FTP Ramp Test auf Zwift

Ich habe einen Ramp Test auf Zwift absolviert, der innerhalb von 15-20 Minuten einen FTP-Wert ausgeben kann. Ob diese Art Test mit einem Stufentest in einem Labor mithalten kann, worin die Unterschiede liegen und worauf man achten muss, erklären Clemens und Matthias von HPC.

Wattmess-Systeme

Mit schöner, unregelmäßiger Regelmäßigkeit gibt es hier einen Artikel zum Thema Wattmessung. Und obwohl ich mich nach wie vor kategorisch weigere, nach Trainingsplan zu trainieren und die angezeigten Watt auf meinem Computer eher zu meiner eigenen Unterhaltung dienen als zu tatsächlichen Trainingszwecken, prangen doch auf mittlerweile drei meiner Räder Wattmess-Geräte. Diese verrichten alle einen guten und ähnlichen Job, könnten aber im Detail nicht unterschiedlicher sein. Grund genug, kurz auf die unterschiedlichen Systeme am Markt einzugehen und aus meinem persönlichen Nähkästchen zu plaudern. Dementsprechend habe ich auch nichts abgewogen, verglichen oder Power-Kurven von verschiedenen Programmen und Geräten übereinander gelegt, um prozentuelle Abweichungen zu suchen. Wie gewohnt gibt es daher vielmehr eine subjektive Erzählung ein paar jener Dinge, die ich an den jeweiligen Geräten mag oder nicht mag, die gut funktionieren oder weniger.

Unterschiedliche Systeme

Die Kraft, die aufgebracht wird, um mit dem Rad vorwärts zu kommen, kann grundsätzlich an vielen Punkten gemessen werden. Je näher man dabei an der Kraftquelle (dem Fuß) ist, desto grundsätzlich besser. Idealerweise wird dir Kraft direkt gemessen, das heißt mittels Dehnmessstreifen oder dergleichen. Der Reihe nach sind das die Pedale bzw. deren Achsen (Garmin, Powertap, SRM Exakt, Favero Assioma), die Kurbelarme (Stages, Rotor, Shimano, Verve, 4iiii), der Kurbel-Spider (SRM, Quarq, Power2Max), die Tretlagerwelle (Rotor InPower) oder die Hinterrad-Nabe (Powertap).

Außerdem gibt es noch Systeme, die man an den Schuhen, den Schuhplatten, am Lenker (!) oder sonst wo befestigen kann - dass dort jedoch tatsächliche Wattleistungen ermittlet werden (können), ist manchmal eher zweifelhaft, deshalb möchte ich diese Systeme aussparen.

Zu Systemen am Hinterrad - der Powertap-Nabe zum Beispiel -, oder Rotor InPower-Systemen, die die Kraft an der Tretlagerwelle messen, kann ich mangels Erfahrungswerten nichts sagen. Und wer nichts zu sagen hat, soll in den meisten Fällen lieber schweigen. ;)

Allgemeines

Es ist zugegebenermaßen etwas unübersichtlich geworden am Powermeter-Markt in den letzten Jahren. Gut, früher hat es SRM gegeben und Leistungsmessung war etwas für Profis. Mit der Demokratisierung der Leistungsmessung hat eigentlich Stages richtig begonnen, als vor einigen Jahren die linken Kurbelarme mit dem blauen Logo aufgetaucht sind, die um rund 700 Euro einen halbwegs leistbaren Einstieg in die Leistungsmessung ermöglichen sollten. Dass die Batteriedeckel der ersten Stages-Generation dabei jeden einzelnen Wassertropfen ins Innere gelassen haben war zwar ein Problem, aber der Weg war grundsätzlich bereitet. Maßgeblich für den Preisvorteil von Stages war zu dem Zeitpunkt natürlich, dass nur im linken Kurbelarm eine Messung eingebaut war, die Werte des linken Fußes einfach verdoppelt wurden, um die gesamten Watt dazustellen. Das Aufstöhnen der Puristen ob der Ungenauigkeit und Unwissenschaftlichkeit dieser Methode wurde recht schnell vom Verkaufserfolg von Stages überlagert.

An dieser Stelle möchte ich gleich meine persönliche Meinung zur Genauigkeit von Powermetern loswerden, die gleichermaßen übrigens auch für Indoor-Trainer gilt. Angegeben werden diese Abweichungen in Prozentschritten, wobei man bei 3% Abweichung oft schon den Eindruck erweckt bekommt, als würde die Welt untergehen. Bei meinen durchschnittlichen Wattwerten wäre eine Abweichung von 3% irgendetwas zwischen 5 und 7 Watt. Das mag nach viel klingen und für einen Profi, der auf 1-2 Watt genau trainieren soll, mag das auch noch relevant sein. Für mich ist das aber tatsächlich völlig vernachlässigbar. Ich möchte bei meinen Touren grob wissen, in welchen Zonen ich unterwegs bin und bei Intervallen oder Trainingsblöcken einen Anhaltspunkt für die zu erbringende Leistung haben. Dementsprechend halte ich es auch für übertrieben, extra Geld auszugeben für zusätzliche oder bessere Präzision. Das soll natürlich jede*r für sich selbst entscheiden und ein gewisses Grundmaß an Genauigkeit muss jedenfalls vorhanden sein. Man kann jedoch sehr wohl abwägen, ob man die Präzision eines teuren SRM-Powermeters (mit 1%) unbedingt benötigt oder ob Stages mit behaupteten 1,5% soviel schlechter ist.

Wichtiger sind da aus meiner Sicht andere Faktoren! Die Kompatibilität mit unterschiedlichen Head Units und damit verbunden die Kommunikationsmöglichkeiten des Powermeters - Bluetooth und/oder ANT+ zum Beispiel. Es soll nach wie vor Radcomputer geben, die nur entweder ANT+ oder Bluetooth aber nicht beides gleichzeitig können oder aber auch ganze Kanäle, die durch ein einziges Gerät blockiert werden und keine weiteren Verbindungen mehr zulassen (letzteres vor allem bei Hometrainern). Hier sollte man sich vor einem Kauf jedenfalls kurz schlau machen.

Stages hat mit der Messung auf der linken Seite zwar etwas losgetreten, bietet aber mittlerweile auch selbst beidseitige Systeme an. Die simple Verdopplung der Werte von einer Seite mag unseriös klingen, gibt aber grundsätzlich ein ganz gutes Gesamtbild ab. Dass mögliche Unschärfen - beispielsweise Dysbalancen und Links-Rechts-Unterschiede - auf diese Art und Weise noch verstärkt dargestellt und dadurch die Werte entsprechend ungenauer werden, ist evident. Massive Links-Rechts-Unterschiede sind den Sportler*innen, die es betrifft aber meistens ohnehin bekannt, weil da vermutlich Verletzungen oder Ähnliches vorangegangen sind. Für alle anderen Anwendungsfälle und bei geringfügigen Dysbalancen sollte dies aber kein gravierendes Problem darstellen.

Idealerweise ist ein Powermeter auch einfach zu bedienen und einfach zu nutzen. Moderne Räder sind ohnehin schon kompliziert genug und das Laden einer Di2-Batterie mutet in meinen Augen ja schon seltsam genug an - wie wenn das Rad ohne Steckdose nicht mehr funktionieren würde… Stromversorgung ist auch bei Powermetern ein großes Thema. Bei einigen Modellen kann man sich schon vorab auf einen massiv gestiegenen Verbrauch von CR2302 oder LR44-Batterien einstellen, andere Hersteller setzen auf praktische (aber fast immer proprietäre) Kabellösungen, auch die klassische AA-Batterie ist noch da und dort zu finden.

Ebenso “deppensicher” soll aus meiner Sicht die Anwendung sein - kein Kalibrieren vor jedem Losfahren, kein Anziehmoment für irgendwelche Schrauben, kein Einstellen von irgendwelchen Grundwerten! Aber damit sind wir schon mittendrin im ersten Praxisbericht…

1/ Garmin Vector

Wenn jemand am Boden liegt, soll man nicht auch noch drauftreten. Und Garmin hatte in den letzten Tagen mit den Problemen rund um Garmin Connect schon genug zu tun. Die “Begleiterscheinungen” der Garmin Vector Pedale waren allerdings von Anfang an schwer zu übersehen. Die an sich geniale Ansage war, Leistungsmessung in ein Pedal zu verpacken, das dementsprechend einfach und schnell von einem Rad aufs andere geschraubt werden kann - super zum Beispiel für das Leihrad im Urlaub oder das Bahnrad im Winter. Allerdings konnte die ersten Generationen der Vector-Pedale genau diese Einfachheit nicht wirklich einlösen. Für die Montage war ein exaktes Drehmoment einzuhalten und an den Achsen hing ein klobiger Pod für die Datenübertragung, der umständlich um das Kurbelende gelegt werden musste und nicht um alle Kurbeln passte.

Die dritte Generation hatte keine Pads mehr, dafür aber ein bedeutendes Problem mit dem Batteriefach - und ab hier kann ich aus persönlicher Betroffenheit berichten. Dabei hätten sich viele eine etwas bessere Kommunikationspolitik von Garmin gewünscht, denn es konnte keine zufriedenstellende Lösung für die mangelhafte Batteriefachabdeckung bereitgestellt werden. Und während dem Vernehmen nach rund 10 Prozent der Units nicht richtig funktionierten, wurden diese weiterhin verkauft und ausgeliefert. Umso überraschender war, dass im Frühjahr 2020 aus heiterem Himmel ein Mail eintrudelte, in dem der kostenlose Austausch der Batterieabdeckungen angeboten wurde. Man hatte mehrere Monate (!) für eine Neuentwicklung genützt, bei der nun verstärkte Kontakte eingesetzt werden und die Batterie stärker an den Kontakt gedrückt wird - Halleluja! Nach dem Einbau des neuen Deckels funktionieren die Garmin Vector Pedale nun (zumindest bei mir) genau so, wie sie sollen.

Der Wechsel zwischen mehreren Rädern funktioniert reibungslos und schnell - Drehmomentschlüssel und irgendwelche Pods sind jetzt nicht mehr notwendig. Die Batterielaufzeit (mit vier LR44-Zellen) ist gut und übertrifft bei mir die von Garmin genannten 120 Stunden bei weitem. Außerdem gibt es einen dezenten Warnhinweis (auch am Wahoo-Computer), bevor die Energie der Batterien endgültig zur Neige geht. Die Vector-Pedale sprechen Bluetooth und ANT+, Firmware-Updates und dergleichen funktionieren über die entsprechende App am Mobiltelefon.

Verwendet man einen Garmin Edge-Radcomputer der Serien 500, 800 oder 1000 kommt man außerdem noch in den Genuss der sogenannten Cycling Dynamics. Dabei werden in aufwendigen Diagrammen und Abbildungen direkt am Computer unterschiedliche Dynamiken dargestellt - darunter die Verteilung des Drucks am Pedal und der dazugehörige Offset von der Mitte, eine Darstellung der Druckphase in der Pedalumdrehung oder eine Erkennung, ob man sitzend oder stehend fährt. Das Ganze ist zwar nett anzuschauen, es fehlen allerdings die konkreten Schlüsse, die man aus diesen Daten ziehen soll. Auf diese Weise entsteht also recht viel Datenmaterial, mit dem man allerdings nicht allzu viel anfangen kann, außer dass es ganz nett aussieht. Auch unter dem Titel Cycling Dynamics läuft die Trittfrequenzmessung, die mit den Vector-Pedalen miterfasst wird - in diesem Fall wiederum sehr sinnvoll!

Die Garmin Vector Pedale gibt es um 500 Euro für die einseitige Messung (am linken Pedal) oder beidseitig um 900 Euro. Die mitgelieferten Pedalplatten sind Look-Standard - auch das ist zu bedenken, wenn man sich für ein System entscheidet. Bei mir waren die Vector-Pedale der Grund, warum ich bei allen Schuhen und (Renn)Rädern auf Look-Platten gewechselt habe.

2/ Stages

Stages war mein erster Powermeter - ich war quasi ein Teil jener Kundenschicht, die auf einen günstigeren Einstieg in die Leistungsmessung gewartet haben. Im Sommer 2016 hab ich einen linken Stages-Kurbelarm auf mein damaliges Canyon geschraubt und bin dadurch zwar keine Sekunde schneller gefahren oder habe keinen Platz dazugewonnen, aber es war hochinteressant, einen Wert zu haben, an dem man sich orientieren kann - egal ob es heiß ist oder kalt, ob man Hunger hat, gut drauf ist oder schlecht. Es gefiel mir von Beginn an, zu wissen, woran man ist - und das ist auch bis heute meine Grundmotivation in Bezug auf Leistungsmessung.

Mein Stages-Kurbelarm war einer der zweiten Generation und hatte dementsprechend schon die Kinderkrankheiten der ersten Generation (den undichten Batteriedeckel) abgelegt. Die Leistungsmessung funktionierte einwandfrei und stabil, einige kleine Aussetzer gehörten damals zwar auch mit dazu, diese waren aber nicht allzu störend. In den Tiefen des Internets findet man Vermutungen, dass die Sendeleistung der Stages-Kurbelarms nicht die beste sein soll oder es zumindest (bis Generation 2) war. Denn auch auf meinem aktuellen Rennrad habe ich eine Stages-Kurbel montiert - wiederum den linken Arm - und dort funktioniert die Messung seit Beginn problemlos und ohne Lücken.

Stages selbst spricht von einer Messgenauigkeit von +/- 1,5 Prozent - ein Wert, den ich weder überprüfen kann noch will. Auch wenn der Wert “falsch” wäre… Solange er immer gleich falsch ist, stimmt zumnidest der Informationsgehalt halbwegs und man kann sich daran orientieren. Während bei meiner ersten Stages Kurbel noch ein Haufen Knopfzellen daran glauben musste - der Batteriewechsel erfolgte gefühlt wöchentlich - halten die Zellen jetzt bedeutend länger durch. Die von Stages genannten 200 Stunden Minimum dürften wohl ungefähr stimmen.

Ansonsten ist der Stages bis auf das kleine Logo am Kurbelarm so gut wie nicht erkennbar, die kleine Ausbuchtung aus Kunststoff an der Innenseite des Kurbelarms ist nur beim genauen Hinsehen erkennbar, die 20 Gramm zusätzliches Gewicht sind vernachlässigbar. Auch hier sind sowohl Bluetooth als auch ANT+ an Bord, auch für Stages gibt es eine dazugehörige App für Firmwareupdates und dergleichen. Wie schon zuvor ist auch bei Stages die Trittfrequenzmessung mit an Bord.

Obwohl Stages mit der einsetigen Messung begonnen hat, gibt es mittlerweile beidseitige System oder auch nur den rechten Kurbelarm (mit Kettenblättern). Die Version der Messung nur auf der rechten Seite ist in erster Linie für Zeitfahrräder oder spezielle Bauformen (unter anderem Direct Mount-Bremsen unten am Rahmen) gedacht, wo tatsächlich nicht genug Platz für den wenige Millimeter hohen Pod am linken Kurbelarm ist.

Gab es zuerst nur Shimano Kurbelarme, ist das Sortiment mittlerweile rieseig und umfasst Shimano, SRAM, Campagnolo, Cannondale, RaceFace, Easton und Specialized Kurbeln. Stages liefert sich außerdem immer wieder recht ambitionierte Preis- und Rabattschlachten mit den anderen Herstellern, dadurch kommt man bereits für 299 Euro in den Genuss einer Leistungsmessung (für den linken Kurbelarm der Shimano 105). Die restlichen linken Kurbelarme bewegen sich preislich irgendwo zwischen 400 und 700 Euro, die beidseitige Messung beginnt im Bereich von 700 Euro (Ultegra oder XT bspw. 749 Euro).

3/ Quarq

Mit dem Quarq Powermeter sind wir beim Kurbel-Spider angelangt. Quarq hat damit viel Erfahrung, werken sie doch schon lange Jahre an ihren Produkten - zuerst unter eigener Marke, seit 2012 unter dem Dach von SRAM, die dann auch die ersten waren, die Powermeter (optional) in ihre Top-Gruppen integrierten. Die Messung erfolgt am Kurbel-Spider - der Powermeter-Spider ersetzt hier mehr oder weniger komplett den originalen, die Kettenblätter werden am PM-Spider montiert. Der Austausch geht einfach von der Hand, der Ort ist für einen Powermeter ideal - nahe an der Kraftquelle, ohne große Eingriffe in bestehende Bauteile und auch nicht so exponiert wie beispielsweise Pedale. Auch der Markt- und Technologie Pionier SRM wählt seit jeher den Spider als Ort für die Messung der auftretenden Kräfte.

Quarq war von Anfang an im Konzert der preisgünstigeren Powermeter dabei, mit dem Nachteil der geringeren Kompatibilität bzw. der engen Verbindung mit SRAM-Komponenten. Dafür hat man den Eindruck, alles aus einer Hand zu bekommen. Und tatsächlich ist es auch im täglichen Betrieb so, dass sich der Quarq Powermter am “integriertesten” anfühlt. Sowohl was die Qualität des Produkts angeht als auch - und das ist noch wichtiger - im Sinne der Positionierung des Powermeters und der Art und Weise, wie er “fest” verbaut ist. Natürlich sind auch Kurbelarme und Pedale fest verschraubt, allerdings ist gefühlsmäßig der Kurbelspider ein noch fixerer Bestandteil des Rads, ist weniger exponiert, wirkt noch stabiler. Es ist dies ein subjektiver Eindruck und - offensichtlich - ist es schwierig, diesen Eindruck in Worte zu fassen… Der Quarq Spider wirkt am solidesten und das beruhigt.

Die Messgenauigkeit ist laut Hersteller bei 1,5 Prozent, die CR2302-Zelle hält rund 200 Stunden, Trittfrequenzmessung ist an Bord, kommuniziert wird über Bluetooth und ANT+ und für Firmware-Updates und dergleichen fügt sich der Powermeter in die SRAM-eigene “AXS”-Welt ein, in der man über eine zentrale App alles steuern kann - vom Powermeter über die Schaltung bis hin zur versenkbaren Sattelstütze.

Linkes und rechtes Bein werden getrennt voneinander ausgewiesen, wobei die Zugphase des einen Beins die Druckphase des gerade anderen ist. Die Links-Rechts-Verteilung kann dadurch natürlich geringfügig verfälscht werden, grundsätzlich geben Powermeter am Spider die L/R-Verteilung aber sehr gut wieder.

Der Einstieg in die Powermeter-Welt von SRAM kostet rund 550-600 Euro wenn man nur den Spider anschaffen möchte, bei höherwertigen Rädern ist der Powermeter mitunter schon mit am Rad verbaut, muss allerdings gegen eine Gebühr freigeschaltet werden.

Mein Fazit

Ich habe am liebsten Systeme, die einfach funktionieren. Ich möchte mich nicht unbedingt mit einer komplizierten Montage befassen, vor jeder Fahrt irgendetwas kalibrieren oder permanent Dinge aufladen müssen. “No nonsense” oder “just works”-Lösungen nennt man das wohl oft. In diesem Sinne ist mir von meinen Powermtern der Quarq am Zeitfahrer am liebsten, fühlt dieser sich doch irgendwie am “vollständigsten” an. Auf der anderen Seite haben mich auch die Stages Kurbel und die Garmin Pedale rein konstruktiv nie wirklich im Stich gelassen, da geht es eher um ein Gefühl der Integrität.

Sehr wohl im Stich gelassen haben mich Stages und Garmin zu Beginn beim Batteriewechsel. Während die zweite Stages-Generation Batterien im Akkord verbrauchte, ging nach dem Batteriewechsel beim Vector Pedal erstmal gar nichts mehr. Stages hat bei der 3. Generation nachgebessert, Garmin ebenfalls. Beide Systeme funktionieren an meinen Rädern einwandfrei und geben keinen Grund zur Klage. Was die Energieversorgung betrifft, wäre mir dennoch ein System lieber, das man mittels (USB-)Kabel aufladen kann - sowohl im Sinne der Usability als auch der ökologischen Nachhaltigkeit.

Zur Genauigkeit der Messung möchte ich mich nicht ausbreiten, dazu sind mir die ausgegebenen Werte nicht wichtig genug - im Sinne des allerletzten Prozents. Nach einer anfänglichen Kalibrierung (und nach jedem Batteriewechsel) geben alle drei Powermeter stabil ihre Werte aus. Gefühlt (und im Vergleich mit meinem Wahoo Kickr) gibt der Quarq die Werte am genauesten wieder, gefolgt von Garmin und mit etwas Abstand Stages. Beim Kurbelarm liegen meine Wattwerte grundsätzlich etwas über dem, was ich sonst trete.

Foto: Sportograf

Kaufentscheidungen?

Vor der Anschaffung eines Powermeters, kann man sich anhand einiger einfacher Fragen an ein passendes Modell herantasten bzw. einige Dinge schon einmal gut eingrenzen oder ausschließen:

  • Möchte ich den PM auf einem oder auf mehreren Rädern benützen?

  • Wo ist meine preisliche Schmerzgrenze?

  • Was fahre ich jetzt für ein Kurbelfabrikat und möchte ich dabei bleiben?

  • Welchen Achsstandard hat mein Rad?

  • Wie relevant ist die Genauigkeit der Messung für meine Zwecke?

  • Bin ich auf SRAM oder Shimano fixiert?

Beantwortet man diese Fragen ehrlich und für sich selbst, kommt man vermutlich schon zu einer Auswahl von nur noch zwei bis drei Fabrikaten und Produkten, die man sich dann näher anschauen kann. Der Zeitpunkt für eine Anschaffung ist derzeit nicht der schlechteste, nachdem sich einige Hersteller in eine neue Runde von Preisschlachten gestürzt haben. Power2Max fährt seit einigen Monaten bereits große Rabatte auf, Stages hat die Einstiegspreise ebenfalls massiv gesenkt.

Ob ein Powermeter Sinn macht, ist eine Entscheidung, die jede*r für sich selber zu treffen hat, Spaß machen sie aber auf jeden Fall. Und wenn es nur darum geht, beim King of the Lake den FTP-Wert auszuloten…!

Leistungsmessung - Teil 2: Leistungsdiagnostik mit HPC

Rund um den Jahreswechsel werden gerne Pläne geschmiedet - Vorsätze, Rennen, Projekte, alles, was im Rad-Jahreskalender gut aussieht. Was jedoch gar nicht sichtbar ist oder zumindest weit weniger spektakulär aussieht, ist die Basis, die man sich über den Winter legen sollte. Denn nur auf diesem Wege kann man seine Projekte dann übers Jahr auch realisieren oder - noch besser - sie genießen! Mein großes Ziel für 2020 ist die Race Around Austria Challenge, ein Vorhaben, das man nur mit etwas Vorbereitung in Angriff nehmen sollte. Die geringen Trainingsumfänge und die mangelnde Struktur meiner Aktivitäten hat mir bereits im laufenden Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht, ein Fehler, den ich 2020 nicht wiederholen möchte.

Gleichzeitig sperrt sich innerlich aber etwas gegen strukturiertes Training und Trainingspläne. Zu groß ist meine Sorge, mich einem rigiden Plan unterjochen zu müssen, bis hin zum völligen Verlust der Selbstbestimmung. Ich möchte fahren, wenn ich Lust habe und nicht, wenn der Plan es befiehlt. Bei schlechtem Wetter mag ich aussetzen können, bei gutem Wetter auch mal länger fahren. Sollte es mich doch einmal "jucken", werde ich Vollgas fahren, ansonsten so schnell wie ich will und nicht nach Zahlen, die mir mein Wahoo anzeigt.

Seine eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu kennen, ist dennoch von Vorteil. Wozu hat man sich denn sonst um teures Geld einen Wattmesser ans Rad geschraubt, wenn man dann trotzdem "nur" nach Herzfrequenz oder überhaupt nur "irgendwie" fährt... Ein Leistungstest muss also her!

Vorbereitung

Den (ersten) Leistungstest macht man sinnvollerweise, bevor man sich auf ein Projekt vorbereitet. Gerne kann mitten in der Vorbereitung noch ein weiterer Test eingeplant werden, um beispielsweise Fortschritte zu prüfen. Grundsätzlich sollte man aber schon den Beginn des Trainings am entsprechenden Leistungszustand ausrichten. Beliebte Zeiten für einen Test sind daher Herbst und Winter - die Sommer- und Rennsaison ist vorbei und das Wintertraining steht vor der Tür. Und Rollentraining mit Wattsteuerung stellt sicher, dass die mitunter recht eintönig und hart erkämpfte Zeit auf der Rolle zumindest effizient genützt wird.

Bevor man sich einen Termin ausmacht, sollte man gesundheitlich auf dem Damm sein, was gerade im Herbst und Winter auch problematisch sein kann. Bei mir hat eine hartnäckige Verkühlung den Testtermin mehrfach nach hinten verschoben. Umgekehrt wäre es wenig sinnvoll, verkühlt oder anderweitig beeinträchtig zum Test zu gehen. Zum einen, weil dann die Werte entsprechend niedriger liegen können, was für die Trainingssteuerung wenig zielführend wäre. Zum anderen geht man bei einem Leistungstest üblicherweise doch nahe an seine körperliche Belastungsgrenze - das ist ja auch der Sinn eines derartigen Tests. Und in dieser Ausnahmesituation nicht 100% körperlich fit zu sein, könnte im Extremfall tatsächlich auch zu Schäden führen.

Dem Testlabor bzw. dem Testleiter zuliebe klärt man vorher auch noch kurz ab, mit welchem Rad man den Test absolvieren wird. Unterschiedliche Bremssysteme und eine Vielzahl von Achsstandards stellen mitunter auch die Tester vor Herausforderungen, schließlich soll das eigene Rad optimal in den Testaufbau passen. Standardgerät ist bei den meisten Testern nach wie vor der "Cyclus 2", der akkurat und verlässlich Leistungsdaten liefert.

Einige Labore bieten im Zuge der Leistungsmessung außerdem eine Analyse der Atemluft an, das ganze nennt sich dann "Spiroergometrie". Dabei bekommt man im Stile Hannibal Lecters eine Maske aufgesetzt, die sowohl ein- und ausgeatmete Luftmenge als auch die Zusammensetzung der Atemluft misst.

Der Test

Der Morgen beginnt mit einem Vorgespräch mit dem Testleiter, in meinem Fall Clemens von HPC - High Performance Coaching, einem Firmennamen, der meine Ambitionen natürlich um Welten übersteigt... Wir besprechend den Testablauf und gehen neben meinen persönlichen Daten auch eventuelle Krankheiten, Vorbelastungen und dergleichen durch. Während wir plaudern, werden mein Rad eingespannt, die Geräte vorbereitet und kalibriert und mein Ohr desinfiziert - hier wird mir später während des Tests tröpfchenweise Blut abgenommen werden, um meine Laktatwerte zu ermitteln.

Der Test beginnt mit einer Minute Ruhe und stillhalten, damit das System einen Referenzwert hat - das schaffe ich! ;) Danach beginnt der eigentliche Test, bei Clemens kommt ein Rampentest zur Anwendung. Dabei erhöht sich die Wattleistung, die man erbringen muss alle drei Minuten um 20 Watt, beginnend bei 100 Watt. So geht es also dahin - 100 Watt, 120 Watt, 140 Watt, 160 Watt... Jeweils zum Ende der drei Minuten nimmt Clemens mir einen Tropfen Blut ab und füttert damit seine Gerätschaften. Watt, Herzfrequenz und Laktat sind die wichtigsten Werte, anhand derer später meine Auswertung in eine Leistungskurve gegossen werden wird.

Bis knapp an die 200 Watt fällt es mir leicht, die Atmung passt, der Puls ist noch unten. Ich befinde mich im Grundlagen-Ausdauerbereich, jenen Zonen, in denen ich gefühlt ewig fahren könnte. Dies sind auch jene Zonen, die ich bei meinem Race Around Austria am sinnvollsten beanspruche möchte, um würdevoll über die 24 Stunden zu kommen. Rund 200 Watt markieren gleichzeitig das Ende dieser "Wohlfühlzone" und was sich so anfühlt kann auch wissenschaftlich belegt werden, anhand der unteren Laktat-Schwelle. Dort wo die 2 mmol-Laktat-Grenze überschritten wird, fängt der Körper an zu investieren, es wird nicht mehr auf Basis der vorhandenen Ressourcen gefahren sondern man muss Energie zuführen.

220 Watt, 240 Watt, jeweils für drei Minuten. Mein Puls steigt jetzt schneller, der Schweiß tropft nicht mehr sondern rinnt an meinem Gesicht herunter. Meine Brille läuft an und mein Blickfeld verengt sich. (Die Brille abzunehmen wäre eine Option gewesen, aber ich wollte den Bildschirm und die Werte vor mir sehen. Kontaktlinsen wären die andere Option gewesen, aber daran hatte ich vor dem Test nicht mehr gedacht.) Bei 260 Watt wird es zum ersten Mal mühsam, ich beginne die Minuten zu zählen - ein untrügliches Zeichen (unter anderem bekannt von Zwift), dass man sich langsam schwer tut.

Ungefähr 280 Watt ist in den letzten Monaten meine "FTP" (Functional Threshold Power) gewesen, also jener Wert, den ich über eine Stunde erbringen kann. "FTP" ist als Schlagwort sehr präsent, wenn man sich mit Zwift und Stammtischdiskussionen beschäftigt, Leistungsdiagnostiker hören den Begriff etwas weniger gerne, weil er nur einen Ausschnitt der eigentlichen Leistungsfähigkeit wiedergibt und viele Dinge darin nicht berücksichtigt werden können. An meiner FTP angekommen beginnen die Oberschenkel zu brennen - Willkommen Laktat! Die 4mmol-Laktat-Schwelle ist da, untrüglich daran erkennbar, dass der Körper das einschießende Laktat nicht mehr restlos abbauen kann. Fährt man dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum in diesem Leistungsbereich gerät man in eine Schuld, die der Körper alleine nicht mehr ausgleichen kann - im anaeroben Bereich nämlich.

Die Laktatkurve steigt jetzt stark an, der Puls ist oben, die Beine brennen. 300 Watt gehen noch halbwegs souverän, 320 Watt tun schon richtig weh. Mein im Allgemeinen gerade recht bescheidener Energielevel und meine eben erst abgeklungene Verkühlung kündigen ein baldiges Ende des Leistungstests an. Der Schweiß tropft, das Atmen ist einem Röcheln und Stöhnen gewichen, die Uhr auf der Anzeige des Cyclus 2 scheint sich in Zeitlupe zu bewegen. Die dreiminütige Stufe bei 320 Watt möchte ich noch vollmachen, danach weiß ich, dass sehr schnell Schluss sein wird. Clemens gibt sein bestes, aus den Testpersonen noch das Letzte herauszuholen, mit Anfeuerungen und Ermunterungen motiviert er, noch einmal die eisernen Reserven zu mobilisieren. Aber auch seine besten Sprüche können nicht verhindern, dass meine Tanks bei 340 Watt leer sind und ich froh bin, mit dem Treten aufhören zu können.

Schnell etwas trinken, mit dem Handtuch die gröbsten Spuren des Kampfes beseitigen und locker auskurbeln. Während sich die Körperfunktionen und -werte langsam wieder normalisieren, macht sich Clemens bereits an die erste Auswertung.

Die Ergebnisse

Unter der Dusche kommen die ersten Gedanken zu dem, was gerade passiert ist. 340 Watt? Hätte ich mir mehr erwartet? Wie sind die letzten Wochen verlaufen? Was hätte ich besser oder anders machen können? 340 Watt für drei Minuten zu treten, stellt an sich kein Problem dar, mit den 30 Minuten Belastung davor allerdings schon - da summieren sich die einzelnen Leistungsstufen auf.

Clemens klärt mich bei einer Tasse Kaffee auf. Auf drei kompakten Seiten bekomme ich eine erste Bestandsaufnahme meiner Leistungsfähigkeit - oder auch dem, was nicht vorhanden ist...

Meine Zonen sind im Großen und Ganzen dort, wo sie schon die vergangenen Jahre waren, allerdings war es nach dem geringeren Trainingsumfang der letzten beiden Jahre gut zu sehen, dass noch eine gute Basis vorhanden ist. Mein FTP-Wert war schon einmal höher, aber auch da ist eine solide Basis vorhanden, die glücklicherweise nicht so schnell schwindet, wie das subjektiv manchmal erscheinen mag, wenn man in die Pedale tritt.

Ernüchternd ist hingegen die Schlussfolgerung, dass die Verschlechterung meiner Leistungsfähigkeit auf den viel geringeren Trainingsumfang zurückzuführen ist und darin eigentlich der Schlüssel liegt - so schwarz auf weiß wurde mir das bis jetzt noch nicht präsentiert.

Positiv jedenfalls die Analyse meiner Atmung, die eine gute Verstoffwechselung zeigt und vor allem eine gute Ökonomie - nicht ganz unwesentlich angesichts der Ziele für 2020.

Mein Plan

Was bedeutet das für mich? Clemens setzt erneut zur Erklärung an:

1. Trainingsumfänge steigern

2. Bi-polares Training

3. VO2-Max steigern

Dass meine Trainingsumfänge ausgedehnt werden müssen, war mir von Anfang an klar und dementsprechend wenig überraschendes Ergebnis der Leistungsdiagnostik. Vom jetzt sehr niedrigen Level an wöchentlicher Trainingszeit ausgehend werde ich meine Umfänge nach und nach steigern, um Richtung Sommer eine entsprechende Basis aufbauen zu können.

Clemens befürwortet den Aufbau einer soliden Ausdauer-Basis, dementsprechend sind auch große Teile des Trainings auf die Grundlagen-Zonen ausgerichtet. Demgegenüber stehen Intervalle an der zweiten Schwelle, um VO2-Max und Laktatschwelle entsprechend "nach rechts" zu verschieben.

Spannend und für mich in dieser Form neu ist der Themenkomplex Energiebedarf und -bereitstellung. Dabei ist auf einer Skala der Energiebedarf in Kalorien pro Stunden für den jeweiligen Wattwert aufgetragen. Für eine Herausforderung wie das Race Around Austria, wo die Energiebereitstellung und Nahrungszufuhr ein zentrales Element dabei ist, ob man dieses Rennen (erfolgreich) beendet oder nicht, ist eine derartige Auswertung natürlich extrem hilfreich. Auf diese Weise kann beispielsweise eine Ernährungsstrategie für ein Langstreckenrennen recht exakt an einen geplanten Leistungsoutput gekoppelt oder entsprechend daran orientiert werden.

Als erster Test nach einer längeren Zeit ohne eine derartige Diagnostik, kann ich nun mein Training an wissenschaftlich erhobenen Werten orientieren. Clemens wird mir außerdem Trainingsempfehlungen zusammenstellen, die ich möglichst einfach und unkompliziert in meinen Alltag einbauen kann. Hier bin ich froh, eine individuelle Beratung und Betreuung zu haben. Auf meinem Weg zu den Projekten des Jahres 2020 und dem Race Around Austria werde ich im Frühjahr jedenfalls noch einen weiteren Test einplanen, um Fortschritte und Potentiale messen und realisieren zu können.

Exkurs: Leistungstest auf Zwift

Der Wert einer individuellen und wissenschaftlich durchgeführten Leistungsdiagnostik steht natürlich außer Frage. Dennoch war es überraschend, dass die in Zwift ermittelten Werte jenen der "richtigen" Diagnostik in manchen Punkten sehr ähnlich waren. Dies spricht grundsätzlich für die Algorithmen und Logiken der Software und attestiert eine gewisse Verwendbarkeit der dort erzielten Werte. Zwift bietet sowohl einen 20-minütigen FTP-Test als auch - seit diesem Sommer - einen klassischen Rampentest in der Software an. In meinem Fall waren die Werte ähnlich, bei anderen Personen können diese Übereinstimmungen allerdings schon weniger groß sein, da Zwift einige Parameter entweder gar nicht erfassen kann oder nur bedingt in seine Berechnungen miteinbeziehen kann. Die individuelle Komponenten kann auf Zwift beispielsweise überhaupt nicht berücksichtigt werden. Laktatmessungen werden auch weiterhin der klassischen Leistungsdiagnostik vorbehalten bleiben und damit auch die fundierteren Eingangsdaten für eine wattbasierte Trainingssteuerung. Und auch die Analyse der Atemluft ist ein Asset, das man wohl noch längere Zeit nur im Rahmen einer sportwissenschaftlich durchgeführten Leistungsdiagnostik finden wird können.

HPC - Clemens Rumpl

Geräte sind nur so gut, wie die Person, die sie einstellt und bedient und Daten nur so viel Wert, wie die Person, die sie lesen und interpretieren kann. Clemens Rumpl ist mit HPC - High Performance Coaching schon einige Zeit "im Geschäft" und berät und versorgt mit seiner Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung zahlreiche Sportlerinnen, Sportler und Mannschaften im Ausdauerbereich. Er war selbst Lizenzfahrer und als solcher weiß er auch, auf die (besonderen) Bedürfnisse von Radsportlerinnen und Radsportler einzugehen. In seinem feinen Büro in Pottenbrunn nahe Sankt Pölten steht neben Rad- auch eine Lauf-Spiroergometrie zur Verfügung. Und Clemens hatte während des Leistungstests noch Zeit, alle der hier gezeigten Fotos von mir zu machen! ;)

Leistungsmessung - Teil 1: Grundlagen und Notwendigkeiten

Vor zwei Wochen war ein Paket in meinem Postkasten, darin enthalten die neueste Auflage von Joe Friels „Trainingsbibel für Radsportler“. Dieser geradezu Orgie an Zahlen, Tabellen und daraus ableitbaren Möglichkeiten werde ich im Idealfall noch einen eigenen Beitrag widmen. Was jedoch auffällt, wenn man das Buch auch nur überfliegt: State of the Art in der Trainingssteuerung ist heutzutage Leistungsmessung. Rad-Industrie und Magazine haben hier natürlich mitgeholfen, sodass heutzutage kein Radfahrer mehr ohne Wattmesser leben kann. Aber Spaß beiseite… Auch aus trainingswissenschaftlicher Sicht spricht einiges für Leistungsmessung, ist der Watt-Output doch konstanter und unabhängiger von (Umwelt)Einflüssen als die Herzfrequenz.

Doch alles der Reihe nach… Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, weiß, dass ich nicht der ehrgeizigste Mensch der Welt bin. Zerstreuung, Spaß und entspanntes Abenteuer stehen für mich am Rad immer noch im Vordergrund. Ein gewisses Grundlevel an Fitness möchte ich mir dabei aber stets erhalten und auch abrufen können, damit die Projekte, die ich mir über das Jahr hinweg vornehme auch halbwegs würdevoll bewältigt werden können. Ansonsten bin ich aber so unterwegs, wie es mir gerade Spaß macht, Trainingsplan hatte ich noch nie einen. Ich hab mich immer dagegen gesperrt, meine Radgewohnheiten einem Plan von außen unterwerfen zu müssen - Fahren, wenn es regnet, Ruhetage bei schönstem Wetter, Grundlage, wenn man Lust auf was kurzes, schnelles hat, Inkompatibilität mit Gruppenfahrten… Alles Argumente, die für mich gegen einen Trainingsplan sprechen.

Unterstützt wurde diese These noch durch den ersten Leistungstest, den ich damals vor einigen Jahren gemacht habe. Ergebnis war, dass meine Werte verhältnismäßig gut sind, „wie ich denn genau trainierte“ war die Frage des Trainers. Meine Antwort war für ihn damals offenbar wenig befriedigend, lautete sie doch sinngemäß „ich fahre, was mir gerade Spaß macht“. Dann solle ich doch genau so weitermachen, wie bis jetzt, wenn sportliche Höchstleistungen nicht mein wichtigstes Ziel wären.

Fart…was? Fartlek!

Freies Fahren bietet fraglos viele Vorteile. Im vermeintlich flachen Osten Österreichs ist man tatsächlich mit einer schier endlosen Anzahl an kleineren Hügeln konfrontiert (außer man bewegt sich ausschließlich am Donauradweg auf und ab). Das Weinviertel mit seinen zuerst sanften, kleineren und dann auch etwas größeren Hügeln, der nahe „domestizierte“ Wienerwald für den klassischen Wiener Ausflügler, der ins Alpenvorland übergehende Wienerwald, der plötzlich etwas bergiger und wilder wird - nennen wir es einmal kupiertes Gelände. Im Trainings-Sprech gibt es den Begriff „Fartlek“ - aus dem skandinavischen kommend, bedeutet das soviel wie Fahrtenspiel. Dieses wiederum meint eine spielerische Abfolge von Geländeformen, Intensitäten und natürlichen Intervallen, die sich auch in der Trainingsintensität entsprechend niederschlagen. Für mich bedeutet dieses „Fahrtenspiel“, sich auszutoben, zu machen, was man will, „es laufen zu lassen“. Im Training fast nur Fartlek zu betreiben, erzeugt einen guten Allrounder - Spezialist wird man dadurch aber keiner.

Mit meinem Leistungsmesser am Rennrad nutze ich die Daten, die mir nach der Ausfahrt auf Strava ausgespuckt werden, bisher eher zu Unterhaltungszwecken als zur Steuerung. Ich freue mich wie ein kleines Kind vor dem Christbaum, wenn irgendwo vierstellige Wattzahlen stehen (obwohl diese überhaupt keinen Schluss auf eine Gesamtleistung zulassen), studiere meine Durchschnittsleistungen (gebe mich aber damit zufrieden, wenn sich diese einem Fenster von 30-40 Watt bewegen) und nutze die Zahlen in erster Linie dazu, das schwere Gefühl in meinen Beinen zu begründen. Im kleineren Rahmen und speziell bei Veranstaltungen und Rennen versuche ich natürlich schon, anhand der Daten meine Leistungen im Nachhinein zu bewerten und bestimmte Entwicklungen zu begründen. Drei Beispiele dazu (Achtung: es handelt sich dabei um meine Hobby-Analysen - ein Trainer wird da vermutlich andere Schlüsse daraus ziehen…):

Wachauer Radtage 2018

Nach sieben Tagen im Tross der Österreich Rundfahrt, die ich vor allem stehend oder im Auto sitzend verbracht habe, war ich nicht allzu optimistisch für dieses Rennen. Umso überraschender war, dass meine Beine recht frisch waren und die kleinen Watts nur so herausgesprudelt sind. Der FTP-Wert war damals noch etwas höher (und nicht winterbedingt so niedrig wie im Bild unten dargestellt), insofern stimmen die 99% Intensität nicht ganz. In Summe schaut das Muster für ein Rennen über 2,5 Stunden ganz gut aus, viel höher dürften die Wattwerte nicht sein, ansonsten würde ich vermutlich nicht über die Distanz kommen. Das wellige Streckenprofil der Wachauer Radtage kommt mir zugute, kurze Anstiege mit anschließender Möglichkeit, sich zu erholen und mitzurollen und längere flache Passagen entsprechen recht gut meinem Anforderungsprofil.

Arlberg Giro 2018

Jedenfalls weniger meinem Anforderungsprofil entspricht der Arlberg Giro mit seinen zwei großen Anstiegen. (Dennoch ist Bergfahren noch immer eine der schönsten Geschichten, die man machen kann - abseits jeglicher Leistungsmessung oder-bewertung!). Wie die Balken erkennen lassen, verschiebt sich das Ganze leistungstechnisch etwas nach unten, erklärbar durch die längeren Anstiege, in denen man eher haushalten muss und die Leistungsgrenze lieber etwas niedriger ansetzt. Lange Bergabfahrten bringen auch längere Phasen mit keinem oder weniger Leistungsoutput. Dafür fehlt die „goldene Mitte“, also jene Bereiche und Abschnitte, in denen man flott dahinrollt (Zone „Tempo“ wäre das dann). Aufgrund der Länge des Rennens (von in diesem Fall 5,5 Stunden) fehlen auch die Spitzen und die Werte „im Roten“ weitgehend, da geht es bei mir eher darum, konsistent über die Länge des Rennens zu kommen - Sprints und Ähnliches sind da für mich kontraproduktiv. Einzig ab und zu den Anschluss an eine Gruppe zu schaffen (oder diesen zu halten) ist es meiner Meinung nach wert, kurz „ins Rote“ zu gehen.

King of the Lake 2018

Eher ernüchternd ist die Analyse des King of the Lake 2018, den ich diesmal auf dem Rennrad in Angriff genommen habe. Der “KOTL” bezieht ja auch aus der Tatsache seinen Reiz, dass man annähernd an dieser magischen Stundengrenze unterwegs ist - dementsprechend also seinen FTP-Wert unter realen (und schmerzhaften) Bedingungen der Realitätsprüfung unterziehen kann. Dementsprechend sollte der Balken rund um 280-290 Watt durchgehen bis zum rechten Bildschirmrand, die Realität sieht aber anders aus. Praktisch zeigt die Analyse, dass ich den größten Teil des Rennens recht deutlich unter meinem FTP-Wert unterwegs war, die möglichen Erklärungen sind vielfältig, eine weiterführende Überprüfung wird auch dieses Jahr stattfinden :) Die Strecke des “KOTL” ist schwierig, einige - mitunter recht gemeine - Hügel wollen auf dem Kurs rund um den Attersee bezwungen werden , hier mit gleichmäßiger Leistung drüber zu fahren, ist an sich schon schwer. Zusätzlich scheint es mir schwer zu fallen, eine konstante Leistung über einen gewissen Zeitraum zu erbringen - vielleicht ist das normal, vielleicht sprechen andere Faktoren dafür oder dagegen, jedenfalls konnte ich bei diesem Rennen meinen Leistungsoutput nicht konstant (hoch) halten. Bei einer Dauer von gut einer Stunde würde ich mir erwarten, dass die Balken allesamt etwas weiter im Roten liegen, für aktive Regeneration hat man in diesem Fall nach dem Rennen genug Zeit.

Zwift

Bringen wir noch einen weiteren Faktor ins Spiel, der aus meiner Sicht beim Thema Wattmessung nicht fehlen sollte - zumindest in meiner Rad-Welt. Die allseits bekannte und beliebte Trainingsplattform Zwift lebt zu einem großen Teil von den Vorteilen von Smart Trainern, die notwendigerweise auch eine Leistungsmessung beinhalten. Wer also keinen Powermeter auf seinem Rennrad montiert hat, kommt eventuell in den virtuellen Welten von Zwift (erstmals) mit Leistungsmessung in Berührung. Ich möchte hier nicht über den Realitätsgrad von Zwift diskutieren, sondern nur feststellen, dass bei Verwendung der Trainingsprogramme in Zwift immer mit Leistungswerten gearbeitet wird. Und wenn man im Winter auf der Rolle nach Watt fährt (und Zwift wird die Intensitäten der Trainings und Intervalle nach Watt einteilen), dann wird man vermutlich auch im Sommer wissen wollen, wie man denn gerade unterwegs ist und eventuell auch sein Training ab diesem Zeitpunkt auf Basis eines Leistungsmessers abwickeln. Zwift ist daher aus meiner Sicht eine gute und naheliegende Möglichkeit, die Welt der Leistungsmessung und das darauf aufbauende Training auszuprobieren und sich quasi langsam „einzuleben“. Es bleiben gewisse Unschärfen zwischen der Leistungsentfaltung auf der Rolle und draußen auf dem Rad - die Angaben über die Unterschiede sind unterschiedlich - im Endeffekt ist empfehlenswert, einen Leistungstest zu Beginn der Freiluftsaison durchzuführen, um die tatsächlichen Leistungszonen feststellen zu können. Denn es ist jedenfalls kontraproduktiv, mit falschen Leistungszonen zu arbeiten und sein Training entsprechend (falsch) darauf auszurichten.

Was will ich damit jetzt sagen?

Ich habe bis jetzt getan, „was ich wollte“ - ohne wirkliches Ziel, ohne wirklichen Plan. (Und es hat gut funktioniert und Spaß gemacht). Ich verwende Zwift und bekomme dort meine Leistungsdaten ausgespielt. Ich habe einen Powermeter am Rennrad und komme auch dort in den vollen Genuss des „quantified selfs“. Irgendwie möchte ich da aber jetzt mehr daraus machen.

Es ist kein Geheimnis, dass ich 2019 am Start der Race Around Austria Challenge stehen werde - dabei geht es nonstop 560 Kilometer rund um Oberösterreich. Mein Ehrgeiz beschränkt sich momentan noch auf die „Besiegung des inneren Schweinehunds“ - ich möchte die Strecke innerhalb des Zeitlimits zurücklegen, dabei würdevoll bleiben und auch meinen Spaß haben und neue Erfahrungen sammeln. Gewinnen sollen andere! Während ich also grundsätzlich optimistisch bin, dieses Vorhaben mit meiner üblichen Vorbereitung (Stichwort „Fartlek - ungeplant“) bewältigen zu können, gibt es da in meinem Kopf eine Ecke, in der eine kleine Stimme wiederholt darauf hinweist, dass ich meinen Ars** doch etwas mehr bewegen sollte und das Privileg, bei so einer Veranstaltung dabei zu sein, besser nützen sollte.

Ich habe daher beschlossen, dieser Stimme Folge zu leisten und meine bisherigen Konventionen ein Stück weit über Bord zu werfen. Ich werde seit langem wieder einen Leistungstest machen, meinen Powermeter mit neuen Batterien versorgen und kalibrieren und mir einen Trainingsplan gönnen. Die Weichen dafür sind bereits gestellt, die Termine großteils organisiert, die notwendigen Ansprechpartner gefunden. Es handelt sich hier also um eine … *Trommelwirbel* … Serie von Blogposts. Bis Ende Mai folgen dementsprechend noch:

  • Teil 2: Langzeittest Garmin Vector 3

  • Teil 3: Leistungstest bei Flowsports

  • Teil 4: Training für das Race Around Austria

Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen - auf neue Erkenntnisse, neue Erfahrungen und eventuell ein paar Watt mehr am Ende des Tages. (Und keine Sorge: ich werden meine Hobby-Analysen auch noch vom Profi beurteilen lassen).