Zwift x Wahoo Tour Wien und Territory Manager Kai Rapp im Interview
Hallo Kai! Danke, dass du dir als Territory Manager von Zwift für Deutschland, Österreich und die Schweiz am Rande des Events in Wien kurz Zeit nimmst. Was ist Zwift für dich - Trainingsprogramm, Computerspiel oder ganz etwas anderes?
Für mich ist es genau dazwischen. Es hat tatsächlich etwas von einem Computerspiel, als Zwift weisen wir auch gerne darauf hin, dass wir aus der Gaming-Welt entstanden sind. Sieht man sich den neuen Kurs in New York an, dann mutet der teilweise recht offensichtlich gamifiziert an. Stellenweise wollen wir zukünftig auch noch verspielter werden, das Ganze aber gleichzeitig mit ernsthaftem Training zusammenbringen. Unser Claim heißt ja „Serious Training made fun“, wir wollen ernsthaftes Training zum Vergnügen machen.
2018 gab es viele neue Features, Strecken, Erweiterungen, Events - alles wurde intensiver, größer, mehr. Worauf bist du im vergangenen Jahr am meisten stolz?
Die Companion-App hat sich extrem verbessert, die darin enthaltene Meetup-Funktion finde ich großartig, die Übersichtlichkeit ist besser geworden, als Controller fürs Training ist die App super. Auch auf die Kurse bin ich stolz, auch weil ich selbst gerne Rennen fahre, zum Beispiel die 8,8 Kilometer der Innsbruck-Runde. Die optimale Länge eines Kurses für eine Präsentation wie heute ist übrigens eine Bierlänge, also die Dauer eines Biers, das der Zuschauer hier trinkt, während vorne gefahren wird. Also die Companion-App war am wichtigsten, stolz ist da aber der falsche Ausdruck. Mit der Einführung der Meetup-Funktion haben wir auf die vielen Anfragen von Radsportgruppen, Clubs und Nutzern reagiert. Da und dort wird die Meet-up-Funktion noch optimiert werden, daher ist auch das Feedback aus der Community sehr wichtig für uns!
Wo liegen derzeit die technischen Grenzen, wieviele Fahrer können gleichzeitig online sein?
An sich gibt es keine Grenzen was die Zahl der Nutzer betrifft, theoretisch ist das System momentan auf 30.000 gleichzeitige Logins ausgelegt, derzeit sehen wir zu Spitzenzeiten rund 13.000 Personen online. Wenn es zu Problemen kommt, dann resultieren diese aus anderen kleineren Bugs in speziellen Konfigurationen, theoretisch aber nicht aus der Nutzerzahl. Grundsätzlich ist das System sehr zuverlässig, wir haben auch sehr viel in die Verbesserung der Serverstruktur investiert.
Wird es zu größeren technischen Umstellungen kommen - passiert da etwas im Hintergrund?
Zwiftt wird zunehmend cloudbasiert aufgebaut. Unter der Dingen, die auf der Nutzerseite bemerkbar sind, wird die Möglichkeit der Weltauswahl sein.
Ich habe gelesen, Watopia soll immer verfügbar sein?
Ja genau, Watopia wird immer offen stehen, eine zweite Welt wird wie bis jetzt nach einem vorgegebenen Kalender online sein. Erfolgsgeheimnis von Zwift ist ja, dass Leute gemeinsam fahren, wenn diese dann auf fünf verschiedene Welten verteilt werden, würde die Grundidee von Zwift verloren gehen.
Richmond und Innsbruck werden dann öfter verfügbar sein (und nicht wie bis jetzt 1-2 Mal im Monat)?
Ja klar, nachdem Watopia immer online ist, werden die anderen Strecken rein rechnerisch entsprechend öfter im Kalender stehen.
Was sind die großen Pläne für 2019? Geht es in diesem hohen Tempo weiter?
Wir sind jetzt nicht zwingend daran interessiert, laufend neue Welten anzubieten, sondern vielmehr, die bestehenden Welten mit weiteren Strecken auszubauen und zu erweitern. Bei der Strecke in Richmond drehen ja nicht alle durch vor Liebe, da fehlt beispielsweise ein Berg. Aber wir haben 2019 den Fokus in erster Linie auf die Entwicklung des eSports. So haben wir gerade heute die KISS Super League gelaunched, an der 15 echte UCI Professional Continental, Continental und Community Teams als auch sieben Frauen-Teams teilnehmen.
Ich habe ja Richmond mittlerweile wieder lieb gewonnen…
Schnell, bzw. im Rennen gefahren finde ich Richmond gerade am Ende brutal und er tut echt weh. Jeder Kurs hat seine Berechtigung, auch je nachdem was man trainieren möchte. Ich finde alle Kurse großartig, vor allem Innsbruck, weil ich das visuell schön finde und auch persönlich in-real-life kenne. Für 2019 kann man fast davon ausgehen, das wir die Partnerschaft mit der UCI fortführen, was bedeuten könnte, dass zur Vorbereitung für die Profis und übrigen WM-Teilnehmer auf die Straßen-WM 2019, Yorkshire dazukommen würde.
Wie aufwendig ist die Entwicklung einer Welt?
Ich glaube für Innsbruck waren es rund 4.250 Programmierstunden und ich weiß nicht wieviel Liter Kaffee. Das wurde alles mal ausgerechnet… Auf YouTube gibt es ein eindrucksvolles Video zur Entstehung des Innsbruck Kurses, da ist das alles schön und genau aufgearbeitet.
2019 wird also kein Jahr der großen Effekthaschereien, sondern gleichmäßiges Wachstum ist angesagt?
Genau. Wie gesagt, kleine Gags wollen wir immer wieder mal einbauen. Es wird einen Store geben, wo man seine Credits (XP-Punkte) eintauschen kann gegen Trikots und Equipment. Aber das wird kein monetärer Store mit echtem Geld, sondern nur virtuelles „XP“. Es wird von Zwift neben dem Monatsbeitrag auch zukünftig kein weiterer monetärer Einsatz gefordert werden und man kann sich auch keine fahrerischen Vorteile erkaufen.
Es gibt zahlreiche Modifikationen, z.B. sogenannte „World Hacks“, mit denen man durch Eingreifen in Log-Files des Programms die Welt vorab auswählen kann. Wird das gerne gesehen, als Problem wahrgenommen oder ist das egal?
Das ist uns im Grunde gleichgültig - es stört uns nicht, wenn jemand in einer anderen Welt fährt. Wir wollen nur an unserer grundsätzlichen Philosophie festhalten, die besagt, dass Leute gemeinsam fahren sollen.
Ähnliches bei Zwift-Power, das ist mittlerweile ein eigenständiges und ausgewachsenes System. Wie wird es wahrgenommen, dass hier ein großes System außerhalb von Zwift existiert?
Man will das sogar bewusst ausgelagert haben, weil man im Hause Zwift keine Diskussionen haben will über Rennverläufe, Ergebnisse, Digital Doping, usw. Zwift sieht sich als Plattform und lebt davon, dass die Community Dinge in Eigenregie organisiert, daher werden diese Dinge seitens Zwift entsprechend unterstützt. Zwift selbst hat für die nationalen Meisterschaften Zwift-Power als Zeitnahme- und Ergebnisdienst herangezogen - Arbeitsteilung im positiven Sinn quasi. Bei einem realen Rennen in Wien nimmt man sich ja auch z.B. Pentek Timing als Zeitnehmer, so kann man das verstehen.
Die vielfach stattfindenden Events auf Zwift (Tour de Zwift, Zwift Fondo) bringen einen tendenziell dazu, im Winter zu hart zu trainieren. Ist das unter Umständen kontraproduktiv, ist die Gefahr da, dass man zu hart fährt?
Das Risiko ist schon vorhanden, hängt aber großteils von der Selbstdisziplin der User ab. Leute, die Trainngspläne verfolgen, bleiben tendenziell diszipliniert bei ihrem Plan und nehmen eher nicht an diesen Events teil. Wir wollen aber auch jenen Leuten etwas bieten, die sich auch im Winter austoben wollen. Abgesehen davon ist beispielsweise die Tour de Zwift ja gar nicht als Rennen tituliert. Manche machen es sicher zum Rennen, aber im Endeffekt ist es als gemeinsame Ausfahrt gedacht.
Was sagt man jemandem der sich zu weit reinsteigert?
Wir von Zwift hoffen, das Zwift-Fahrten in erster Linie Extra-Stunden und keine Ersatzstunden sind. Zudem gab es aber sicher viele Leute, die vor der Zwift-Ära durch den kalten Regen gefahren sind und dies nur aus Trainingsgründen, nicht aber aus Spaß gemacht haben - denen soll eine Alternative zum spaßfreien Training geboten werden. Das wären dann durchaus Ersatzstunden, für deren Angebot sich Zwift aber nicht schämen muss.
Die Konkurrenz wächst, es kommen neue Player auf den Markt.
Zwift lebt von der Community, von den vielen Gleichgesinnten auf der Strecke. Viele Triathleten lieben beispielsweise Zwift - auch wenn die übrigen Fahrer auf der Strecke beim Abspulen ihres Trainingsgplans eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben, dann mögen sie es doch gerne, dass da einfach etwas los ist auf der Strecke. Andere Mitbewerber geben sich auch große Mühe und entwickeln ihre Produkte weiter. Was Spaßfaktor verbunden mit ernsthaftem Training betrifft, haben wir aber keine wirkliche Konkurrenz zur Zeit. Je nachdem, wie wichtig einem beim ernsthaftem Training der Spaß ist, der wird sich für Zwift oder ein anderes Produkt entscheiden.
Es sind unzählige Profis auf Zwift unterwegs, wie schaut da das Feedback aus?
Es sind viele Profis auf Zwift vertreten, vor allem auch viele Triathleten. Profis haben natürlich andere Trainingsumfänge, da sind einfach auch immer viele Fahrten draußen und Trainingslager dabei, auch der Mix ist sehr wichtig. Man sieht aber beispielsweise Pascal Ackermann häufig auf Zwfit für kürzere Einheiten. Viele bauen Zwift in ihr Training ein, wir merken die große Beliebtheit bei den Pros an den Anfragen für Pro-Accounts.
Ist Nachwuchsförderung ein Thema?
Die wichtigste Nachwuchsförderung ist, dass jeder unter 16 Jahren, gratis auf Zwift fährt. Wir gehen davon aus, dass radfahrende Eltern das gerne an ihre Kinder weitergeben, da fahren die Kinder auf deren Rollen und Walzen. Es gibt auch vereinzelt Anfragen nach Familienbundles oder Ähnlichem, das ist derzeit aber noch kein größeres Thema. Wir wollen aber probeweise mal in Schulen gehen und mit den Verbänden in Bezug auf Jugendarbeit und Scouting arbeiten. Ich bin der Meinung, dass Zwift für die Verbands- und Clublandschaft sehr bereichernd sein kann, was das Wecken des Interesses bei Kindern und Jugendlichen betrifft.
Wie bringt man Zwift „offline“ - mit Events und Aktionen wie der Zwift x Wahoo-Tour?
Unser Eventformat ist absolut geeignet, Zwift spielerisch zu den Leuten zu bringen und unseren Lifestyle zu vermitteln. Wir wollen mehr Spaß in der Radsport bringen. Wir machen das jetzt bereits im dritten Jahr und lernen so Radpsort-Communities als auch unsere bestehenden User kennen.
Und ihr seid zum ersten Mal auch in Wien!
Ja genau. Die Events sind in der Organisation zwar sehr aufwendig, wir erhalten aber durchwegs sehr positives Feedback. Wir holen auf diese Weise echt viele Menschen ab, so macht das allen Spaß!
Danke für das Interview und Ride On! ;)