Salzkammergut Trophy 2022 (B-Strecke)

"Die Hölle, das sind wir selbst" heißt es bei T.S. Eliot. Entsprechende Androhungen sind daher maximal eine Konfrontation mit sich selbst. Ich persönlich war schon in mehreren Höllen (in Rad-Begriffen gesprochen): es gab die (für diesen Blog namensgebende) Fahrt durch die Hölle des Nordens nach Roubaix, ich war im Ortsteil Hölle in Illmitz am Neusiedlersee und jetzt eben auch noch im Salzkammergut. Metaphorische Höllen gab es derweil mehrere: Situationen, in denen ich nicht mehr konnte oder wollte, in denen ich den Wind angebrüllt habe, wo ich das Rad wütend in die Wiese geworfen habe, vor Anstiegen kapitulieren oder körperliche Schmerzen überstehen musste. Um noch kurz bei pathetischen Sprichwörtern zu bleiben: viele dieser Erfahrungen machen einen stärker oder (hoffentlich) klüger, manches wird man beim nächsten Mal anders machen. Ich werde durch solche Erfahrungen meistens gelassener. "Die Hölle des einen ist das Paradies des anderen" könnte man abwandeln. Aber ich schweife ab... Jedenfalls rühmt sich auch die Salzkammergut-Trophy mit Hölle und Teufel - letzterer ist auch physisch anwesend, feuert und schreit die Teilnehmer*innen des Rennens an und motiviert auf diese Weise, die doch recht anspruchsvollen Strecken und Anstiege zu meistern.

Kommen wir lieber zu "meiner" Geschichte mit der Trophy. Meine Rad-Wurzeln liegen ja beim MTB, das Rennrad kam da erst weitaus später in mein Leben. Dementsprechend war die Trophy schon immer auf meiner To-Do-Liste recht weit oben drauf, allerdings gibt es da das alljährliche Termin-Dilemma, finden doch am Trophy-Wochenende immer auch andere Rennen statt (es gibt jedes Jahr 2-3 solche Wochenende, wo man sich für ein Event entscheiden muss...). Und da war es bis dato fast immer so, dass ich mich doch für die inoffiziellen Meisterschaften meines Vereins PBIKE entschieden habe, die im Rahmen der Wachauer Radtage ausgefahren werden. Dieses Jahr war mein Plan ja eigentlich, beim Three Peaks Bike Race an den Start zu gehen, daher habe ich für die Wachauer Radtage schon früh abgesagt. Dann war mein persönliches Three Peaks gestrichen und plötzlich war da ENDLICH Raum und Zeit für die Salzkammergut-Trophy! Die Freude war groß, die Vorfreude noch größer und der Leichtsinn ebenso, war ich doch gleich für die zweitlängste Strecke angemeldet, bei der 120 Kilometer und knapp 4.000 Höhenmeter zu absolvieren sind.

Rennrad vs. MTB?

Nun verbringe ich doch den größeren Teil meiner Zeit auf dem Rennrad oder auf dem Gravel-Bike (und Gravel im Osten Österreichs ist dem Rennradfahren dann doch ähnlich). Die Teilnahme an einem MTB-Rennen ist dann also doch zu einem gewissen Grad ein Eintauchen in eine andere Welt. Ja, alles hat zwei Räder, aber damit sind die Gemeinsamkeiten dann im Wesentlichen schon erledigt. Strecken, Fahrtechnik, Kraftentfaltung, Leistungsoutput, Abfahrten - das sind dan doch MTB-spezifische Dinge, die man sich idealerweise in der Vorbereitung noch aneignet. Meine persönliche Vorbereitung war etwas anders ausgestaltet - so wie ich die meistens meiner Events und Veranstaltungen tendenziell immer eine Spur zu leicht nehme. So waren es im Endeffekt ein paar Ausfahrten mit dem MTB in Osttirol, die zwar durchwegs anspruchsvoll waren, aber in Summe eben nicht ausreichen, um sich auf ein Format wie die Trophy vorzubereiten. Wobei das ziel von Anfang an war, durchzukommen und einmal einen Fuß in die Welt von MTB-Marathons zu setzen. Schließlich war es mir in den vergangenen Jahren schon immer wichtiger, etwas Neues auszuprobieren und anzuschauen, als mich irgendwo um 4 Plätze zu verbessern. Wohlgemerkt wäre das vermutlich auch nur eine Verbesserung von Rang 379 auf 375 - also eigentlich irrelevant, wenn es gleichzeitig unzählige andere Dinge gibt, die man ausprobieren kann.

Die Familie feuert an!

Und weil es bei mir in diesem Fall eben mehr ums Dabeisein als um die Platzierung geht, haben wir aus dem Trophy-Wochenende kurzerhand einen Familienurlaub gemacht. Die Gegend rund um das Rennen bietet so viele Möglichkeiten zur Erholung, Sehenswürdigkeiten und Ausflüge, dass es fast schon fahrlässig wäre, nur für das Rennen anzureisen. Ausgangspunkt für das gesamte Wochenende war die Hagan Lodge in Altaussee, wo man als Familie eine eigene kleine Hütte beziehen und sich seinen Urlaub individuell gestalten kann (und sich nicht sorgen muss, dass die eigenen schreienden Kinder die Urlaubenden im Nachbarzimmer aufwecken oder stören...) Die Hütten bzw. das Hüttendorf bieten außerdem die passende Infrastruktur für Radfahrende - sei es direkt (Stichwort Radwaschanlage) oder Indirekt (Sauna in der Hütte!).

Die Familie mitzuhaben, mögen manche als zweischneidiges Schwert ansehen. Ich finde es schön, rund um eine Event Zeit mit der Familie zu verbringen und das Ganze mit einem Urlaub verbinden zu können. Ist man auf die absolute Leistung aus, mag es vielleicht die optimale Vorbereitung auf ein Rennen beeinträchtigen, wenn man kurz davor noch Ausflüge macht oder in der Nacht nicht die absolute Ruhe genießen kann. Unser Ausflug nach Hallstatt war jedenfalls sehr schön, auch aufgrund der Tatsache, dass sich (hauptsächlich asiatische) Touristenmassen aufgrund von Corona-Auswirkungen noch nicht wieder in vollem Ausmaß über das Juwel am See gestürzt haben. Die kurze Fahrt mit der Zahnradbahn hinauf zum Salzberg hätten wir - im Nachhinein betrachtet - vielleicht doch machen sollen. Das hätte der Streckenkenntnis genützt, aber dazu gleich mehr...

169k-erprobte (und kindertaugliche) Ausflugstipps: Bootfahrten am Hallstätter See, Besichtigung von Hallstatt, Bootfahrten am Altausseer See, Spaziergang durch Altaussee oder eine längere Runde rund um den See, Fahrt auf den Loser mit grandiosem Ausblick auf den Dachstein und die rundumliegenden Berge.

Die Trophy

Die Salzkammergut-Trophy gilt als Institution und bezeichnet sich selbst als größten und härtesten MTB-Marathon - im Jahr 2022 immerhin schon in der 25. Auflage! Und über die Jahre sind Programm und Varianten stetig gewachsen: sieben unterschiedliche Strecken für das Mountainbike, ein Gravel-Bewerb, eine e-MTB-Schnitzeljagd und zahlreiche Kinder-Bewerbe lassen kaum Wünsche offen und eigentlich sollte jede*r etwas passendes für die eigene Leistungsstufe finden. Los geht es mit knapp 22 Kilometern und 600 Höhenmetern (auf der G-Strecke), die absolute Königs- und Königinnenklasse ist sicherlich die berüchtigte A-Strecke mit unfassbaren 213 Kilometern und über 7.000 Höhenmetern. Und um eines gleich vorwegzunehmen: Bei vielen Events fährt man mit und denkt sich, "Ach, die längere Strecke könnte ich mir schon noch irgendwie vorstellen". Bei der A-Strecke der Trophy hingegen, gelangt meine Vorstellungskraft und entfernteste Idee des Möglichen an Grenzen. Ich bin glaube ich ganz gut belastbar und auch im Kopf recht stark, hab schon lange Strecken absolviert und kann ab und zu auch meine Grenzen etwas ausreizen. Aber wie man mit dem MTB über derartige Distanzen fahren kann (und noch dazu in einer flotten Zeit, wie es die Guten der A-Strecke machen) ist mir schleierhaft und wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch für immer bleiben.

B-Strecke

Ich habe mich für die B-Strecke mit 121 Kilometern und 3.800 Höhenmetern entschieden - irgendwie schien mir das für mein Leistungsniveau passend (Spoiler: NOT!). Dabei habe ich natürlich gekonnt außer Acht gelassen, dass 1. MTB-Kilometer sich mitunter massiv von Rennrad-Kilometern unterscheiden, dass man 2. mit dem MTB entsprechend langsamer unterwegs ist als mit dem Renner und man 3. auch noch Fahrtechnik, Erschütterungen und alles andere zur Erschöpfung "miteinrechnen" muss.

Gleich nach dem Start geht es 900 Höhenmeter bergauf, in der Gruppe und mit anderen Fahrer*innen um einen herum, damit fällt es noch etwas leichter, die Meter vor sich hin zu kurbeln. "Meter" deshalb, weil es bei mir gut 40 Minuten gedauert hat, bis die 10 Kilometer-Marke des Rennens "durchbrochen" war - da spielt der Kopf schon zu Beginn des Rennens verrückt, wenn man beginnt, die Dauer dessen hochzurechnen, was noch alles kommt. Teil dieses ersten Anstiegs ist auch ein sehr technischer Part - ein schmaler Trail, versehen mit großen Steinen und Wurzeln. Generell eilt der Trophy ja eher der Ruf voraus, nicht zu den technisch allzu anspruchsvollen Rennen zu gehören. Es gibt auf der B-Strecke drei Abschnitt, auf denen man nicht auf Forststraßen oder auf ausgetretenen Wegen oder Radwegen unterwegs ist. Und vor diesen drei Abschnitten hatte ich etwas Sorge, habe ich doch zwar technische Grund-Skills aber für die richtigen Fähigkeiten und das notwendige Selbstvertrauen im Gelände bin ich dann doch zu wenig mit dem MTB unterwegs. In die Karten hat mir der Regen gespielt, der am Vor-Vor-Abend des Rennens zwei dieser drei Abschnitte in matschige, rutschige und - in den Augen der meisten Teilnehmenden - unfahrbare Passagen verwandelt hat. Ich konnte daher ruhigen Herzens mit allen anderen mein Rad durch diese Abschnitte schieben - an Fahren wäre da für mich nicht zu denken gewesen.

Der schmale und steinige Weg in der Anfahrt zur Ewigen Wand war auch feucht, allerdings auch für meine Verhältnisse fahrbar. Ich habe an solchen Stellen auch gar kein Problem, meine Langsam(er)kein anzuerkennen und jene vorbeizulassen, die in mir auf der Jagd nach einer guten Zeit ein fahrendes Hindernis sehen. Die Ewige Wand selbst ist so etwas wie das (touristische) Wahrzeichen der Trophy. Der Zusatz "touristisch" deshalb weil es auch noch ein leistungstechnisches Wahrzeichen gibt - den Salzberg! (Dorthin kommen wir gleich). Die Ewige Wand ist meines Wissens nur während der Trophy für Radfahrende geöffnet - man fährt durch den Felsen, am Rand des Felsens und genießt dabei - wenn man kurz einen Blick riskiert - ein tolles Panorama über Bad Goisern. Ist man schnell genug oder auf der A-Strecke unterwegs, wird man dort in der Regel auch vom Teufel höchstpersönlich angefeuert (und mit ihm fotografiert!) EDIT: Die Ewige Wand ist von Mai-Oktober befahrbar im Rahmen des Streckennetzes.

Bei Lauffen gelangt man wieder im Tal an, überquert die Traun und begibt sich dann auf den entspanntesten Teil der B-Strecken-Reise: rund 20 flache Kilometer bis nach Obertraun. Durch Bad Goisern, Untersee und Obersee, entlang des Hallstätter Sees, über die spektakuläre Hängebrücke, die über die tiefste Stelle des Sees gespannt ist, mit kurzen Stichen aber immer mit tollen Ausblicken. Idealerweise hat man in diesem Abschnitt ein paar Mitfahrende, die einem Windschatten spenden oder mit denen man sich an der Spitze abwechseln kann. Man sollte die flachen Meter nämlich dafür nützen, Kräfte für die kommenden Aufgaben zu sparen bzw. - umgekehrt formuliert - nicht allzu viel Körner zu verschießen, weil man die noch verzweifelt benötigen wird.

D-Day am Salzberg

Kurz vor Hallstatt wird es nämlich ernst. Man kann gerade noch erspähen, welchen Höhenunterschied die Zahnradbahn zurücklegen muss, um nach oben zu kommen - eine Aufgabe, die nun mit dem Rad zu absolvieren ist. Ein schmaler Weg verläuft im engen Zick-Zack hinauf - zuerst noch auf Asphalt, dann auf Schotter und Erde (mit ungemütlichen Stufen drinnen). Und genau hier beginnt mein fataler Strecken-NICHT-Besichtigungsfehler, war ich doch in der Annahme unterwegs, dass der Salzberg nach diesen steilen Kehren erledigt ist und es oben raus flacher wird. Dabei hätte ein kurzer (genauerer) Blick auf das Höhenprofil gereicht, um zu sehen, dass die eingangs beschworene "Hölle" dort erst beginnt. Der Weg baut sich vor einem auf und während man sich mit jedem Meter wünscht, der Gradient würde menschlicher werden, wird er in Wahrheit immer steiler. Für mich ist an dieser Stelle nicht mehr an Fahren zu denken, sogar das Schieben fällt schwer in einer Mischung aus heiß, durstig, steil und müde. Das Lächeln, das man mit den ebenfalls schiebenden Mitbewerbern austauscht, schwankt zwischen Verzweiflung, Mitleid und "Was soll das bitte sein?". Ich werde von der Seite nach einem Multitool gefragt und nütze diese Gelegenheit für eine dringend, dringend, dringend notwendig Pause (während derer übrigens die spätere A-Strecken-Siegerin Babsi Mayer an mir vorbeiFÄHRT) - meine Verneigung vor jedem und jeder, die oder der bei solchen Steigungen und mit bereits einigen Kilometern in den Beinen hier noch im Sattel sitzt und sich dieses Berg erarbeitet. Der Schädel brummt und die Gedanken schwirren und man bildet sich schon ein, dass der Höllenlärm aus Kuhglocken und Geschrei aus dem eigenen Kopf kommt, bis man eine der vielen Fanzonen erreicht, bei denen man frenetisch angefeuert, angeschrien und so den Berg hinaufgetragen wird. Und während man die letzten Kilometer schon einige Male an der Funktionsfähigkeit des Wahoo gezweifelt oder einen Fehler im GPX-File erwartet hat, deutet sich dann doch irgendwann ein leichter Knick in der Route an und damit das Ende des Salzbergs - so gut war meine Recherche dann doch wieder.

Die Pause ist von eher kurzer Dauer, fehlen doch noch über 1.000 Höhenmeter und bis zum höchsten Punkt des Rennens, der Rossalm, fehlt auch noch einiges. Mein "Rennen" ist spätestens nach diesem Salzberg-Erlebnis gelaufen, den Rest der Strecke möchte ich halbwegs würdevoll absolvieren - längst habe ich für mich erkannt, dass die B-Strecke eher ein "Ötztaler" ist als eine Afterwork-Ausfahrt. Der Weg zur Rossalm ist gespickt von Fluchen, Fast-Tränen und vielen Pausen. Und nachdem die vorherigen Stunden (wieder einmal) ein ernährungstechnisches Waterloo für mich waren, fällt es mir auch schwer, meine Energiereserven wieder aufzufüllen (wer den richtigen Zeitpunkt verschläft, erfängt sich davon nicht mehr richtig...). Am höchsten Punkt stehen Rettung und Streckenposten und feuern die Durchfahrenden an - immer beruhigend zu wissen, dass im Falle des Falles immer wer zur Stelle wäre. So wie das übrigens entlang der ganzen Strecke der Fall ist! Die Laben und Checkpoints sind durchwegs mit netten, emphatischen, engagierten und erfahrenen Menschen besetzt, alle hilfsbereit und nicht müde, den einen oder anderen aufmunternden Spruch mitzugeben! Die folgende Abfahrt ist flott - sehr flott. Und im Gegensatz zum Rennradfahren, wo man nach der Kuppe auch mal den einen oder anderen Meter entspannen und die Beine baumeln lassen kann, gilt es am MTB sofort wieder volle Konzentration zu erlangen und auf der Ideallinie die Abfahrt zu bestreiten. Wäre ich auf einer normalen Ausfahrt gewesen, hätte ich in dieser Abfahrt an mehreren Stellen gehalten und die Kamera gezückt - so toll war der Ausblick auf den Dachstein und die Gipfel der umliegenden Berge. Aber Rennen ist Rennen und die Kamera hab ich diesmal zuhause gelassen.

Schmalz am Brot statt in den Oberschenkeln

Nach der Abfahrt fährt man entlang der Gosauseen durch eine wunderbare Landschaft - auch hier sollte man eigentlich stehenbleiben und sich auf eine Bank setzen und den Ausblick genießen. Flott geht es ein Stück die Straße bergab, dort hat mir dann kurz der Trophy-Teufel ins Gesicht geschrien (ich hab zurückgeschrien!) und dann kam eines meiner kleinen Highlights - eine Labe mit Schmalzbrot. Und wie bei so vielen Gelegenheiten sind Laben und die dort erhältlichen "Speisen" nicht nur für den Körper wichtig, sondern auch für den Geist. Und diese zwei kleinen Stück Schmalzbrot (so wenig ich Schmalz im Alltag essen würde) haben mir tatsächlich neuen Schwung gegeben inmitten des tristen Geschmacks von Riegel und Gels. Die restlichen 400 Höhenmeter waren dann auch noch irgendwie eine überschaubare Aufgabe (irgendwann ist es dann scho egal...) und mit dem Höhenprofil kurz vor dem letzten Zacken hab ich dann tatsächlich auch noch ein paar Körner in meinen beinen gefunden, Gas gegeben und mich Richtung Ziel gearbeitet. Die letzten 10 (flachen) Kilometer waren dann zwar noch länger als gedacht und gewünscht aber irgendwann ist man dann tatsächlich im Ziel. Kein Feuerwerk, kein roter Teppich für einen Platz am letzten Ende des Felds, aber tiefe persönliche Erleichterung und Zufriedenheit, Abklatschen mit jenen, die die letzten Kilometer mit einem verbracht haben und ein wohlverdientes Getränk bei der Zielverpflegung.

Das Wunden lecken am Tag danach ist irgendwie anders als nach Rennrad-Rennen oder -Events - eher ein angenehmes "Leer-Sein" als Schmerzen und Weh. Einzig die Handgelenke werde ich noch längere Zeit spüren, da macht sich dann wohl doch bemerkbar, dass ich die Griffposition am MTB nicht oft genug innegehabt habe.

Mit dem Virus angesteckt?

Keine Sorge hier gehts nicht um COVID... Aber die Salzkammergut-Trophy mit ihren vielen Varianten, Strecken und Disziplinen hat großen Ansteckungsfaktor. Nächstes Jahr die gleiche Strecke schneller versuchen? Eine Stufe länger oder kürzer? Die Gravelstrecke ausprobieren? Man kippt hinein (im positiven Sinne!) und wird süchtig nach der Veranstaltung. Gemeinsam mit der tadellosen und freundlichen Organisation (Strecken, Beschilderung, Absicherung, Bewirtung) ist dann schon verständlich, warum so viele schnell zum Trophy-Wiederholungstäter oder zur Wiederholungstäterin werden. (Nur die A-Strecke werde ich immer nur beklatschen, nicht erFAHREN).

Equipment

Ein Wort noch zur Ausrüstung - auch weil ich mir da im Vorfeld aufgrund meiner fehlenden MTB-Erfahrung Gedanken gemacht habe:

Ich habe letztes Jahr mein Fully gegen ein klassisches Hardtail von BMC eingetauscht. Nachdem ich nicht der Trail-Hunter sondern eher der Forststraßen-Roller bin, reicht mir im Alltag ein Hardtail völlig aus. Außerdem gefällt mir die technische Einfachheit und Leichtigkeit. Und bei Rahmen modernen Schnitts und in meiner Größe ist die Sattelstütze so lang, dass diese ordentlich flexen kann und quasi Federweg erzeugt. Gemeinsam mit modernen breiten (Tubeless) Reifen kommt so schon ein schöner Komfort zusammen. Für die Trophy war das Hardtail dann auch völlig ausreichen.

Auch mit meinem Tubeless-Setup war ich sehr happy, obwohl ich den Reifendruck eher gegambelt als aus Erfahrungswerten destilliert habe. In den oben angesprochenen ruppigen Trail-Passagen mussten unzählige Fahrerinnen und Fahrer ihre Platten reparieren, während ich hier ohne Schaden oder Beeinträchtigungen darübergekommen bin.

Und nachdem ich Fotos vom Rennen gepostet habe, kamen einige Fragen, warum ich mit meinem Camelbak-Rucksack gefahren bin. Antwort: Das war eher eine Sicherheitsvariante. Die Temperaturen waren am Renntag höher als erwartet und ich wollte - nachdem ich in den vorangegangenen Wochen bei einigen Ausfahrten "trockengelaufen" bin, kein Risiko eingehen und ausreichend Flüssigkeit bei mir haben. Bei der Dichte der Laben und Verpflegungsstationen hätten zwei Flaschen am Bike auch ausgereicht aber der Rucksack hat mich nicht weiter gestört und mir etwas Sicherheit vermittelt.

2023?

B-Strecke aber etwas schneller und mit besserer Vorbereitung! ;)

Disclaimer

Die Teilnahme fand auf Einladung des Veranstalters statt - nachdem wir seit 5 Jahren darüber geredet haben :)

Die Fotos sind entweder selbst aufgenommen oder Copyright Sportograf.

Wachauer Radtage 2019

Traditionen wollen hochgehalten werden! Zum Beispiel die Tradition, dass ich bei der Österreich Rundfahrt mit der Kamera dabei sein kann, dass man Mitte Juli bei den Wachauer Radtagen am Start steht oder auch dass man sein Leistungslevel über- und die Strecke unterschätzt… Nach einer guten mittleren Distanz 2018 – in der Nomenklatur der Radtage nennt sich das „Raiffeisen Power Radmarathon“ – fiel die Wahl 2019 auf die lange Distanz, den „Krone Champions Radmarathon“. Ehrlicherweise hab ich mich im Vorfeld nicht wirklich mit der Strecke und den dahinterliegenden Daten befasst - 150 irgendwas Kilometer und die üblichen Höhenmeter. Ich habe mir angewöhnt, im Hinterkopf immer den Faktor 10 auf die Kilometerzahl draufzulegen, um auf die Höhenmeter zu kommen – solange dieses Verhältnis halbwegs eingehalten wird, ist es schaffbar. Auf den Jauerling war ich bis zu dem Zeitpunkt auch noch nicht unterwegs, aber ein höchster Punkt von knapp 800 Meter über Null wird wohl kein allzu großes Hindernis darstellen, oder?

Die Woche vor den Wachauer Radtagen ist für mich die Woche der Österreich Rundfahrt. In diesem Jahr war ich dort mit Kamera und Telefon bewaffnet unterwegs, um Schnappschüsse zu machen und die Social Media-Kanäle der Rundfahrt zu befüllen. Die zweite Etappe von Zwettl nach Wiener Neustadt führte übrigens durch die Wachau, den Seiberer hinunter, die Donau entlang über die Brücke bei Mautern und dann weiter Richtung Stift Göttweig. Während dieser Etappe war ich im Auto vom Team Hrinkow unterwegs und gemeinsam stellten wir fest, dass speziell die Abfahrt vom Seiberer ein Traum ist, dass man sich das wohl außerhalb der Tour mal in Ruhe anschauen sollte. Dass ich hier ein paar Tage später rauffahren muss, war mir zu dem Zeitpunkt nicht klar - Vorbereitung 1A… Die Ö-Tour endet am Freitag auf dem Kitzbüheler Horn, ich verbringe noch eine Nacht bei der Familie in Lienz und bin Samstag spätabends wieder in Wien. Essen herrichten, Gewand herrichten, Rad checken, sporadisch die Beine rasieren – ich möchte zumindest stilvoll langsam fahren ;)

Los gehts!

Sonntag, 7:30 in Mautern und alle sind da. Schon auf den ersten Metern freut man sich, bekannte Gesichter zu treffen. Meine Nachbarn sind da, Vereinskollegen vom PBIKE.AT Racing Team, viele VICC-Trikots. Max Kuen vom Team Vorarlberg Santic, der leider krankheitsbedingt kurzfristig die Teilnahme an der Österreich Rundfahrt hatte absagen müssen, fährt wieder mit seiner Freundin - außerdem einige Gesichter, die mit mir die letzte Woche bei der Ö-Tour verbracht haben, allen voran Martin Böckle, der mit Alpentour-TV mittlerweile dafür sorgt, dass fast jeder Marathon seine (Live-)Übertragung und damit entsprechende Präsenz bekommt. Die Startunterlagen sind schnell geholt, Nummern montiert und Trinkflaschen gefüllt. Ich bin früher dran als in den Vorjahren, erkennbar daran, dass ich diesmal einen Platz innerhalb des Startblocks finde und nicht außerhalb auf den Planken, die hinauf zur Straße führen. Der Blick nach vorne zeigt auch, dass das Starterfeld auf der langen Distanz vergleichsweise kompakt ist – die meisten Starter sind auf den beiden kürzeren Distanzen zu finden. Die Laune ist gut, die Stimmung fast familiär, man kennt sich mittlerweile untereinander doch schon recht gut – so macht das Ganze gleich noch mehr Spaß. Und letztendlich spielt auch das Wetter mit, die vorhergesagten Regenschauer sind erst für den späteren Nachmittag angesagt.

Am Start noch ein Lächeln übrig … ;)

Bei Sonnenschein fällt also um 9:00 der Startschuss, die beiden längeren Strecken starten gemeinsam - vorne weg der Champions Marathon über 159 Kilometer, gleich dahinter der Power Marathon über 92 Kilometer. Von der angekündigten Neutralisierung auf den ersten Kilometern ist weiter hinten im Feld nicht viel zu spüren. Ehrlicherweise ist es bei Radmarathons mit vielen Starten aber auch immer ein Balanceakt – „zu schnell“ macht die Neutralisation obsolet, „zu langsam“ erzeugt Staus und brenzlige Situationen weiter hinten. Die ersten elf Kilometer führt die Strecke entlang des nördlichen Donauufers Richtung Weißenkirchen, erst an dieser Stelle erfolgt die Feld-Teilung zwischen langer und mittlerer Strecke. Die Straße ist zwar in unserer Fahrtrichtung für den Verkehr gesperrt, vereinzelt tauchen aber auf der Gegenfahrbahn Autos auf. Diese weichen zwar – höflich bis leicht verängstigt – der Radlermeute an den Straßenrand aus, aufgrund der Masse an Radlern wird es allerdings trotzdem stellenweise recht eng. Die Spitze der mittleren Distanz möchte zur Spitze der langen Distanz, die zuvor gestartet ist, nach vor wollen sowieso alle, es vermischen sich schnellere mit langsameren Fahrer*innen, das wird dann mitunter schon recht viel auf einmal. Im Grunde ist es ähnlich wie bei allen Startphasen von Marathons, bei denen die Starter*innenzahlen in die höheren Hunderterbereiche gehen. Übermotivierte wird man immer finden, weniger talentierte womöglich auch, oft ist es aber einfach Pech, wenn etwas passiert. Die Kalamitäten in der Wachau halten sich absolut in Grenzen, es sind eher abrupte Bremsmanöver der Gruppe, die den Puls in die Höhe schnellen lassen. Auf Nachfrage erfährt man vom Veranstalter, dass eine Genehmigung des Rennens nur unter der Voraussetzung erfolgen kann, dass die betreffende Bundesstraße 3 für den Verkehr offen bleibt. Dass praktisch eh kein einziges Auto ungehindert durch- oder vorbeifahren kann, macht diese Behördenvorgabe zu einem Feigenblatt, erhöht aber massiv mein Verständnis gegenüber dem Veranstalter, der hier schlicht und ergreifend nicht aus kann.

Ins Waldviertel

In Weißenkirchen ist das alles kein Thema mehr, die lange Strecke biegt nach Norden ab, lässt die Donau hinter sich, taucht in malerische Weinberge ein und Fahrer nach Fahrer beginnt den Anstieg auf den Seiberer. Schlagartig geht es gemütlicher zu, das Tempo ist unten, der verfügbare Platz um Potenzen gesteigert. Die Sonne brennt vom Himmel und der Schweiß tropft auf Oberrohr und Asphalt – schon nach wenigen Kilometern habe ich ein Deja-Vu meines mäßig erfolgreichen Anstiegs zum Plöckenpass im Rahmen des Super Giro Dolomiti. Ganz so schlimm ist es glücklicherweise nicht, aber bei einer Steigung von 7% auf einer Länge von fünf Kilometern kann man schon einen ersten zarten Eindruck davon bekommen, wie der weitere Tag verlaufen könnte. Meine Oberschenkel gehen auf, ich spüre die vergangene Woche im Auto und ohne Bewegung, die Erkenntnis, dass dies wohl ein längerer Tag werden wird, setzt sich nach und nach in meinem Kopf fest. Da ich sowieso nicht auf irgendein Ergebnis fahre, stellt diese Erkenntnis kein Problem dar, ich lasse meine PBIKE-Kollegen ziehen und trete vor mich hin Richtung Waldviertel.

Es folgt ein knapp 50 Kilometer langes Auf und Ab durch das Waldviertel, es ist selten flach, die Anstiege sind tendenziell immer etwas zu steil, um halbwegs souverän „drüberdrücken“ zu können. Gefühlt kommt nach jedem Anstieg eine viel zu kurze Abfahrt bevor es gleich wieder in den nächsten Hügel hineingeht. Bergauf, bergauf, bergauf! Das Feld ist recht zerfetzt, es finden sich immer wieder Gruppen aus maximal 3-6 Fahrer*innen, die ein Stück des Weges gemeinsam bestreiten. Hier sollte man – neben guten Oberschenkeln – auch im Kopf halbwegs fit sein. Bzw. wie in meinem Fall, wenn man in den Oberschenkeln nicht fit ist, kann man sich mit einem fitten Kopf noch mit etwas Würde über die Anstiege retten. Es ist jener Teil der Strecke, den ich mir im Vorfeld überhaupt nicht angeschaut und daher am meisten unterschätzt habe und nun dafür entsprechend büßen muss. Es kommt etwas Wind dazu, Wolken haben sich mittlerweile vor die Sonne geschoben, dafür sind die Temperaturen angenehm frisch.

Kilometer 80 markiert die Hälfte der Strecke, das Ende des hügeligen Waldviertels, den Fuße des Jauerling und – glücklicherweise – auch jene Stelle an der Nachbar Gerald mit frischem Proviant auf seine Freundin und Vereinskollegin Patrizia wartet und dankenswerterweise auch für mich ein Musette mit frischen Flaschen und Gels bereithält. Ich nütze diese Gelegenheit für eine kurze Pause, einen Plausch über das bisher Erlebte, und dafür, den recht zwickenden Rücken etwas durchzustrecken. Die Hälfte eines Rennens oder einer Strecke ist für mich grundsätzlich immer etwas Besonderes, fährt man ab diesem Zeitpunkt ja „nur noch zurück“ oder „ab jetzt nach Hause“.

“J-aua!-ling”

Es geht also auf den Jauerling, jene Unbekannte für mich, von der ich zwar schon viel gehört habe, selbst aber noch nie einen Tritt des Anstiegs gefahren bin. Die Zahlen verheißen nichts Gutes, auf dem Display meines Wahoo baut sich im Höhenprofil eine Wand auf, die so schnell wohl nicht mehr enden wird. Später lese ich auf Strava 9% auf sieben Kilometern Strecke, die ersten vier Kilometer haben überhaupt eine Steigung von durchschnittlich zehn Prozent. Ab in den ersten Gang und hinaufkurbeln, aber nach dem Auf und Ab des Waldviertels und den doch schon 80 Kilometern in den Beinen, fällt auch das nicht mehr so einfach. In solchen Fällen schalte ich in meinen Not-Modus, blende fast alles rund um mich aus, konzentriere mich auf jeden einzelnen Tritt, leide innerlich, was gleichbedeutend ist mit „man muss da jetzt durchkämpfen, um diesen Anstieg oder Berg zu bezwingen“ – diesen Kampf, den ich mir da einrede, gewinne ich meistens, das Konzept geht also auf! ;) Ich treffe auf bekannte Gesichter – Patrizia zieht an mir vorbei (sie wird am Ende des Rennens den 8. Platz der Damen belegen!), Jean und Vejko rollen von hinten auf mich auf, mit vertrauten Gesichtern und Stimmen ist es auch gleich wieder etwas anderes. Der Jauerling ist ein harter Gegner – da wo der Anstieg vermeintlich zu Ende ist, durchfährt man eine kleine Ansiedelung, die gleich in den nächsten Anstieg mündet, fährt um eine Kurve, die wieder eine weitere Rampe verborgen hat. Und auch dort, wo der Berg tatsächlich einmal ein Ende genommen hat, ist die Freude der Abfahrt nur kurz – der Anstieg nach Nonnersdorf zieht auf 140 Höhenmetern noch einmal heraus, was in den Oberschenkeln eventuell noch vorhanden war.

Nach der Labe bei Kilometer 100 bin ich plötzlich alleine. Es geht endlich leicht bergab Richtung „Am Schuss“, einem Ortsnamen, der sich bei mir schon in den letzten Jahren der Wachauer Radtage eingeprägt hat. Die Strecke ist hier bis zur Donau hinunter identisch mit den Vorjahren, endlich etwas kalkulierbares auf dieser Strecke! Ich rolle mit knapp 35 Km/h Richtung Donau, schaue mich immer wieder nach Fahrer*innen um, die von hinten auf mich auffahren könnten – alleine möchte ich dieses Rennen nicht zu Ende fahren. Kurz vor Schloss Leiben sind wir dann zu fünft – mit dabei Alejo im VICC-Trikot, wie schon zuvor hilft es mir, auf bekannte Gesichter zu treffen. In der Gruppe geht es gleich einfacher und entsprechend flott nach Emmersdorf zur Donaubrücke. 40 Kilometer sind noch ausständig, zwei Anstiege kommen noch – nicht vergleichbar mit dem Jauerling aber in meinem aktuellen Zustand und mit doch recht schweren Beinen werden auch diese noch zur Herausforderung. Dementsprechend lasse ich mein Gruppe ziehen, sobald die Straße auch nur geringfügig ansteigt – hier jetzt mitzufahren, wäre keine gute Idee. Der Hügel bei Mauer bei Melk bzw. Umbach ist schnell bewältigt, es folgt noch eine Abfahrt Richtung Aggsbach, bevor es zum letzten Anstieg nach Maria Langegg geht. Die Abfahrt verbringe ich großteils im Stehen, mein Rücken wehrt sich dagegen, auf dem Rad weiter eingespannt zu sein – Autofahren als Vorbereitung für ein Radrennen scheint nicht optimal zu sein… Ich treffe wieder auf Jean, gefühlt zum fünften oder sechsten Mal – lustig, wie man im Verlauf eines Rennens mit Pausen, Laben und anderen Zwischenhalten immer wieder zusammenkommt, getrennt wird und sich dann wieder trifft. Hinauf nach Maria Langegg geht es auf drei Kilometern mit 8 % Steigung – langsam und gemächlich, die Tanks sind leer, die Ambitionen beschränken sich darauf, das Ziel erreichen zu wollen. Oben eine Labe, dann noch ein paar kleinere Wellen – die hab ich noch vom Vorjahr in Erinnerung.

Nass und fertig

Unvermittelt formen sich neben meinem Rad auf dem Asphalt handtellergroße Flecken – platsch, zuerst einer, dann mehrere. Es ist dieser Moment, in dem man weiß, was hier gleich losbrechen wird - Blitz und Donner und prasselnder Regen. Ich werfe mir mein Gilet über, stehenbleiben oder gar warten ist keine Option so kurz vor dem Ziel. Es ist 15 Uhr, jener Zeitpunkt, für den der Regen vorhergesagt war – nur wollte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon im Ziel sein. Die Abfahrt zurück zur Donau wird im Schneckentempo bestritten, es wäre dumm und unnötig, jetzt auf regennasser Fahrbahn noch einen Sturz zu provozieren. Die Abzweigung auf die B33 ist für mich so etwas wie meine persönliche Ziellinie – vorbei mit Bergen, Abfahrt, Anstiegen, Kurven. Ab diesem Zeitpunkt geht es nur noch flach auf einer Länge von knapp fünf Kilometern Richtung Ziellinie.

Jean hängt sich an einen überholenden Fahrer an, mir fehlt die Kraft, diesen kurzen Antritt mitzugehen. Weniger später ist mein Rennen aber auch offiziell beendet – ich rolle zufrieden aber sehr, sehr erschöpft über die Ziellinie, hinein in den Zielbereich, der leider vom durchziehenden Regenschauer fast komplett leergeräumt wurde. Schnitzelsemmel, Kuchen und anerkennende Ansprache im Ziel hilft mir, wieder zu Kräften zu kommen. 2.901 Höhenmeter auf meinem Wahoo belegen, dass es heute keine Kaffeefahrt war. Nass und kalt geht es zurück zum Auto, hinein in die trockene Trainingshose und ab nach Hause, next Stop: Badewanne!

Der Erkenntnisgewinn dieses Renntages ist massiv: Bestätigt fühle ich mich in meiner Meinung von den Wachauer Radtagen – die Veranstaltung ist hervorragend organisiert. Als Fahrer, der dann doch eher weiter hinten im Gesamtfeld unterwegs war, kam ich in den Genuss, bei JEDER Kreuzung oder Kreisverkehr Ordner oder Polizisten vorzufinden, die einem den Weg weisen und den Verkehr kurz aufhalten, damit man ungehindert passieren kann. Ebenfalls bestätigt wurde die landschaftliche Schönheit der Wachau und des südlichen Waldviertels, wobei das Hinterland auf mich hier einen größeren Reiz ausübt, als die „klassische“ Wachau direkt an der Donau. Wobei wenn man den Seiberer herunterkommt und zum ersten Mal das Panorama der Donau erblickt, wird man schon kurz andächtig.

Wundenlecken

Die andere Erkenntnis betrifft mich und meine Leistungen. In den letzten Jahren habe ich viele Dinge „einfach gemacht“ und dabei hat fast alles immer so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Dieses Jahr – und der „Jungvater“ soll hier jedenfalls nicht als Ausrede dienen! – muss ich mit meine Kräften und meinen Ressourcen haushalten. Bis in die letzten Ecken meines Kopfes hat sich das aber noch nicht durchgesetzt, mit dem Ergebnis, dass ich momentan dazu neige, meine Leistungsfähigkeit zu über- und gleichzeitig die sportlichen Herausforderungen zu unterschätzen. 160 Kilometer am Rad sind 2019 einfach etwas anderes für mich als 2018 oder gar 2017. Das mindert natürlich weder meinen Spaß am Radfahren noch an meinen Plänen oder Projekten, aber spätestens jetzt habe ich verstanden, dass ich die Dinge vielleicht etwas anders angehen muss. Eine Entscheidung ist allerdings vor diesem Hintergrund schon gefallen: Meine Teilnahme an der Race Around Austria Challenge werde ich vorerst einmal auf 2020 verschieben.

Aus der Wachau komme ich mit positiven Eindrücken zurück. Und die Schmerzen in Rücken, Knien und Oberschenkeln sind nach einem ausgiebigen Vollbad schon fast wieder vergessen, das Fluchen und innerliche Weinen der mühsamen Kilometer verdrängt und das Anmeldeformular für das nächste Jahr quasi schon wieder ausgefüllt. Danke Wachauer Radtage, bis nächstes Jahr!

Disclaimer

Die Teilnahme am Rennen erfolgte auf Einladung des Veranstalters. Alle Fotos: Sportograf.

Ein ereignisreiches Wochenende am Mondsee

Es waren einige Sprünge in den Mond-, Wolfgang- und Fuschlsee notwendig, um sich von den heißen Temperaturen und hitzigen Wettkämpfen am Rad zu erholen und abzukühlen. Das Wochenende rund um den Mondsee-Radmarathon hat schon lange vor dem Tag X große Vorfreude erzeugt – war doch die Ankündigung zu vernehmen, dass die Österreichischen Staatsmeisterschaften Straße im Rahmen der Marathonveranstaltung ausgetragen werden. Ich persönlich finde es ja immer großartig, wenn Spitzen- und Breitensport aufeinandertreffen, sich zwei Welten verbinden. Live mitanzusehen, was die Profis leisten, welche Zeiten auf der gleichen Strecke erreicht werden, hautnah dabei zu sein, ist toll und sollte aus meiner Sicht noch viel mehr forciert werden.

Für mich persönlich war – wie immer an dieser Stelle – die Entscheidung schwierig, ob ich Radfahren oder Fotografieren will. Ich habe Letzterem in den vergangenen Wochen oft den Vorzug gegeben, was mit ein Grund für meinen nicht ganz zufriedenstellenden Trainingszustand ist… Auch am Mondsee fiel die Entscheidung, in einer entspannten Form die ÖSTM mit der Kamera zu begleiten. Für den zeitgleich stattfindenden Marathon konnte ich glücklicherweise Martina von Mitzi & Friends – Österreichs größter Frauenradsportbewegung – gewinnen, sie hat sich für 169k über die 200 Kilometer lange Distanz gearbeitet. Und dank des reichhaltigen Rahmenprogramms des Mondsee-Marathons konnte ich doch noch ein Rad ins Auto einpacken und mich zu allem Überfluss in meinem ersten Mountainbike-Rennen versuchen.

Dieser Blogbeitrag besteht daher aus drei Teilen:

1. Meine Mondsee MTB-Challenge
2. Martinas 200k Mondsee-Radmarathon
3. Ein paar Fotos von den ÖSTM Straße der Elite

Meine Mondsee MTB Challenge

Über meine wiederentdeckte Liebe zum Mountainbike habe ich ja in den letzten Wochen schon ein wenig erzählt. In den Plan, mit dem MTB in erster Linie gemütliche Forststraßen-Touren zu unternehmen, passt ein Cross Country-Rennen an sich aber nicht wirklich hinein. Ich wollte jedoch das Wochenende rund um den Mondsee-Marathon nicht gänzlich ohne Rad verbringen und „ausprobieren kann man es ja einmal“ – so der Gedankengang. Spätestens seit meinem aufschlussreichen Gespräch mit Alban Lakata Anfang des Jahres sind mir einige wesentliche Unterschiede zwischen Mountainbikern und Rennradfahrern klarer. Training, Belastung, Leistungsentfaltung, Spitzenleistung, Renndauer – alles Dinge, die mir vorher nicht so bewusst waren, bei nähergehender Beschäftigung aber als logische Unterschiede aufpoppen. Mir war daher schon vorab klar, dass mein Leistungsprofil (flapsig formuliert: weit & langsam) eventuell nicht das optimale für ein kurzes und knackiges MTB-Rennen ist. Egal!

Die Füße gerade noch im wunderschön türkisen Fuschlsee baumeln lassen, einen Eiskaffee beim Mohrenwirt trinken und dann ab ins Auto nach Mondsee. Ich hab so meine Schwierigkeiten mit Rennen, die erst zu späterer Stunde – im Falle des MTB-Rennens um 16:00! – starten. „Zu lange“ ist der Tag vorher schon. Man unternimmt etwas, geht essen, liegt herum, wartet – in meinem Fall sind das meistens Dinge, die mich entweder müde oder – Thema Essen – schwerer und müde machen J

Die Startnummernausgabe lässt mich kurz zweifeln, ob ich es noch rechtzeitig vor dem Start schaffe, meine Startunterlagen zu besorgen und mich umzuziehen – die Schlange reicht aus dem Gemeindeamt Mondsee bis auf die Straße hinaus. Doch schnell zeigt sich, dass die Abfertigung hier im Eiltempo erfolgt, wie ein Blitz bin ich durch die Ausgabe geschleust und stehe wenige Minuten später wieder auf der Straße, Rennunterlagen in der Hand! Ich treffe Tini & Andy von geradeaus.at, das Team des Race Around Austria, viele andere bekannte Gesichter – es stellt sich im Nu wieder dieses Familiengefühl ein, über das ich mich jedes Mal wieder riesig freue und jedes dieser „Renn“-Wochenenden zu einem persönlichen Freudenfest macht. Ich mag die Leute, ich mag die Community, ich liebe diesen Sport!

Apropos Sport… Startnummer auf mein BMC Fourstroke, das noch nichts von seinem bevorstehenden Renneinsatz zu ahnen scheint. Obwohl, das Rad wird im Gegensatz zu mir nicht so leicht an seine Grenzen zu bringen sein. Das Starterfeld ist überschaubar, knapp 50 Teilnehmer*innen sind gemeldet. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht, ein letzter Schluck aus der Flasche kann die Unmengen von Schweiß nicht kompensieren, die angesichts der vorherrschenden 35 Grad aus jeder Pore tropfen. Nach dem Startschuss geht es gleich zu Sache, der Puls ist oben, das Laktat in den Beinen, mein Plan, es „gemütlich“ angehen zu lassen, löst sich unvermittelt in Luft auf.

Das 31,5 Kilometer lange Rennen wird auf einem Rundkurs in und um Mondsee ausgetragen. Aus dem Stadtzentrum geht es hinauf auf den Mondseeberg, auf asphaltierter Straße mit knackiger Steigung. Nach halber Strecke (und rund 2,5 Kilometern) ist der höchste Punkt erreicht, es geht abwärts auf einem Singletrail, Wurzeln, Steine, kleinere Stufen, enge Kurven. Ich suche mir ein Hinterrad, um in der ersten von sieben Runden die richtige Linie zu finden. Es geht steil bergab, dort wo man kaum noch lenken oder bremsen kann, steht in der Spitzkehre die Rettung bereit und schaut kritisch, wie sich die Teilnehmer*innen über diese anspruchsvollsten Meter der MTB-Strecke „wurschteln“. Zumindest fühlt es sich bei mir etwas nach „Wurschteln“ an, mir fehlt auf dem MTB sichtlich noch etwas Routine. 700 Meter nahezu flache Forststraße münden danach in eine steile asphaltierte Straße, die über ein paar selektive Kurven mit hohem Tempo wieder zu Start und Ziel hinunter führt.

Schon befindet man sich wieder im Anstieg auf den Mondseeberg. Die Sonne knallt auf die Straße, der Puls pocht auf der Stirn – „Wie oft ist diese Runde zu fahren?!“ Die ersten drei Runden sind eher qualvoll, vor allem der lange Anstieg auf der Straße zehrt an den Kräften. Fabian Costa, der Favorit und spätere Gewinner des Rennens, schießt mit einem Verfolger an seinem Hinterrad an mir vorbei. Ich freue mich kurz, dass sich mein Rennen gerade um eine Runde verkürzt hat, denke mir aber gleichzeitig, dass es nicht unbedingt sehr ruhmreich wäre, noch einmal überrundet zu werden – ginge sich bei noch vier zu fahrenden Runden ja aus…

Ich suche noch einmal nach ein paar Kraftreserven und siehe da, das Rennen beginnt plötzlich Spaß zu machen. Der Anstieg ist immer noch zäh aber der Downhill wird immer routinierter und gefühlt schneller – kurzzeitig fast auch schon wieder etwas zu schnell! Die Runde beginnt von Mal zu Mal gefühlt kürzer zu werden, 4,5 Kilometer sind ja tatsächlich eine überschaubare Distanz. Mit dem Wissen, das Rennen 1. bewältigen und 2. für sich auch kontrollieren zu können, vergehen die letzten Kilometer wie im Flug.

Im Ziel bin ich zufrieden, mein erstes MTB-Rennen absolviert zu haben, Rang 34 (von 42) kümmert mich eher weniger, es ist eher einer dieser klassischen Siege über sich selbst, eine kleine Belohnung für das Verlassen der Komfortzone. Fünf Minuten und zwei Flaschen Wasser später hat sich die Erkenntnis gefestigt, dass ich diese Geschichte „MTB-Rennen“ wohl weiterverfolgen werde - bzw. zuvor noch Mountainbiken als solches, Fahrtechnik und alles andere, was da so dazugehört. Einen schlechteren Rennradfahrer wird das aus mir wohl nicht machen… ;) Eine Stunde später baumeln meine Beine dann auch schon wieder im Fuschlsee!

Fotos: Mondsee Radmarathon

Martinas 200 Kilometer-Runde

„Fünf Seen Marathon und 2 Duschen“

Martin Granadia bzw. bekannt unter 169k.net verloste in der Mitzi and Friends Gruppe einen Startplatz. Warum nicht teilnehmen dachte ich mir, Kinder sind versorgt, weil am Ferienlager somit sorglos ein Wochenende frei fürs Radeln.

Rasch bekam ich den Code zum Anmelden. Jetzt kam die wichtigste Entscheidung: 140km oder 200km. Die Entscheidung war nicht leicht, für die 140 km war bereits Carmen - ebenfalls eine Mitzi and Friends-Kollegin - angemeldet oder die ultimative Herausforderung über 200 km? Ich bin vorher noch nie 200 km in einem Rennen gefahren - Hopp oder Dropp. Klick - angemeldet für die 200 km. Zuerst die Freude, dann die Zweifel. Zwei Wochen vor dem Rennen beobachtete ich die Teilnehmerliste. 26 Frauen angemeldet - 13 für U45, 13 für Ü45. War mein Vorhaben nicht doch zu waghalsig? Die Ergebnisliste vom letzten Jahr muss her. Schlechteste Frau 2018 in Ü45: 9 Std 13. Ok, denke ich mir, das schaffe ich auch.

Wenige Tage vor dem Start bekamen wir die Unterlagen. Ein eigener Damenblock zum Starten - wie cool. Nicht, dass ich was gegen Männer habe, aber wenn es um ein Rennen geht, haben Männer schon so ihren Tiger, den sie beim Start rauslassen und manche können dabei sehr rücksichtslos sein. Wir Frauen haben auch den Biss aber wir achten dann doch mehr aufeinander (so mein persönlicher Eindruck, gesammelt bei den Radrennen, die ich bis jetzt bestritten hatte).

Nur drei Labestationen auf dieser Rundfahrt, das wird mir wahrscheinlich zu wenig sein. Gut ausgerüstet mit Riegel und Gels begab ich mich am Sonntag kurz vor 6.30 zu meinem Startblock. Wie ich merkte viel zu spät, obwohl eh 15 Minuten davor. Was für ein Stress. „Damen vor!“, „Damen vor!“, schallte es aus dem Lautsprecher - aber wie?? Rad über die Absperrung, vorgehen, Rad wieder über die Absperrung, reinquetschen. Ok ich stehe im wohl richtigen Startblock, zumindest einige Frauen rundherum. Kurz vor 6.30 Startschuss für den ersten Block. Laut Ausschreibung folgt der für die Damen eine Minute später. Aber einige Frauen fahren los, einige sind wie ich zögerlich. Ok, dann fahren wir auch los. Rasch hat sich eine Damen-Gruppe gebildet, die Anschluss zu den Männern gefunden hat. Im schnellen Tempo mit Abwechseln in der Führung (auch wir Damen können Führungsarbeit machen) kamen wir zur Postalm. Schwupp, die Gruppe löste sich auf. Jetzt waren wir drei Damen, die gemeinsam den Berg eroberten. Teils quatschend, teils schweigend. Wir holten einige Männer ein, die dann meinten, wenn ihr reden könnt, dann gebt ihr noch nicht alles? Warum beim ersten Berg alles geben, waren doch erst 43 km gefahren. Die Logik haben wir nicht verstanden, aber gut, jede*r hat eine eigene Taktik. Oben angekommen, hieß es wieder bergab. Ich gestehe, dass ich ein kleiner Hasenfuß werde und jedes Jahr immer mehr Angst dazukommt.

Gut, die beiden anderen Damen hatte ich verloren aber dafür eine Gruppe Männer gefunden. Jetzt heißt es zusammenbleiben, wenn es geht. Rasch flitzten wir dahin, dazwischen immer wieder leichte Steigungen. Nur nicht abreißen. Alles alleine zu fahren ist sicherlich schrecklich. Die kleine Gruppe traf auf einen Mann in Gelb. Am Berg und auf den Hügeln hatten wir ihn unzählige Male überholt. Im Flachen ist er mit Gruppen wieder angerauscht. Wir waren nun zu viert. Da heißt es für alle zu arbeiten - nur der gelbe Mann nicht. Wenn er an der Reihe war, ist er sofort nach hinten abgefallen, hat es nie probiert, auch nur ein Stück vorne zu fahren. Bis es mir reichte. Es war heiß, die Mittagssonne kam jetzt so richtig raus. Der Fahrtwind war noch heißer und wir alle mussten kämpfen. Nachdem ich meine Führungsarbeit erledigt hatte, ließ ich mich abfallen auf Höhe des gelben Mannes. „Entweder machst du in der Führungsarbeit mit oder du schleichst dich aus der Gruppe“ kam es aus meinem Mund. Plötzlich bekam ich die Zustimmung der beiden anderen Herren. „Ja genau, so geht das nicht. Schau doch, die Frau macht genauso mit“ stimmten die anderen zu. Da kam doch wieder ein Hügel und – schwupp – war der Mann in Gelb kein Thema mehr.

Plötzlich mussten wir anhalten, da die Straße für die Damen gesperrt wurde, die die Staatsmeisterschaften bestritten. So ein Mist. Gute zehn Minuten mussten wir warten, immer mehr Gruppen kamen an. Jetzt waren wir eine riesige Gruppe. Weiter zu nächsten Labe. Jetzt war mein Wunsch nach einer Labe schon sehr groß. Nur noch wenig Wasser in den Flaschen und dieses kochte nahezu. Dann begann der Kampf am Tisch - schnell Wasser rein und los. Doch auch dieses Wasser war warm, keine Abkühlung - mir war nur noch heiß! Eine nächste gute Gruppe gefunden und es geht zum Attersee. Ah da kommen Erinnerungen auf - King of the Lake. Ich musste kurz schmunzeln, sehr schöne Erinnerungen.

Dann kam der Anstieg und ich verlor meine Gruppe. Lonely Girl ab diesem Zeitpunkt. Jetzt kamen zur Hitze noch Frust und Zweifel dazu. Plötzlich tauchte eine „Labe“ auf, aber es war keine offizielle. An einem Anstieg hatten sich Privatpersonen der armen Radfahrer*innen erbarmt und eine selbstgemachte Labe aufgebaut. Das Beste vom ganzen Rennen - kaltes Wasser und Dusche. Sie waren sehr erstaunt als ich sie bat, das Wasser über den ganzen Körper zu leeren. Ich war überhitzt wie schon lange nicht. Mein Kopf fühlte sich wie ein Druckkochtopf an, der kein Ventil hat, Kreislaufprobleme kamen hinzu. Aber mit der Dusche war mit einem Schlag alles weg. Das war die beste Labe.

Abgekühlt ging es wieder locker weiter, zum letzten Berg. Relativ bald kam ich zur letzten offiziellen Labe. Diese hatte endlich einen Schlauch, mit dem man sich nochmal richtig abkühlen konnte. So komme ich gut weiter. Bei der Abfahrt überholten mich die Elite Männer und ich bleib kurz am Straßenrand stehen. Wuuummmm und weg waren sie. Beeindruckend, so ein Rennen aus der nächsten Nähe zu beobachten, gleichzeitig auch Angst. Möchte von so einem Fahrer nicht erwischt werden. Mühsam kämpfte ich mich ins Ziel und freute mich auf den letzten zehn Kilometern über die männliche Begleitung. 9,8,7…… Endlich Ziel. 7 Stunden 40 die offizielle Zeit, laut Garmin 7 Stunden 23, da die Stehzeit ja abgezogen wurde. Geschafft!! Das Beste kam zum Schluss. Der gelbe Mann kam nach mir ins Ziel und hatte mich sicherlich aufgrund meiner Mitzi-Dress sofort gesehen. Er gratulierte mir und entschuldigte sich für sein Verhalten - das rechne ich ihm hoch an. Ich habe bei diesem Rennen jedenfalls meine Grenzen ausgetestet.

Fotos: Marathon Photos

ÖSTM Straße

Die Elite Damen waren auf der 140, die Herren auf der 200 Kilometer langen Strecke des Radmarathons unterwegs. Aufgrund von Straßensperren und wenigen Ausweich- und Abkürzungsmöglichkeiten war es nicht möglich, an mehreren Orten zu fotografieren – außer man ist mit dem Motorrad im Feld unterwegs. Ich konnte das Herrenfeld auf der Postalm abpassen – in einer der schönsten Kurven des Anstiegs -, und war beim Zieleinlauf in Mondsee in Position. Gratulation an Patrick Konrad, der für die kommenden 12 Monate mit Stolz das Nationalmeister-Trikot tragen wird!

"DNF" beim Super Giro Dolomiti

Oft heißt es ja, Geschichten des Scheiterns wären besser und spannender als jene der Sieger… In diesem Geiste möchte ich das Wochenende des Super Giro Dolomiti aufarbeiten, das mir das erste „DNF“ meiner sogenannten Rennkarriere beschert hat.

Giro

Es hat großartig begonnen, so wie eigentlich jeder Tag und jedes Wochenende in Osttirol immer positiv verläuft! Das Wochenende vor dem Rennen gastierte der Giro d´Italia in Südtirol, da lag ein Ausflug nach Olang zum Start natürlich nahe. Das Panorama der Dolomiten gepaart mit Profiradsport ist ein herrlicher Mix und näher an die österreichische Grenze kann eine Grande Tour auch gar nicht kommen. Auch wenn die Situation am Start etwas unübersichtlich war (der Parkplatz mit den Teambussen und Fahrern befand sich rund 2-3 Kilometer von der Startlinie entfernt) und damit nur die Möglichkeit blieb, die Fahrer am Weg zur Startaufstellung kurz abzupassen – der Start einer Giro-Etappe ist immer ein Ereignis, in Italien noch einmal mehr, da die Menschen auf die Straße gehen, gerne mittendrin dabei sind und Radsport dann doch noch etwas mehr l(i)eben, als wir das tun.

Bora

Zeitgleich waren auch die Fahrer des Teams Bora-Hansgrohe in Osttirol – Höhentrainingslager stand dort auf dem Programm. Mit von der Partie unter anderem die österreichische Phallanx Konrad, Pöstlberger, Mühlberger. Spontane Einfälle bringen oft die besten Ergebnisse, der Kamerarucksack war ohnehin dabei – und so ergab sich die Möglichkeit, die Jungs von Bora auf einer Trainingsfahrt auf den Glockner zu begleiten. Fotomotive der besten Art tun sich auf und der Auslöser der Kamera rattert nur so vor sich hin! Dass ich bei all dem Fotografieren nicht zum Radfahren komme, ist eine andere Geschichte – aber dazu kommen wir noch…

Dolomitenrundfahrt

Leser*innen von 169k wissen mittlerweile, dass ich oft und liebend gerne in Osttirol bin. Die Dolomitenradrundfahrt, die jedes Jahr Anfang Juni stattfindet, war daher schon immer etwas Besonderes in meinem Kalender – ist sie doch so etwas wie mein zweites Heimrennen. Die Strecke über den Gailberg, durchs Lesachtal und zurück nach Lienz kenne ich mittlerweile ganz gut – sowohl die positiven als auch die weniger positiven Aspekte. Wobei „weniger positiv“ natürlich eine Frage der Perspektive ist. Mit genügend Training und mentaler Stärke, kann einem das Lesachtal nichts anhaben. Erst wenn man angeschlagen, müde oder nicht ganz so fit ist, rächen sich die rund 20 „Hügel“, die sich in einem ständigen Auf und Ab auf einer Länge von rund 40 Kilometern aneinanderreihen. Irgendwo müssen diese 1.400 Höhenmeter ja auch versteckt sein. Die Lesachtalrunde bin ich also schon ein paar Mal gefahren, sowohl als Trainings- oder Genussrunde als auch im Rennen bei der Dolomitenradrundfahrt. Am Rennwochenende steht allerdings noch eine zweite Option zur Verfügung, der Super Giro Dolomiti.

Super Giro Was?

Viele verwechseln ihn beim ersten Mal Hören mit dem Maratona d´les Dolomites, dieser Riesenveranstaltung jenseits der Grenze, die immer Anfang Juli auf dem Programm steht und mit mehreren tausend Teilnehmern, Fernsehübertragung und mythenbehafteten Anstiegen zu einem der größten Radsportevents der Welt zählt. Der Super Giro Dolomiti gibt sich da weitaus bescheidener, obwohl er sich nominell keineswegs verstecken muss. Um ein anderes großes Radsportevents als Vergleich heranzuziehen – der Super Giro weist ungefähr die gleichen Zahlen auf wie der Ötztaler Radmarathon. Auf rund 230 Kilometern versammelt der Super Giro rund 5.000 Höhenmeter, die Charakteristik der Strecke ist allerdings eine andere als beispielsweise beim Ötztaler. Die Anstiege sind mitunter kürzer, die Belastung abwechslungsreicher, die Steigungen giftiger. Die Tatsache, dass der Super Giro Anfang Juni stattfindet, setzt zudem voraus, dass man recht fit aus dem Frühjahr kommt.

Die „Ur-Strecke“ des Super Giro führt über Gailberg und Plöckenpass nach Italien, über den Lanzenpass – eine alte, schmale Militärstraße mit bis zu 19% steilen Rampen – weiter Richtung Osten bevor man über das Nassfeld wieder nach Österreich gelangt und schließlich durch Gail-, Lesach- und Pustertal zurück nach Lienz fährt. Je nach Definition eines „Berges“ sind derer fünf oder sechs zu überwinden, von kurz & flach über länger & flach bis hin zu kurz & sehr steil und lange & steil. Die Gegend südlich der Dolomiten bzw. Karawanken ist allerdings eine raue und als solche jeden Winter aufs Neue unzähligen Wettersituationen ausgesetzt, die einem einwandfreien Zustand der Straßen nicht unbedingt zuträglich sind. Schnee, Eis, Unwetter, Felsstürze und allerlei mehr sind dort keine Seltenheit, dementsprechend musste auch der Super Giro mit seiner Strecke schon mehrmals ausweichen. Kein Problem, stehen doch im näheren Umkreis Alternativen zur Verfügung, die auch Hand und Fuß haben – hat da jemand „Zoncolan“ gesagt? Der Lanzenpass ist dabei so etwas wie das schwächste Glied – schon in seiner Grundauslegung als alte Militärstraße nicht gerade für den Massenverkehr dimensioniert, besteht außerdem bei Schäden, Felsstürzen und Ähnlichem bei den italienischen Behörden keine allzu große Dringlichkeit, Dinge dort schnell wieder zu richten. 2016 wurde deshalb schon einmal auf den Monte Zoncolan ausgewichen – bei wem an dieser Stelle keine Alarmglocken klingeln, der schau sich auf Youtube einmal ein paar Videos zum Monte Zoncolan an oder das Strava-Segment des Anstiegs von Ovaro aus!

Ende 2018 wurde dann noch das halbe Lesachtal bei Unwettern weggespült, die Spuren davon sind auf den Straßen bis heute sichtbar. Im Besonderen in Form einer Ersatzstraße, die vor Maria Luggau errichtet werden musste, um die Passage des Lesachtals überhaupt erst zu ermöglichen. Für das Rennen 2019 kursierten im Vorfeld daher unterschiedliche Varianten. Zuerst wurde kommuniziert, dass die „Ur-Strecke“ aufgrund von massiven Schäden am Lanzenpass nicht befahren werden kann und es wurde der Monte Zoncolan (analog zu 2016) als Ersatz auserkoren – ein Raunen und eine Mischung aus Angst und Begeisterung ging durch die Foren. Kurz darauf wurde allerdings der Zoncolan wieder von der Karte gestrichen, da auch dieser angeblich Frost- und andere Winterschäden aufweisen würde. Es wurde eine Ersatzschleife über Arta Terme und Paularo entworfen, die dann allerdings für die hartgesottenen „Höhenmeterfresser“ fast an eine Enttäuschung grenzte – so war es zumindest in vereinzelten Postings zu lesen. Andererseits war die neue Strecke mit rund 210 Kilometern und 4.800 Höhenmetern für Leute wie mich noch immer eine sehr große Nummer und angesichts eines regnerischen Frühjahrs und dadurch fehlenden Trainingskilometern nicht ganz unwillkommen!

Das Rennen!

Im Vergleich zur kürzeren Dolomitenradrundfahrt ist das Starterfeld des Super Giro Dolomiti noch etwas überschaubarer. Das hat Nachteile – die Wahrscheinlichkeit, in einer späteren Phase des Rennens noch mit einer gut funktionierenden Gruppe fahren zu können, sinkt dramatisch - aber auch Vorteile: Die Startphase ist entspannt und völlig unproblematisch. Ohne jegliche Zwischenfälle oder brenzlige Situationen rollt das Feld aus Lienz hinaus in Richtung Oberdrauburg. Die Temperaturen zum Start um 6:30 sind frisch und angenehm bei rund 13 Grad - warm genug, um die Jacke schon vor dem Start auszuziehen und auf Ärmlinge zu verzichten. Das Wetter ist ein wesentlicher Faktor – auch da gab es in den vergangenen Jahren schon alles, was der Himmel zu bieten hat. Gewitter, Wolkenbrüche, Temperaturstürze, große Hitze, Wind – die hohen Berge der (Lienzer) Dolomiten sind hier nicht zu unterschätzen, eine Nofall-Jacke mitzuführen ist grundsätzlich eine intelligente Option.

Bis Oberdrauburg gilt es, das Rennen zu genießen und in der großen Gruppe mit knapp über 40 Km/h Schnitt dahinzugleiten – es wird dieser Abschnitt der erste und letzte sein, in dem man in den Genuss eines ausgeprägten Windschattens kommt. Ab dem Gailberg – also den Bergen – wird nunmehr jede*r ihr und sein Tempo fahren, größere Gruppen werden sich keine mehr finden. Der Gailberg ist nominell keine allzu große Herausforderung, je nachdem in welchem Tempo man ihn befährt. Erfahrungsgemäß sind es ja oft die kleineren Hügel oder sogar die Flachpassagen, in denen man sich vernichtet – während alles und jeder auf die großen Prüfungen vorbereitet ist, vergisst man nur allzu oft, dazwischen mit seinen Kräften zu haushalten. Nach dem Gailberg geht es hinunter nach Kötschach-Mauthen, von hier entstammt meine Mutter – Grund genug, dort jedes Mal kurz unbestimmt in die Gegend zu winken, wenn ich vorbeifahre. Durch Kötschach geht es weiter Richtung Süden und für mich auf unbekanntes Terrain. So oft ich schon in Lienz und im Gailtal war, noch nie hat es mich hier über die Grenze verschlagen. Den Anstieg auf den Plöckenpass habe ich mir im Vorfeld auf Strava angeschaut, auch hier war nichts dabei, was mich nominell riesig erschreckt hätte. Umso mehr überraschen mich die hohen Steigungsprozente im Anstieg, die ihren Höhepunkt im stockfinsteren Tunnel vor der Passhöhe erreichen – 17%? Der Wahoo hat kein Signal mehr und jegliche Messung von Geschwindigkeit und Anstieg bleibt stehen. Ich werde nie erfahren, wie steil es dort wirklich ist, gefühlt zu steil, um gemütlich bergauf zu kurbeln. Mir schwant Böses, vielleicht waren die durchschnittlichen Steigungen auf Strava ein Ergebnis der nicht aufgezeichneten Steigungen in den Tunnels? Dann müsste ich auch meine Einschätzung über die Südseite des Plöcken erneuern, dort hat Strava überhaupt nur 4% Durchschnittssteigung ausgegeben! Aber alles zu seiner Zeit, davor gilt es noch, andere Prüfungen zu meistern.

Bei der Labe oben am Plöcken fülle ich meine Flaschen auf und richte einen Riegel her, den ich dann während der Abfahrt essen kann. Dabei hab ich ein neues System entwickelt: Ich nehme den Riegel (z.B. meinen ClifBar) aus der Verpackung und stecke nur den Riegel unter den Beinabschluss meiner Hose. Von dort kann ich jetzt Stück für Stück vom Riegel abbrechen und in Ruhe essen. Es hat mich immer gestresst, den Riegel komplett in der Hand halten zu müssen während dem Fahren, vor allem weil die ClifBars ja keine Riegel sind, die man schnell einmal kaut und hinunterschluckt. Im Vorfeld habe ich mich ja mit meiner Ernährungsberaterin Caro vorbereitet und auch für dieses Rennen ein paar Dinge ausprobiert. Die Ernährung während des Rennens war ein Teil davon, wann ich welche Riegel und Gels zu mir nehmen soll, entnehme ich vertrauensvoll dem Plan, den mir Caro noch per Mail zugeschickt hat.

Es geht vom Plöcken hinunter Richtung Paluzza, es rollt gut, der Tacho zeigt immer irgendetwas über 40 an. Habe ich die Abfahrt noch alleine begonnen, haben sich rund um mich nun noch ein paar Fahrer zusammengefunden, gemeinsam geht’s dann doch nochmal schneller und im Nu ist der südlichste Punkt der Strecke bei Arta Terme bzw. Cedarchis erreicht. Es geht sofort wieder bergauf auf eine kleine Straße, die sich den Hang entlang schmiegt und moderat aber stetig ansteigt. Der plötzlich fehlende Fahrtwind lässt mich recht unvermittelt spüren, dass es mittlerweile recht heiß geworden ist. Die Sonne strahlt am blauen Himmel, wir sind südlich der Karnischen Alpen, es hat knapp unter 30 Grad. Zu viert fahren wir die Straße entlang, das Tempo nicht sonderlich hoch, der Weg an sich nicht besonders anspruchsvoll. Ich lasse die kleine Labe aus, an die wir gemeinsam kommen – blöde Idee, wie sich später herausstellen soll. Bevor ich allerdings über die Tragweite irgendwelcher Entscheidungen nachdenken kann, beginnt eine abwechslungsreiche Zwischenabfahrt durch kleine Dörfer, vorbei an gutbesetzten Cafés, durch flowige Kurven, weiter hinein ins Tal. Paularo erscheint am Ende des Tals, der Wendepunkt der Strecke – auf der Originalstrecke würde man hier zum Lanzenpass abzweigen. Ich habe mir vor dem Rennen ein paar Abschnitte der Strecke auf Google Street View angesehen – nicht wegen irgendwelchen Details sondern um einen generellen Eindruck zu bekommen. Von Paularo ist mir in Erinnerung geblieben, dass es sehr steil zur Kirche hinauf geht, dann aber oben eine Art Hochplateau kommen soll. Wäre meine Recherche da nur mal ausführlicher gewesen… Den Stich zur Kirche von Paularo hinauf – mit seinen knapp 20% Steigung – konnte ich da noch irgendwie überwinden, dass danach allerdings kein Hochplateau sondern weitere fünf Kilometer mit rund 12% folgen würden, war fatal!

Worst comes to worst

Da war ich nun im Anstieg von Paularo nach Ligosullo. Manche jener, die sich im Vorfeld noch beschwert hatten, dass der Monte Zoncolan nicht Teil der Strecke war, sind hier wohl eines Besseren belehrt worden. Gut, der Monte Zoncolan ist noch einmal ein Kaliber ärger, aber das war mir persönlich in diesem Moment nicht einmal ein schwacher Trost. Und spätestens hier dämmerte mir auch zum ersten Mal, dass ich bis dorthin viel zu wenig getrunken UND zusätzlich auch noch die letzte Labe ausgelassen hatte - Bravo, Martin! Caro hatte mir im Vorfeld auch gesagt, ich solle viel trinken – „No na…“, aber warum mach ich es dann nicht? Die Flüssigkeitsreste aus meinen Flaschen hatte ich am Ende des Anstiegs schon längst bis auf den letzten Tropfen in mich geleert, mein Flüssigkeitshaushalt und damit auch mein Kreislauf waren an dieser Stelle allerdings schon nachhaltig beleidigt. Da half auch die Akut-Ration Extra-Wasser und Iso-Drink bei der nächsten Labe nichts mehr. Ich kenne meinen Körper mittlerweile ganz gut und weiß in den meisten Situationen, wie ich gewisse Signale zu deuten habe.

Und dann kam noch ein Punkt dazu, den ich ganz ohne Gram und Reue akzeptieren muss: ich hatte im Jahr 2019 einfach noch nicht genug Kilometer in den Beinen. Mit etwas mehr Fitness und Power wären solche Tiefs noch eher zu übertauchen gewesen, hätte ich über den schmerzenden Rücken und Nacken eher hinweggesehen, wären die noch bevorstehenden (100) Kilometer weniger respekteinflößend gewesen.

Nach der Labe in Ligosullo waren Downhill-Kilometer angesagt - immer eine willkommene Gelegenheit, sich etwas auszuruhen und oft schaut die Welt nach einer kurzen Abfahrt schon wieder ganz anders aus als wenn man gerade erst am Ende eines Anstiegs erschöpft aus dem Sattel gestiegen ist. Waren bei der Labe noch einige Leute um mich herum, war ich in der Abfahrt plötzlich mutterseelenalleine. Erste Zweifel kamen auf, ob ich denn noch auf der richtigen Strecke war – die Abfahrt war verwinkelt, die Kehren eng, bei einer der etlichen Abzweigungen hätte man schon falsch abbiegen können… Endlich kam aber wieder eines der Streckenmarkierungsschilder in den Blick und die Fahrt konnte ungehindert fortgesetzt werden – ich hätte da keinen Meter wieder bergauf zurückfahren wollen.

In Paluzza war schließlich die Bundesstraße wieder erreicht, auf der wir eine Stunde zuvor hinuntergekommen waren. „What went down, must go up“ – oder so ähnlich, die gleiche Strecke wieder hoch zu müssen, auf der man zuvor runtergefahren ist, kann eine psychische Herausforderung sein. An dieser Stelle war ich ohnehin schon eher im Sparmodus unterwegs, daher: in den ersten Gang schalten und locker den Berg raufkurbeln. Die Aussicht auf 16 Kilometer Anstieg hinauf bis zum Plöckenpass und zur nächsten (notwendigen) Labe haben mich dann allerdings gebrochen. Die Temperaturanzeige am Wahoo begann bei 30 Grad im noch halbwegs geschützten Paluzza und zeigte einen Maximalwert von 38 Grad mitten im Anstieg zum Plöcken, auf den direkt vom Süden schön die Sonne draufknallte. Auch wenn der Wahoo hier mehr Grad anzeigte, als es wirklich waren… 20 Grad mehr als beim Start wenige Stunden zuvor und meine wenig intelligente Flüssigkeitsversorgung taten das ihrige. Es dauerte gefühlt mehrere Stunden, bis ich oben am Plöcken Richtung Labe rollte. Der Entschluss, das Rennen nicht fertigzufahren, war zu diesem Zeitpunkt schon gefällt – ich hatte ja genug Zeit, im Anstieg meine Gedanken zu sortieren, Argumente abzuwägen und Optionen durchzudenken. Ich kenne das Lesachtal und weiß, welche Herausforderungen dort noch auf die Fahrer*innen warten - auch wenn ich weiterfahren hätte wollen, es wäre nicht wirklich zielführend gewesen. 1.400 Höhenmeter noch bis ins Ziel? – zu viel für mich an diesem Tag.

Oben am Plöcken reicht ein kurzer Anruf bei der Familie in Lienz und der Abholservice setzt sich dankenswerterweise in Bewegung. Die Abfahrt vom Plöcken nehme ich noch mit, quasi Ausrollen denke ich mir. Der (wirklich) schlechte Belag in der Abfahrt und die wenigen kurzen Gegensteigungen räumen die letzten Zweifel aus, ob ich nicht doch weiterfahren hätte sollen. Ich bin müde und fertig, rolle am Streckenposten in Kötschach vorbei, der mich verzweifelt auf die (richtige) Strecke zurücklotsen will.

Mein privates Taxi rollt auf den Kirchenvorplatz von Kötschach während ich auf der Mauer liege und meine Beine hochlagere. Mein Schwager ist so lieb und holt mich ab, reagiert verständnisvoll und tröstet mich mit Aussicht auf die bevorstehende Grillerei im Garten. Wobei Trost brauche ich an dieser Stelle keinen, das Rennen vorzeitig zu beenden stürzt mich weder in eine existenzialistische Krise noch lässt es mich am meiner grundsätzlichen Leistungsfähigkeit oder am Spaß des Radfahrens zweifeln.

Ursachen?

Die Ursachenforschung ist ebenso schnell erledigt bzw. hatte ich genügend Zeit, im Anstieg zum Plöcken darüber nachzudenken.

Nummer 1: Ich habe schlecht gehaushaltet. Während die feste Ernährung gut funktioniert hat, habe ich einfach nicht genug getrunken. Und da kann mir eigentlich keiner helfen, Caro kann noch so oft sagen „Viel trinken“. Man sollte sich halt auch daran halten! So reizvoll es auch ist, an Laben flott vorbeizufahren, stehenbleiben und nachfüllen stellt die bessere Lösung dar – vor allem, wenn es um die Entscheidung zwischen Gesamtrang 245 und 238 geht.

Nummer 2: Ich habe schlicht und ergreifend zu wenig Kilometer gesammelt in meinem bisherigen Jahr 2019. Egal, wo die Gründe dafür liegen und warum es sich da und dort vielleicht nicht so ausgegangen ist, wie es geplant war. Ein Rennen über 210 Kilometer mit etlichen Höhenmetern bedarf einfach eines gewissen Trainingszustands, hier habe ich das Ganze vielleicht etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen.

Wie geht’s weiter?

Googelt man „DNF“ kommen Ergebnisse wie „Disjunktive Normalform“, „Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft“ oder „Duke Nukem Forever“. Leider lässt sich aus keinem dieser Akronyme ein unterhaltsamer Schlusssatz für diesen Blogpost basteln. Ich probiers einfach mal mit „Dieses Rennen Nochmal Fahren“!

Disclaimer

Die Teilnahme fand auf Einladung des Veranstalters statt, die Rennfotos wurden durch Sportograf gemacht.

Nora & Michael beim Neusiedlersee Radmarathon 2019

Während ich es mir beim Zeitfahren am Samstag und beim Marathon am Sonntag mit der Kamera gemütlich gemacht habe, waren Nora und Michael beim Neusiedlersee Radmarathon mittendrin dabei - bei Wind, Wind und noch mehr Wind!

Nora Turner (vlg. “Unicorn Cycling”)

Statt #WinterIsComing könnte man dem letzten Wochenende eher den Tag #WindIsComing geben: typisch burgenländisch präsentierte sich der Neusiedler See Radmarathon am 28.5.2019 bei traumhaftem Sonnenschein und“leichten”Windböen.

Aber fangen wir mal ganz von vorne an: meine Saison startete gut und ich hatte bei der Online-Anmeldung schon knapp 3000 Trainingskilometer und einen Knorpelschaden im Knie hinter mir gelassen. Insofern war für mich klar, dass ich den vollen Marathon fahren würde und nicht die kurze Strecke bis Illmitz. So schön es sein mag, mit der Fähre nach getaner Arbeit im Rennen über den Neusiedler See zurück zu tuckern: noch schöner ist es, im Peloton über die Straßen zu jagen, zu schauen, “was nach 100 km noch drinnen ist”, im Rummel ins Ziel zu düsen!

Die Startnummer konnte ich mir schon am Donnerstag in der Mall bei Wien Mitte holen - dabei war natürlich auch ein prall gefülltes Start-Sackerl! Das fand ich natürlich sehr praktisch: statt einer langen Ausfahrt am Vortag oder extra früher Anreise am Renntag und Schlange stehen, wenn man sich eigentlich warmfahren sollte, lief so alles sehr stressbefreit ab. Man merkte einfach sofort, dass hier der Veranstalter auch bemüht ist, den Bewohnern der Bundeshauptstadt den Renntag so angenehm wie möglich zu gestalten. Schließlich ist der Neusiedler See Radmarathon für viele Wiener so etwas wie der “offizielle Saisonauftakt”.

In einer Fahrgemeinschaft mit zwei Vereinskollegen brach ich am Renntag selbst um 7:30 in Richtung Mörbisch auf. Man kann zwar auch ganz unkompliziert mit der S-Bahn nach Wulkaprodersdorf fahren und sich auf den weiteren 20 km zum Start die Beine warmfahren - aber wenn sowieso jemand fährt, nahm ich das Angebot gerne an. Auf der Hinfahrt nahm ich noch einmal ganz genau das Streckenprofil unter die Lupe. Am ersten Berg alles geben, dann eine gute Gruppe suchen, in Ungarn eher in der Mitte bzw. der linken Seite unserer Spur fahren, bei den Kreisverkehren aufpassen, dann kommt der Gegenwind. Ganz zum Schluss geht es noch einmal eine kleine Rampe hoch. Nicht demoralisieren lassen, noch ein paar Körner über haben, dann all out nach Mörbisch.

So weit, so gut: beim Aufwärmen ging es gleich den ersten Hügel hoch und meine Herzfrequenz machte mal wieder, was sie so gerne macht… Sie war sofort auf 180. Oder zumindest fühlte es sich so an, ich hatte nämlich vergessen, meinen Herzfrequenzgurt unter zu ziehen. Ja, ich weiß, klassischer Anfängerfehler, zurück zum Auto, Brustgurt unter Baselayer friemeln, und dann sah ich es auf dem Display: schon im Stehen pochte mein Herz im GA2 Bereich. Ich rollte noch ein bisschen herum, atmete tief durch, und mit der Nervosität legte sich auch langsam wieder die Herzfrequenz. Na dann, nichts wie rein in den Startblock!

PENG - los gings! Wir rollten durch Mörbisch und dann lag auch schon die kleine Rampe, die in die Weingärten führte vor uns. Es sah wirklich beeindruckend aus, die Menge an Trikots in allen erdenklichen Farben zu sehen, die sich dort hinauf wand. Zack, da war ich auch schon oben, weiter ging es durch die Weingärten, rein in ein kleines Wäldchen: die Straße war zwar recht schmal, aber in einem guten Zustand und der Hügel hatte das Feld auch schon etwas auseinander gerissen. Insofern war die kleine Abfahrt sehr angenehm und nicht zu technisch, genau nach meinem Geschmack. Weiter ging es in Richtung Ungarn: nach der Grenze erwartete uns dort eine komplett gesperrte Straße, auf der wir mit etwas Rückenwind in der Gruppe mit 50 Sachen entlang düsten. Das Wummern der Carbon-Räder um mich, die gesperrte Straße, der Blick auf den Wahoo, der über 50 Sachen anzeigte, ohne dass ich viel dafür machen musste: das war ein fantastisches Gefühl!

Natürlich blieben die Straßen, wie bei anderen RTFs auch üblich, nicht gänzlich gesperrt, allerdings war grade in Ungarn kaum bis gar kein Verkehr auf “unserer” Spur und der Gegenverkehr wartete stehend, bis das Feld vorbei war. Auch war die Straße in einem deutlich besseren Zustand, als ich nach den Erzählungen erwartet hatte. Mit meinen 28er 4-Seasons hatte ich zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, sicher unterwegs zu sein. Vielleicht hatten die Freunde von demjenigen, der vor mir mit seinem Crosser mit Gravel-Reifen unterwegs war, etwas übertrieben…

Der ungarische Teil zog sich dann etwas, zumindest dachte ich das, und konnte die österreichische Grenze kaum erwarten. Kaum durch Pamhagen durch, stürzten vor mir etliche Leute. Ich konnte grade noch bremsen, rollte vorsichtig an ihnen vorbei, alle rührten sich und bis auf ein paar Kratzer und Prellungen dürfte nicht zu viel passiert sein. Als ich aufsah, war meine Gruppe weg - und dafür der Gegenwind da. Der wichtigste Tipp, den ich bekommen hatte war: Such dir eine Gruppe in deinem Tempo, bevor du auf die laaaaange Grade im Gegenwind kommst! Mit Gegenwind meine ich Windböen mit bis zu 60 km/h, mit langer Grade meine ich eine größtenteils kurvenlose Straße durch gänzlich flache, burgendländische Felder.

Nach und nach schafften wir es immer wieder, Gruppen mit 2 bis 4 Fahrern hinzubekommen. Wir waren mit 18 km/h unterwegs, obwohl ich an der FTP-Schwelle fuhr. Wenn ich alleine war, begann ich mit mir zu reden: ich fühlte mich ein wenig wie Tom Hanks in Cast Away, so allein auf weiter Fluhr. “Wind formt den Charakter… Wind ist der Berg des kleinen Mannes…” - wenn das so ist, ist mein Charakter seit letzter Woche stromlinienförmig und ich bin den Großglockner hochgefahren. ;)

Endlich kamen wir in die Gegend bei Neusiedl, ich hatte auch wieder eine größere Gruppe, inzwischen 4 Gels intus, Flasche 1 leer und war eigentlich ganz guter Dinge. Ab hier kannte ich die Strecke, zwar üblicherweise mit Wind aus der anderen Richtung, aber immerhin: die Gegend gefällt mir wirklich gut und es macht immer wieder Spaß, duch Jois, Purbach und Co zu radeln. Außerdem gibt es in Purbach in der Kellergasse die weltbesten mit Pfeffer ummantelnten Würste - ja, sowas esse ich bei Ausfahrten. Allerdings hatte scheinbar auch die halbe Bevölkerung grade den Plan, mit dem Auto durch diese Gegend zu fahren und obwohl die Polizei bei den Kreisverkehren den Verkehr für uns aufhielt, fuhren wir hier zwischen Autos. Das und ein Platten von einem Leidensgenossen, mit dem ich schon auf der langen Gegenwind-Grade zusammen fuhr, zersprengte unsere Gruppe wieder. Vor mir hatte ich aber eine Frau gesehen, und ich wusste, dass ich sie einholen musste, um eine gute Platzierung zu bekommen.

Foto: Sportphoto

Ich sah auf meinen Wahoo, meine Herzfrequenz, die bei 178 bpm im Schnitt lag, brüllte mich an: TUS NICHT! Ich spürte in meine Beine, das Ziehen im rechten Bein und das zweite Rennen dieser Saison 3 Tage später brüllten: TUS NICHT! Ich fühlte an meiner fast leeren zweiten Flasche, die mich anbrüllte: TUS NICHT! Natürlich tat ich es und ich fuhr alleine von “meiner” Gruppe weg und holte die Gruppe mit der anderen Dame ein. Kurz erholen, weiter gings: da waren noch genug Energiereserven und bis ins Ziel waren es nur noch um die 25 km. Auf meiner Navigation sah ich, dass irgendwo vor mir eine Jennifer fuhr. Also schmiedete ich erneut den Plan, diese einzuholen. Auf den kommenden Kilometern fuhr ich auch an einer Menge Teilnehmer vorbei, allerdings war keiner davon weiblich. Dann bog ich links ab, wo die Strecke in Richtung Stich vor Rust ging. Raus aus dem Sattel und rüber da! Und tatsächlich überholte ich eine Frau - aber laut meinem Compter war es nicht Jennifer.

Die kleine Abfahrt nach Rust runter war so unfassbar schön. Freie Straßen, Rückenwind, ich hatte keine Angst, wie sonst häufig bei Abfahrten und vor mir lag der Neusiedlersee und ein malerisches Dorf. Ich begann fast zu heulen, weil es einfach so geil war, hier runter zu fahren. Das mag für die Kopf-Nach-Unten-Fraktion bei Rennen etwas irritierend klingen, aber ich schau mir gerne an, wo ich lang fahre, und genieße es sehr, wenn es so schön ist, wie es dort war. Die Schönheit wurde nur von einer Sache getrübt: Entgegen meiner Annahme war das nicht das Dorf in dem das Ziel war. Und: Jennifer war noch vor mir.

Also ging es noch ein paar Kilometer weiter, einmal fand ich sogar noch ein Hinterrad, musste es dann aber ziehen lassen, die restlichen Teilnehmer waren mir zu langsam. Es war nicht mehr weit, ich hatte noch Energie über und ich wollte mir im Ziel nicht sagen müssen: Hätti wari wäri… Also all out Richtung Mörbisch! Ganz weit vor mir tauchte eine Silhouette auf. War das die mysteriöse Jennifer, die mir mein Wahoo immer wieder anzeigte, dann wieder nicht mehr, als hätte ich sie überholt? Vielleicht war das auch nur eine Strategie von meinem Radcomputer, um mich zu motivieren? Wie auch immer: ich wollte da ran kommen! Meine Herzfrequenz war bei 195 bpm, als ich nach Mörbisch rein fuhr, hier warteten noch 2 fiese Abzweigungen vor dem Ziel auf mich. Alles ging gut, ich sprintete noch einen Typen aus, der bereits aufgehört hatte, zu treten (Sorry, falls du das liest!) und dann war ich im Ziel. Der Moderator kündigte meine Ankunft als 8. der Altersklasse an, aber ich war zu fertig, um mich darüber zu freuen oder zu ärgern. Jennifer hatte gewonnen. Zumindest mein mentales Rennen im Kopf.

Als ich mich wieder gefasst hatte, genoss ich es sehr, mein Rad ganz unkompliziert und sicher bewacht abzugeben und meinen verdienten Finisher-Radler zu trinken. Auch einen kleinen Snack gab es sehr flott, generell war im Zelt alles schnell und unkompliziert organisiert und es gab genug Platz für alle. Aufs Podium hatte ich es zwar dieses Mal nicht geschafft, dafür hatte ich ein wirklich tolles Rennen. Vor allem die letzten paar Kilometer, als ich nicht gedacht hätte, dass da noch viel drinnen ist aber ich noch richtig Gas geben konnte waren ein richtiger Ego-Push für mich! Außerdem habe ich einen wunderschönen Tag in der Sonne genossen. Und vielleicht klappt es ja nächstes Mal, zumindest in die Top 5 der AK zu kommen? Wir sehen uns wieder, Neusiedler See Radmarathon!

Michael Knoll (vlg Starbike-Mastermind)

Neusiedlersee Radmarathon, eine Cycloklops-Premiere

Jetzt steh ich also am Start. Zum ersten Mal ein Rennen. Vorne am Rad eine Startnummer, hinten am Trikot eine Startnummer, außerdem die Jersey-Taschen voll mit Gels. Vor mir eine ziemliche Menschenmenge, ich steh in Startblock 3 und hab auch ein wenig verpasst, mich nach vorne zu quetschen. Ich dreh mich gar nicht um, aber hinter mir stehen nochmal ziemlich viele Leute.

Was habe ich in den letzten Wochen und Tagen darüber nachgedacht, über dieses Rennen, das erste Rennen meines Lebens. Wenn man mit deutlichem Übergewicht und im Alter von fast 35 Jahren beschließt, sowas zu machen, muss man sich bissl vorbereiten. Die Distanz von 125 Kilometer in Verbindung mit ca. 600 Höhenmetern macht mir keine Angst. Der Wind, die Rennsituation, die Ernährung, die Strecke, das sind Dinge, die mich beschäftigen. Ich quatsche mit Leuten, die schon den Neusiedler gefahren sind, traditionellerweise das erste Rennen der Saison. Aufpassen soll ich, weils (Über)Motivierte gibt und es öfter mal kracht. Am Anfang soll ich beissen und möglichst schnell über die ersten Hügel drüber, schnell eine Gruppe finden, sonst fahr ich allein, und das ist im Wind nicht angenehm. Ungefähr alle 30 Minuten soll ich dran denken, mir ein Gel reinzuschieben, der Körper braucht Sprit. Und ich solls genießen. Gut.

## "Am Anfang musst all out gehen!"

Um 10.00 Uhr gehts los, die Karawane beginnt langsam zu rollen. Ich hab ein paar Kilometer Warm-Up in den Beinen, bin den Anfangsberg einmal raufgefahren, bin wach und der Körper fühlt sich gut an. Ich habe eine Woche davor den Streckenanfang gescoutet, bin den Anfangsanstieg ein paar Mal gefahren und es war furchtbar. Die Angst, gleich einmal in den ersten Minuten gedropped zu werden, ist groß, dementsprechend fokusiert bin ich. Ja nicht abreissen.

Aber die Nerven hätte ich mir sparen können. Die ersten 10, 15 Minuten haben etwas von einem Spaziergang, bergauf staut es sich, man fährt mit wirklich niedriger Pace in die Weinberge Richtung ungarischer Grenze und zu meiner großen Überraschung gelingt es mir, viele Leute zu überholen. Das habe ich so nicht erwartet. Nach dem ersten Gupf gehts recht schnell und eng dahin, auch hier kann ich Plätze gut machen und beginne mich zu fragen, wie weit das Feld vor mir schon weg ist. Die Antwort auf diese Frage folgt prompt, als der Radweg kurz neben einem Feldweg aufmacht und sagen wir so: Mit der Gruppenspitze werde ich an diesem Tag keinen Kontakt mehr haben. Egal.

Es geht nochmal bergauf, bei Klingenbach gehts über die Grenze und dann in feschem Tempo Richtung Sopron und die Südseite vom Neusiedler. Der Rückenwind drückt an, ich mache wieder einige viele Plätze gut, finde eine ca. 40-köpfige Gruppe, mit der ich bis Pamhagen im Pulk fetzen kann. Und zum ersten Mal darf ich erleben, wie es sich anfühlt, in einer (für meine Verhältnisse) schnellen, großen Gruppe im Rennmodus zu fahren. Die Endorphine blocken jegliche Schmerzsensorik, ich fahre wie die Leute um mich herum hochkonzentriert, die nur in Fahrtrichtung gesperrte Straße lässt gar nicht so viel Platz für Fehler zu, aber es ist einfach nur ein geiles Gefühl. Von Ungarn krieg ich de facto nichts mit, die Umgebung zieht im Geschwindigkeitsrausch vorbei, als ich das erste Mal auf die Uhr am Wahoo schaue, sind schon 1,5 Stunden seit dem Start vergangen und wir biegen wieder in Richtung Grenze ab.

Und in Richtung Wind.

Und in Richtung Schmerz.

Foto: Sportphoto

Foto: Sportphoto

## "Such dir ein Packerl und bleib in dem Packerl"

Und oh Gott ändert sich die Wahrnehmung des Rennens. Der Wind bläst heftig, wie mir ein Mörbischer später sagen wird so heftig, wie er sonst selten bläst. Er kommt von Links-Vorne, die Gruppe streckt sich, die linke Seite wird immer unbeliebter und immer mehr Leute versuchen, sich rechts in der Windkante zu verstecken. Ich bin Altruist und in dem Fall Trottel und fahre viel Zeit links vorne, in der Hoffnung, dass auch andere ihren Anteil an der Arbeit übernehmen. Sagen wir so: Ein Rennen ist nicht der richtige Ort für Altruismus und Hoffnung ist eh schön.

Aber gut, bis Illmitz fahren wir schön im Pack, leiden, aber alle leiden ungefähr gleich. Das Tempo ist auf bissl über 20km/h gefallen, die Herrlichkeit ist vorbei. In Illmitz wartet die erste Labe und auch die Möglichkeit, den Marathon bereits hier zu beenden und mit der Fähre wieder nach Mörbisch zu fahren. Ich spiele mit dem Gedanken, mir auf der Fähre ein Elekrolytgetränk anzuzünden, ein halbes Runderl um den See ist ja auch ok, aber ich fahre weiter. Von der Gruppe, in der ich gerade noch war, sind aber viele bei der Labe stehengeblieben, oder zur Fähre abgebogen, und die Leute, die jetzt um mich herum sind, sind mir zu schnell. Fuck.

Auf den nächsten Kilometern rauscht es dann ordentlich im Kopf. "Wieso tust du dir das an? Magst nicht umdrehen? Die Fähre ist noch nicht weit weg?", das sind so Fragen, die im Kopf herumschwirren. Das Flattergeräusch meiner Startnummer geht mir mittlerweile ziemlich auf die Nerven, das Dauerrauschen im linken Ohr ebenso. Ein Gel zu konsumieren ist solo im Wind auch nicht so leicht, ein paar Mal verreisst es mir den Lenker und der Wahoo zeigt irgendwas zwischen 16 und 18 km/h an. Das ist keine Renngeschwindigkeit, das ist ein Zustand und die Laune geht nach unten. Solche Momente nutze ich gerne, um a bissl ins Land einizuschauen, mich Kraft der Natur auf andere Umgebung auf andere Gedanken zu bringen, aber ohne der Ostseite des Neusiedlersees zu Nahe treten zu wollen: Die Umgebung hilft nicht. Eintönig geht es dahin, aber ich finde zum Glück in einen Tunnel, in dem ich einfach kurble. Irgendwann werde ich schon den Schwenk in Richtung Neusiedl erreichen, irgendwann geht dieser Wind weg.

Und in diesem Tunnel erwischt mich eine Gruppe von hinten und das Tempo dieser Gruppe kann ich halten. Knapp vor Podersdorf bin ich nicht mehr allein, die Lebensgeister kehren zurück. Ein Starbike-Kunde erkennt mich, möchte sich unterhalten, ich bin leider zu keiner Konversation fähig, aber das hole ich im Ziel nach.

## "In Neusiedl kommen die Krämpfe"

Um Neusiedl herum wird der Straßenverkehr ein Faktor, die Strecke ist nur teilweise gesperrt, die Exekutive macht einen hervorragenden Job, um uns den Rücken und die Strecke freizuhalten, aber ein paar Trotteln gibts immer. Mein Puls geht aus Wut nach oben, aber zum Glück nur kurz. Nach Neusiedl fällt vom oben erwähnten Mörbischer der Satz "Wirst sehen, nach der Kurve ists mim Wind vorbei", ein paar Sekunden später muss ich ihn der Lüge bezichtigen. Der Wind bläst immer noch, jetzt halt von rechts, aber leider noch immer nicht wirklich von hinten. Aber wenigstens gehts tendenziell eher bergab.

Mein ursprünglicher Plan war es, beide Laben auszulassen, in Breitenbrunn mach ich aber dann doch einen kurzen Stopp. Und merke beim Absteigen vom Fahrrad, dass meine Muskulatur doch einigermaßen angestrengt ist, ich war bis jetzt scheinbar so konzentriert, dass ich das gar nicht so mitbekommen habe. Die paar Meter, die ich bei der Labe zu Fuss zurücklege, sind furchtbar und ich schwinge mich wieder aufs Rad. Sonst bleib ich dort stehen. Kurz nach der Labe fragt der Mörbischer, ob er sich bei mir im Windschatten dranhängen kann, bei ihm sind die Körner leer. Ich sage ihm, dass das bei mir eh auch nicht anders ist, aber zu zweit leidet sichs besser, als allein. Und es geht ja eigentlich quasi nur noch bergab.

Purbach kommt und geht, und ich frage mich, ob die nächste Ortschaft schon Donnerskirchen ist. Weil die Strecke von Donnerskirchen zum Ziel kenn ich sehr gut, die kann ich mir visualisieren. Und ich falle nochmal kurz in ein Loch, weil ich mir auf einmal nicht sicher bin, ob der nächste Ort tatsächlich Donnerskirchen ist. Und zu allem Überfluss drängt der Kehrwagen von hinten, vom Gas gehen ist also nicht. Aber Donnerskirchen ist Donnerskirchen, ich hau nochmal ein Gel rein und zünde die letzten Reserven. In meinem Windschatten haben sich mittlerweile ein paar Leute angeschlichen, ich schaffe es auch, ein paar Leute vor mir wieder einzuholen, bis Oslip fühlt sichs hervorragend an, auch, weil der Wind jetzt fast schon wieder von hinten kommt. Allein, ich weiß, es wartet noch ein Anstieg auf mich, und der wird nicht schön. Auch der Mörbischer hat diesen Anstieg als Endgegner auserkoren, erzählt, wie er letztes Jahr die letzten Meter schieben musste, weil die Krämpfe ihn erwischt haben. Passt schon, geht schon.

## Finale halb-grande

Und dann ist er da, der letzte Gupf, bei den Römerstreinbrüchen zwischen St. Margarethen und Rust. Er ist nicht steil, er ist nicht lang, er ist nicht hoch, aber er ist da. Und als Cycloklops ist jeder Höhenmeter schwierig, aber ich weiß, dahinter kommt das Paradies, dahinter kommen ein paar Kilometer bergab und all-out und dann Mörbisch und das Ziel und Bier.

Und so passiert es auch. Auf der Abfahrt kann ich nochmal ein paar Leute einholen, unter anderem einen ähnliche statuierten Fahrer im Irland-Jersey, mit dem ich mich schon die ganze Runde gematched habe. Richtung Mörbisch geb ich nochmal alles, aber die Beine wollen nicht mehr wirklich. Links hinten im Oberschenkel beginnt ein Krampf, rechts unten in der Wade, rechts vorne im Oberschenkel. Ich krieg nicht mehr viel Power aufs Pedal, kann aber auch nicht rollen. Der "Ire" holt mich wieder ein und fährt vorbei, Punkt für ihn. Der Mörbischer sagt, wir können jetzt ruhig langsamer, aber ich sag ihm, wir sind ja doch noch in einem Rennen und es geht schon noch. Beim Ortstaferl verabschieden wir uns, er muss seinen Heimatsort begrüßen, wird gefeiert, und auch ich werde von meiner Frau und meinen Eltern jubeld empfangen. Und ich muss sagen: Das Überfahren der Ziellinie fühlt sich richtig, richtig gut an.

Ich schlage mit dem Iren ab, mit seinem Partner, versuche, den Zeitnehmtransponder vom Fahrrad zu schneiden, ohne mir wehzutun. Im Zelt sind mittlerweile schon ziemlich Finisher, haben Speis und Trank vor sich, ich versuche, mich im Halbdelirium zu orientieren und mir Futter zu suchen.

Knapp unter 5 Stunden habe ich gebraucht, als 709er (oder so ähnlich) bin ich im Ziel angekommen, der Schnitt um den See herum waren letzten Endes 26km/h, ich bin mit meiner Leistung extrem zufrieden. Bier und Grillhuhn schmecken köstlich, bissl besser als sonst, die Beine zucken unmotiviert vor sich und es machen sich wieder Endorphine breit. Ich bin fertig und müde, aber im Ziel und happy. So soll es sein.

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20. Wachauer Radtage - Rennbericht

Die Wachauer Radtage feiern Geburtstag - die 20. Ausgabe des Klassikers durch das Weltkulturerbe. Zur Feier des Tages hat man sich die drei Strecken nochmal genau angeschaut und für die 2018er-Ausgabe ein Best Of der bisherigen Streckenvarianten zusammengemischt. Dadurch ändern sich die Distanzen und Höhenmeter - genauso aber auch die Anforderungen, die Renneinteilung und der Rennverlauf. Wie die Strecken genau ausschauen, habe ich im Vorfeld der Radtage schon einmal zusammengefasst - hier der Überblick.

Raiffeisen Power Marathon

Ich stehe am Start des Raiffeisen Power Marathon, die Eckdaten: 85 Kilometer und rund 800 Höhenmeter durch die Wachau.

Start

Ich bin früher als letztes Jahr in Mautern beim Startgelände. Ich habe mir gemerkt, dass ich 2017 spät dran war und nur mehr den allerletzten Platz in der Startaufstellung ergattert habe. Die Zugänge zu den Startblöcken sind dieses Jahr etwas verbessert worden, trotzdem staut es sich an den Zugängen und es findet nicht mehr jeder den Platz, den er möchte. Ich bin einer von denen, die leicht außerhalb der Bande stehen und erst beim tatsächlichen Start einen Platz auf der Straße finden.

Dafür geht ab diesem Zeitpunkt alles sehr flott und reibungslos. Das Feld kommt schnell in Bewegung, keine der oft vorkommenden Stop-and-Go-Wellen, die ja auch ein gewisses Gefahrenpotential mit sich bringen. Schnell also über die Brücke bei Mautern auf die Nordseite der Donau und ab durch das Weltkulturerbe Wachau Richtung Spitz. 

Ein paar Meter vor mir blitzt ein Trikot des Continental-Teams MyBike Stevens aus der Menge. Nach einer Woche bei der Österreich-Rundfahrt bin ich quasi schon konditioniert auf die Trikots der Profis. Bei der Ö-Tour wurde das Team leider von einem Magen-Darm-Virus heimgesucht, von Tag zu Tag waren weniger Fahrer des Teams am Start, bis am Ende nur noch ein Fahrer den Startbogen unterschreiben konnte. Einer derer, die da quasi vom Rad geholt wurden, war Maximilian Kuen. Nach einer tollen Performance bei den ÖSTM am Kahlenberg wäre er für die Rundfahrt in guter Verfassung gewesen. Die Wachauer Radtage sind seine erste "Ausfahrt" am Rad nach der Ö-Tour, er fährt außer Konkurrenz mit. Praktischerweise liegt sein Grundlagen-/Gemütlichkeitslevel irgendwo nahe bei meinem FTP-Wert - das ergibt eine gute Mitfahrgelegenheit durch die Wachau auf den ersten zwanzig flachen Kilometern.

Kurz vor Spitz zeigt mein Tacho einen Schnitt von gut 45 km/h an, das wird wohl nicht mehr lange so bleiben, steht doch der erste Hügel auf dem Programm. Das Feld hat sich schon etwas gelichtet, zum einen weil wenige Kilometer vorher die Feldtrennung stattgefunden hat - die Teilnehmer des Champion Marathons sind dort auf ihre lange Runde abgebogen, aber auch weil das Tempo eben recht hoch war.

Von Spitz steigt die Strecke nun leicht an. Ich bin diesen Streckenabschnitt vorab nicht gefahren und liege mit meinen Erwartungen daher etwas daneben. Statt dem befürchteten großen Anstieg geht es rollend über mehrere Hügel dahin, entsprechend hoch ist das Tempo. Im letzten Jahr ging es hier steiler und auch langsamer zur Sache (hinauf nach Nöhagen). Der Großteil der Gruppe, die im Flachen miteinander gefahren ist, bleibt auch hier zusammen. Die Labe am höchsten Punkt dieses Streckenabschnitts lasse ich aus - mit meinen zwei Flaschen komme ich locker über die Distanz, außerdem ist mir das Handling der Mineralwasserflaschen zu kompliziert, die man (zugeschraubt) in die Straße gereicht bekommt.

Trotzdem spüre ich langsam aber doch meine Beine. Ich bin gerade erst acht Tage lang im Auto gesessen, um mit der Kamera die Österreich-Rundfahrt zu begleiten. Acht Tage ohne Aktivität, acht Tage, in denen ich mich nur vermeintlich ausgeruht habe vom Radeln. Aber spätestens jetzt spüre ich, wie meine "Haxn aufgehen" - so hat es Rudi Massak, der Generalsekretär des Radsportverbands, beim gemeinsamen Abendessen zwei Tage zuvor vorhergesagt.

Die Donaubrücke bei Melk markiert ungefähr die Hälfte des Rennens. Genauso wie jeder Teilnehmer am Vienna City Marathon schmerzlich feststellen muss, dass die Reichsbrücke eigentlich ein kleiner "Berg" ist, so ist auch diese Donaubrücke mehr als nur ein kleiner "Schupfer", vor allem wenn man mit flottem Tempo auf die andere Seite gelangen will.

2017 ist es ab hier "nur noch" flach Richtung Ziel gegangen, in diesem Jahr geht es nur ein kurzes Stück die Donau entlang. In Aggsbach biegt man rechts in Richtung Dunkelsteiner Wald. Während der Ironman St. Pölten hier geradeaus hinauf nach Gansbach verläuft, biegen wir links Richtung Maria Langegg ab. Es wartet ein kurzer aber knackiger Anstieg mit bis zu 12 % Steigung auf ein paar Metern. Ich nehme mir vor, meine Komfortzone zu verlassen, und drücke den Anstieg hinauf. Oben angekommen durchfährt die mittlerweile stark zerfallene Gruppe einen Bogen und das Werk erscheint vollbracht. Ich habe meine Reserven so eingeteilt, dass ich hier leer bin - für die Abfahrt und die restlichen paar Kilometer ins Ziel brauche ich nicht mehr viel. 

Erkenntnis 1 stellt sich ein - nämlich, dass sich die Woche im Auto doch stärker auswirkt als erwartet. Erkenntnis 2 betrifft die mangelnde Streckenkenntnis, kommen doch nach dem Bogen der Bergwertung noch drei oder vier kleine Anstiege - mit hundert bis zweihundert Metern Länge eigentlich nicht der Rede wert, aber im jetzigen Zustand nicht mehr sehr unterhaltsam. Ich verliere den Anschluss an die letzten Mitfahrer. Nur ein Kollege bleibt über, irgendwie kommen wir gemeinsam über die letzten Höhenmeter.

Die anschließende Abfahrt ist rasant, wie alle Teile des Marathons sind aber sämtliche Gefahrenstellen gut und deutlich gekennzeichnet. Während die meisten Marathons sich darauf beschränken, die Teilnehmer unzählige Haftungsausschlüsse und Verzichtserklärungen unterschreiben zu lassen, wird bei den Wachauer Radtagen zusätzlich dazu noch gute Vorarbeit geleistet - mit Videos der Strecke, Erklärungen der Gefahrenstellen und eben einer guten Kennzeichnung sowohl auf der Strecke als auch durch die vielfachen Streckenposten. Dennoch bleibt mir in der Abfahrt eine kurze Schrecksekunde nicht erspart. In einer schnellen Linkskurve liegt plötzlich am rechten Straßenrand ein Rad am Boden - ohne Vorderrad und dahinter ein steiler Abhang in den Wald hinunter. Ich schaue verdutzt um mich herum, bleibe stehen und erkenne einen Radler mit Laufrad in der Hand rund zehn Meter weiter unten im Wald stehen. Meine Frage, ob alles in Ordnung sei, wird glücklicherweise mit einem "Ja, danke" quittiert, so steht meiner Weiterfahrt nichts im Wege. Die dabei "verlorenen" Sekunden können für einen gestürzten Mitfahrer entscheidend sein, insofern nehme ich das gerne in Kauf. Und schon zu oft hat man Geschichten gehört, dass Radler nicht stehen bleiben, wenn rund um sie Stürze geschehen, obwohl es ja um wenig bis gar nichts geht...

Nach der Abfahrt folgen die letzten fünf Kilometer ins Ziel, wieder auf der Bundesstraße die Donau entlang. Gruppe ist keine mehr in Sicht, ich versuche noch einmal, aufs Tempo zu drücken, merke aber schnell, dass meine Beine leer sind. Meine Arbeit für heute ist getan, ich rolle gemütlich über die Ziellinie in Mautern.

Der 104. Rang steht später in der Ergebnisliste, Strava bestätigt mir in Zahlen den positiven Eindruck, den ich während des Rennens hatte. Zufrieden kann ich also im Ziel meine Erstverpflegung genießen - die Beine leer, der Erfahrungsschatz um ein Erlebnis reicher.

P.bike Vereinsmeisterschaften

Umso schöner ist es, dass im Ziel bereits meine Vereinskollegen vom PBIKE.AT-Racing Team auf mich warten. Die Tatsache, dass sie vor mir da sind, bedeutet zwar eine Niederlage in unseren internen Vereinsmeisterschaften, aber ich kenne ihre Leistungen zu gut - da hätte ich ohnehin keine Chance... Johannes ist am Schluss der Schnellste aus dem PBIKE-Stall - Gratulation nochmal an dieser Stelle.

Erwähnenswert jedenfalls auch der dritte Platz von Christoph im Rennen auf der langen Strecke!

2019?

Wir sehen uns jedenfalls im nächsten Jahr wieder. Schöne Strecke, tolle Organisation, kurze Anreise und ein tolles Teilnehmerfeld werden auch nächstes Jahr einen guten Rahmen bieten.

Das Copyright aller Fotos in diesem Blogpost (ausgenommen jenes von Christoph) liegt bei Sportograf.

Velo/Run 2017 - Florians Rennbericht (Gastbeitrag)

169k.net

Leider konnte ich ja beim Rennen vor meiner Haustüre diesmal nicht dabei sein. Meine Verkühlung hat es nicht erlaubt, mitzufahren, sehr wohl aber Fotos zu machen. Neben den tollen offiziellen Fotos auf der Homepage des Veranstalters könnt ihr hier auch meinen Beitrag durchschauen.

geradeaus.at

Sowohl aktiv als Rennteilnehmer als auch "passiv" mit der Kamera waren auch Tini & Andy von geradeaus.at beim Velo/Run dabei, hier könnt ihr einen spannenden Bericht dazu lesen. Im Vorfeld des Rennens waren wir ja schon zusammen auf der Strecke unterwegs, das großartige Video von damals findet ihr auch auf der Seite von geradeaus.at!

Rennbericht von Florian

Bei einer anderen Gelegenheit war ich auch mit Florian auf dem Kurs des Velo/Run unterwegs, als Vorbereitung auf sein erstes Radrennen. Die dabei entstandenen Eindrücke haben ihm hoffentlich geholfen, das Rennen noch etwas besser zu meistern! Siene Leistung kann sich absolut sehen lassen, außerdem war er so lieb, einen Erfahrungsbericht über den Velo/Run zu verfassen, den ich euch hier als Gastbeitrag natürlich nicht vorenthalten will:

Am Sonntag war es soweit, mein erstes Radrennen. 318 Anmeldungen standen am Vortag auf der Starterliste, am Ende wurden 295 gewertet. Die Wetterprognose eher ernüchternd. Es regnete die ganze Nacht durch, jedoch wurde zumindest kein Regen nach dem Start um 9 Uhr vorhergesagt.

Neben der kurzfristigen Vorbereitung am Rad, Kleidungsauswahl und Verpflegung am Vortag, stand bei der langfristigen Vorbereitung das zweimalige Befahren der Strecke auf dem Programm.

Der Renntag

Unter Regen erfolgte die Anreise nach Baden und es stellte sich mir wiederholt die Frage: „Warum tue ich mir das eigentlich an?“. Als erklärter Schönwetterfahrer graute mir die Vorstellung, mein schönes Rad zu verschmutzen. Ich ließ mich davon jedoch nicht abhalten und zog meine Vorbereitung durch. Schuhe an, Helm auf, Wind-/Regenjacke an. Darunter das Vereins-Trikot mit einem Merino Baseshirt, da die Temperaturen wohl nicht über 13 Grad klettern sollten. Gegen 8:30 nochmals Nieselregen. Kurzes Einrollen folgt, das Wasser der Straße spritzt in alle Richtungen. Um 8:40 stehe ich am Start, langsam füllt sich der Startbereich. Der Regen hört auf, die Regenjacke wird durch eine Windweste ersetzt. Die Anspannung steigt, der Puls klettert demnach leicht in die Höhe. Die Frage nach dem „Warum“ wird mich noch mehrmals begleiten in den nächsten 2 ½ Stunden.

Foto: Velo/Run / Rainer Mirau

Dann endlich der Startschuss pünktlich um 9 Uhr. Ich positioniere mich rechts außen und habe so das Gefühl, dass ich zumindest auf das Bankett ausweichen könnte. Der Tross von 300 Radlern setzt sich von Baden über die B210 nach Mayerling in Gang. Zu Beginn noch neutralisiert wird nach wenigen Kilometern das Tempo  erhöht. Der Blick auf die Vordermänner gerichtet, das Wasser kommt von allen Seiten und schon längst ist mir klar, dass eine intensive Radwäsche nachmittags am Programm steht.

Nach rund 5km der erste Body Check – es geht eng her. Ich suche Lücken und versuche mich abzuschirmen, das Tempo geht schnell über 40km/h. Durch Mayerling weiter nach Alland, das Feld noch dicht zusammen, geht es danach nach Klausen-Leopoldsdorf. Nun mit durchschnittlich 4-6% Steigung nach Forsthof. Langsam wird das dichte Feld ausgedünnt, ich versuche mich vorne an der Spitze zu halten. Oben am „ersten“ Anstieg angekommen, bleibt diesmal keine Zeit für den schönen Ausblick auf den Wienerwald, macht nichts, die Sicht heute ohnedies nur grau in grau. Ich bin in den Top 30 dabei, jedoch geht es nun bergab mit Geschwindigkeiten über 70km/h nach Laaben. Der Carbonlaufradsatz zwar schön leicht, das Bremsen im Nassen jedoch suboptimal. Bei den Bedingungen gehe ich keine Risiken ein und nehme Tempo raus. Ich werde überholt und lasse mich in meinem Tempo nicht beirren.

In Laaben angekommen, bleibt wenig Zeit zum Erholen, der nächste Anstieg Richtung Klammhöhe wartet auf die Oberschenkel. Ich sehe, dass vor mir bereits eine Gruppenbildung beginnt. Ein kurzer Versuch meinerseits aufzuschließen scheitert, die rund 100m Abstand hole ich bergauf mit Wind alleine nicht auf, außerdem warten doch noch 45km auf mich und 2 Anstiege. Kräfte sparen. Ich fahre mein Tempo zum höchsten Punkt der Strecke (650m), vereinzelt kann ich ein paar Plätze gut machen, werde aber auch überholt. Oben angekommen sind wir zu Dritt, aber auch bei dieser Abfahrt gehe ich nicht ans Limit und lasse die 2 anderen ziehen. Die nächsten gut 10 Kilometer bin ich fortan alleine unterwegs. Verpflegung bis jetzt erst 0,3L Isogetränk und 1 Riegel. Gefühlt haben meine Socken und Schuhe mehr Flüssigkeit aufgenommen. Vor dem nächsten Anstieg dann sicherheitshalber noch ein Energy Gel.

Zwischen Neuwald und St. Corona kommt eine kleine Gruppe auf mich zu und wir beschließen gemeinsam weiterzufahren. Wir wechseln uns im Wind ab und fahren ein flottes Tempo zu den nächsten Anstiegen. Bergauf merke ich, Energie ist noch in den Beinen. Die Zeit vergeht flott, die Gruppe und Geschwindigkeit passt. Dann endlich in Neuhaus links abbiegen zum letzten Anstieg – auf nach Schwarzensee. Knackige 12% warten in einem Waldabschnitt, bevor es dann wieder durchs Helenental gut 15km zurück an den Ausgangspunkt in Baden geht.

Der Anstieg gelingt ganz gut, die Strapazen sind mir bei der Nahaufnahme doch etwas ins Gesicht geschrieben – ein Lächeln wird mir dennoch entlockt. Langsam findet auch die Sonne an den Wolken vorbei, kalt und feucht bleibt es dennoch. Oben am Anstieg tut es gut ein paar bekannte Gesichter zu sehen. Kurzer Blick nach hinten, zusammenwarten und formiert als 4er Gruppe Richtung Ziel. Mit Tempo 40km/h+ im belgischen Kreisel werden die letzten 15 Kilometer gemeistert. Dann die Abbiegung zum Start/Zielbereich. Den Schlusssprint lasse ich mir natürlich nicht nehmen, Puls noch einmal auf 180 und auf 50km/h beschleunigen. 100 Meter vor dem Ziel noch ein Schlagloch und ein Knall, unbeirrt fahre ich durch das Ziel. Später stellte sich heraus, dass sich meine Satteltasche eigenständig gemacht hat – optimale Gewichtsoptimierung für den Sprint.

Foto: Florian Klemm

Nach dem Durchatmen im Ziel und dem überstreifen der Finisher Medaille, hörte ich dann auch schon vom Sprecher, dass eine kleine schwarze Tasche gefunden wurde. Das fehlende Equipment aufgesammelt, ein Erdinger Alkoholfrei geschnappt und dann endlich den ersten Dreck abwaschen.

Irgendwann folgte noch der erste Blick auf das Smartphone und die Ergebnisse wurden gesucht: 49. Gesamtrang, 12. Platz in meiner Altersklasse. Erwartungshaltung mehr als erfüllt. Finisher Zeit 2h 32min und 45sek, 12 Minuten langsamer als die Sieger.

Resümee

Schlussendlich hat es doch Spaß gemacht, den Stress  zu Beginn und das unfreundliche Wetter ausgeblendet. Das Wichtigste für mich, Rennatmosphäre kennenlernen und unfallfrei ins Ziel kommen. Die Vorfreude auf die nächsten Radkilometer und Projekte ungebrochen, das nächste Rennen wohl nicht vor Ende Juni. Das Training aber doch ganz klar auf Langdistanzen ausgerichtet.

Foto: Florian Klemm

Start: 09:00 (neutralisierter Start)
Länge: 85,3km
Höhenmeter: 1.100
Zeit: 2h32min45sek
Gesamtrang: 49 von 295
Klassenrang: 12 von 71
MW-Rang: 47 von 272