Am 3. Mai wurde im Oberbank Forum in Linz die Streckenführung der „Flyeralarm Österreich-Rundfahrt“ präsentiert und dieses Jahr gibt es ein Jubiläum zu feiern. Zum 70. Mal geht es rund im und durch das Land - auf den Glockner, auf das Kitzbühler Horn und 2018 auch zu vermeintlich unbekannteren Orten, aber dazu gleich mehr. Der Startschuss fällt am 7. Juli, traditionell zeitgleich mit der Tour de France. Diese (terminliche) Konkurrenz soll aber kein Grund zur Sorge sein, sich mit der Tour de France zu matchen hat ja außerdem nur bedingt Sinn. Vielmehr haben beide Veranstaltungen ihre Alleinstellungsmerkmale, die Österreich-Rundfahrt gilt immerhin als eine der schwierigsten einwöchigen Rundfahrten im Kalender. Der erste Blick auf die Zahlen offenbart auch gleich, dass es 2018 keine einfache Aufgaben sein wird. Mit 1.163 Kilometern und nicht weniger als 23.141 Höhenmetern bahnt sich die Ö-Tour ihren Weg Richtung Ziel. Dabei sind sowohl Startpunkt als auch Ziel echte Neuerungen. Es geht von West nach Ost, ein kurzer Tribut an die bevorstehende WM in Innsbruck ist inkludiert, Glockner und Horn natürlich mit dabei, als Highlight in Niederösterreich wartet der Sonntagberg, danach geht es ins Ziel nach Wels. Aber schauen wir uns die Etappen im Detail an.
1. Feldkirch – Feldkirch
Gestartet wird die Rundfahrt am 7. Juli in Feldkirch, ein Tribut an das 800 Jahr-Jubiläum der Stadt und auch an den Status von Vorarlberg als „Radbundesland“ Österreichs. Es werden vier Runden auf einem Rundkurs gefahren, für Zuschauer daher besonders reizvoll und interessant. Es geht durch Nenzing, wo ja vor wenigen Wochen erst das Bundesliga-Rennen stattgefunden hat, hier haben einige Fahrer vielleicht einen kleinen Vorteil aufgrund der bekannten Strecke. 2.652 Höhenmeter auf gut 150 Kilometer werden aber auch hier schon dafür sorgen, dass die Beine brennen.
2. Feldkirch – Fulpmes / Telfes
Der Start erfolgt noch einmal in Feldkirch, von dort geht es direkt hinauf auf den Arlberg – 1.300 Meter Höhengewinn auf den ersten 40 Kilometern – danach über St. Anton am Arlberg hinaus nach Landeck und über den Imsterberg ins sich weitende Inntal. Hier hätte eine Fahrt über das Kühtai ja auch gut hineingepasst, mit der Bergwertung Axams hoch über Innsbruck hat man aber eine absolut würdige Alternative im Köcher. Südlich an Innsbruck und an der Berg Isel-Schanze vorbei geht es zum Ziel ins Stubaital in Fulpmes. Auch hier stehen am Ende 180 Kilometer mit knapp 3.400 Höhenmetern am Tacho, eine gute Regeneration ist hier angesagt! Besonders eilig ins Ziel sollte es an diesem Tag Stefan Denifl haben, ist doch Telfes seine Heimatgemeinde.
3. Kufstein – Kitzbüheler Horn
Firsch ausgeruht geht es für die Fahrer an den Start in Kufstein. Und es ist nicht irgendein Startbogen, der hier in der Altstadt von Kufstein aufgebaut sein wird sondern der gleiche wie jener der Rad-WM in Innsbruck im September. Das Herren Elite-Rennen startet an der gleichen Stelle und auch die ersten Kilometer der Etappe gleichen jenen des WM-Rennens. 30 Kilometer geht es durch das Inntal zuerst Richtung Innsbruck bis Rattenberg, wo auch die erste Schlüsselstelle des WM-Rennens liegen wird. Nach der Schleife in Rattenberg geht es zurück nach Kufstein und unter dem schatten des Wilden Kaisers Richtung Kössen. Sankt Johann und Kitzbühel sind die letzten Stationen auf dem unvermeidlichen Weg auf das Kitzbüheler Horn, das wie jedes Jahr eines der Highlights der Rundfahrt darstellt. Wie gewohnt gibt es eine Bergankunft an diesem Anstieg der „Hors Categorie“, knapp 1.000 Höhemetern sind auf den rund acht Kilometern zum Alpenhaus zu überwinden mit Maximalsteigungen knapp an den 20 Prozent. Die schmale Straße aufs Horn wird auch dieses Jahr wieder eine großartige Kulisse für tolle Fernsehbilder bieten. Es wird spannend, wer hier die besten Beine haben wird, ist der Sieg am Kitzbüheler Horn doch auch ein sehr prestigeträchtiger.
Im September findet übrigens wieder der Kufsteinerland Radmarathon statt, dieses Jahr mit der einmaligen Möglichkeit, die Strecke der Österreichrundfahrt von Kufstein bis Rattenberg nachzufahren und die WM-Strecke dementsprechend auf einigen Abschnitten vorzufahren – näher dran geht eigentlich nicht. ;)
4. Kitzbühel – Prägraten
Viel Zeit zum Durchatmen bleibt nicht, geht es doch am 4. Tag von Kitzbühel südlich über den Pass Thurn nach Mittersill und von dort weiter über den Felbertauern ins wunderschöne Osttirol. Mit der Bergwertung der Kategorie 1 am Felbertauern ist mit 1632 Metern der höchste Punkt erreicht, von dort bietet sich eine der wenigen Möglichkeiten, die Beine etwas auszuruhen und sich bergab Richtung Lienz tragen zu lassen. Durch Matrei, Huben und St. Johann im Walde immer entlang der Isel rollen die Fahrer nach Lienz, wo mit hoffentlich ausgeruhten Beinen eine Sprintwertung ausgefahren wird. Nach einer Schleife in Lienz geht es zurück ins Iseltal, zurück auf der gleichen Strecke, zurück Richtung Felbertauern – aber keine Angst, das Feld biegt rechtzeitig ab ins Virgental. Eines der schönsten Seitentäler Osttirols bietet die Kulisse für die Zielankunft in Prägraten am Großvenediger – davon konnte ich mich auch schon mehrfach selbst überzeugen!
5. Matrei – Großglockner
Nur 93 Kilometer stehen hier am Programm, doch die haben es in sich. Vom Start in Matrei geht es zuerst über den Felbertauern zurück ins Salzburgerland, die Salzach entlang Richtung Zell am See und in Bruck an der Großglocknerstraße schließlich rechts hinein Richtung Fusch. Was danach kommt ist grundsätzlich bekannt von vielen Österreich-Rundfahrten der Vergangenheit, vielen Geschichten und Mythen, die sich um diesen Berg ranken und vielleicht auch der einen oder anderen Ausfahrt, die wir selbst unternommen haben, um dem Glockner einen Gipfelsieg abzuringen. Über die Mautstelle Ferleiten geht es hinauf auf den Großglockner und zur Bergankunft beim Fuschertörl. 1.600 Höhemeter auf knapp 20 Kilometern stehen zwischen den Fahrern und dem Titel des Glocknerkönigs – ein Titel, an dessen Träger sich manche eher erinnern, als an jenen des Toursiegers.
6. Knittelfeld – Wenigzell
Nach dem Glockner folgt eine Zäsur. Hinaus aus dem Alpenhauptkamm, hinein ins steirische Mittelgebirge, das sogenannte „Joglland“. Literarisch findet sich diese Region in Peter Rosseggers Waldheimat wieder, die vielfach erwähnten „Kraftorte“ des Jogllands werden die Teilnehmer der Österreich-Rundfahrt auch dringend brauchen. Knittelfeld – Sankt Michael – Leoben – Bruck an der Mur – Kapfenberg. In Sankt Lorenzen verlässt man schließlich das Murtal und rollt in das Joglland – eine Premiere bei der Österreich-Rundfahrt. Die Bergwertungen tragen die Namen Schanzsattel, Bühlhofer und Riegersberg und stehen damit vielleicht nicht an der Spitze der „diese Pässe musst du in deinem Leben gefahren sein“-Liste. Aber genau dafür sollte man ja dankbar sein - neue Regionen, neue Strecken, neue Pässe, die bei der Österreich-Rundfahrt einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. 3.600 Höhenmeter auf 167 Kilometern klingen dann aber eher nach Erholung am nahe gelegenen Stubenbergsee als nach Etappe 6 der Österreich-Rundfahrt, aber da müssen die Fahrer wohl durch…
7. Waidhofen an der Ybbs – Sonntagberg
Im Sportland Niederösterreich geht es dafür wieder zu einem alten Bekannten der Rundfahrt – dem Sonntagberg. Der Wallfahrtsort im Mostviertel war schon vielfach Bühne für spannende und unterhaltsame Episoden der Tour. Damit das auch 2018 so ist, hat sich die Organisation dafür entschieden, die Fahrer ganze fünf Mal auf den Sonntagberg zu schicken – immerhin jedes Mal durchschnittliche 9,3 Prozent Steigung auf 3,6 Kilometern. Bei den drei Bergwertungen kann dabei die Vorentscheidung für das Trikot des besten Bergfahrers fallen. Zum Sonntagberg lässt man aber am besten jenen Mann zu Wort kommen zu lassen, der ihn wie seine Westentasche kennt, Weltrekordler Stefan Wagner:
Stefan plant übrigens am 15. Juni 2018 einen 48h Höhenmeter-Weltrekord am Sonntagberg! Staunen, Mitfiebern ist dringend erwünscht, die Möglichkeit von gemeinsamen Trainingsfahrten vorab und viele Informationen mehr findet ihr auf seiner Homepage.
8. Scheibbs – Wels
Wels ist gerade dabei, sich als Rennradregion zu etablieren – mit Trainingsmöglichkeiten, Radreise-Angeboten, einer tollen Landschaft und natürlich Straßen, die auch von den dort ansässigen Profis von Simplon Felbermayer Wels genützt werden. Grund genug für die Organisation der Österreich-Rundfahrt, Wels zum Zielort der diesjährigen Tour zu machen. Der Weg dorthin ist nochmals ein anspruchsvoller. Vom Start in Scheibbs geht es über die Bergwertung mit dem großartigen Namen „Luft“ nach Waidhofen an der Ybbs, weiter nach Steyr und Kremsmünster, wo die letzte Bergwertung der Tour wartet. Über Lambach geht es weiter nördlich nach Wels, wo als Abschluss drei Runden gefahren werden, ehe die 70. Österreich-Rundfahrt am Zielstrich in der Welser Innenstadt ihren Endpunkt findet.
Fazit und meine bescheidene Meinung
In Österreich eine Rundfahrt zu organisieren und die entsprechende Strecke dafür zu suchen ist eigentlich eine undankbare Aufgabe! Es ist jedenfalls ein Luxusproblem, vor dem man steht, bieten sich doch in Österreich dermaßen viele Möglichkeiten, Orte und Berge an, Teil der Rundfahrt zu sein. Kitzbüheler Horn und Großglockner sind geschichtsbeladene Ikonen der Rundfahrt, da ist es verständlich, dass sie jedes Jahr Teil der Strecke sind, obwohl es sehr reizvolle Alternativen oder absolut ebenbürtige (wenn nicht sogar leicht überlegene) Konkurrenten gibt. Mit dem Rettenbachferner steht da beispielweise der „höchste mit dem Rennrad erreichbare Punkte der Alpen“ bereit, die Silvretta Hochalpenstraße wäre landschaftlich ebenso ein absolutes Highlight und auch wenn es um die sogenannten „Killer-Hills“ geht – kurze, zermürbende Stiche – sind wir in Österreich sehr gut bedient. Aber nur Bergetappen geht halt auch nicht, insofern können wir noch immer glücklich sein, dass es solche Legenden-Berge wie das Horn und den Glockner bei der Tour gibt.
Die 70. Österreich Rundfahrt bringt einiges an Variation mit sich und wagt sich in neue Regionen - ein Schritt, der aus meiner Sicht positiv und mutig und daher entsprechend zu schätzen ist. Knittelfeld – Wenigzell oder Scheibbs – Wels klingen zwar vielleicht nicht so glamorös, lenken den Fokus aber auf neue und bei Rennradlern vielleicht noch unbekannte Ecken des Landes. Und ehrlich gesagt hätte ich persönlich ja nichts dagegen, eine ansprechende Rennrad-Region gezeigt zu bekommen, die nur zwei Stunden von Wien entfernt liegt – auf den Glockner fahre ich ja sowieso einmal im Jahr. Wien ist ein gutes Stichwort – die Tour spart 2018 den äußersten Osten Österreichs aus. Das finde ich auf der einen Seite schade, auf der anderen Seite aber in Ordnung. Schade ist natürlich, dass die Tour nicht „vor der Haustür“ Halt macht – so wie letztes Jahr mit der U-Bahn zu Etappenziel beim Stadion zu fahren war natürlich sehr angenehm. Mit einem Besuch in Wien würde man außerdem eine große Zahl der immer größer werdenden Rennrad-Community abholen, und vielleicht auch den einen oder die andere dazu motivieren, selbst aufs Rad zu steigen. Auf der anderen Seite liegt der Fokus in diesem Jahr einfach auf dem Westen Österreichs – der Giro endet dieses Jahr auch in Rom und nicht wie zuletzt in Mailand. Ein anderer Grund ist nach meiner Einschätzung die Genehmigungs-Situation für Radveranstaltungen in Großstädten – hier war schon letztes Jahr eine etwas abgespecktere Version im Einsatz, eine Prater Hauptallee ist einfacher zu sperren als die Ringstraße. Aber im Sinne der vorher genannten Variation gehe ich davon aus, dass die Rundfahrt auch bald wieder in Wien Halt machen wird. Zuvor genießen wir aber gemeinsam die tolle Strecke der Austragung 2018. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich Riccardo Zoidl, Stefan Denifl und auch Hermann Pernsteiner schlagen werden.
Ich freue mich natürlich besonders darauf, mit Kamera und Laptop Teil des Tour-Trosses 2018 zu sein! Ich werde versuchen, mit Bildern, Interviews und Geschichten einen Einblick hinter die Kulissen der Österreich-Rundfahrt zu bieten.