Fotos // In Velo Veritas 2019

Manchmal wäre es vergebene Liebesmühe, einen Text zu verfassen - zum Beispiel, wenn es einen Bericht von “NoMan” auf Bikeboard gibt, der an Virtuosität und Leidenschaft eigentlich nicht mehr zu übertreffen ist. Der großartige Nachbericht ist unter diesem Link zu finden!

Darüberhinaus alle Infos, Berichte zur In Velo Veritas 2019 in und rund um Poysdorf und noch einen Haufen mehr Fotos hier!

Was bringt 2019

Wie der Keks-Teller meiner Schwiegermutter füllen sich dieser Tage auch wieder laufend jene Listen mit Vorsätzen und Plänen, die man sich fürs anlaufende Jahr vornimmt, auf die Fahnen heftet oder gar lauthals in die Welt hinausschreit (auf dass diese Verbindlichkeit nicht zum Verhängnis wird). Neben rein keks-induzierten Vorsätzen - bei mir dauert die “Reparatur” der weihnachtlichen Gewichtszunahme erfahrungsgemäß mehrere Wochen - möchte ich wie jedes Jahr einige meiner Ideen für 2019 formulieren, wie immer ohne Reihung, Wertigkeit und endgültige Verbindlichkeit. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich viele Dinge erst unterjährig und meistens auch recht spontan ergeben, einige davon stellen sich dann als die besten Unternehmungen heraus - besser als man sie je hätte planen können…

Zwift

Mit ein paar Ausdauereinheiten auf der Rolle werde ich erst einmal die überzähligen Kilos beseitigen, die sich zuletzt angesammelt haben. Ich setze hier wie gehabt auf Zwift, die Trainingsplattform bietet aus meiner Sicht den besten Mix aus Leistung, Abwechslung und Spaß. Um den virtuellen Welten allerdings auch einmal einen Offline-Anstrich zu verpassen, freue ich mich besonders darauf, dass die alljährliche “Zwift x Wahoo-Tour” 2019 auch in Wien Halt machen wird. Am 18. Jänner 2019 bin ich daher im “WeXelerate” zu finden, gemeinsam mit ein paar anderen Verrückten, Begeisterten und Fans.

Weitradln

Es geht chronologisch weiter und gleichzeitig bildet der Februar so etwas wie einen Startschuss in die “ernste” Saisonplanung. Ich habe mir einen Vortrag von Christoph Strasser am 16. Februar im Audimax in Wien ausgesucht, der für mich symbolisch als Startpunkt für mein größtes Vorhaben 2019 dienen soll - mein persönliches Race Around Austria. Wer soll mich geistig und psychologisch besser auf ein derartiges Projekt einstimmen, als Mr. Weitradlfoarn Christoph Strasser.

Nach zwei Jahren, die ich das Race Around Austria mit der Kamera begleitet habe, kann ich 2019 nicht mehr anders, als selbst in die Pedale zu treten. Zu verlockend war und ist das Gefühl bei jedem Starter, der die Rampe in St. Georgen verlässt, mich selbst auf den Weg zu machen. Es wird die Einsteigervariante werden - die Race Around Austria Challenge, bei der 560 Kilometer rund um Oberösterreich zurückzulegen sind. Wie das funktioniert, haben Tini und Andi von geradeaus.at im vergangenen Jahr eindrucksvoll vorgemacht. Ich hoffe, dass sie mich mit wertvollen Tipps unterstützen, genauso wie ich jede und jeden ausfragen und ausquetschen werde, der mir in den letzten Jahren beim RAA begegnet ist und mir sachdienliche Hinweise geben kann. Die Vorbereitung macht jedenfalls schon einmal Spaß, hab ich doch schon während der Weihnachtsfeiertage etwas Zeit gehabt, mir über ein paar Dinge Gedanken zu machen und Pläne zu schmieden.

Wie genau die Vorbereitung für das RAA aussehen wird, ist noch nicht fixiert. Es gibt hier weder einen Trainingsplan noch irgendwelche anderen Vorgaben, einziger Plan ist derzeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad zu verbringen. Der Rest ergibt sich auf der Reise dorthin - wer an dieser Stelle ob dieses Auswuchses an Chaos und Planlosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der sei beruhigt… Bis jetzt bin ich so ganz gut gefahren und habe auch vor, das so weiterzuführen. Mir ist nun einmal wichtig, dass auch der Weg zum Ziel Freude bereiten soll und nicht nur die Zieleinfahrt… Da wird sich aber bestimmt noch einiges tun in den nächsten Monaten und ich werde natürlich entsprechend berichten - hier und auf allen anderen Kanälen!

Rennkalender

Damit bis zum “D-Day” Mitte August auch sicher einige längere und flottere Einheiten dabei sind , hab ich den Rennkalender durchstöbert, um mir folgende Veranstaltungen vorzumerken: Osttirol im Juni bleibe ich treu, allerdings ist der Plan, statt der Dolomitenradrundfahrt auf die längere Strecke des Super Giro Dolomiti zu wechseln. Auch auf die längere Strecke wechseln werde ich bei den Wachauer Radtagen im Juli. Hier wird mein Verein - PBIKE - wohl wieder die inoffiziellen Vereinsmeisterschaften austragen, außerdem ist die Veranstaltung vor den Toren Wiens mittlerweile zu einem Fixtermin in meinem Radjahr geworden.

Wachauer Radtage (c) Sportograf

Offen ist, ob derzeit kursierende Ideen (Verbindlichkeit irgendwo zwischen Schnapsidee und Hirngespinst) Realität werden, und wir als Verein bei einem der Langstreckenrennen an den Start gehen, die Juni und Juli in den Rennkalendern zu finden sind. Glocknerman am 20. Juni oder Kaindorf am 20. Juli sind zwei dieser Möglichkeiten. Ein Start dort würde eine gute Vorbereitung auf das Race Around Austria bedeuten, außerdem nimmt das Team wohl etwas den Schrecken vor der Herausforderung. Kaindorf bietet neben dem klassischen 24h-Rennen auch die Möglichkeit eines 6h- oder 12h-Rennens, also auch eine Einstiegsmöglichkeit “light”. Hier müssen allerdings noch einige Vereinsabende vergehen, bis diese Ideen endgültig spruchreif sind und danach möglicherweise Realität werden.

Mitunter etwas gemütlicher geht es bei zwei anderen Veranstaltungen zur Sache, die ich mir ebenfalls einmal mit Bleistift in meinen Kalender eingetragen habe. Nummer 1 ist die In Velo Veritas, die Fahrt mit klassischen Stahlrennern durchs niederösterreichische Weinviertel. In den letzten Jahren stand ich vor dem schier unlösbaren Problem, dass In Velo Veritas und Dolomitenradrundfahrt immer am gleichen Wochenende stattfanden, und ich dabei (auch familienbedingt) immer Osttirol den Vorzug gegeben habe. 2019 finden die beiden Veranstaltungen an unterschiedlichen Terminen statt, Gelegenheit also, endlich wieder einmal mein Select “Weltrekordrad” auszumotten, mein Wolltrikot anzuziehen und von einer weingetränkten Labe zur nächsten zu radeln. Die gleichen Akteure sind auch beim zweiten Vorhaben am Werk, einer Fernfahrt von Wien nach Hamburg, die zur Feier des 150-jährigen Bestehens des ABC Altonaer Bicycle Club anhebt.

Mit ein paar mehr Trainingskilometern und der absolvierten Race Around Austria Challenge stehen im September schließlich noch zwei weitere Aufgaben an. Beim Velorun in meiner ehemaligen Heimatstadt Baden gilt es wieder, auf meinen damaligen Hausrunden einige “Personal Bests” in die Höhe zu heben. Und auch beim King of the Lake - dem Zeitfahren rund um den Attersee - ist eine neue Bestzeit fällig, wieder auf dem Zeitfahrer nämlich, nachdem ich ja dieses Jahr mit den Rennrad unterwegs war.

Bucket-List

Abseits von Rennen und organisierten Veranstaltungen harren auch unzählige Projekte auf meiner ganz persönlichen Rad-Bucketlist ihrer Erfüllung. Je nachdem, wann sich was und wie ausgeht, besteht die Speisekarte aus Vrsic und Mangart als Vorspeise, Stelvio als Hauptgang und ein paar Dolomitenpässen als Dessert. Auch der Mont Ventoux übt einen großen Reiz aus, hier ist aber die Anreise einfach sehr, sehr, sehr weit…

Fotos

Neben aktiver Zeit im Sattel ist mir auch Zeit hinter der Kamera wichtig. Ich bin jedenfalls wieder mit Kamera und Telefon bei der Österreich-Rundfahrt im Juli mit von der Partie - es waren tolle Erfahrungen, die ich bei meiner Premiere in diesem Jahr sammeln konnte, das möchte ich fortsetzen.

Aber auch beim Wiener Bahnorama im Dusika-Stadion, den VICC-Rennen auf der Donauinsel und wann immer es die Zeit erlaubt, werde ich mich mit der Kamera auf die Lauer legen, um den einen oder anderen Schnappschuss zu erhaschen.

Fotos werden demnach auch ein wesentlicher Pfeiler der Inhalte von 169k bleiben. Daneben möchte ich aber noch andere Bereich erschließen - erste Videos sind in Arbeit, Interviews ebenso. Für 2019 sind hier einige Neuerungen und Schmankerl vorgesehen, dranbleiben lohnt sich also!

N+1?

“Brauchen” wäre in diesem Zusammenhang sowieso das falsche Wort, “wollen” passt auch nicht so wirklich, hab ich doch für fast jeden Einsatzzweck geeignetes Gerät. Ein Zeitfahrer steht immer wieder mal auf der Wunschliste, für Race Around Austria und King of the Lake wäre so ein Rad außerdem schon ganz praktisch. Meinen Crosser habe ich hingegen ein bisschen auf “Adventure-Bike” umgebaut (näheres hier in Kürze) - die Idee dahinter ist, ein Rad für alle Einsatzzwecke zu haben (Straße, Cross und MTB light). Hier bin ich noch etwas am Tüfteln, da diese Einsatzbereiche einfach unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, die mitunter nicht ganz einfach unter einen Hut zu bringen sind. Abhängig davon, ob ich mit meiner derzeitigen Plattform (dem alten Crosser) das Auslangen finde oder nicht, wird es hier vielleicht ein N+1-Aufbau-Projekt geben.

So irgendwie “N+0,5” wird es im Frühjahr aber jedenfalls geben. Damit der Nachwuchs auch Radluft schnuppern kann und gleichzeitig die Trainings-Zeiteinteilung etwas effektiver wird, ist ein Radanhänger in Anschaffung - nicht für Gran Fondos, sehr wohl aber für kurze Ausfahrten auf der Donauinsel oder ähnliches. N+0,1 hingegen wird das erste Laufrad für den Junior - fast so schön, wie ein Rad für sich selbst zu kaufen!

Laufen

Sowohl aufgrund des Trainingseffekts als auch aus Zeitgründen, werde ich 2019 auch wieder öfters die Laufschuhe schnüren. Mit ein paar Kollegen wird es eine Staffel beim Vienna City Marathon im April geben, darüber hinaus möchte ich abseits ausgetretener Pfade mit Rucksack und GPS höher hinaus - in die Berge nämlich. Ob das dann Trailrunning ist oder Wandern oder schnelles Spazieren ist nebensächlich, das Naturerlebnis und die Berge stehen dabei im Vordergrund,

Neben allen Leistungen soll nämlich auch 2019 wieder die Freude als wesentlicher Antriebsgrund im Vordergrund stehen. Platzierungen sind mir seit jeher relativ egal, Rekorde sowieso - wichtiger das Erlebnis, die Erfahrung und die Erkenntnis, was man alles leisten kann und möchte (und leisten kann, WENN man es denn möchte).

In diesem Sinne einen schönen Start ins neue Jahr. Ich hoffe, den einen oder die andere (wieder) zu treffen - egal ob an einer Startlinie, bei einer Ausfahrt oder bei einer anderen Gelegenheit. Ich freu mich!

Ex Libris (Buchtipps)

Weihnachten naht... :)

Falls ihr noch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken seid - für jemand anderen oder für euch selbst - hier sind einige Bücher, die ich im gerade zu Ende gehenden Jahr gelesen habe. Sie haben allesamt mehr oder weniger mit dem Radfahren zu tun, sind zwar teilweise nicht brandaktuell aber alle zusammen absolut lesens- und ansehenswert!

Rennradfieber

"Rennradfieber - Lust und Leidenschaft auf dünnen Reifen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines schnellen Sports" - herausgegeben von Othmar Pruckner und Wolfgang Gerlich

Bereits letztes Jahr im Falter Verlag erschienen, sagt der Untertitel eigentlich alles, was man über dieses Buch wissen muss. Rund 250 großformatige Seiten, vollgepackt mit kurzen Geschichten über die unterschiedlichsten Aspekte unseres geliebten Radsports. Unter den Autoren finden sich alte Bekannte, Prominente und - für mich ist das jedenfalls ein zusätzliches Zuckerl - jede Menge Freunde aus Wien - näher dran an der Geschichte war man also selten...

Thematisch könnte der Blumenstrauß bunter nicht sein: Österreichischer Radsport in der Vergangenheit und Gegenwart, Spielarten des Radler-Daseins von Rennrad über Cyclocross bis zum Randonnée, Gefühle und sehr persönliche Erlebnisse, die einzelne von uns mit dem Radfahren verbinden und technische Einblicke vom Rad an sich bis hin zu elektronischen Gadgets. Die Autoren scheuen dabei auch nicht vor sperrigen oder schwierigen Themen wie "Doping im Hobbyradsport" oder persönlichen Verlusten zurück. Garniert sind die Geschichten mit hervorragenden Bildern und Aufnahmen - auch hier wird man das eine oder andere bekannte Gesicht oder eine schon mal durchmessene Kurve entdecken. Besonders hervorzuheben ist die bildgewaltige Serie von Philipp Forstner - hier ist kein erklärender Text notwendig.

Wer an sämtlichen Facetten des Radsports interessiert ist, findet an den kurzweiligen Geschichten jedenfalls schnell Gefallen. Ich habe auch jene Kapitel aufmerksam aufgesogen, die mich ob ihrer Überschrift jetzt nicht unbedingt angelockt hätten - für mich ein eindeutiges Qualitätsmerkmal. Auch Nicht-RadfahrerInnen nützen die im Buch skizzierten Einblicke in die Radler-Seele, können sie doch den einen oder anderen Grund erklären, weshalb wir alle dem "Rennradfieber" verfallen sind!

Legends of Steel - Bengt Stiller

Bengt Stiller ist Fotograf aus Hamburg und lebt derzeit in Wien. Als leidenschaftlicher Radfahrer und Fotograf hat er mit "Legends of Steel" seine beiden Vorlieben verbunden und letztes Jahr einen mächtigen Bildband über Stahlräder, legendäre Rennen und Rahmenbauer vorgelegt.

Wo Stahlräder noch verehrt werden, zeigt sich anschaulich in den Kapiteln über die italienische Institution "L´Eroica", dem Rennen durch die Toskana auf alten Stahlrennern. Die Veranstaltung hat in den letzten Jahren eine enorme Anhängerschaft gefunden, mittlerweile existieren zahlreiche Ableger in allen Teilen der Welt. Als österreichisches Pendant wird auch die großartige "In Velo Veritas" mit einem eigenen Kapitel gewürdigt, in der jedes Jahr ein anderer Abschnitt des Weinviertels unter die - teils mehrere Jahrezente alten - Reifen genommen wird.

Nicht unbedingt mit alten Stahlrädern wird Paris - Roubaix in Verbindung gebracht - die Königin der Frühjahrsklassiker. An Emotion, Tradition und Pathos wird Paris-Roubaix allerdings von keiner Veranstaltung getoppt. Der Autor weiß in diesem Fall wovon er spricht, ist er doch selbst das Hobby-Rennen mitgefahren. Einem anderen Mythos wird ebenso bildgewaltig Tribut gezollt - dem Mont Ventoux. Mythenumranktes Ungetüm mitten in der französischen Provence.

Wer Interesse an der Arbeit von Bengt Stiller hat, dem bietet sich im Radlager noch bis 23.12.2016 die Möglichkeit, die dort ausgestellten Bilder der Reihe "RUHEPULS: 180" zu bestaunen.

Der Schweiß der Götter - Benjo Maso

Der Untertitel verspricht nicht weniger als die Aufarbeitung der "Geschichte des Radsports" - ein hehres Ziel! Und so beginnt das Buch auch bei den Anfängen des Radfahrens und des Radsports, beschreibt - als Ergebnis einer sichtlich detaillierten Recherche des Autors - sehr genau die Rahmenbedingungen und Umstände, unter denen die ersten Rad-Wettfahrten abgehalten wurde. Keineswegs mit dem Prestige heutiger Sportveranstaltungen vergleichbar, wurden die Rennfahrer über unmenschliche Distanzen, auf fragwürdigen Wegen und unter unwürdigen Strapazen quer durch ganze Länder geschickt - die damaligen Etappen mit einer Länge von mehreren 100 Kilometern.

Rivalitäten zwischen Fahrern und Nationen stehen schon damals auf der Tagesordnung, es sind einzelne Ereignisse, die bekannte Namen hervorbringen - Namen, die noch heute bei jedem Radsportfan die Augen aufflackern lassen. Zur Mythenbildung trägt auch die Tatsache bei, dass Ereignisse nicht wirklich objektiv und ausreichend dokumentiert sind, mündliche Weitergabe verbunden mit dem Stille-Post-Prinzip überhöht so manchen Sachverhalt.

Ökonomische Interessen, zunehmende Professionalisierung und die spätere Zuhilfenahme leistungssteigernder Mittel bilden den Erzählstrang für den Radsport der Gegenwart.

Das Buch enthält zahlreiche spannende Fakten und Anekdoten, die einen tieferen Einblick in die Entwicklung des Radsport geben und so dazu beitragen, dass mancher Sachverhalt vielleicht etwas besser verstanden und eingeordnet werden kann. Andere Informationen können vielleicht maximal in einem Rad-Quiz nützlich sein, haben aber keinen direkten Einfluss auf die Geschichte. Andererseits, die Geschichte von Eugène Christophe, der bei der Tour de France 1913 bei der Abfahrt vom Tourmalet einen Gabelbruch erlitt, über 10 Kilometer zur nächsten Schmiede ging, dort eigenhändig seine Gabel im Feuer der Schmiede reparierte und dann obendrein noch bestraft wurde, weil ein Junge für ihn den Blasebalg bediente (und fremde Hilfe verboten war)... - solche Geschichten kann man nicht erfinden. Und wenn doch, dann wollen wir bitte in dieser Illusion gelassen werden!

Gironimo! - Tim Moore

Der Autor stöbert in der Historie des Radsports und stößt auf das vermeintlich härteste Radrennen, das jemals ausgetragen wurde - den Giro d´Italia von 1914. Der Plan ist schnell gereift, 100 Jahre später will Tim Moore mit Original-Equipment die damalige Strecke nachfahren.

Es beginnt eine Odysee durch Radläden, Flohmärkte und Sammlerbörsen - immer auf der Suche nach den richtigen (alten) Radteilen, der Zusammenbau ist eine Geschichte für sich - Tim Moores begrenztes Schraubertalent trägt zum Gaudium des Lesers bei - Familienkrisen inklusive.

Einmal auf dem Rad stößt Moore schnell an seine Grenzen - waren die damaligen Giro-Etappen doch mehrere hundert Kilometer lang - und "mehrere" steht in diesem Fall nicht für 200 sondern für 500 Kilometer! Die Routenwahl stellt ihn vor große Herausforderungen, da vom Giro 1914 nur fragmentarische Aufzeichnungen existieren. Als die eigentlichen Herausforderungen stellen sich jedoch ohnehin eher italienische Autofahrer, Mücken und enge Hosen heraus - jeweils unterhaltsam beschrieben, sodass man froh ist, nicht in seiner Haut zu stecken.

Was das Fahrrad betrifft, stellt sich heraus, dass das alte Material mehr aushält als befürchtet. Einzig ein gebrochener Sattel, Bremsbeläge, die sich nach einigen Bremsungen aufgelöst haben und der einzige vorhandene Gang (heute würde man Singlespeed sagen) begleiten den Leser auf der gesamten Reise.

Moore orientiert sich bei seinem persönlichen Giro an dem Sieger von 1914 Alfonso Calzolari und vergleicht deren beider Situation auf jeder Etappe. Der Rückstand von Moore auf seinen Konkurrenten - der das Rennen 100 Jahre vor ihm fährt - wächst mit jedem Tag kontinuierlich, sodass die Leistungen der Fahrer von damals absolut unmenschlich erscheinen.

Das Buch ist sehr unterhaltsam geschrieben und liest sich dementsprechend auch sehr kurzweilig und schnell. Einzig die Be- und Erschaffung des Rades ist meiner Meinung nach etwas zu lang und detailliert beschrieben, aber rollt man erst einmal mit Moore durch Italien, nimmt auch der Lesespaß schnell wieder an Fahrt auf!

Bekenntnisse eines Nachtsportlers - Wigald Boning

Im Zuge des Versuchs meiner Mutter, mein Hobby zu verstehen, hat sie mir die "Bekenntnisse eines Nachtsportlers" von Wigald Boning geschenkt. Wigald Boning? War das nicht der deutsche Komiker? Komisch angezogen? Seltsamer Humor? Und da war noch diese Band "Die Doofen"... Alles nicht so wirklich mein Ding. Dementsprechend lange ist das Buch ungelesen auf meinem Nachttisch gelegen. Doch man lässt sich ja gerne vom Gegenteil überzeugen! Fakt ist, Boning ist als Autor extrem gewitzt und wortgewandt - keine Spur von plattem Humor oder konfusem Sprechdurchfall.

Boning beschließt im Jahr 2000 - während er Heike Drechsler bei Olympia Gold gewinnen sieht, dass er von der Couch aufstehen und Sport machen wird. Was danach folgt? Laufversuche, Marathontraining, Marathons, Ultraläufe, Berglauf, Ski-Langlauf über 50 km, Bergläufe mit Spitzensportlern, laufende Alpenüberquerungen, 24-Stunden Mountainbike-Rennen und und und.

Er erzählt humorvoll und unterhaltsam, wie er seine Trainingseinheiten aus Zeitgründen in die Nacht verlegt, vor dem Frühstück auf einen Berg läuft, während Drehtagen in Hotels im Stiegenhaus seine Trainingseinheiten absolviert und was für Folgen das alles für sein Privat- und Berufsleben hat. Große Empfehlung, ich war sehr positiv überrascht!

Weihnachtseinkauf?

Für den Fall, dass euch meine Leseempfehlungen ansprechen und ihr das eine oder andere Buch kaufen wollt, möchte ich noch Folgendes loswerden:

Ich bin keineswegs Amazon-Hasser - manchmal hat das durchaus auch seine Vorteile - aber beim Radkauf gibt es die Devise "Support your LBS". Heißt es dort "Local Bike Shop", möchte ich daraus "Local BOOK Shop" machen. Es gibt zahlreiche Buchläden in Wien und Umgebung, die nur darauf warten, euch mit literarischen und lyrischen Schmankerln zu versorgen - nützt diese Möglichkeit!

In Wien existiert für uns Radfreunde außerdem ein besonderes Kleinod - die "Buchhandlung im Stuwerviertel". Die Jungs dort haben große Freunde am Radfahren und sorgen auch dafür, dass immer genug Radsport- und Fahrradbücher für uns auf Lager sind. Schaut bei ihnen in der Stuwerstraße oder auf Facebook vorbei - sie freuen sich darauf, euch bei euren Besorgungen zur Seite zu stehen!