines Rennradlers, eines Naturverbundenen, eines Genießers!

Man muss wohl erst in einer anderen Stadt gewohnt oder gelebt haben, um die Vorzüge Wiens erkennen und wirklich schätzen zu können - oft genug wird das Ganze von der vermeintlich charmanten "Suderei" überlagert. ;)

Aber wieviele Weltstädte gibt es, in denen man sich auf das Rad setzen und innerhalb weniger Kilometer mitten durch Weinberge, Wälder und Felder fahren kann? Die Strecken sind selektiv, die Untergründe variieren, die Anstiege reichen von sanft bis brutal.

Kommt mit auf eine kurze Foto-Reise zu jenen Plätzen, deren Namen wir allzu oft in den Mund nehmen, aber vielleicht oft zu flott durchfahren, um ihre volle Schönheit zu sehen...

Höhenstraße / Kahlenberg

Nussberg / Kahlenberg

Höhenstraße

Sauberg

Exelberg

Sophienalpe

Königstetten

Dopplerhütte

Reichsbrücke / Donauinsel

Eiserne Hand

Greifenstein / Hadersfeld

DIE EINE Radrunde

Wenn du nur einen Versuch hättest?

Ich bekomme Besuch aus Kärnten - rennradfahrenden Besuch! Zwar sind wir gemeinsam noch nicht allzu viele Runden gefahren (dafür ist meistens ein Urlaub notwendig), aber die bisherigen Erlebnisse waren allesamt sehr besonders!

Ich wurde perfekt und auf tollen Nebenstraßen durch den Großraum Klagenfurt geführt, zwischen den östlichen Karawankenausläufern durchgeleitet (Koschuta, Schaidasattel) und auf der anderen Seite im Windschatten bis nach Osttirol gezogen. Über die Landschaft in Kärnten und Osttirol lässt sich nicht streiten, es ist dort einfach wunderschön - mit ortskundiger Begleitung umso mehr!

Diesmal gehts aber in die andere Richtung - der Gastgeber wird zum Besucher und ich freu mich darauf, den Rennrad-Guide für Wien zu spielen. Womit ich schon im Dilemma stecke... Welche Strecke nimmt man dafür her? Ich hab mich das auch bei Rennrad-Magazinen schon öfters gefragt. Irgendjemand sucht mehr oder weniger willkürlich Strecken aus und diese gelten dann stellvertretend für eine ganze Region oder Stadt - große Verantwortung! Auf der anderen Seite hab ich auch schon mal den Fehler gemacht, einem Freund ALLE Schönheiten und Strecken einer Gegend auf einmal zeigen zu wollen - der Spaß ist ob der großen Anstrengung dann etwas auf der Strecke geblieben.

Lösungsansätze?

Eine der schönsten Spielereien von Strava sind die sogenannten Heatmaps. Diese sind normalerweise Premium-Mitgliedern vorbehalten, zeigen aber sehr anschaulich wo man selbst wie oft gefahren ist (nett anzusehen beispielsweise als Jahresrückblick) und wo alle anderen Strava-User sich üblicherweise herumtreiben (ideal für die Routenplanung). Im Sinne einer Leistungsschau veröffentlicht Strava aber in regelmäßigen Abständen eine frei zugängliche "Global Heat Map" - eine kartographische Darstellung ALLER auf Strava hochgeladenen Aktivitäten - ein Traum für Kartenfreunde wie mich!

Wiener Ausschnitt aus der Global Heat Map von Strava (Link siehe oben)

Wiener Ausschnitt aus der Global Heat Map von Strava (Link siehe oben)

Holt man sich den Wiener Raum näher heran, wird klar, DIE Wiener Radrunde ist Greifenstein und zurück! Unbefriedigend, ist das doch nicht gerade die attraktivste Ecke unserer Stadt! Beim näheren Hinsehen wird aber klar, welche Segmente auf "dieser einen" Radrunde liegen müssen: Exelberg, Sophienalpe, Steinriegl, Dopplerhütte, Tulbingerkogel - die üblichen Verdächtigen! Die Wiener Rennradlerinnen und Rennradler haben einen guten Geschmack - und auch der "Vienna International Cycle Club" hat auf seinen Trikots das Best-of des Wienerwalds verewigt!

Wobei es muss ja nicht zwangsläufig der Wienerwald sein - jemandem die "Berge" zu zeigen, der sie zuhause vom Küchenfenster aus jeden Tag sieht? Weinviertel - im Winter kalt und windig. Lobau und Auen - eher Crosser-Territorium. Richtung Süden - Richtung Mödling und Baden viel Verkehr auf den Straßen. Oder gleich eine größere Runde draus machen und weiter in den Wienerwald vorstoßen?

Mit der Bereitschaft, ein paar Kilometer mehr unter die Räder zu nehmen, erhöht sich die Vielfalt enorm. Und man dringt in einen tieferen, "wilderen", urigeren Wienerwald vor. Die Hügel werden zu echten Bergen, die Landschaft ist nicht mehr so weichgespült, die Mienen der Menschen am Straßenrand signalisieren Unverständnis für alles, was nicht körperliche Arbeit ist - Radfahren... Pfff...

Die Belohnung für diese extra 20 Kilometer besteht in einem physischen und psychischen Abkoppeln vom Großraum Wien - man ist "am Land", man ist wie auf Urlaub, in einer anderen Gegend & Landschaft! Aber dazu ein anderes Mal mehr - für den Moment muss ich mir eine Route über Sophienalpe, Tulbinger Kogel und Dopplerhütte zurechtzimmern!