Nach vier Monaten, in denen ich das Wahoo Kickr Bike durch unterschiedliche virtuelle Welten, zahlreiche Apps und Trainingsblöcke gejagt habe, ist es Zeit für ein Review und ein Fazit!
FTP Ramp Test auf Zwift
Ich habe einen Ramp Test auf Zwift absolviert, der innerhalb von 15-20 Minuten einen FTP-Wert ausgeben kann. Ob diese Art Test mit einem Stufentest in einem Labor mithalten kann, worin die Unterschiede liegen und worauf man achten muss, erklären Clemens und Matthias von HPC.
8 Virtual Cycling Apps im Test
"Es ist Winter und kalt draußen und unter manchen Umständen ist es einfach angenehmer, drinnen auf der Rolle zu fahren". So oder so ähnlich würde dieser Blogpost starten, wenn nicht 2020 wäre. Dieses Jahr kommen noch diverse Lockdowns, Quarantänen und Homeoffice dazu, die dem Indoor Cycling einen massiven Schub verpasst haben. Der scharenweise Zulauf zu diversen Trainings- und Unterhaltungsplattformen hat der ganzen Branche eine neue und zusätzliche Dynamik verpasst.
Platzhirsch ist fraglos Zwift, das 2013/2014 eines der ersten umfassenden Angebote auf den Markt gebracht habt. Seitdem hat sich auf Zwift viel getan und auch zahlreiche andere Player sind aufgetaucht - manche mit ähnlichen Angeboten, andere mit eigenen (guten) Verkaufsargumenten oder Alleinstellungsmerkmalen. Dass Zwift die Nummer Eins ist, haben nicht zuletzt zwei Ereignisse aus der kürzeren Vergangenheit gezeigt: Einerseits ist da die erste Virtual Cycling Weltmeisterschaft, die Anfang Dezember 2020 auf Zwift stattgefunden hat, zum anderen ein Investment von 450 Millionen US-Dollar, das Zwift im September diesen Jahres eingesammelt hat und das wohl für die Zukunft einiges an Erwartungen schürt.
Für diesen Blogpost möchte ich Zwift jedoch außen vor lassen. Ins Scheinwerferlicht werden die Alternativen gerückt. Ich habe über die letzten Wochen hinweg acht Alternativen getestet und ausprobiert und möchte meine Erkenntnisse und Erfahrungen mit euch teilen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit - jede App auf Herz und Nieren durchzutesten, würde jeglichen Zeitrahmen sprengen. Und wie immer sind meine Eindrücke und Meinungen natürlich subjektiv und meine eigenen :)
Zu jeder App bzw. jedem Programm gibt es in Folge eine kurze Zusammenfassung, dann eine Typen- und Kaufberatung und am Ende eine tolle Tabelle mit allen Informationen und zusätzlich auch noch ein Video, schließlich soll man ja auch sehen, wie das ganze in Action aussieht. Im Video gibt es darüberhinaus als Draufgabe einen "Special Guest" - da kann sogar der DC Rainmaker einpacken ;) Und weil es etwas mehr zu erzählen gibt, hier ein Inhaltsverzeichnis:
Rouvy
Kinomap
Fulgaz
Bkool
RGT Cycling (Road Grand Tours)
Sufferfest
Trainerroad
GPX am Wahoo Elmnt
Nicht getestet habe ich die Software von Tacx, die eigene Videos zum Nachfahren anbietet. Außerdem war es nicht möglich, "Velothon" zu testen - eine vielversprechende Software, die sich allerdings seit mittlerweile schon zwei Jahren im Beta-Stadium befindet.
Rouvy
Wenn man dem Gros der Stimmen aus dem Internet glauben schenken möchte, hat Rouvy die besten Karten, der Hauptkonkurrent von Platzhirsch Zwift zu sein. Das tschechische Unternehmen hat es 2020 auch geschafft, "Austragungsort" einiger offizieller Rennen zu sein, bspw. der virtuellen Flandern-Rundfahrt.
Rouvy bietet eine große und gute Auswahl an qualitativ hochwertigen (realen) Streckenvideos, man bewegt sich also auf "echten" Straßen und nicht in einer virtuellen Spielwelt. Die Videos laufen flüssig und die Synchronisation mit dem eigenen Tempo funktioniert sehr gut.
Was man auf Zwift eventuell nie hinterfragt, einem allerdings bereits bei der ersten alternativen App auffällt, ist die "Trainer Difficulty". Auf Zwift ist es nicht ungewöhnlich, auf dem großen Blatt einen sagen wir 8-10% steilen Anstieg hinaufzufahren - in erster Linie liegt das daran, dass Zwift default-mäßig den Trainerwiderstand niedrig anlegt. Auf Rouvy (und in allen anderen Apps dieses Tests) schaut das anders aus, 10% in der App fühlen sich auch an wie 10% draußen - zumindest merkt man das an der Gangwahl. Dementsprechend ist auch das Geschwindigkeitsgefühl und die Art und Weise wie man vorankommt realistisch und nahe an der Wirklichkeit.
Die Strecken und Anstiege sind in kleinere Abschnitte unterteilt, die alle ihre jeweilige Steigung hinterlegt haben. Die Steigungswechsel sind flüssig und entsprechen im Großen und Ganzen auch dem, was man am Bildschirm vor sich sieht. Wer die unmittelbaren und flüssigen Steigungsübergänge von Zwift gewöhnt ist, könnte allerdings bei den ersten Fahrten etwas irritiert sein.
Die Fahrer schauen aus wie Football Spieler, haben einen steifen Oberkörper und bewegen sich wie Roboter. Die Bewegungen wirken unnatürlich und auch die Dynamik passt irgendwie nicht zu dem was man macht - so steht der Fahrer zum Beispiel nicht auf, wenn die Trittfrequenz sehr niedrig ist. Sie schauen auf jeden Fall nicht aus wie Radfahrer - Vicenza Nibali wäre noch mehr ein Strich in der Landschaft neben einem Rouvy-Avatar - und wenn man in Ruhe das Grödner Joch hinauf fährt, irritiert der Avatar fast ein bisschen. Praktischerweise kann man den Avatar aber auch einfach ausblenden und so einen ungestörten Blick auf die Strecke erhaschen.
Andere Fahrer sind zwar (vereinzelt) auf den gleichen Strecken unterwegs und man sieht auf der linken Seite des Bildschirms ein "Leaderboard" bzw. eine Liste der Fahrerinnen und Fahrer, Interaktion ist allerdings keine möglich.
Gamifikation oder anderen Kurzweil sucht man eher vergeblich - wenn man direkt von Zwift kommt, kann das ungewohnt sein. So gibt es zwar "Wertungsbögen" auf den Strecken bei Halbzeit, dort passiert allerdings nichts weiter als dass die eigene Zeit angezeigt wird.
Reizvoll sind hingegen der Karrieremodus, in dem man Stufe für Stufe Erfahrungen sammelt und vom Rookie zum Profis heranwächst. Badges, Challenges und organisierte Rennen bieten Herausforderungen abseits des einsamen Abfahrens von Strecken. Auch Trainingsprogramme sind im Funktionsumfang von Rouvy enthalten, wenn diese auch - für mich nicht ganz nachvollziehbar - noch einmal in einer eigenen App untergebracht sind.
169k-Testergebnis: Gute Strecken und Videos und die größte Verbreitung hinter Zwift. Die Umsetzung ist gut und die App macht Spaß, aber nur wenn den ungelenken Avatar ausblendet.
Kinomap
Auch bei Kinomap liegt der Fokus auf realen Videos, anhand derer man sich durch die ganze Welt bewegen kann. Die Auswahl an Videos ist sehr groß und man weiß im ersten Moment gar nicht, wonach man filtern oder suchen soll. Dafür ist die Suchfunktion aus meiner Sicht auch nicht wirklich ideal, das haben andere Mitbewerber etwas besser gelöst. Aber es ist definitiv für jede und jeden etwas dabei.
Während der Aktivität fährt man die Videostrecke ab, es gibt keinen Avatar der ablenkt. Es sind zwar andere Fahrer auf der gleichen Strecke unterwegs, ein Aufeinandertreffen hat allerdings keine Auswirkungen und es ist auch keine Interaktion möglich oder vorgesehen.
Zwei Dinge fallen aus meiner Sicht bei Kinomap am schlechtesten (in dieser Auswahl von Apps) aus: Einerseits ist die Anpassung der Geschwindigkeit der Videos bzw. die Synchronisierung des Videos zur gerade erbrachten Leistung am Rad am diffusesten. Manchmal scheint das Video fast etwas zu ruckeln, wie wenn das Programm nicht genau wüsste, was man auf dem Rad gerade macht. Natürlich fällt dies eher bei Videos auf, wo noch andere Fahrer, Fußgänger oder Autos unterwegs sind, aber mich persönlich irritiert es ein wenig. Und alles was "unnatürlich" aussieht, trübt bei mir recht schnell den Spaß. Auf einer anderen Strecke war ich bergab mit 75 virtuellen km/h unterwegs, während das Video im Schneckentempo abgespielt wurde.
Weiteres "Problemfeld" sind aus meiner Sicht die Steigungen in Kinomap. Diese sind nämlich auf recht große Abschnitte "ausgebreitet" - soll heißen, dass zum Beispiel im Anstieg zuerst ein 550 Meter langer Abschnitt mit 5,4 Prozent kommt, danach ein 300 Meter langer Teil mit 7,3 Prozent, danach 800 Meter mit 2,3. Alles in allem erzeugt das nicht nur eine irgendwie abgehackte Fahrt sondern auch einen unrealistischen Eindruck der realen Strecke. Ich konnte nicht herausfinden, ob das nur bei den von mir getesteten vier Strecken der Fall war oder bei allen Videos auf Kinomap. Normalerweise werden Videos mit einem dazugehörigen GPX-File eingereicht und angeboten, dementsprechend sollte eigentlich ein detailliertes und feiner unterteiltes Höhenprofil möglich sein.
Es gibt Workouts, die allerdings recht rudimentär daherkommen, einen Challenge-Mode gegen die Zeit und eine gute Mischung aus Features. Für manche mag auch ein Kriterium seien, dass bei Kinomap nur sehr wenige Strecken aus Österreich zur Auswahl stehen.
169k-Testergebnis: Leider vermiest die technische Umsetzung (vor allem die seltsame Steigungsdynamik) jeglichen Spaß am Radfahren.
Fulgaz
Öffnet man Fulgaz zum ersten Mal landet man in einem optisch wenig anspruchsvollen und irgendwie seltsam strukturierten Hauptmenü. Das war es dann aber auch schon mit den Kritikpunkten!
Es gibt einen Haufen Videos realer Strecken, die auf ein Nachfahren warten. Die Sortierung und Suchfunktion ist die beste aller Apps, die Unterteilung ist sinnvoll und man findet schnell, was man sucht oder worauf man gerade Lust hat. Neben den klassischen Kategorien "Berg", "lange Strecken" und "flach" gibt es außerdem - als einzige App - sogenannte Sightseeing-Strecken und auch eine Hand voll Mountainbike-Trails. Am anderen Ende des Regenbogens führt die Ironman Kona Strecke die Liste der "Long Runs" an. Viele Videos sind außerdem auch in 4K-Auflösung verfügbar - ein Alleinstellungsmerkmal im Strauß der Virtual Cycling Apps. (Auch wenn mir persönlich der unmittelbare Nutzen von 4K - mangels geeigneter Abspielgeräte - nicht so wichtig ist...).
Neben der hohen Qualität der Videos ist mir persönlich die gute Synchronisation mit den eigenen Leistungen am wichtigsten - und die funktioniert bei Fulgaz hervorragend. Der Widerstand ist im Mittelfeld, kann allerdings individuell angepasst werden. Die Steigungswechsel sind recht flüssig, die Übergänge gut ausgestaltet - damit ist man recht nahe an der Realität dran und das Videobild stimmt auch mit dem überein was man spürt.
Als einzige App mit realen Streckenvideos kann man bei Fulgaz einzelne Videos lokal herunterladen und damit auch offline trainieren.
Es sind keine anderen Fahrerinnen oder Fahrer auf den Strecken unterwegs - nichts verstellt den Blick auf die Straße, die man neben Video auch als Kartenansicht oder Satellitenbild von oben genießen kann.
169k-Testergebnis: Mein Favorit, wenn man reale Streckenvideos und gute technische Umsetzung haben möchte.
Bkool
Bis vor kurzer Zeit war Bkool noch Hersteller von Rollentrainern, mittlerweile dürften sich die Spanier voll und exklusiv auf ihre App konzentrieren.
Auch hier geht es auf realen Strecken zur Sache, allerdings bietet Bkool als einzige App die Möglichkeit, während der Fahrt zwischen Video, virtueller Strecke und Kartenansicht zu wechseln. Wem das Video mit der echten Strecke und dem realen Verkehr zu viel sein sollte, kann also jederzeit - sofern verfügbar - in eine virtuelle Welt entfliehen, die anhand der GPX-Daten modelliert ist. Auf diese Art und Weise kommt zusätzliche Variation und Abwechslung in die ganze Geschichte.
Bevor man jedoch in die Pedale tritt, empfängt einen die App mit einem gut gemachten und umfassenden Intro, einer Vorstellung der verfügbaren Funktionen und einer entsprechenden "Einschulung" - Pluspunkte dafür! Punkteabzug und großes Unverständnis gibt es von mir allerdings für das Video, das im Rahmen des Tutorials verwendet wird. Hier wäre man mit so gut wie jedem anderen Video besser bedient gewesen und der erste Eindruck wäre jedenfalls ein besserer gewesen.
Neben dem Einführungsvideo finden sich noch zahlreiche andere, die verwackelt oder seltsam schief daherkommen oder einfach nicht gut gefilmt sind. Hier haben alle Apps mit realen Strecken wohl unterschiedliche Herangehensweisen in Bezug auf Streckenauswahl, Videoübermittlung und Qualitätssicherung. Mich persönlich konnten die Videos auf Bkool großteils leider nicht überzeugen - vor allem wenn man Rouvy und vor allem Fulgaz als Benchmark heranzieht.
Teil der Einführung in die App ist auch ein Leistungstest, den man absolvieren muss, um die korrekte FTP anzugeben - ein direktes Eingeben des FTP-Werts ist nicht möglich. Fahren kann man natürlich trotzdem, allerdings geht der Avatar dann schon recht früh aus dem Sattel und die Bewegungen stimmen nicht mit dem überein, was man auf dem Rad macht.
Apropos Übereinstimmung - die Synchronisation zwischen Video und Leistung auf dem Trainer ist solala und eher Mittelfeld, die Steigungen sind zwar gut abgestuft stimmen aber mitunter nur so halbwegs mit dem überein, was man im Video sieht.
Andere Fahrer findet man vereinzelt auf den Strecken, eine Interaktion ist allerdings nicht vorgesehen oder möglich. Mit Trainings, “Live-Strecken” (also quasi organisierten Events) und vielen anderen Features ist für einige Stunden Unterhaltung und Trainingsvariation gesorgt.
Bkool hat übrigens den härtesten Widerstand von allen Apps. Bei 7% Steigung war ich mit 250 Watt bereits im ersten Gang unterwegs...
169k-Testergebnis: Viele Strecken und guter Funktionsumfang, allerdings sind die Videos nicht so hochwertig wie in anderen Apps.
RGT Cycling (Road Grand Tours)
In RGT habe ich persönlich die größten Hoffnungen gesetzt, einen annähernd ebenbürtigen Rivalen zu Zwift zu finden. Und die Grafik des "Spiels" enttäuscht nicht - in bester Auflösung kann man eine der realen Strecken (Stilfser Joch, Cap Formentor, und andere) unter die Räder nehmen. Auch gut gemacht sind die Steigungen und Übergänge, der Widerstand ist realistisch und passt mit dem zusammen, was man am Rad aufführt.
ABER! Was mich absolut fertig macht sind die Bewegungen des Avatars. Und daran ändern auch die ansprechenden Kameraperspektiven und Blickwinkel nichts. Wenn sich der Avatar 100 Meter vor einer Kurve beginnt nach innen zu lehnen aber noch munter geradeaus weiterfährt, dann kann das nicht "realitätsgetreu" sein. Das mag anderen egal sein, mir verdirbt so etwas den Spaß an der App - leider.
Über andere Kleinigkeiten könnte ich sonst noch hinwegsehen: den enormen Ressourcenverbrauch des Programms zum Beispiel, wo ich auf einem halbwegs aktuellen MacBook Pro die Grafikeinstellungen etwas reduzieren muss, um ein flüssiges Bild zu bekommen. Oder die umständliche Lösung mit "Screen App" (am Computer oder iPad) und verpflichtender zusätzlicher "Mobile App" am Telefon. Oder der Tatsache, dass am Ende der Strecke einfach nichts passiert - keine Wertung, keine Zusammenfassung... nur ein Umdrehen und Zurückfahren.
Auch “Magic Roads”, wo man ein eigenes GPX-File einschicken kann und RGT innerhalb von wenigen Minuten in-game eine entsprechende virtuelle Strecke bereitstellt, ist leider nicht so beeindruckend, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar bekommt man eine virtuelle Strecke mit den "richtigen" Kurven und Gradienten aber die Landschaft ist ein bleibt eine beliebige und zufällige Insel/Palmen-Mischung. Schon klar, dass man nicht die "echte" Strecke nachgebaut bekommen kann, aber aus meiner Sicht werden hier höhere Erwartungen geschürt, als dann erfüllt werden können.
169k-Testergebnis: Vielleicht bin ich auch nur enttäuscht, weil ich mir von RGT so viel erwartet habe. Aber gute Grafik alleine reicht einfach nicht!
Sufferfest
Sufferfest gehört Wahoo und ist dementsprechend gut in das Wahoo-Universum eingebettet - man kann sich mit einem bestehenden Wahoo-Login anmelden und bei jedem Kickr Smarttrainer ist ein 60-Tage-Test inklusive. Und neben Radfahren bedient Sufferfest auch gleich noch andere Sportarten und -bereiche: Multisport, Yoga, Krafttraining und einiges mehr.
Wenn man sich einen der Trainingspläne von Sufferfest als Grundlage hernimmt, kann man sein komplettes Training inklusive Cross-Activities, Strength und Entspannung in der App absolvieren. Das Ganze ist dabei gut gelöst und einfach zu handhaben.
Bei Sufferfest verabschieden wir uns von klassischen Streckenvideos und Routen, hier geht es um Training anhand von definierten Parametern. Nachdem das eventuell nicht so einfach zugänglich ist, wie das Nachfahren von Straßen, gibt es ein toll gemachtes, unterhaltsames und aufschlussreiches Intro und Tutorial-Video. Hat man dieses absolviert, sind eigentlich alle Fragen beantwortet. Und gleichzeitig fühlt man sich richtig abgeholt und aufgenommen in den Club der "Sufferlandrians". Ein bisschen Übung erfordert es dann trotzdem, bis man die gesamte Systematik durchschaut und internalisiert hat. Für mich war zum Beispiel anfangs schwer, die Wattwechsel mitzugehen - allerdings ist das ein Thema von 2-3 Einheiten, dann geht alles gut von der Hand.
Die Videos sind hochgradig kurzweilig und unterhaltsam, von Szenen aus dem Profi-Peloton über romantische Fahrten durch den Wald bekommt man unterschiedliche Videoschnipsel eingespielt - je nachdem was gerade zum Traininigsblock passt. Anweisungen, Anleitungen und Motivationssprüche sorgen dafür, dass man 1. immer weiß, was zu tun ist und 2. gut unterhalten und motiviert ist. So vergeht die Zeit während dem Training wie im Flug.
In Homeoffice Zeiten lässt sich die App praktisch minimieren, sodass der Bildschirm noch dazu verwendet werden kann Mails zu beantworten. OK, oder Netflix zu schauen...
169k-Testergebnis: Durchdachtes Konzept, das gleichsam unterhält und motiviert. So macht Training Spaß und man bedankt sich auch noch artig, nachdem man sich durch Intervalle gequält hat.
Trainerroad
"Reduced to the max" wäre wohl eine jener Formeln, die an dieser Stelle stehen könnten. Bei Trainerroad geht es nur um eines - Training! Alles andere wird ausgeblendet bzw. existiert erst gar nicht. Nach Avataren, Strecken, Videos, Chats und Gamification sucht man hier also vergeblich - das ist eine andere Zielgruppe.
Trainerroad hat eine immense und vollständige Bibliothek an Trainingsplänen und -einheiten und diese spult man trocken und cool ab - zumindest was Aufmachung und Design angeht. Beim Treten und Trainieren wird es dann ohnehin weniger "cool" zugehen.Mir fallen noch weitere Attribute und passende Adjektive ein: trocken, technokratisch, schick, klar, no bullshit!
Auf dem Bildschirm ist ein Balken zu sehen, der die Watt vorgibt. Diesem zu folgen ist die einzige Vorgabe, die das Programm gibt. Sofern man aus seinem schweißtropfenden Gesicht noch etwas sieht, erhält man gute Anleitungen, Erklärungen, warum man gerade das tut, was man macht und sinnvolle Motivationssprüche.
Da die trockene Aufmachung einigen doch einen Tick zu langweilig sein dürfte, fährt das Gros der User mit Netflix oder TV nebenbei oder aber auch gleichzeitig mit Zwift.
169k-Testergebnis: Maximales Training? Trainerroad! Am weitesten entfernt von einem "Computerspiel" - im positiven Sinn.
GPX am Wahoo Elmnt
Etwas außer Konkurrenz läuft das Nachfahren eines GPX-Tracks auf dem Wahoo Elemnt - handelt es sich dabei doch nicht um eine App im eigentlichen Sinn. Aber auch das ist mitunter eine schöne Möglichkeit, Strecken nachzufahren oder neue kennenzulernen.
Jeder Elemnt hat eine Kickr-Datenseite, die man einmal in der App aktivieren muss und die aktiv wird, sobald ein Kickr in der Nähe zu arbeiten beginnt. Dann ist es möglich, über den Radcomputer den Widerstand des Kickrs zu regulieren oder aber eine GPX-Datei am Elemnt als Strecke auszuwählen. Dieser steuert dann den Widerstand und simuliert die Steigungen.
So kann man - ohne Mehraufwand und Ablenkung - seine Strecken nachfahren, die Auffahrt auf den Mont Ventoux versuchen oder das Zeitfahren rund um den Attersee (den tollen King of the Lake) trainieren. Dabei kann wie gewohnt zwischen Datenfeldern, Höhenprofil und Kartenansicht gewechselt werden.
Das funktioniert grundsätzlich ganz gut, allerdings nur solange man einen tatsächlich gefahrenen GPX-Track verwendet. Dieser hat genug "echte" Datenpunkte, damit die Strecke und die Steigungswechsel entsprechend geschmeidig umgesetzt werden. Nimmt man einen nur geplanten Track sind Datenpunkte und "Bread Crumbs" (also die Punkte, an denen sich der Computer orientiert) zu weit auseinander oder zu wenig und Steigungswechsel werden eher abenteuerlich als realitätsgetreu.
Das Ganze funktioniert offenbar auch mit Garmin-Computern und anderen Trainern, allerdings habe ich das nicht selbst ausprobiert.
169k-Testergebnis: Wer ein konkretes GPX-File nachfahren möchte und dabei keinerlei Training oder Ablenkung braucht, ist hier eventuell gut bedient - allerdings nur mit bereits gefahrenen GPX-Tracks!
Alle Apps im Überblick
Fazit, Typen- und Kaufberatung
Rollenfahren ist eine eigene Geschichte - nicht nur, ob man es grundsätzlich mag oder nicht, auch die Anforderungen an eine Virtual Cycling App können sehr unterschiedlich sein. Im Endeffekt kann man drei Kategorien oder Gruppen bilden: "Zwift-artige" virtuelle Welten, reale Videos oder reine Trainings-Apps.
Das Nachfahren anhand realer Streckenvideos war für mich bis jetzt kein Thema, erst dieser Test hat mir gezeigt, dass darin durchaus ein großer Reiz liegt. Auch auf diese Weise kann man neue Ecken der Welt oder des eigenen Landes kennenlernen, bekannte Strecken nachfahren oder die Landschaft in Südamerika studieren. Die technisch korrekte Umsetzung und da vor allem die Steigungssimulation ist für mich wesentlich, damit mir das Radfahren Spaß macht. Fulgaz und Rouvy bekommen das am besten hin - Fulgaz hat die schöneren Videos und die bessere technische Umsetzung, Rouvy hat dafür mehr Strecken zur Auswahl und die etwas größere Community. Kinomap überzeugt mich nicht, Bkool hat eine große Auswahl und zahlreiche Features, wirkt aber irgendwie noch nicht ganz ausgegoren.
Trainerroad und Sufferfest sind reine Trainingsprogramme, wissenschaftlich aufbereitet und auch entsprechend dargereicht. Hier hat man von Anfang an den Eindruck, ernsthaft an seiner Leistung zu schrauben - bei Sufferfest zusätzlich mit kurzweiliger Ablenkung und Unterhaltung. Auf Dauer würde mir hier aber etwas fehlen - nur vor sich verändernden Leistungsbalken zu sitzen, wäre mir über einen ganzen Winter hinweg zu wenig. Aber wer auf no-nonsense steht und den maximalen Output sucht, ist hier wohl am besten bedient.
Vom Konzept her Zwift am Ähnlichsten ist RGT Cycling, allerdings ist hinter der tollen Grafik (leider) nicht allzu viel Substanz bzw. sind viele Funktionen in meinen Augen schlicht und ergreifend noch nicht fertig.
Was bedeutet dieser Test für mich?
Zwift kann etwas, was mir bis dato gar nicht so richtig bewusst war: Nur Zwift denkt in einer "SpielWELT" und nicht in Strecken und genau dieser "Weltgedanke" ist mir in meinem Radfahren wichtig. So wie ich auch draußen oft planlos fahre und die Vielzahl der Möglichkeiten genieße, so freue ich mich auch in Zwift über die Möglichkeit, bei Kreuzungen spontan abbiegen, Routen variieren zu können und zu Beginn der Fahrt noch nicht zu wissen, wo man eventuell enden wird. Außerdem ist Zwift im Moment technisch am ausgereiftesten - von der Fahrdynamik, dem Avatar, den Steigungswechseln bis hin zur Interaktion mit anderen Fahrerinnen und Fahrern.
Ich werde daher jedenfalls mein langjähriges Zwift-Abo weiterführen - keine Frage. Zusätzlich werde ich diesen Winter eventuell Fulgaz weiter testen, die qualitativ hochwertigen Videos machen Laune und bieten eine gute Mischung aus Training und Sightseeing.
Video
Das folgende Video soll noch einen wichtigen Einblick geben, wie die Apps tatsächlich im Betrieb aussehen - sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen ist immer wichtig. Und nachdem alle Apps Testmöglichkeiten (meistens von 14 Tagen) biete, kann man sich interessante Apps auch einfach mal runterladen und und ausprobieren.
Welcher Smart-Trainer passt zu mir?
Die kalte Jahreszeit lässt sich mannigfaltig nutzen und am besten ist ohnehin, wenn man die "Off-Season" für unterschiedliche Aktivitäten nützt: Laufen oder Langlaufen als Ausdaueralternativen; Skitouren gehen, wenn man in den Bergen wohnt; Cyclocross-Rennen wenn man auch im Winter eine richtig harte Challenge sucht; Mountainbiken, wenn man seine Fahrtechnik-Skills etwas aufpolieren möchte; oder aber natürlich das klassische Rollentraining. Wobei so klassisch ist das nicht mehr, seit sowohl hardware- als auch softwareseitig enorm aufgerüstet wurde! Seitdem gibt es kein stundenlanges Pedalieren mehr vor einer weißen Wand - außer natürlich man möchte genau das, wie Jonas Deichmann... ;)
Um in den Genuss von Plattformen wie Zwift und Co. kommen zu können, ist ein sogenannter "smarter" Rollentrainer notwendig. Dieser unterscheidet sich von einem "dummen" (also nicht "smarten") dadurch, dass er mit Computer, Tablet oder Telefon kommunizieren kann und sich auf diesem Wege auch steuern lässt. Mit dem Ergebnis, dass eine Steigung auf dem Radcomputer oder auf Zwift auch als solche spürbar wird, weil die Software den Widerstand des Rollentrainers erhöht. Gleiches gilt für Trainingsblöcke oder Intervalle, bei denen man "nur" noch treten muss - den richtigen Widerstand besorgen der Rollentrainer und das dazugehörige Trainingsprogramm. Auf diesem Wege lassen sich auch Einheiten auf der Rolle unterhaltsam und kurzweilig gestalten und der Schrecken des monotonen Wintertrainings verfliegt im Nu!
Bei der Anschaffung einer smarten Trainingsrolle sollte man vorab kurz seine Anforderungen definieren, denn die Modelle unterscheiden sich sowohl in Funktion als auch Preis mitunter deutlich. Es gibt natürlich mehrere Hersteller am Markt, von Wahoo hatte ich allerdings schon drei unterschiedliche Systeme und Modelle in Verwendung, deshalb werde ich diese als Bespiel heranziehen, um auf Unterschiede, Nutzen und Eignung einzugehen.
Arten von Rollentrainern
"Wheel-On Trainer" (Wahoo Kickr Snap)
So oder so ähnlich kennt man einen Rollentrainer bzw. so haben sie vor einigen Jahren auch schon ausgeschaut - ein stabiles Metallgestänge mit einem Widerstand dazwischen. Man nimmt sein eigenes Rad so wie es vor einem steht und spannt es in den Trainer ein. Man muss dazu lediglich den mitgelieferten Schnellspanner verwenden oder die geeignete Steckachse verwenden. Steckachsen sind da so ein Thema, so wie es teilweise auch noch vereinzelt zu Problemen mit Scheibenbremsen kommen kann, wenn schlicht und ergreifend nicht genug Platz ist, um die Scheiben noch unterzukriegen. Bezüglich der Scheibenbremsen sollte man vorab die Produktbeschreibung und die Kompatibilität checken. Bei Steckachsen ist es so, dass man dafür oft extra Adaptersets dazubestellen muss. Technisch ist das absolut problemlos aber es entstehen halt noch einmal zusätzliche Kosten - am Beispiel des Wahoo sind das immerhin 50 Euro und damit 10% des Preises des Trainers an sich. Hat man die Adapter aber einmal in Verwendung, ist das Rad sicher und stabil mit dem Rollentrainer verbunden. Einen Hebel noch umgeklappt und schon treibt das Hinterrad den Rollentrainer an und der Spaß kann beginnen. Der Widerstand verändert sich entweder - ohne Steuerung von außen - progressiv, oder aber man überlässt die Steuerung einem Wahoo Elmnt Radcomputer oder einer Trainingssoftware a la Zwift oder Trainerroad - Stichwort “smart”.
Vorteile einer derartigen Bauform sind der vergleichsweise günstige Einstiegspreis sowie die Flexibilität, so gut wie jedes Rad einspannen zu können. Wenn man zum Beispiel auf unterschiedlichen Rädern trainieren möchte - sagen wir Rennrad und Zeitfahrrad, so wie ich das im Frühjahr gemacht habe - dann geht dieser Wechsel schnell von der Hand und es sind keine Umbauarbeiten oder dergleichen notwendig. Ebenfalls ein Faktor sind unterschiedliche Antriebssysteme: bei SRAM-12fach auf meinem Zeitfahrer und Shimano 11fach auf meinem Rennrad wäre ein Wechsel immer mit einem gewissen Aufwand verbunden gewesen - mit dem Kickr Snap bzw. einem anderen Wheel-On-Trainer, kein Problem.
Aufgrund der indirekten Kraftübertragung über den Hinterreifen hat man geringe Einbußen bei der Unmittelbarkeit des Fahrens - ein paar Watt werden so im System verloren gehen und auch Tempowechsel oder die von der Software gesteuerten Widerstandswechsel werden nicht so direkt und unmittelbar spürbar.
Während viele Reifenhersteller dezidierte Indoor-Reifen anbieten, kann ich dabei keine besonderen Vor- oder Nachteile feststellen. Wichtig ist da eher, dass das Rad mit all seinen Bestandteilen sauber ist, denn der Dreck vom Rad wird sich sukzessive in der Wohnung verteilen, wenn sich das Hinterrad dreht. Kann sein, dass es hier einzelne Reifen-Modelle gibt, bei denen man eventuell Abrieb merkt oder dieser sich in der Wohnung verteilt. Bei meinen Reifen (Vittoria, Pirelli und Continental) konnte ich das allerdings nicht bemerken.
Durch die unterschiedlichen (und zahlreicheren) bewegten Teile ist auch die Geräuschentwicklung bei dieser Bauform von Trainern etwas größer. Das sollte man auf jeden Fall bedenken, wenn man kein Haus sein eigen nennt oder empfindliche Nachbarn hat. Und bei jeder Art von Trainer sollte man nicht nur bedenken, dass der Trainer selbst Geräusche entwickelt sondern auch die Bewegungen und Vibrationen wiederum Körperschall erzeugen, der sich über Wände, Böden und Decken in alle Richtungen verteilt. So kann es passieren, dass es für einen selbst im Raum gar nicht so laut ist, bei den Nachbarn allerdings ein lästiges und lautes Dröhnen entsteht.
Direct Drive-Trainer (Wahoo Kickr)
Am anderen Ende der Produktpalette steht der Wahoo Kickr, der mit diesem Jahr in einen neuen Produktzyklus eingetreten ist. Er ist der klassische Vertreter der Trainer mit "Direct Drive". Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass das eigene Rad ohne hinteres Laufrad direkt in den Trainer eingespannt wird. Die Kraftübertragung erfolgt damit von der Kette des Rads direkt auf den Widerstand des Rollentrainers, mit dem Ergebnis, dass Tempo- und Wattwechsel schnell und direkt spürbar sind und das allgemeine Fahrgefühl besser wird. Außerdem reduzieren sich dadurch etwaige Reibungsverluste im System - so kommt die ganze Kraft aus den Muskeln auch tatsächlich bei der Walze an - der größte Vorteil von Direct Drive!
Vorteile bestehen demnach in der Kraftübertragung, der Direktheit, dem schnellen Ansprechverhalten bei Tempowechseln und dem generell höheren Leistungsvermögen der Rolle. Es sind weniger Teile in Bewegung (das komplette hintere Laufrad fällt weg), damit reduziert sich auch der Verschleiß an Teilen des eigenen Fahrrads. Auch durch die hochwertige Ausgestaltung des Widerstands läuft der Direct Drive-Trainer in der Regel bedeutend leiser als ein Modell, bei dem man das gesamte Rad einspannt. Wahoo hat hier mit dem Kickr über die letzten Jahre erstaunliches geleistet und so kommt die aktuelle Iteration des Wahoo Kickr mit einem derart leisen Betriebsgeräusch daher, dass man teilweise schon glauben könnte, es bewegt sich dort unten gar nichts... Je nach Intensität und Leistung ist das Laufgeräusch der Kette am eigenen Rad lauter als das Betriebsgeräusch des Trainers.
Dem aktuellen Kickr-Modell wurden als Sahnehäubchen noch bewegliche Füße gegönnt, die eine größere seitliche Bewegung des Rads erlauben und so ein noch realistischeres Fahrgefühl ermöglichen. Nicht ganz das, was man mit einer "Roller Plate" oder "Swing Plate" erreichen würde, wo sich ja tatsächlich das ganze System neigt und bewegt und auch nicht dasselbe wie die "Road Feel"-Funktion von Tacx aber eben eine gewisse Flexibilität in Seitenrichtung. Positiver Nebeneffekt: Damit hat auch das Rad etwas mehr "Bewegungsspielraum", was vielleicht jene Zweifler etwas beruhigen wird, die sich um ihren Untersatz Sorgen machen. (Obwohl ich persönlich keinen Fall kenne, bei dem ein (Carbon-)Rahmen auf der Rolle Schaden genommen hätte).
Das alles hat allerdings seinen Preis und die Anschaffung eines Direct Drive-Trainers will dann auch dementsprechend überlegt sein. Wer jedoch regelmäßig trainieren oder an der Genauigkeit und Direktheit seine Freude haben möchte, der wird um einen Direct Drive-Trainer wie den Kickr nicht herumkommen. Und auch die Nachbarn daneben und darunter werden ihre Freude haben.
Wahoo Kickr Core
Wer auf die Leistungsfähigkeit eines Direct Drive-Trainers nicht verzichten möchte, jedoch nicht das letzte Quäntchen aus sich und dem Trainer (und seiner Geldtasche!) ausreizen möchte, findet vermutlich in der goldenen Mitte ein gutes Zuhause. Der Kickr Core vereint die positiven Eigenschaften des "großen" Kickrs (im Sinne eines Direct Drive-Trainers) und verzichtet dabei nur auf einige wenige Merkmale, die allerdings im Alltag eines Radsportlers verzichtbar sein dürften. Statt 2.200 kann der Core beispielsweise "nur" 1.800 Watt simulieren - das dürfte aber eher Andre Greipel oder Sam Bennett stören, weniger uns "Normalos". Auch die simulierbare Steigung ist beim Core mit 16% etwas geringer. Und während beim "großen" Kickr bereits eine Kassette montiert ist, muss man diese beim Kickr Core zusätzlich besorgen. Angesichts der Vielfalt der aktuell verfügbaren Antriebsgruppen ist es aber ohnehin meistens notwendig, die passende Kassette nachzukaufen.
Einziges tatsächliches Manko des Core ist aus meiner Sicht, dass sich dieser nicht zusammenklappen lässt. Während man Kickr Snap und Kickr verkleinern und (z.B. im Sommer) gut verstauen kann, benötigt der Kickr Core etwas mehr Platz.
Komplettes Trainingsbike (Kickr Bike)
Wer sich mit voller Hingabe dem Indoor-Training widmen will, der hat auch noch Training-Bikes als Option - zum Beispiel das Kickr Bike. Dabei bekommt man ein komplettes Ökosystem ins Wohn- oder Hobbyzimmer gestellt und muss sich eigentlich um nichts anderes mehr sorgen. Die Geräuschentwicklung ist ohne bewegliche Teile und dank voller Integration gleich Null. Das eigene Bike kann man getrost schonen und für Fahrten draußen reservieren. Es gibt kein Herumhantieren mit Schnellspannern, Steckachsen, Kassetten oder dergleichen. Im Fall von Wahoo bekommt man mit dem Kickr Bike auch die Climb-Funktionalität dazu, mit der sich das Rad entsprechend der gefahrenen Steigung mitbewegt. Zum Kickr-Bike gibt es allerdings so viel zu sagen, dass ich mir das lieber für einen eigenen Blogpost aufhebe - glücklicherweise steht ein solches nämlich gerade bei mir in der Wohnung! ;)
Fazit und Typenberatung
Wintertraining muss und soll nicht langweilig sein und mit den aktuellen Rollentrainern sind die perfekten Voraussetzungen geschaffen, dass man entspannt und gut unterhalten durch den Winter fährt und im Frühjahr gleich auf einen respektablen Trainingsstand aufbauen kann. Neben Wahoo gibt es mit Tacx und Elite noch die zwei anderen Großen, außerdem noch einige weitere kleinere Hersteller von Smart-Trainern, die man sich jedenfalls genauer ansehen kann. Nicht-smarte Trainer gibt es auch noch auf dem Markt, allerdings spielen die tatsächlich nur noch eine untergeordnete Rolle und wenn man einmal in die Spielereien der smarten Welt hineingeschnuppert hat, möchte man eher nicht wieder zurück. Und ja, auch die freie Rolle gibt es natürlich noch - aber die war immer schon eine Geschichte für Spezialisten, sei es auf der Bahn oder für die Schulung eines schönen und runden Tritts (oder Videos auf Instagram, in denen man freihändig etwas kocht oder ein Instrument spielt, während man auf dem Rad sitzt...).
Die eigenen Anforderungen und die Geldbörse bestimmen am Ende, welches Modell am besten geeignet ist:
- Wechselt man oft zwischen Rädern oder benützt auf unterschiedlichen Rädern unterschiedliche Antriebssysteme, ist ein Wheel-On-Trainer naheliegend - auch wenn die Genauigkeit des letzten Watts nicht so wichtig ist.
- Bei wem Präzision und Leistungsvermögen an erster Stelle steht, ist mit einem Direct Drive-Trainer am besten bedient. Nirgendwo sonst bekommt man derart direkte Kraftübertragung und Direktheit bei einem gleichzeitig sehr leisen Betriebsgeräusch.
- Für einen Großteil der Nutzerinnen und Nutzer wird dann aber die "günstigere" Variante ausreichen, die mit ihrem Funktionsumfang so gut wie alle Anforderungen erfüllt, die man an einen Direct Drive-Trainer stellen kann. Bei Wahoo ist das der Kickr Core (gegenüber dem Kickr), bei Tacx wäre es der Flux (mit dem größeren Bruder Neo).
Smarte Wheel-On Trainer wie der Wahoo Kickr Snap kosten um die 500 Euro, die "billigeren" Direct-Trainer um die 800 und die "großen" um 1.200 Euro. Und erstaunlicherweise ist es so, dass auch die großen Internethändler bei Smart Trainern nicht wirklich bessere Preise anbieten können. Man kann also in diesem Fall getrost beim Hersteller oder im Fachgeschäft des Vertrauens bestellen und kaufen. Derzeit ist das allerdings - ehrlicherweise - sowieso eine enge Angelegenheit, sind doch durch Corona und diverse Lockdowns sowohl die Lager der Hersteller als auch jene der Händler komplett leergeräumt.
Für den Kauf beim Händler spricht übrigens auch - und das muss hier leider ungeschönt erwähnt werden -, dass es unabhängig vom Hersteller doch vermehrt zu Reklamationen und Garantiefällen kommt, weil Dinge nicht 100%ig funktionieren. Woran das liegt, kann ich nicht sagen - sei es die schnelle Produktion mit überschaubarer Qualitätskontrolle, die kurzen Produktzyklen, die permanente Weiterentwicklung oder die technische Komplexität... Immer wieder liest und hört man von "Montags-Geräten", bei denen ein Austausch über den Fachhändler dann wohl auch angenehmer ist, als ein 25 Kilo schweres Paket über die Post an den Hersteller zurückschicken zu müssen...
Aber gehen wir vom Positiven aus und da heißt es nur noch umziehen, genug Trinkflaschen bereitstellen, das Fenster öffnen und loslegen! Ride On!
6 Dinge, die sich (bis jetzt) durch Corona verändert haben
Corona begleitet uns nun schon mehrere Monate und wird es wohl auch noch einige Zeit tun. In unzähligen Bereichen des Lebens ist dabei kein Stein auf dem anderen geblieben und auch das Radfahren bzw. der Radsport wurden getroffen. Manche Wirkungen und Konsequenzen schaden dem Radsport, andere beflügeln ihn oder erlauben neue Blickwinkel auf Vorhandenes.
1. Mehr Radfahrer*innen auf den Straßen
Nach ein paar Wochen Lockdown und Selbstisolation war der Hunger auf frische Luft umso größer. Die Möglichkeit für Bewegung im Freien wurde bereitwillig genützt, viele haben dafür das Rad als Modus Vivendi gewählt. Neben den "üblichen Verdächtigen" waren plötzlich viele neue Gesichter zu sehen - Familien mit Kindern, Pärchen und Menschen, die (mehr oder weniger offensichtlich) vorher noch nicht allzu viel Bezug zum Rad hatten. Die dazugehörigen Räder waren großteils Fundstücke aus Kellern und Garagen, instandgesetzter Altbestand oder gerade (noch) neu angeschaffte Flitzer. Besonders im urbanen Umfeld wurde dadurch auch der Nutzungsdruck auf die Rad-Infrastruktur immer größer, Mängel wurden evident und mehr oder weniger solide Lösungen wurden eingerichtet (Stichwort: Pop-Up-Radwege).
Auch und speziell am Rennrad war ein massiver Zuwachs erkennbar. Das ist gut und richtig und für den Sport nur förderlich. Und man kann den meisten auch unterstellen, dass sie es freiwillig und zum Spaß machen. Nicht, dass irgendjemand gezwungen würde, Rad zu fahren... Aber manchmal - im speziellen bei Paaren - kann man beobachten, dass es einem Teil des Paares mehr Spaß zu machen scheint als dem anderen (was wiederum dem Vergnügen des ersteren abträglich ist, usw. usf.).
Am Wichtigsten - und da unterschreibe ich alles, was Phil Gaimon in einem seiner letzten Videos gesagt hat - ist, allen neuhinzugekommenen Radfahrer*innen Unterstützung zu geben oder anzubieten. Keine nett gemeinten Hinweise auf falsche Sockenfarben, keine Verweise auf irgendwelche historischen "Regeln" und kein "Mansplaining", sondern ein herzliches Willkommen heißen! Und wenn von den Entgegenkommenden keine*r zurückgrüßt, dann nervt mich das zwar stellenweise, aber vielleicht war mein Winken ja auch erst der erste Gruß in einer neuen Rennradkarriere! ;)
2. Stellenwert von Gruppenfahrten
Abgesehen von Haushaltsmitgliedern war das gemeinsame Fahren mehr oder weniger nicht möglich - und das war anfangs auch gut so. Ich für meinen Teil habe in den letzten Jahren und speziell zu Beginn meiner "Karriere" viel Zeit alleine im Sattel verbracht. Für mich hatte es (und hat es noch immer) einen besonderen Wert, alleine und in Ruhe durch die Landschaft pedalieren zu können und dabei über Gott und die Welt nachzudenken und die Gegend zu genießen. Ich hatte daher nie große Probleme, wenn gerade keine Gruppe da war, der ich mich anschließen konnte. Umgekehrt kenne und schätze ich natürlich auch den Wert einer guten (aus Trainingszwecken) oder unterhaltsamen (aus Entspannungs- und Zerstreuungsgründen) Gruppe. Auch meine Vereinskolleg*innen vom PBIKE Racing Team haben mir gefehlt.
Mit den Entbehrungen der vergangenen Monate und dem Fehlen von Gruppenaktivitäten haben diese aber aus meiner Sicht wieder an Wertigkeit gewonnen. Wenn ich jetzt in einer (vorerst nur kleinen) Gruppe unterwegs bin, freue ich mich umso mehr und genieße die Gesellschaft. Was mir dennoch etwas fehlt, sind die "großen" organisierten Rides - hier überwiegen allerdings Vernunft und Hausverstand. Ich habe dieses Jahr lange überlegt, - wie in den letzten Jahren auch - eine Sonnwendfahrt zu organisieren, doch möchte ich persönlich nicht in der Zeitung lesen, dass sich bei einer "Radausfahrt nahe Wien 80 Leute mit Corona angesteckt" haben - unwahrscheinlich zwar, aber man muss ja nichts provozieren.
3. Boom im Radhandel
Ein Wechselbad der Gefühle musste der Rad-Handel erleben. Auf den Schock des vollständigen Zusperrens und der damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten folgte ein eher unerwarteter Boom. Glücklicherweise war Radfahren einer jener Bereiche, die als "wichtig" oder "systemrelevant" erkannt wurden und recht früh wieder geöffnet werden konnte - wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen wie Maskenpflicht und beschränkter Personenzahl im Geschäft. Aber der Boom in allen Bereichen des Radfahrens bescherte den Radgeschäften regen Zulauf. Mit dem Ergebnis, dass Servicetermine trotz Krise plötzlich nicht mehr zu bekommen, Lager so gut wie leer und Bestellzeiten lang waren. An dieser Stelle zu attestieren, dass es dem Radhandel "eh gut gegangen ist", wäre wohl falsch. Dass er mit einem blauen Auge davongekommen ist, stimmt wohl. Dies bestätigt auch Christoph Pulz, Eigentümer von PBIKE mit zwei Standorten in Wien, obgleich auch er spannende Veränderungen wahrgenommen hat. So hat sich laut Christoph die Struktur der Kundschaft gewandelt - sie ist breiter geworden, etwas weg von den sportlichen Radler*innen, hin zu mehr Freizeit- und Alltagsfahrer*innen.
Konkurrenz besteht natürlich nach wie vor zwischen stationärem Handel und Online-Shops. Vor allem während der Schließungen und Einschränkungen im stationären Handel haben viele den einfachen und schnellen Weg zu den Online-Händlern gesucht. Wobei sich dieses "Entweder-Oder", das hier immer wieder heraufbeschworen wird, in meinen Augen durchaus auch gut ergänzen könnte. Beratungsintensivere Dinge kauft man im stationären Handel - Bikefittings, Satteldruckanalysen und andere Services macht man ebenfalls dort, wo man einen persönlichen Ansprechpartner hat. Pedalplatten oder Bremsbeläge kann man meiner Meinung nach auch mal online besorgen - wo große Online-Händler im Verkauf billiger anbieten als der stationäre Handel im Einkauf (!) zahlt, ist tatsächlich nicht mehr viel zu holen.
4. Bikepacking als Ersatzprogramm
Genauso wie Gruppenfahrten oder Events sind auch so gut wie alle Radmarathons, RTFs und Großveranstaltungen gestrichen worden. Man wird sehen, welche Events im Herbst noch über die Bühne gehen werden, ein Großteil der Veranstalter hat auf andere Formate umgestellt - beispielsweise das individuelle Abfahren der beschilderten Strecken mit Zeitnehmung und anschließender Wertung.
Schaut man sich aber auf Strava um, haben viele Radler*innen ein würdiges Ersatzprogramm gefunden. Egal ob es ein tatsächlicher Trend ist, die Abenteuersehnsucht geweckt wurde oder aber zahlreiche Marketingagenturen nachgeholfen haben: Bikepacking ist da (und wird es vermutlich auch bleiben)!
Tatsächlich erlangt man mit ein paar aufs Rad geschnallten Taschen eine ordentliche Portion Freiheit. Es ist ein Ausbrechen aus Routinen (egal ob damit der Arbeitsalltag gemeint ist oder aber die ewig gleiche Trainingsrunde), ein Kennenlernen von neuen Regionen und Gegenden, ein Begegnen (mit Mitfahrenden, Entgegenkommenden oder überhaupt irgendjemand anderem) und ein Entschleunigen. Im Idealfall hat man den ganzen Tag Zeit zum Radfahren, muss sich um nichts kümmern, kann seinen Alltag tatsächlich einmal vollständig ausblenden und in den Tag hineinleben. Und wer an dieser Stelle bemängelt, dass manche Grenzen geschlossen sind (oder geschlossen waren oder es bald wieder sein könnten), der soll einmal seine nähere Umgebung erkunden, denn auch dort gibt es unerforschte Ecken, unbekannte Landstriche und Schätze, die nur darauf warten entdeckt zu werden.
5. E-Sports schön und gut, aber…
Zu Beginn des Lockdowns habe ich über Möglichkeiten geschrieben, wie man mit Hilfe von Zwift fit bleiben und sein Training abwechslungsreich gestalten kann. Und ich bin und bleibe nach wie vor der Überzeugung, dass Zwift und ähnliche Trainingsplattformen eine enorme Bereicherung für den Alltag vieler Radler*innen sind. Zwift selbst hat dies natürlich auch erkannt und investiert massiv in die Software, hier werden wir in den nächsten Monaten und Jahren wohl noch viele spannende Erweiterungen und Features dazubekommen. Auch Profiteams und Veranstalter haben schnell reagiert und zahlreiche Rennen und Rennserien aus dem Boden gestampft. Nicht alles ist gleich "E-Sports" und nicht alles unterliegt der gleichen Ernsthaftigkeit, aber für viele Profis und Teams waren virtuelle Rennen die einzige Möglichkeit, aktiv zu bleiben. Dabei können bestimmte Mankos (noch) nicht ignoriert werden: inkonsistente Gewichtsangaben, unterschiedliche Trainer-Fabrikate, ungenaue Power-Outputs, Drop-Outs aufgrund von schlechten Internetverbindungen... Auf viele Fragen müssen noch Antworten gefunden werden, bevor man daran denken kann, eine ernsthafte Profiserie oder Meisterschaften auf Zwift auszutragen, doch der Weg ist der richtige. Und dabei werden trotz Zwift und virtuellen Rennen in Zukunft auch weiterhin "echte" Rennen stattfinden. Kein "Video killed the Radio Star" sondern ein tolles zweites Standbein für den Profi- und Amateurradsport.
6. Profis erbringen irre Leistungen
Und wenn wir schon bei den Profis sind: Die Vorbereitung während der Wintermonate gipfelt üblicherweise in Höchstleistungen während des Sommers wenn die großen Rennen stattfinden. Ohne diese Rennen hatten die Profis Zeit, sich anderen Aufgaben zu widmen - und diese hatten und haben es in sich. Everesting, KOMs, Rekorde, Long Distance-Trips - alles war dabei. Emanuel Buchmann von BORA stellte einen Everesting-Rekord auf (auch wenn dieser dann für ungültig erklärt wurde), Marco Haller von Bahrain-Merida knallte mit einem Höllentempo von Wien nach Klagenfurt, Matthias Krizek vom Team Felbermayer-Simplon Wels ging rund um Wien auf (sehr erfolgreiche) KOM-Jagd und MTB-Weltmeister Alban Lakata schoss mit mehreren intensiven Wochen in seiner Heimat Osttirol den Vogel ab. In einer "Ultimate Week" fuhr Lakata an sieben Tagen jeweils mindestens 200 Kilometer und 5.000 Höhenmeter (zahlreiche KOMs inklusive und einmal davon mit dem Mountainbike)!
Das spezielle an diesen Leistungen ist, dass sie die Leistungen der Profis anschaulicher machen. Während einer Tour de France sind die Leistungen, Geschwindigkeiten und Platzierungen der Fahrer sehr abstrakt, die ganze Veranstaltung findet gleichsam in einer anderen Welt statt. Den Anstieg von Buchmanns Everesting kennen allerdings viele Fahrerinnen und Fahrer, schließlich ist dieser Teil des Ötztaler Radmarathons. Wenn Matthias Krizek den KOM auf der "Eisernen Hand", dem steilsten Anstieg Wiens holt, ist das "erlebbar" wenn man die Zeiten vergleicht. Und nochmal der Ötztaler als Referenz, den Alban Lakata hier quasi sieben Mal in einer Woche absolviert hat. Für mich persönlich ist das ein wertvoller Einblick in das Training und vor allem die Leistungen, die die Fahrerinnen und Fahrer hier erbringen müssen und können. Und den Erlebnisberichten, Fotos und Daten auf Strava zufolge haben sie dabei auch Spaß. Womit sich wiederum der Kreis zum Beginn dieses Artikels schließt - Radfahren soll schließlich Spaß machen, Leistungen und Erlebnisse der einen inspirieren die anderen und bringen neue Radfahrerinnen und Radfahrer auf die Bühne! Ride On!
11 Zwift-Tips in Zeiten von Corona
“When life gives you lemons, make lemonade!” - so oder so ähnlich könnte man es ausdrücken. Für das Fahren auf der Rolle gibt es mittlerweile so viele unterschiedliche Varianten und Spielereien, dass die berühmte “weiße Wand” irgendwie ihren Schrecken verloren hat. Die derzeitige Aussicht auf mehrere Wochen Indoor-Radeln mag dennoch nicht die rosigste sein…
Ich fahre ja gerne auf Zwift und bewege mich mit Freude zwischen virtuellen Trikots, Strecken und anderen Radlern, die zeitgleich auf der ganzen Welt in ihren Kämmerchen und Kellern sitzen und genauso schwitzen wie ich. Über Trainingseffekte, Realitätsgehalt und dergleichen möchte ich an dieser Stelle nicht mehr schreiben - hier wurde bereits das meiste gesagt und ich habe aufgehört, jene bekehren zu wollen, die Zwift nur als reine Spielerei sehen wollen.
Für die kommenden Tage und Wochen brauche allerdings auch ich eine Perspektive, Ziele und kleine Incentives. Daher habe ich mir ein paar Dinge überlegt und möchte diese gerne mit euch teilen, in der Hoffnung, dass für jeden etwas Zerstreuung, Unterhaltung und Training dabei ist.
#stayathome
I - Meet-Ups
Nicht nur Großveranstaltungen und Rennen sind abgesagt, auch die wöchentliche Gruppenfahrt oder der Clubride sind unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht durchführbar. Nun ist die “Gesellschaft” auf Zwift natürlich eine andere, schließlich rollt niemand direkt neben einem. Dennoch bieten Zwift-Rides die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten, ähnlich Trainierten und Schnellen unterwegs zu sein. Dazu stehen zahllose Zwift-Events zur Auswahl, bei denen man sich jeder erdenklichen Art von Training, Ausfahrt oder Rennen hingeben kann.
Wer es gerne etwas intimer haben möchte, kann auf die Funktion der Meet-Ups zurückgreifen. Dabei können bis zu 50 Radlerinnen und Radler zu einer gemeinsamen Ausfahrt eingeladen werden. Strecke, Länge und Tempo werden dabei vom Organisator festgelegt, das ganze erfolgt mehr oder weniger demokratisch, niederschwellig und ohne Zugangsbarrieren. (Im Vergleich dazu ist ein wahrer Kraftakt notwendig, um einen offiziell gelisteten Zwift-Ride zu bekommen). Voraussetzung ist, mit dem Organisator oder der Organisatorin des Rides auf Zwift befreundet zu sein - nur so kann man auch zum Meet-Up eingeladen werden. Die Einladungen scheinen in der App ganz oben auf und können eigentlich nicht übersehen werden (Erinnerungsfunktionen und dergleichen inklusive).
Der Ride selbst funktioniert wie gewohnt, der Ride Leader ist eindeutig als solcher erkennbar, man sieht die anderen, die Abstände und die Strecke. Einzig die Trikots werden nicht angeglichen, beim Bewegen durch die Zwift-Welten ist daher nicht auf den ersten Blick erkennbar, welcher Avatar zur eigenen Gruppe gehört und welcher nicht. Bei maximal 50 Teilnehmer*innen hat man aber ohnehin recht schnell herausgefunden, wer in der gleichen Gruppe fährt und wer nicht.
Für die kommenden Wochen sind einige Club-Ausfahrten bereits in derartige Meet-Ups “umgewandelt” - bspw. der Sonntags-Ride des Vienna International Cycling Clubs oder die Puppyton Rides. Außerdem veranstaltet beispielsweise auch das Profi-Team Hrinkow Meet-Ups, bei denen man auch noch in den Genuss des Windschattens von Radprofis kommen kann.
II - Touren & Etappenveranstaltungen
Zwift selbst bietet regelmäßig organisierte Veranstaltungen an, die motivationssteigernd wirken und zahlreiche Variationen des vermeintlich bereits bekannten Contents bieten. Allen voran ist die Tour de Zwift zu nennen, die einmal im Jahr über sieben Etappen in allen Spielwelten Zwifts stattfindet. Derzeit läuft gerade die Tour of Watopia über fünf Etappen, jeweils unterteilt in eine flache Etappe, eine Bergankunft, etwa schnelles, und so weiter. Einsteigen ist hier noch möglich, ein Nachholen von verpassten Rides natürlich auch.
Auch wenn diese Fahrten meist nicht als Rennen betitelt sind, geht es dort doch recht anspruchsvoll zur Sache. Und auch wenn man es locker angehen lassen möchte, wird man vom Herdenverhalten mitgetrieben, will den Vordermann einholen, noch eine Platzierung gewinnen und die Wattwerte in die Höhe schrauben.
III - Challenges
Ganz ohne Druck geht es hingegen bei den Challenges zu. Hier sind grundsätzlich zeitlich begrenzte Aktionen und die drei großen Zwift-internen Aufgaben zu unterscheiden. Bei letzteren gibt es zwei kilometer-bezogene Challenges, bei denen lediglich eine gewisse Distanz abzuspulen ist: “Ride California” führt dabei über 1.284 Kilometer, bei der “Tour Italy” sind dann schon 2.000 Kilometer zurückzulegen. Allseits bekannt ist hingegen die Everesting Challenge, bei der zuerst ein “normales” Everesting zu absolvieren ist und in einem weiteren Schritt dann das Erreichen von insgesamt 50.000 Höhenmetern, um an das heißbegehrte Tron Concept-Bike zu gelangen. Bei diesen drei Challenges ist zu beachten, dass gefahrene Kilometer und Höhenmeter jeweils nur für die Aufgabe zählen, die gerade aktiviert ist! Das ist auch der Grund, warum ich mein Tron-Bike noch nicht habe, weil ich sehr lange herumgefahren bin, ohne dass die Everesting-Challenge aktiv war.
Zeitlich begrenzt und meistens an aktuelle Ereignisse, Events oder Aktionen geknüpft sind hingegen jene Challenges, die immer wieder einmal in Zwift aufpoppen. Fahre “2.900 Höhenmeter mit einem MTB” und gewinne ein Scott RC Spark im Rahmen der Absa Cape Epic Challenge, “verbrenne 10.000 Kalorien in einem Monat”, fahre x Kilometer auf dieser und jener Strecke mit dem Zwift-Zeitfahrrad und ähnliches. Dabei kann man sich gut und selbst einteilen, ob, wann und wie man diese Aufgaben erfüllen möchte. Für Unterhaltung und Abwechslung ist auf diesem Wege allerdings gesorgt, besteht die Challenge doch oft aus Dingen, die man sonst wahrscheinlich nicht so schnell machen würde oder die man so einfach nicht am Radar hat.
IV - Badges
Ich bin ein großer Freund von Gamification und damit auch von Badges, Levelaufstiegen und Belohnungen. Zwift animiert die Userin und den User zu einer Vielzahl von Dingen und diese werden in der Regel auch mit einem Badge belohnt. Erzielte Wattleistungen, abgespulte Kilometer, erhaltene “Ride-Ons” und regelmäßige Zwift-Besuche - das alles wird mit virtuellen Trophäen und wertvollen XP-Points aufgewogen. Für einzelne Ziele erhält man auch neues In-Game-Equipment. “Klassiker” sind dabei natürlich die 100 und die 160-Kilometer-Challenge - für diese wäre ja jetzt gerade genug Zeit.
Recht neu und ein weites Betätigungsfeld sind die Route Achievements. Bei denen bekommt man für jede Route, die man abfährt einen Badge und XP-Points. Wer so wie ich eine ausgeprägte Sammelleidenschaft für Badges hegt, kann in diesen Tagen zum Beispiel der Reihe nach die unterschiedlichen Strecken auf Zwift abfahren und dafür gute XP-Punkte und Badges einheimsen. Wichtig dabei (und etwas umständlich) ist, dass pro Zwift-Session nur ein derartiger Route-Badge gesammelt werden kann. Will man einen weiteren Route-Badge holen, muss man vorher kurz die Aktivität beenden und eine neue starten. Eine kurze und flache Runde ist entsprechend schnell und einfach geholt, während die harten Brocken (“Four Horseman”, “Uber-Pretzel”) mit 100+ Kilometern und entsprechend Höhenmetern natürlich mehr XP bringen. Ein rascher Levelaufstieg ist auf diesem Weg garantiert.
V - Trainingsprogramme
Es steht außer Frage, dass Zwift für strukturiertes und kontrolliertes Training sehr gute Rahmenbedingungen bietet. Ohne Umwelteinflüsse, Steigungen und rote Ampeln kann man sich ohne Ablenkung auf das wattgesteuerte Training konzentrieren. Die Suche nach Streckenabschnitten, die sich für einen 20-Minunten-Test eignen erübrigen sich damit weitgehend.
Zwift bietet eine Reihe von Trainings-Sessions aber auch mehrtätigen oder sogar mehrwöchigen Trainingsprogrammen. Diese kann man sich durchaus einmal näher ansehen, alle zielen auf unterschiedliche Bereiche des Trainings oder der Leistungsentfaltung ab. Und die Rolle bietet auch die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren, die man im Freien sonst nicht so ohne weiteres versuchen kann oder möchte - zum Beispiel einseitiges Pedalieren.
VI - TT-Bikes/TT-Position
Ein Fixtermin in meinem jährlichen Renn- und Eventplan ist der King of the Lake - das einzigartige Einzelzeitfahren rund um den Attersee. Allerdings waren meine bisherigen Versuche auf dem Zeitfahrer eher von Nackenschmerzen und Positionsschwierigkeiten geprägt. Daher hatte ich schon letzten Herbst den Plan geschmiedet, mein Zeitfahrrad auf die Rolle einzuspannen und dort über den Winter etwas an der Position zu arbeiten. Wobei “an der Position arbeiten” in meinem Fall nicht bedeutet, die letzten Hundertstel rauszuholen sondern einfach meinem Rücken möglichst schonend beizubringen, dass er über eine längere Zeit in dieser Position verharren soll. Sich dabei nicht aufs Fahren konzentrieren zu müssen, sondern sich auf der Rolle statisch an diese Verrenkung heranzutasten, ist ein großer Vorteil. Und es kann ein “Projekt” sein, dem man sich in den nächsten Tagen und Wochen annimmt. Auf dass der King of the Lake im September schon wieder in jener Zeit liegt, in der Veranstaltungsabsagen kein Thema mehr sind.
In Zwift spielen Zeitfahrräder auch insofern eine besondere Rolle, als auf diesen kein Windschatten zu nützen ist. Wer daher auf Zwift die Schwierigkeit seiner Ausfahrten und Rides steigern möchte, steigt einfach mal auf ein Zeitfahrrad. Das Zwift-eigene TT-Bike ist von Beginn an freigeschaltet, die Maschinen von BMC, Specialized und Canyon (bis hin zum fürchterlich aussehenden Diamond Back) kann man hingegen freischalten bzw. in-game erwerben (dazu gleich noch mehr). Noch ein positiver Nebeneffekt: Am TT-Bike erhält man bei der Durchfahrt eines Bogens (Start, Ziel, Wertung, usw.) immer Bonus-XP.
VII - Anderes Rad - Anderer Untergrund
Doch auch noch weitere Radgattungen haben in den letzten Monaten Einzug auf Zwift gehalten. Crosser, Gravel- und Mountainbikes durchmischen die Räder des virtuellen Pelotons. Und damit diese Maßnahme nicht nur rein optischer Natur ist, wurde auch der Rollwiderstand der unterschiedlichen Untergrundbeschaffenheiten entsprechend angepasst. Die Erdfahrbahn des Jungle Circuit ist beispielsweise auf einem MTB um vieles schneller zu bewältigen als mit einem klassischen Rennrad. Einfach mal ausprobieren - auch hier sind einige Räder schon von Beginn an verfügbar, andere muss man sich erst verdienen.
VIII - Eigenen Style entwickeln
Der In-Game-Shop in Zwift ist mir grundsätzlich sehr sympathisch, nützt er doch als Währung kreditkartenschonende Schweißtropfen. Mit jedem Kilometer auf Zwift sammelt man diese und hat man sein Konto weit genug aufgefüllt, kann man sich um Schweißtropfen neue Rahmen und Laufräder “kaufen”. Voraussetzung für manche Teile ist außerdem ein gewisses Level.
Auf diesem Wege kann man sich sukzessive “seine” Teile zusammensuchen und so seinen eigenen Stil auf Zwift festlegen. Das mag vielleicht infantil und überflüssig klingen, ich schaue allerdings gerne auf einen Avatar, der mir auch gefällt. Und vielleicht fährt meine Spielfigur auch mit dem gleichen Rad wie jenes, das bei mir im Vorzimmer steht. Oder man erarbeitet sich sein virtuelles Traumrad. Brillen, Helme, Handschuhe, Sockenfarben und ein Haufen Trikots bieten nahezu unbegrenzte Kombinationsmöglichkeiten. Und auch meine grauen Haare kann ich in Zwift mit Stolz reproduzieren…
IX - Ernährung
Nicht ganz unter Laborbedingungen aber doch kontrolliert und mit einem ständigen Sicherheitsnetz (namens Küche oder Badezimmer) kann man auf der Rolle auch noch andere Dinge erproben. Ernährungsstrategien, Verträglichkeiten, Nüchterntrainings, neue Riegel und Gels, andere Geschmacksrichtungen und noch vieles mehr. All diese Dinge sollte man vor einem Rennen oder Event versucht und herausgefunden haben, warum sollte man das nicht in Ruhe und Sicherheit auf der Rolle machen. Und wo wenn nicht dort, kann man sich fünf Trinkflaschen nebeneinander aufstellen, ohne dass die Transportkapazitäten an ihre Grenzen gelangen.
X - Eigene GPX-Strecken nachfahren
Nicht 100% Zwift-relevant aber jedenfalls ein Thema für die Rolle ist das Nachfahren von Strecken über den Radcomputer. Wahoo bietet hier beispielsweise die Möglichkeit, einen vorhandenen GPX-Track schnell und problemlos nachzufahren - inklusive Simulation der Steigungen. Dabei ist es egal, ob man diese Strecke schon einmal selbst gefahren ist, sich einen GPS-Track von jemand anderem besorgt (z.B. als Download von Strava oder GPSies) oder einen Track über ein entsprechendes Routenplanungstool anlegt.
Der Wahoo verbindet sich mit dem Kickr, sobald dieser in der Nähe ist und mit wenigem Knopfdrücken steht man schon am Start der virtuellen Route. Auf diesem Wege kann man den Mont Ventoux hinaufradeln, die gewohnte Greifenstein-Runde nachfahren oder aber sich auf ein spezielles Event vorbereiten. Einfach das GPX-File eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin vom letztjährigen Radmarathon besorgen und schon kann es losgehen. Nicht nur Formel 1-Piloten schauen sich vorher die Rennstrecke auf der Playstation an. Ich habe mir beispielsweise die Route der Race Around Austria Challenge rund um Oberösterreich als GPX angelegt und diese Route in 40km-Abschnitte eingeteilt. Auf diesem Wege kann ich nun die Strecke meines Projekts kennenlernen - natürlich nicht mit dem 100%-igen Realitätsgrad aber zumindest als Annäherung. Vorsicht ist hier nur geboten, wenn man einen Routenplaner mit mäßiger oder schlechter Kartengrundlage verwendet, dann werden Steigungen nämlich oft nicht realitätsgetreu (sondern eher sprunghaft) dargestellt und auch entsprechend an den Rollentrainer weitergeleitet. Bei mir haben sich tatsächlich gefahrene Strecken (als gpx-File) am besten bewährt.
XI - Zwift Run
Wer den Luxus eines Laufbands genießt, kann - etwas außer Radler-Konkurrenz - natürlich auch die Lauf-Funktionen von Zwift ausprobieren. Die Lauf-Sektion der Software kommt in den Genuss ständiger Weiterentwicklungen und auch das Publikum und die Nutzer*innen werden täglich mehr. Das Lauf-Universum auf Zwift gleicht grundsätzlich jenem des Radfahrens - mit den gleichen Challenges, Badges, anderen und zusätzlichen Strecken und dem gleichen Motivationsschub, wie es auch beim Radeln der Fall ist.
Ride On!
Wer noch Tipps zum Setup von Zwift braucht, findet eventuell hier ein paar Ratschläge!
Tour de Zwift
Alle Jahre wieder ruft Zwift zur hauseigenen Tour de Zwift. Es ist ein Weckruf, eine Motivationshilfe oder ein Unterhaltungsformat - je nachdem, wie sehr man nach dem Jahreswechsel und der Wiehnachts-Völlerei schon wieder im (Trainings-)Alltag angekommen ist. Die wachsenden Userzahlen und die mittlerweile sieben Welten machen die “TdZ” mittlerweile zu etwas großem! Group Rides mit 1.000 anderen Usern? Kein Thema! Stündliche Veranstaltungen? Logisch. Live Streams auf Youtube von TdZ-Rennen? Schaue ich persönlich mir nicht an, aber gibts auch. Die einschlägigen Facebook-Gruppen und Foren gehen über mit Tipps, Fragen und Erlebnisberichten - da möchte auch ich um nichts nachstehen. Los geht´s!
Stage 1: London
Bei manchen Vorhaben schaut man sich im Vorfeld am besten gar nicht so genau an, was auf einen zukommt, sondern legt einfach los. So habe ich es mit der Tour de Zwift 2020 gemacht. Die letzten Jahre hat es die Etappen-Veranstaltung zwar auch schon gegeben, allerdings war ich da nur sporadisch mit von der Partie. Und nachdem ich 2019 die Festive 500 abgeschlossen hatte, war ich auch motiviert, gleich die nächste strukturierte Aufgabe zu bekommen.
Es geht los in London! Zur Auswahl stehen - und Zwift versucht es hier tatsächlich, möglichst allen recht zu machen - Group Rides, Women Rides, Races und Runs. Der Modus und der Wettbewerbslevel sind also frei wählbar, in der Praxis unterscheidet sich das allerdings etwas weniger als gedacht. Während die üblichen Kategorien “A” bis “D” bei den Rennen wie gewohnt die Leistungskategorien markieren, fahren die “A”s bei den Group Rides eine längere, die “B”s eine kürzere Strecke - je nach Route sind das immer so um die 40 Kilometer auf den langen, entsprechend ca. die Hälte oder etwas mehr auf den kurzen Strecken.
Zweieinhalb Runden durch die Londoner City - vorbei am Palast, in dem sich gerade royale Abnabelungs-Dramen abgespielt haben - und zum Abschluss zur Bergwertung am Leith Hill. Es geht wie immer auf Zwift vom Start gleich flott los, es kommt nicht so wirklich dazu, dass sich Untergruppen gleicher Leistungsstärke bilden, viel eher zieht sich der ganze Pulk in die Länge und man muss schnell entscheiden, ob man mit den Vorderen mitfahren möchte oder sich zurückfallen lassen muss. 250 bis 300 Watt stehen auf dem Display, weniger werden es allerdings auch mit zunehmender Renndauer nicht. Irgendetwas in mir wird getriggert - auch wenn ich eigentlich langsamer fahren möchte, ich fahre die Lücke zum Vordermann zu, möchte an der Gruppe dranbleiben - und die Beine machen erstaunlicherweise halbwegs mit.
Ein paar Kilometer vor dem Ziel geht es Richtung Leith Hill - meiner Meinung nach der fieseste Anstieg in London. Im Anstieg sortiert sich das Feld noch einmal neu - einige ziehen vorbei, andere, die man davor noch vorne gesehen hat, fallen zurück. Ich versuche meine Leistung auch im Anstieg konstant weiterzutreten. Nach 70 Minuten ist der Spuk vorerst vorbei, 250 Watt Schnitt stehen auf der Ergebnistafel. Unter dem Rad hat sich eine große Lacke Schweiß gebildet. Während noch die Verwunderung über die Intensität des Rides überwiegt, trudelt schon das Mail von Zwift ein, in dem zum Abschluss der ersten Etappe gratuliert wird. Und schon ist die Motivation für die zweite Etappe da!
Stage 2: Innsbruck
Auch wenn die Strecke schwer ist, ich freue mich immer, wenn Innsbruck im Kalender von Zwift aufscheint. Vielleicht liegt es daran, dass es in Österreich ist, sicher aber auch daran, dass ich 2018 bei der Weltmeisterschaft vor Ort war. Und die berüchtigte Höttinger Höll des Elite-Herrenrennens ist ja nicht Teil der Strecke - mir fällt auch keine Rollen-Trainer ein, der die aberwitzige Steigung von 28% simulieren könnte.
Wie schon in London geht es zuerst drei Runden durch die Stadt - vorbei am Goldenen Dachl und den anderen Sehenswürdigkeiten der Tiroler Landeshauptstadt - und dann hinauf Richtung Patscherkofel. Da ich schon länger nicht auf der Zwift-Strecke von Innsbruck unterwegs war und dieses Mal mit dem TdZ-Group Ride noch dazu unter “offizielleren” Bedingungen, werde ich fast schon sentimental während der Fahrt. Ich kann mich noch an jede Rennsituation und Begebenheit erinnern. Das Foto von Greg van Avermaet mit den belgischen Fans kurz vor der großen Fanzone, die lange Gerade vor Lans, in der Peter Sagan den Anschluss an das Hauptfeld verlor, der Campingplatz unter der Bobbahn Igls, bei dem Marco Haller sich das Rennen angesehen hat.
Diese Gedanken lenken davon ab, dass es wiederum viel härter als geplant ist und auch die Absicht, es dieses Mal ruhiger angehen zu lassen, sofort über Bord geworfen wurde, als der Startcountdown zu Ende war. 239 Watt Schnitt über 76 Minuten sind nicht das, was ich eigentlich eher im Sinne eines Grundlagentrainings absolvieren hätte sollen, auch wenn es wieder großen Spaß gemacht hat.
Überhaupt nicht sentimental werde ich allerdings, als das iPad vor mir plötzlich beschließt, die Zwift-App upzudaten. Das Rennen war schon vorbei und ich wollte einen Screenshot vom Ergebnisbildschirm machen, da wird plötzlich der Bildschirm schwarz und die App beginnt ein Update. Hätte ich noch einen Tropfen Flüssigkeit in mir gehabt, er wäre in Form von Tränen panisch aus meinen Augen geschossen. Der Neustart der App nach dem Update, ermöglichte mir zwar, die Aktivität fortzusetzen, allerdings nicht mehr als TdZ-Group Ride sondern einfach als "Aktivität in Innsbruck”. Auch eine Nachfrage beim netten und flinken Zwift-Support konnte daran nichts ändern. So bleibt mir nichts anderes über, als noch einmal durch das schöne Innsbruck zu fahren. Nach Ablauf der regulären sieben Etappen der Tour de Zwift gibt es die sogenannten Make-Up-Tage, an denen man Versäumtes oder - wie in meinem Fall - “Verhautes” nachholen kann.
Stage 3: Watopia
Watopia ist quasi “Kernland” von Zwift - immer online und anwählbar, mit den meisten und längsten Strecken und der größten Vielfalt. Die Routenoptionen sind mannigfaltig, dementsprechend war ich gespannt, welche Strecke die Tour de Zwift unter die Räder nehmen würde. Auf 43 Kilometern der langen Gruppen-Ausfahrt waren dann dementsprechend der Epic KOM, der Jungle und eine Runde um den Vulkan untergebracht. Während bei den ersten beiden Etappen noch das Fahren in der Gruppe im Vordergrund stand, wurde durch den Epic KOM gleich zu Beginn der Watopia-Runde schon ordentlich aussortiert, sodass man im Normalfall schon nach der halben Distanz in einer kleinen Gruppe oder überhaupt alleine unterwegs war.
Verschärfend wirkte außerdem das neue Feature von Zwift, bei dem die Untergrundbeschaffenheit (im Fall der Jungle-Strecke: Schotter und Erde) sich auf das tatsächliche Fahrverhalten bzw. die Geschwindigkeit auswirken. Mit 250 Watt auf Erde ist man mit dem Rennrad plötzlich bedeutend langsamer unterwegs und es fühlt sich an, als würde man überhaupt nicht mehr vom Fleck kommen. Das Feature wurde übrigens gleichzeitig mit den MTB- und Offroad-Trainingsplänen, der MTB-Teststrecke und den neue Offroad-Fahrrädern im Drop-Shop eingeführt.
Der eine oder andere Mitstreiter bei meiner Tour de Zwift war dann plötzlich verschwunden, dann wieder da, dann wieder verschwunden und ich vermutete schon Instabilitäten des Systems bis ich jedoch überriss, dass die Leute ihre Räder wechseln. Mit dem Crosser oder gar dem MTB ist man auf den Schotterpisten doch entsprechend schneller unterwegs. Mir war das zu mühsam, außerdem wollte ich dem Gedanken der Veranstaltung entsprechen und fuhr auf dem Renner meinen Jungle Circuit zu Ende. Auch hier gilt - wie bei fast allen meinen anderen Veranstaltungen auch: es ist egal, ob man als 214. oder als 340. ins Ziel kommt.
Stage 4: Bologna
Die Straßen von Bologna hatte ich vorher noch nie in Zwift befahren, dementsprechend war ich sehr gespannt und neugierig - neue Streckenkilometer in Zwift sind ja immer etwas Besonderes. Aufgrund einer Verkühlung war der Plan, es etwas lockerer angehen zu lassen - doch wie immer wurde ich eines anderen belehrt oder besser: ich konnte mich nicht zurückhalten. In völliger Unkenntnis der Strecke hängte ich mich an die Gruppe vor mir, die in der Ebene schon mit 250 Watt+ durch das schöne Bologna raste. Ich wusste nur “Zeitfahren”, was sollte da schon groß für ein Anstieg vorkommen…
Und so dachte ich mir auch nach gut sechs Kilometern, dass es wohl gut so weiterrollen würde. Bis sich hinter einer unscheinbaren Kehre plötzlich eine Wand aufstellte. Die Punkte der anderen Fahrer auf der Minimap häuften sich zu großen Bündeln, wie eine Prozession schlängelte sich das Fahrerfeld über 15 Prozent steile Rampen nach oben. Die pittoreske italienische Architektur konnte auch nicht davon ablenken, dass es in den Beinen zu kitzeln begann.
Zwei Kilometer misst dieser Anstieg und spätestens hier darf man bereuen, dass man die lange Strecke ausgewählt hat, die nämlich zwei mal hier rauf führt. Die ersten Fahrerinnen und Fahrer kommen schon wieder den Berg herunter, während ich noch Watt für Watt gegen die 17 Prozent Steigung im steilsten Abschnitt kämpfe.
Zerstreuung finde ich in der Tatsache, dass ich vor einigen Jahren auf Dienstreise in Bologna war und dort bei einem Lauf vor meinen Terminen einen ähnlichen Berg hinaufgelaufen bin. Während des ganzen Rennens überlege ich und versuche einzelne Gegebenheiten wiederzuerkennen - wäre doch ein netter Zufall, wenn das genau hier gewesen wäre. Strava wird mich später aufklären, dass ich beim Kloster einen Hügel weiter war und nicht da, wo später der Giro drübergerollt ist.
Die Abfahrt beschert mir ein Zwift-Achievement, als ich die 100 km/h-Schallmauer durchbreche. Dass ich gleich danach mit 106 km/h durch eine Spitzkehre durchfahre ist physikalisch zweifelhaft und lässt mich kurz darüber nachdenken, ob man auf Zwift nicht doch ein bisschen den Bezug zur Realität verlieren kann. Der Rückweg zum Start, die erneute Fahrt zum Anstieg und das zweite Mal den Berg hinauf vergehen erstaunlich schnell - die Bergankunft motiviert, noch einmal richtig anzudrücken. 257 Watt Normalized Power sind in meinem Zwift-Fall immer auch 257 Watt Durchschnittsleistung, höre ich doch auf dem Kickr eigentlich nie auf zu treten. Jedenfalls die anstrengendste Etappe der diesjährigen Tour de Zwift!
Stage 5: New York
Mit New York verbindet mich eine Hassliebe - die Routen und Varianten dort sind spannend und vielseitig aber auch sehr anspruchsvoll. Und gerade die KOM-Wertung zwischen den Wolkenkratzern verlangt mit ordentlichen Steigungsprozenten einiges ab. Die Systematik der Etappen der Tour de Zwift habe ich allerdings mittlerweile durchschaut, ich kalkuliere also schon von Beginn an zwei Bergwertungen ein, das macht es im Kopf etwas einfacher.
Ich verschlafe den Start des Rides etwas, bin plötzlich 800. von knapp 900 Teilnehmern des Rides und überlege kurz, den heutigen Tag als entspannten GA1-Ride abzuwickeln. Die ersten Lücken gehen schnell auf und irgendwie macht es auch hier wieder mehr Spaß, den Vordermann zu jagen und die nächste Lücke schließen zu wollen. Es rollt fein durch den Central Park, mit entsprechendem Schwung in den kurzen Abfahrten bereiten auch die darauffolgenden kleinen “Schupfer” kein allzu großes Kopfweh. Den KOM versuche ich beide Male “ambitioniert” zu nehmen, das Mühsal also in einen positiven Trainingsanreiz zu verwandeln. (Pro Tip: Außerdem ist es schneller vorbei, wenn man schneller drüberfährt).
Dazwischen bleibt genug Zeit, beim Group-Chat mitzulesen: über die Regeln der Tour de Zwift (keine Tron Bikes in Rennen, keine Zipp-Scheibe in Rennen), über jene, die einzelne Etappen nicht nur radfahren sondern auch laufen oder die üblichen Meldungen wie “Meine Trinkflasche ist gerade runtergefallen”, die meist recht unterhaltsam kommentiert werden. Alles Dinge, die Teil des Rezepts von Zwift sind, nämlich die Zeit am Rollentrainer kurzweilig und unterhaltsam zu gestalten.
Stage 6: Richmond
Auch wenn die bisherigen Etappen - wie man so schön sagt - kein “Kindergeburtstag” waren, für Richmond wollte ich mich aus meiner Komfortzone wagen. Richmond, der Kurs der WM 2015, war kurz beliebt, dann eher unbeliebt bis verhasst, dann wieder beliebt - zumindest bei mir. Die schnellen, flachen Teile mit den drei kurzen Anstiegen haben ein Profil, das mir als Fahrer grundsätzlich ganz gut entgegenkommt und beim 23nd Street-Sprint sehe ich noch immer jedesmal Peter Sagan vor mir, wie er die entscheidenden Meter auf seinem Weg zum ersten Weltmeistertitel herausfährt.
Ich mag also Richmond, wähle diesmal “Rennen” statt “Group Ride”, eine Runde auf dem WM-Kurs entspricht 16 Kilometern. Sollte ich also im Rennen völlig am falschen Platz sein, ist der Spuk immerhin in rund 25-30 Minuten wieder vorbei. Bei der Anmeldung stehe ich vor einem Problem, das mir früher schon einmal Kopfzerbrechen gemacht hat. Die Leistungskategorien in Zwift sind nach Watt/Kilogramm unterteilt, mein derzeitiger FTP-Wert liegt genau an der Grenze zwischen den Gruppen B und C, bei rund 3,2 Watt pro Kilogramm. In der Praxis bedeutet das, entweder in Gruppe C mitzufahren und disqualifiziert zu werden, weil man über der zulässigen W/Kg-Grenze tritt oder aber bei Gruppe B mitzufahren, dort allerdings zu den Schwächeren zu gehören. Ich wähle Race Spirit und dementsprechend Gruppe B, es ist dies ohnehin ein Testlauf und eigentlich möchte ich einfach nur meine persönliche Tour de Zwift in meinem Tempo abschließen.
Rennen auf Zwift entscheiden sich in der Startphase. Kurz bevor der Startbogen sich öffnet sollte man schon recht ordentlich in die Pedale treten, damit man nicht schon auf den ersten Metern wertvollen Boden verliert. Begründet liegt dieses “Vorarbeiten” in der Tatsache, dass Zwift ein Drei-Sekunden-Mittel der Leistung heranzieht (zumnidest ist das die Default-Einstellung). Beginnt man demnach erst eine Sekunde vor Start zu treten, “fehlen” zwei Sekunden für die volle Leistung. Mit etwas über 400 Watt geht es aus dem Startbereich hinaus, hier muss man zwei bis drei Minuten ins Rote gehen, bevor sich die Gruppen finden und das ganze etwas zur Ruhe kommt. Wichtig ist, an einer Gruppe dranzubleiben - nur mit dem Draft-Effekt von Zwift kann man mit gut 45 km/h mitschwimmen. Ist man einmal aus dem Windschatten draußen, wird es schwierig.
Die knapp 25 Minuten sind intensiv, der Puls ist hoch, die Wattwerte bleiben oben. Es ist ein gutes FTP-Intervall, wenn man so will - oder wenn man die Anstiege als kleine Intervalle hernimmt, dann die sogenannten “Over and Unders”. Am Ende stehen 294 Watt Leistung im Schnitt auf dem Ergebnisblatt, gerade genug für einen 71. Rang (von 127) in der Kategorie B. Willkommen in der Leistungsgesellschaft von Zwift! Die Schweißlacke unter meinem Rad deutet an, dass mein Körper sich ausgiebig gereinigt hat - kurze intensive Einheiten haben irgendwie schon auch ihr Gutes.
Stage 7: Yorkshire
Mit dem Kurs der letzten Weltmesiterschaft in Yorkshire werde ich irgendwie nicht warm… Einerseits liegt mir die Strecke mit ihren Eigenschaften (wellig, keine allzu großen Steigungen), auf der anderen Seite bereitet es mir aber ungefähr so viel Lust dort zu fahren, wie es den Profis gefallen haben muss, durch 20 Zentimeter hohe Wasserlacken zu radeln. Vielleicht ist es aber auch die ewig lange Gerade gleich nach dem Start, die eine gewisse Monotonie suggeriert. Egal, es ist die letzte Etappe der Tour de Zwift 2020.
Zum Abschluss wähle ich noch einmal die lange Gruppen-Ausfahrt, über zwei Runden auf dem WM-Kurs geht es über knapp 30 Kilometer, es sind zur Hauptabendzeit massig Leute am Start (die Rides zwischen 18:00 und 20:00 sind am besten besucht), die Strecke garantiert ausreichend Mitfahrende und entsprechenden Windschatten.
Da mein Rennrad tatsächlich auch einmal im Ausseneinsatz (bei einer Ausfahrt mit Tini und Andy von geradeaus.at) war, kommt meinem Crosser die Ehre zu, in den Kickr eingespannt als Zwift-Rad zu fungieren. Was ich dabei allerdings nicht bedacht habe, ist die kleinere Übersetzung des Crossers, die mich bei 40x11 zu einer Einheit “Superfast-Spinning” zwingt, um meiner Gruppe folgen zu können. Aber auch diese Herausforderung kann irgendwie gemeistert werden und das Training hat unfreiwilligermaßen einen zusätzlichen Aspekt hinzubekommen.
Während andere bereits ihre virtuelle Trophäe für den Abschluss der Tour de Zwift erhalten, fehlt mir - aufgrund meines Innsbruck-Speicher-Fehlers - noch eine Etappe. Diese wird aber sogleich nachgeholt, folgen doch nach den regulären Etappen die sogenannten ”Make-Up-Days”.
Make-Up Days!
Für jene, die eine Etappe versäumt, versemmelt oder vergessen haben, bieten die Make-Up-Days die Möglichkeit, diese Scharte auszumerzen. Für jede Etappe gibt es dabei entsprechende Events, bei denen man sich nochmal an die jeweilige Startlinie stellen kann. Wäre doch schade, wenn man wegen Terminen, Erkältungen oder anderen Hinderungsgründen auf den Abschluss der Tour und die virtuelle Trophäe verzichten müsste…
Meine zweite Innsbruck-Runde bietet wenig überraschendes, viel mehr die Möglichkeit, noch einmal zurückzuschauen auf die letzten beiden Wochen, zu analysieren und vor allem zu resümieren.
Was hat es gebracht?
Wie immer wird man sich Kritik aus zwei Ecken gefallen lassen müssen:
Warum tut man sich das an - für einen virtuellen Pokal, einen virtuellen Badge, ein virtuelles Trikot, ein Rad oder - wie beispielsweise auch bei den Festive 500 - für einen kleinen Stoff-Fetzen?
Radfahren auf Zwift ist doch gar kein richtiges Radfahren und nützt für das “echte” Radfahren draußen nichts.
Die Replik darauf kann mannigfaltig erfolgen und spiegelt meine persönlichen Erfahrungen wider: Der Stoff-Badge, der virtuelle Pokal oder das Trikot sind kleine Freunden und Zeichen der Anerkennung, aber auch Platzhalter. Als solche stehen sie stellvertretend für einen Erfolg, den man errungen hat (immerhin ist man gerade sieben Etappen gefahren), den inneren Schweinehund, den man überwunden hat oder aber die Liter Schweiß, die man “erfolgreich” herausgeschwitzt hat. Wer diese Leistung nicht vollbracht hat, sollte am besten gar nicht urteilen (Stichwort: “Glashaus”). Durch meine Festive 500 Ende letzten Jahres habe ich (wieder einmal) vor Augen geführt bekommen, wie wichtig Training im Winter ist, wenn man im darauffolgenden Jahr gut unterwegs sein möchte. Die Grundlage, die ich mir dort erarbeitet habe, wird mir im Laufe des Jahres noch viel Freude bereiten. Und ähnlich sehe ich es auch mit der Tour de Zwift: Hier waren es nicht die Grundlagen-Kilometer sondern eher Tempo-Einheiten, aber auch diese erfüllen ihren Zweck im Trainingsalltag. Ohne die Tour de Zwift wäre ich vermutlich im Grundlagentempo auf Watopia herumgerollt - auch sinnvoll, aber ein paar knackige Tempo-Einheiten bereichern das Training enorm.
Und auch der zweite potentielle Kritikpunkt kann leicht beantwortet werden. Die Anstrengung, der Schweiß und auch die Schmerzen sind echt, die Trainingsbelastung ist real und der Effekt jedenfalls vorhanden. Wie und inwiefern man Radfahren auf Zwift mit jenem draußen vergleichen kann, darüber sollen sich Zwift-Blogs, User-Foren und Wissenschafter weiter den Kopf zerbrechen.
Für mich stellt Zwift einen wertvollen und wesentlichen Beitrag in meinem Training dar und ich habe keine Zweifel daran, dass mir die Stunden auf dem Wahoo später im Jahr helfen werden. Sicherlich fühlen sich die echten Berge anders an als Alpe du Zwift und Wattwerte von Zwift wird man eventuell auf der Straße nicht 1:1 reproduzieren können - aber so viel Realitätssinn muss im Endeffekt jede und jeder haben, dass man seine eigenen Leistungen realistisch einschätzen und auf andere Situationen übertragen kann.
In diesem Sinne: Danke, Tour de Zwift, für spannende, unterhaltsame und fordernde Stunden im Sattel. Danke, dass ich aus der Komfortzone gelockt wurde. Danke, dass ich zu regelmäßigen Einheiten “gezwungen” wurde. Danke für ein strukturiertes und durchdachtes Format, bei dem ich mich um nichts mehr kümmern muss, als ums Treten. Und danke für die Belohnung ;)
Zwift: Fuego Flats
Mit beeindruckender Regelmäßigkeit erweitert Zwift die Strecken in und rund um Watopia. Gerade jetzt, wo der Frühling - oder ist es schon der Sommer? - anklopft und man seine frisch rasierten Beine am liebsten schon wieder an der frischen Luft ausführen würde, hilft die neue Erweiterung “Fuego Flats” auch noch die letzten kleinen Phasen von schlechtem Wetter zu überstehen.
Watopia (Island) - nach Jarvis Island aus der Beta-Phase - quasi die älteste originale Strecke, hat mittlerweile schon einige Erweiterungen erlebt: Ocean Boulevard, den Epic KOM, die Runden durch und auf den Vulkan, die Maya-Ruinen im Süden und das legendäre Alpe du Zwift. Jede Strecke und jedes Segment hat eine andere Charakteristik, je nachdem worauf man gerade Lust hat - Höhenmeter, Wellen oder Tempobolzen - wählt man die geeignete Route.
Fuego Flats
Fuego Flats ist der neue Streich, zweigt vom Ocean Boulevard bzw. vom Sequoia Circle ab und führt in eine trockene Wüste, in der Hoffnung, dass man genug Wasser für die Fahrt mitgeführt hat. Die Strecke ist - wie es so schön heißt - “brettleben”, auf 15 Kilometern sammelt man ganze 60 Höhenmeter. Die Route ist somit hervorragend für Zeitfahren, Ausdauertrainings und Rennen geeignet, allzu viel Ablenkung bietet die Landschaft dabei nicht. Gut also, um in sich selbst zu gehen, fokussiert zu fahren und sich auf sich selbst zu konzentrieren. Ist mentale Stärke auf der Rolle schon grundsätzlich nicht schlecht, wird man sie in den Fuego Flats jedenfalls brauchen, um dort länger unterwegs sein zu können.
Zwei Orte unterbrechen die Wüstenlandschaft - einer davon gleicht einer Wild West-Geisterstadt, der andere bietet futuristische Gebäude, wie man sie aus Zukunftsvisionen der 60er-Jahre kennt. Dazwischen durchmisst man Canyons (vielleicht gibt es da einen Bonus, wenn man auf einem Canyon-Rad sitzt ;) ), fährt an pittoresken Wasserfällen vorbei und passiert Steinsäulen, wie man sie aus den amerikanischen Wüsten und von Bildern des Race Across America kennt.
An den Übergängen von der Wüste zur bestehenden Zwift-Welt stößt man auf hübsche Waldgebiete und hügelige Berglandschaften, und wer genau hinsieht, findet auch gleich den Hinweis auf die nächste Erweiterung. Auf beiden Seiten der Strecke deuten Absperrungen darauf hin, dass früher oder später die dahinterliegende Asphaltstücke eröffnet werden. Dem Vernehmen nach - es gab schon erste Bilder der Strecke bei einem der Zwift-Entwickler - handelt es sich dabei dann um eine knackige Bergstrecke durch Redwood-ähnliche Waldlandschaften. Damit wäre eine Bergstrecke verfügbar, die noch näher beim Startpunkt von Zwift Island liegt als Epic KOM und vor allem Alpe du Zwift.
Zwei Segmente bieten die Möglichkeit, sich offiziell mit anderen Fahrern - oder sich selbst - zu messen. Im Uhrzeigersinn führt ein 500 Meter langes “klassisches” Sprintsegment, gegen den Uhrzeigersinn gibt es hingegen ein neues Format in Form eines sieben Kilometer langen TT-Segments.
Impressionen von der Strecke
Streckenoptionen
Mit den Fuego Flats wächst die Zahl der Streckenvarianten noch weiter, sodass man sich - sofern man nicht frei fahren möchte - vorab schon einige Gedanken machen sollte, wohin man fahren will. Wenn man - so wie ich - immer erst kurz vor dem Fahren chaotisch die Routenoptionen durchklickt, dauert das mittlerweile recht lange, so groß ist die Auswahl.
Folgende Varianten beinhalten die neue Strecke Fuego Flats (inkl. der neuen ultimativen Super-Runde “The Uber-Pretzel”, die man ganz einfach charakterisieren kann, nämlich “einmal alles!”):
Hier meine Testfahrt über den Tick Tock-Kurs: https://www.strava.com/activities/2316074115
Leistungsmessung - Teil 1: Grundlagen und Notwendigkeiten
Vor zwei Wochen war ein Paket in meinem Postkasten, darin enthalten die neueste Auflage von Joe Friels „Trainingsbibel für Radsportler“. Dieser geradezu Orgie an Zahlen, Tabellen und daraus ableitbaren Möglichkeiten werde ich im Idealfall noch einen eigenen Beitrag widmen. Was jedoch auffällt, wenn man das Buch auch nur überfliegt: State of the Art in der Trainingssteuerung ist heutzutage Leistungsmessung. Rad-Industrie und Magazine haben hier natürlich mitgeholfen, sodass heutzutage kein Radfahrer mehr ohne Wattmesser leben kann. Aber Spaß beiseite… Auch aus trainingswissenschaftlicher Sicht spricht einiges für Leistungsmessung, ist der Watt-Output doch konstanter und unabhängiger von (Umwelt)Einflüssen als die Herzfrequenz.
Doch alles der Reihe nach… Wer diesen Blog regelmäßig verfolgt, weiß, dass ich nicht der ehrgeizigste Mensch der Welt bin. Zerstreuung, Spaß und entspanntes Abenteuer stehen für mich am Rad immer noch im Vordergrund. Ein gewisses Grundlevel an Fitness möchte ich mir dabei aber stets erhalten und auch abrufen können, damit die Projekte, die ich mir über das Jahr hinweg vornehme auch halbwegs würdevoll bewältigt werden können. Ansonsten bin ich aber so unterwegs, wie es mir gerade Spaß macht, Trainingsplan hatte ich noch nie einen. Ich hab mich immer dagegen gesperrt, meine Radgewohnheiten einem Plan von außen unterwerfen zu müssen - Fahren, wenn es regnet, Ruhetage bei schönstem Wetter, Grundlage, wenn man Lust auf was kurzes, schnelles hat, Inkompatibilität mit Gruppenfahrten… Alles Argumente, die für mich gegen einen Trainingsplan sprechen.
Unterstützt wurde diese These noch durch den ersten Leistungstest, den ich damals vor einigen Jahren gemacht habe. Ergebnis war, dass meine Werte verhältnismäßig gut sind, „wie ich denn genau trainierte“ war die Frage des Trainers. Meine Antwort war für ihn damals offenbar wenig befriedigend, lautete sie doch sinngemäß „ich fahre, was mir gerade Spaß macht“. Dann solle ich doch genau so weitermachen, wie bis jetzt, wenn sportliche Höchstleistungen nicht mein wichtigstes Ziel wären.
Fart…was? Fartlek!
Freies Fahren bietet fraglos viele Vorteile. Im vermeintlich flachen Osten Österreichs ist man tatsächlich mit einer schier endlosen Anzahl an kleineren Hügeln konfrontiert (außer man bewegt sich ausschließlich am Donauradweg auf und ab). Das Weinviertel mit seinen zuerst sanften, kleineren und dann auch etwas größeren Hügeln, der nahe „domestizierte“ Wienerwald für den klassischen Wiener Ausflügler, der ins Alpenvorland übergehende Wienerwald, der plötzlich etwas bergiger und wilder wird - nennen wir es einmal kupiertes Gelände. Im Trainings-Sprech gibt es den Begriff „Fartlek“ - aus dem skandinavischen kommend, bedeutet das soviel wie Fahrtenspiel. Dieses wiederum meint eine spielerische Abfolge von Geländeformen, Intensitäten und natürlichen Intervallen, die sich auch in der Trainingsintensität entsprechend niederschlagen. Für mich bedeutet dieses „Fahrtenspiel“, sich auszutoben, zu machen, was man will, „es laufen zu lassen“. Im Training fast nur Fartlek zu betreiben, erzeugt einen guten Allrounder - Spezialist wird man dadurch aber keiner.
Mit meinem Leistungsmesser am Rennrad nutze ich die Daten, die mir nach der Ausfahrt auf Strava ausgespuckt werden, bisher eher zu Unterhaltungszwecken als zur Steuerung. Ich freue mich wie ein kleines Kind vor dem Christbaum, wenn irgendwo vierstellige Wattzahlen stehen (obwohl diese überhaupt keinen Schluss auf eine Gesamtleistung zulassen), studiere meine Durchschnittsleistungen (gebe mich aber damit zufrieden, wenn sich diese einem Fenster von 30-40 Watt bewegen) und nutze die Zahlen in erster Linie dazu, das schwere Gefühl in meinen Beinen zu begründen. Im kleineren Rahmen und speziell bei Veranstaltungen und Rennen versuche ich natürlich schon, anhand der Daten meine Leistungen im Nachhinein zu bewerten und bestimmte Entwicklungen zu begründen. Drei Beispiele dazu (Achtung: es handelt sich dabei um meine Hobby-Analysen - ein Trainer wird da vermutlich andere Schlüsse daraus ziehen…):
Wachauer Radtage 2018
Nach sieben Tagen im Tross der Österreich Rundfahrt, die ich vor allem stehend oder im Auto sitzend verbracht habe, war ich nicht allzu optimistisch für dieses Rennen. Umso überraschender war, dass meine Beine recht frisch waren und die kleinen Watts nur so herausgesprudelt sind. Der FTP-Wert war damals noch etwas höher (und nicht winterbedingt so niedrig wie im Bild unten dargestellt), insofern stimmen die 99% Intensität nicht ganz. In Summe schaut das Muster für ein Rennen über 2,5 Stunden ganz gut aus, viel höher dürften die Wattwerte nicht sein, ansonsten würde ich vermutlich nicht über die Distanz kommen. Das wellige Streckenprofil der Wachauer Radtage kommt mir zugute, kurze Anstiege mit anschließender Möglichkeit, sich zu erholen und mitzurollen und längere flache Passagen entsprechen recht gut meinem Anforderungsprofil.
Arlberg Giro 2018
Jedenfalls weniger meinem Anforderungsprofil entspricht der Arlberg Giro mit seinen zwei großen Anstiegen. (Dennoch ist Bergfahren noch immer eine der schönsten Geschichten, die man machen kann - abseits jeglicher Leistungsmessung oder-bewertung!). Wie die Balken erkennen lassen, verschiebt sich das Ganze leistungstechnisch etwas nach unten, erklärbar durch die längeren Anstiege, in denen man eher haushalten muss und die Leistungsgrenze lieber etwas niedriger ansetzt. Lange Bergabfahrten bringen auch längere Phasen mit keinem oder weniger Leistungsoutput. Dafür fehlt die „goldene Mitte“, also jene Bereiche und Abschnitte, in denen man flott dahinrollt (Zone „Tempo“ wäre das dann). Aufgrund der Länge des Rennens (von in diesem Fall 5,5 Stunden) fehlen auch die Spitzen und die Werte „im Roten“ weitgehend, da geht es bei mir eher darum, konsistent über die Länge des Rennens zu kommen - Sprints und Ähnliches sind da für mich kontraproduktiv. Einzig ab und zu den Anschluss an eine Gruppe zu schaffen (oder diesen zu halten) ist es meiner Meinung nach wert, kurz „ins Rote“ zu gehen.
King of the Lake 2018
Eher ernüchternd ist die Analyse des King of the Lake 2018, den ich diesmal auf dem Rennrad in Angriff genommen habe. Der “KOTL” bezieht ja auch aus der Tatsache seinen Reiz, dass man annähernd an dieser magischen Stundengrenze unterwegs ist - dementsprechend also seinen FTP-Wert unter realen (und schmerzhaften) Bedingungen der Realitätsprüfung unterziehen kann. Dementsprechend sollte der Balken rund um 280-290 Watt durchgehen bis zum rechten Bildschirmrand, die Realität sieht aber anders aus. Praktisch zeigt die Analyse, dass ich den größten Teil des Rennens recht deutlich unter meinem FTP-Wert unterwegs war, die möglichen Erklärungen sind vielfältig, eine weiterführende Überprüfung wird auch dieses Jahr stattfinden :) Die Strecke des “KOTL” ist schwierig, einige - mitunter recht gemeine - Hügel wollen auf dem Kurs rund um den Attersee bezwungen werden , hier mit gleichmäßiger Leistung drüber zu fahren, ist an sich schon schwer. Zusätzlich scheint es mir schwer zu fallen, eine konstante Leistung über einen gewissen Zeitraum zu erbringen - vielleicht ist das normal, vielleicht sprechen andere Faktoren dafür oder dagegen, jedenfalls konnte ich bei diesem Rennen meinen Leistungsoutput nicht konstant (hoch) halten. Bei einer Dauer von gut einer Stunde würde ich mir erwarten, dass die Balken allesamt etwas weiter im Roten liegen, für aktive Regeneration hat man in diesem Fall nach dem Rennen genug Zeit.
Zwift
Bringen wir noch einen weiteren Faktor ins Spiel, der aus meiner Sicht beim Thema Wattmessung nicht fehlen sollte - zumindest in meiner Rad-Welt. Die allseits bekannte und beliebte Trainingsplattform Zwift lebt zu einem großen Teil von den Vorteilen von Smart Trainern, die notwendigerweise auch eine Leistungsmessung beinhalten. Wer also keinen Powermeter auf seinem Rennrad montiert hat, kommt eventuell in den virtuellen Welten von Zwift (erstmals) mit Leistungsmessung in Berührung. Ich möchte hier nicht über den Realitätsgrad von Zwift diskutieren, sondern nur feststellen, dass bei Verwendung der Trainingsprogramme in Zwift immer mit Leistungswerten gearbeitet wird. Und wenn man im Winter auf der Rolle nach Watt fährt (und Zwift wird die Intensitäten der Trainings und Intervalle nach Watt einteilen), dann wird man vermutlich auch im Sommer wissen wollen, wie man denn gerade unterwegs ist und eventuell auch sein Training ab diesem Zeitpunkt auf Basis eines Leistungsmessers abwickeln. Zwift ist daher aus meiner Sicht eine gute und naheliegende Möglichkeit, die Welt der Leistungsmessung und das darauf aufbauende Training auszuprobieren und sich quasi langsam „einzuleben“. Es bleiben gewisse Unschärfen zwischen der Leistungsentfaltung auf der Rolle und draußen auf dem Rad - die Angaben über die Unterschiede sind unterschiedlich - im Endeffekt ist empfehlenswert, einen Leistungstest zu Beginn der Freiluftsaison durchzuführen, um die tatsächlichen Leistungszonen feststellen zu können. Denn es ist jedenfalls kontraproduktiv, mit falschen Leistungszonen zu arbeiten und sein Training entsprechend (falsch) darauf auszurichten.
Was will ich damit jetzt sagen?
Ich habe bis jetzt getan, „was ich wollte“ - ohne wirkliches Ziel, ohne wirklichen Plan. (Und es hat gut funktioniert und Spaß gemacht). Ich verwende Zwift und bekomme dort meine Leistungsdaten ausgespielt. Ich habe einen Powermeter am Rennrad und komme auch dort in den vollen Genuss des „quantified selfs“. Irgendwie möchte ich da aber jetzt mehr daraus machen.
Es ist kein Geheimnis, dass ich 2019 am Start der Race Around Austria Challenge stehen werde - dabei geht es nonstop 560 Kilometer rund um Oberösterreich. Mein Ehrgeiz beschränkt sich momentan noch auf die „Besiegung des inneren Schweinehunds“ - ich möchte die Strecke innerhalb des Zeitlimits zurücklegen, dabei würdevoll bleiben und auch meinen Spaß haben und neue Erfahrungen sammeln. Gewinnen sollen andere! Während ich also grundsätzlich optimistisch bin, dieses Vorhaben mit meiner üblichen Vorbereitung (Stichwort „Fartlek - ungeplant“) bewältigen zu können, gibt es da in meinem Kopf eine Ecke, in der eine kleine Stimme wiederholt darauf hinweist, dass ich meinen Ars** doch etwas mehr bewegen sollte und das Privileg, bei so einer Veranstaltung dabei zu sein, besser nützen sollte.
Ich habe daher beschlossen, dieser Stimme Folge zu leisten und meine bisherigen Konventionen ein Stück weit über Bord zu werfen. Ich werde seit langem wieder einen Leistungstest machen, meinen Powermeter mit neuen Batterien versorgen und kalibrieren und mir einen Trainingsplan gönnen. Die Weichen dafür sind bereits gestellt, die Termine großteils organisiert, die notwendigen Ansprechpartner gefunden. Es handelt sich hier also um eine … *Trommelwirbel* … Serie von Blogposts. Bis Ende Mai folgen dementsprechend noch:
Teil 2: Langzeittest Garmin Vector 3
Teil 3: Leistungstest bei Flowsports
Teil 4: Training für das Race Around Austria
Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen - auf neue Erkenntnisse, neue Erfahrungen und eventuell ein paar Watt mehr am Ende des Tages. (Und keine Sorge: ich werden meine Hobby-Analysen auch noch vom Profi beurteilen lassen).
160 Kilometer Zwift
“Wenn du alleine zuhause bist, kommst du auf blöde Ideen”, schreibt mir Nora (alias Unicorn Cycling) kurz nachdem ich meine Aktivität auf Strava hochgeladen habe. Und ganz falsch liegt sie damit nicht…
Auf meinem Computer sind unzählige Listen abgespeichert - Listen mit möglichen Themen für den Blog, Routenvorschlägen, lose Ideen aber auch recht konkreten To-Dos. Über das Jahr schreibe ich hier alles rein, was mir so einfällt und über den Weg läuft. Zwift bietet zum Aufrechterhalten der Motivation in-game einige Herausforderungen und Missionen - von “tritt soundso viel Watt” über “fahre an soundso vielen Tagen” bis hin zu “fahre 100 bzw. 160 km”. Seit Zwift Teil meiner Winter-Trainingsroutine ist, sind daher die Zwift-Challenges auch auf meiner To-Do Liste präsent. So weit so gut…
Parallel dazu ist man ja Mitglied in diversen Facebook-Gruppen, die größte deutschsprachige Community in Bezug auf Zwift sind die “Zwift Riders Germany”. Scrollt man dort durch die letzten Beiträge wird einem regelrecht schwindlig, angesichts der Marathonleistungen, die da in beeindruckender als auch erschreckender Regelmäßigkeit abgeliefert werden. 100 Kilometer? Pffff… Rennen da und dort - kein Problem. 160 Kilometer am Stück? Mindestens eine*r pro Tag! Als Radler, dessen Zwift-Horizonte üblicherweise bei 40 Kilometern enden, beginnt man an dieser Stelle zu rätseln. Ist das schwer? Macht das Spaß? Ist das normal? Warum macht man das? Zeit für einen Selbstversuch!
100 Kilometer
Das “Metric Century” - wie die 100 Kilometer auf Zwift so schön heißen - habe ich schon mehrmals hinter mich gebracht - der Erstversuch ist hier nachzulesen. Die Distanz kennt man vermutlich von längeren Ausfahrt draußen und weiß daher auch grob, was da auf einen zukommt. Auf Zwift bzw. auf der Rolle ist die Dynamik natürlich eine andere - nämlich keine, und das ist die größte Herausforderung. Längere Distanzen auf der Rolle fallen in erster Linie schwerer, weil die Position auf dem Rad statischer ist - man wechselt weniger oft die Haltung, durch die fehlenden Bewegungen des Rads ist auch der eigene Körper weniger in Bewegung. Man geht weniger oft aus dem Sattel, dadurch ist das Ganze auch für die Muskulatur eintöniger (=ermüdender). Auch fehlende Umwelteinflüsse machen es mitunter schwieriger - auch der beste Ventilator kann keinen echten Fahrtwind simulieren.
Die ersten Kilometer gehen ja leicht von der Hand, man rollt entspannt durch die virtuellen Zwift-Welten. Man denkt sich: “Das wird doch ein Klacks”, so schnell springt die Kilometeranzeige am Bildschirm weiter. Bei Kilometer 20 oder 30 beginnt man allerdings zu grübeln. 45-60 Minuten im Sattel - 25 Kilometer abgespult… Unweigerlich beginnt man hochzurechnen - 20 Kilometer sind ein Fünftel von 100 Kilometer, vier Stunden im Sattel oder gar noch länger?
Hier lohnt es sich, VOR Fahrtantritt ein paar Dinge zu überlegen! Meine ersten 100 Kilometer bin ich damals quasi alleine gefahren, bis auf gelegentlichen Windschatten von anderen Fahrern auf der Strecke. Damals war ich 3:36 h unterwegs, auf dem Greater London Loop - über 1.000 Höhenmeter waren es am Ende. Aus diesen Rahmenbedingungen lassen sich unmittelbar einige Schlüsse ziehen.
Alleine oder Event?
Bei einem der vielen Events in Zwift findet man grundsätzlich immer Gleichgesinnte, die Ausfahrten des “World Bicycle Relief” bieten beispielsweise regelmäßig Fahrten über 100 Kilometer. Ist man als Teil einer derartigen Gruppe unterwegs, kann man jedenfalls am schnellsten die lange Distanz abspulen. Ich bin bei einem dieser Events mitgefahren, ausgeschrieben waren 100 Kilometer bei 2,5 Watt/Kilogramm. Das Tempo ist hoch, die Leistung muss man auf die Pedale bringen - denn ist der Windschatten der Gruppe erst einmal weg, dann bringt das Ganze nichts mehr und man ist erst recht wieder alleine unterwegs. Als Belohnung für das Leiden spult man die 100 Kilometer in guten zwei bis zweieinhalb Stunden ab. Ein Schnitt von über 40 km/h ist (für mich) natürlich völlig unrealistisch und in Bezug auf meine Leistungen draußen illusorisch aber da muss man sich bei Zwift ohnehin immer selbstkritisch und vernünftig einordnen.
Auf sich alleine gestellt dauert die Bewältigung der 100 Kilometer natürlich entsprechend länger, dafür erarbeitet man sich jeden Kilometer. Will man sich also psychisch abhärten - so wie es Rollentraining vor allem auch vor Zwift immer war, für den ist die Einzelkämpfer-Variante sicher eine gute Option.
Rad und Windschatten?
Wenn man schon alleine unterwegs ist, kann man - quasi strafverschärfend - auch das Zwift Zeitfahrrad benützen. Dieses muss nicht extra freigeschaltet werden und steht ab Beginn zur Verfügung. Angaben von Zwift zufolge ist man mit dem TT-Bike geringfügig flotter unterwegs, Nachteil ist dafür, dass man keinen Windschatten von anderen Fahrern nutzen kann. Außerdem verhalten sich Power-Ups auf dem Zeitfahrer anders: Windschatten, Federgewicht, usw. sind nicht verfügbar, stattdessen erhält man jedes mal zehn Erfahrungspunkte, wenn man ein Banner durchfährt.
Streckenwahl?
Entscheidend über die Mühen der Herausforderung ist die Wahl der Strecke. Zehn Mal Alpe du Zwift ist eine gute Everesting-Challenge, wird die 100 Kilometer aber recht beschwerlich machen. “Flach und schnell” sollte das Motto lauten - London Loop, Flat Volcano, Richmond eignen sich dazu mit ihren moderaten Höhenmetern sehr gut.
25 Runden um den Vulkan
Wer die 100 Kilometer gleich mit einer anderen Challenge verbinden möchte, stellt sich an die Startlinie des Volcano Circuit auf Watopia. Es gibt Badges für fünf, zehn und 25 Runden durch den Vulkan. Bei 4,2 Kilometern Rundenlänge sind das rund 20, 42 oder eben 104 Kilometer. Die Höhenmeter halten sich dabei angenehm in Grenzen, die zwei kurzen Rampen kennt man nach wenigen Runden auswendig und kann sich entsprechend darauf einstellen. Gleichzeitig gibt es keine langen Bergab-Passagen, in denen man sich ausruhen kann - es heißt also, die ganze Zeit gleichmäßig weiter zu treten.
Für Experimentierfreudige ist Zwift sehr tolerant bei der Zählung der Runden - es kann zwischendurch unterbrochen werden, es kann die Route variiert werden, sogar Richtungswechsel sind möglich. Solange eine Runde beendet wird, zählt sie für die Challenge. Eine Tafel beim Runden-Banner zeigt die aktuelle Rundenzahl und sorgt dafür, dass der Überblick nicht verloren geht.
Auch hier vergehen die ersten Runden wie im Flug und man sieht sich schon am Ziel der Herausforderung. Aber es wird zäh, der Rundenzähler bewegt sich scheinbar nicht mehr so schnell, auch hier beginnt man zu grübeln, hochzurechnen, abzuschätzen. Mit dem Zwift-TT-Bike und zwischen 2,0 und 2,5 Watt/Kilogramm dauert eine Runde rund 7:20 Minuten, die 25 Runden daher ziemlich genau drei Stunden.
Rad oder Trikot gibt es für die Erledigung der Challenge keines, lediglich die Badges für die entsprechende Rundenanzahl und die Beruhigung, etwas von der To-Do-Liste streichen zu können.
160 Kilometer
Hat man die 104 Kilometer einmal erreicht, stellt sich die Frage: Weiterfahren oder nicht? 160 Kilometer sind die größte Distanz, für die man auf Zwift belohnt wird - auf neudeutsch “Metric Century” genannt. Meistens ist man spätestens ab diesem Punkt auf sich alleine gestellt, organisierte Events über derartige Distanzen sind mir keine oder nur selten untergekommen.
Hilfreich ist an dieser Stelle, sein Gehirn entweder komplett abzuschalten oder irgendwie auszutricksen. Sobald man aber zum Nachdenken anfängt, wird es haarig. Nochmal 56 Kilometer? Weiter als man normalerweise auf Zwift unterwegs ist jetzt noch obendrauf? Und nochmal: Auf der Rolle sind die Gesetze andere als draußen. Nicht, dass das eine besser oder einfacher ist, als das andere - einfach anders!
Weitertreten also, in einem Stadium, in dem jede*r von uns wohl schon ein paar Mal war. Auf der einen Seite der Ehrgeiz und Wille, das Ding zu Ende zu bringen - auf der anderen Seite die Couch, der Kühlschrank und die Badewanne, noch dazu alles im Nebenzimmer! So kurbelt man in Trance die fehlenden Kilometer herunter.
Nach 25 Runden um den Vulkan hab ich genug von der eintönigen Strecke und biege ab - die Abwechslung bezahle ich mit zusätzlichen Höhenmetern, aber die Zerstreuung durch eine neue Umgebung und andere Fahrer hilft enorm. Man könnte an dieser Stelle auch auf ein anderes Bike wechseln und wieder den Windschatten der anderen Fahrer ausnützen. Ich entscheide mich für meine persönliche Durchhaltestrategie - ab und zu dringt dann doch der Ehrgeiz durch. Wenn ich im August 2019 die Race Around Austria Challenge fahren möchte, kann ich ruhig auch etwas für meine Kopf und meine Psyche tun…
Die letzten Kilometer vergehen plötzlich wieder wie im Flug, “Heimweh” nennt man das wohl. 157, 158, 159, 160 Kilometer - die letzten zwei nochmal Gas geben. Wäre doch schon langsam an der Zeit, dass die Geschichte ein Ende nimmt. Die “160” scheinen zentral auf dem Bildschirm auf, aber kein Achievement, kein Badge! Teile meines Gehirns beginnen bereits in Panik zu verfallen - erst während des Ausrollens, bei Kilometer 161, blinkt der Bildschirm auf und ich bekomme mein Achievement. To-Do abgehakt.
Ausrüstung
Fünf Stunden auf der Rolle sollten zumindest halbwegs gut vorbereitet sein. Kette schmieren, Akkus von Powermeter, Di2 und Herzfrequenzgurt laden, Wasser auffüllen, Handtücher und Wechselgewand bereitlegen.
Meine BMC Roadmachine war die ganzen fünf Stunden lang sehr komfortabel - trotz der wenigen Positionswechsel hatte ich keinerlei Sitzprobleme oder Ähnliches. Wenn es zu zwicken beginnt, dann in Nacken oder Rücken. Auch der Wahoo Kickr hat die fünf Stunden Dauerseinsatz völlig unaufgeregt zur Kenntnis genommen.
Fünf Stunden und 161 Kilometer ergeben einen Schnitt von 32,3 km/h - absolut illusorisch, diesen Schnitt draußen auch nur annähernd über den halben Zeitraum halten zu können… Aber so ist der Algorithmus von Zwift - man sollte sich selbst gut genug einschätzen können, um nicht im Frühjahr an der Realität zu verzweifeln! 200 Watt waren ein grobes Ziel, 191 Watt Schnitt waren es am Ende.
Wichtig ist eine gute und regelmäßige Verpflegung. Auch wenn die Küche gleich nebenan ist, war es mir irgendwie ein Anliegen, nicht zwischendurch einfach ins Nebenzimmer zu spazieren, um mich zu verpflegen. Daher waren sieben Trinkflaschen mit Wasser bereitgestellt, zwei Packungen Powerbar Powergel Shots, ein Wingman- und ein Roobar Riegel. Die verbrauchten 3.200 Kalorien hab ich dadurch sicher nicht wieder zugeführt, aber ein kleines Kalorien-Defizit ist nach Weihnachten schon in Ordnung :)
Klare Empfehlung gibt es außerdem für eine Hose zum Wechseln - bei mir passiert nach rund 60 Kilometern. Socken und Handtuch kann man sich auch ein zweites (Paar) zurechtlegen - je nach Lust, Laune und Schweißbächen.
Würde ich es wieder tun?
Nein.
Ich habe ein gutes Durchhaltevermögen, Spaß auch an monotonen Herausforderungen und erfreue mich grundsätzlich am Training. Aber alles in allem war es am Ende doch etwas zu lang, zu monoton und zu anstrengend (so blöd das jetzt auch klingt - anstrengend ist im Sinne des Fahrens auf der Rolle zu verstehen, diese sind mit dem Fahren draußen einfach nicht vergleichbar). 100 Kilometer werden für mich in Zukunft die Grenze auf Zwift sein, mehr kann sein - für Challenges, Badges und Artikel wie diesen - muss aber nicht.
Ride On! ;)
Zwift x Wahoo Tour Wien und Territory Manager Kai Rapp im Interview
Hallo Kai! Danke, dass du dir als Territory Manager von Zwift für Deutschland, Österreich und die Schweiz am Rande des Events in Wien kurz Zeit nimmst. Was ist Zwift für dich - Trainingsprogramm, Computerspiel oder ganz etwas anderes?
Für mich ist es genau dazwischen. Es hat tatsächlich etwas von einem Computerspiel, als Zwift weisen wir auch gerne darauf hin, dass wir aus der Gaming-Welt entstanden sind. Sieht man sich den neuen Kurs in New York an, dann mutet der teilweise recht offensichtlich gamifiziert an. Stellenweise wollen wir zukünftig auch noch verspielter werden, das Ganze aber gleichzeitig mit ernsthaftem Training zusammenbringen. Unser Claim heißt ja „Serious Training made fun“, wir wollen ernsthaftes Training zum Vergnügen machen.
2018 gab es viele neue Features, Strecken, Erweiterungen, Events - alles wurde intensiver, größer, mehr. Worauf bist du im vergangenen Jahr am meisten stolz?
Die Companion-App hat sich extrem verbessert, die darin enthaltene Meetup-Funktion finde ich großartig, die Übersichtlichkeit ist besser geworden, als Controller fürs Training ist die App super. Auch auf die Kurse bin ich stolz, auch weil ich selbst gerne Rennen fahre, zum Beispiel die 8,8 Kilometer der Innsbruck-Runde. Die optimale Länge eines Kurses für eine Präsentation wie heute ist übrigens eine Bierlänge, also die Dauer eines Biers, das der Zuschauer hier trinkt, während vorne gefahren wird. Also die Companion-App war am wichtigsten, stolz ist da aber der falsche Ausdruck. Mit der Einführung der Meetup-Funktion haben wir auf die vielen Anfragen von Radsportgruppen, Clubs und Nutzern reagiert. Da und dort wird die Meet-up-Funktion noch optimiert werden, daher ist auch das Feedback aus der Community sehr wichtig für uns!
Wo liegen derzeit die technischen Grenzen, wieviele Fahrer können gleichzeitig online sein?
An sich gibt es keine Grenzen was die Zahl der Nutzer betrifft, theoretisch ist das System momentan auf 30.000 gleichzeitige Logins ausgelegt, derzeit sehen wir zu Spitzenzeiten rund 13.000 Personen online. Wenn es zu Problemen kommt, dann resultieren diese aus anderen kleineren Bugs in speziellen Konfigurationen, theoretisch aber nicht aus der Nutzerzahl. Grundsätzlich ist das System sehr zuverlässig, wir haben auch sehr viel in die Verbesserung der Serverstruktur investiert.
Wird es zu größeren technischen Umstellungen kommen - passiert da etwas im Hintergrund?
Zwiftt wird zunehmend cloudbasiert aufgebaut. Unter der Dingen, die auf der Nutzerseite bemerkbar sind, wird die Möglichkeit der Weltauswahl sein.
Ich habe gelesen, Watopia soll immer verfügbar sein?
Ja genau, Watopia wird immer offen stehen, eine zweite Welt wird wie bis jetzt nach einem vorgegebenen Kalender online sein. Erfolgsgeheimnis von Zwift ist ja, dass Leute gemeinsam fahren, wenn diese dann auf fünf verschiedene Welten verteilt werden, würde die Grundidee von Zwift verloren gehen.
Richmond und Innsbruck werden dann öfter verfügbar sein (und nicht wie bis jetzt 1-2 Mal im Monat)?
Ja klar, nachdem Watopia immer online ist, werden die anderen Strecken rein rechnerisch entsprechend öfter im Kalender stehen.
Was sind die großen Pläne für 2019? Geht es in diesem hohen Tempo weiter?
Wir sind jetzt nicht zwingend daran interessiert, laufend neue Welten anzubieten, sondern vielmehr, die bestehenden Welten mit weiteren Strecken auszubauen und zu erweitern. Bei der Strecke in Richmond drehen ja nicht alle durch vor Liebe, da fehlt beispielsweise ein Berg. Aber wir haben 2019 den Fokus in erster Linie auf die Entwicklung des eSports. So haben wir gerade heute die KISS Super League gelaunched, an der 15 echte UCI Professional Continental, Continental und Community Teams als auch sieben Frauen-Teams teilnehmen.
Ich habe ja Richmond mittlerweile wieder lieb gewonnen…
Schnell, bzw. im Rennen gefahren finde ich Richmond gerade am Ende brutal und er tut echt weh. Jeder Kurs hat seine Berechtigung, auch je nachdem was man trainieren möchte. Ich finde alle Kurse großartig, vor allem Innsbruck, weil ich das visuell schön finde und auch persönlich in-real-life kenne. Für 2019 kann man fast davon ausgehen, das wir die Partnerschaft mit der UCI fortführen, was bedeuten könnte, dass zur Vorbereitung für die Profis und übrigen WM-Teilnehmer auf die Straßen-WM 2019, Yorkshire dazukommen würde.
Wie aufwendig ist die Entwicklung einer Welt?
Ich glaube für Innsbruck waren es rund 4.250 Programmierstunden und ich weiß nicht wieviel Liter Kaffee. Das wurde alles mal ausgerechnet… Auf YouTube gibt es ein eindrucksvolles Video zur Entstehung des Innsbruck Kurses, da ist das alles schön und genau aufgearbeitet.
2019 wird also kein Jahr der großen Effekthaschereien, sondern gleichmäßiges Wachstum ist angesagt?
Genau. Wie gesagt, kleine Gags wollen wir immer wieder mal einbauen. Es wird einen Store geben, wo man seine Credits (XP-Punkte) eintauschen kann gegen Trikots und Equipment. Aber das wird kein monetärer Store mit echtem Geld, sondern nur virtuelles „XP“. Es wird von Zwift neben dem Monatsbeitrag auch zukünftig kein weiterer monetärer Einsatz gefordert werden und man kann sich auch keine fahrerischen Vorteile erkaufen.
Es gibt zahlreiche Modifikationen, z.B. sogenannte „World Hacks“, mit denen man durch Eingreifen in Log-Files des Programms die Welt vorab auswählen kann. Wird das gerne gesehen, als Problem wahrgenommen oder ist das egal?
Das ist uns im Grunde gleichgültig - es stört uns nicht, wenn jemand in einer anderen Welt fährt. Wir wollen nur an unserer grundsätzlichen Philosophie festhalten, die besagt, dass Leute gemeinsam fahren sollen.
Ähnliches bei Zwift-Power, das ist mittlerweile ein eigenständiges und ausgewachsenes System. Wie wird es wahrgenommen, dass hier ein großes System außerhalb von Zwift existiert?
Man will das sogar bewusst ausgelagert haben, weil man im Hause Zwift keine Diskussionen haben will über Rennverläufe, Ergebnisse, Digital Doping, usw. Zwift sieht sich als Plattform und lebt davon, dass die Community Dinge in Eigenregie organisiert, daher werden diese Dinge seitens Zwift entsprechend unterstützt. Zwift selbst hat für die nationalen Meisterschaften Zwift-Power als Zeitnahme- und Ergebnisdienst herangezogen - Arbeitsteilung im positiven Sinn quasi. Bei einem realen Rennen in Wien nimmt man sich ja auch z.B. Pentek Timing als Zeitnehmer, so kann man das verstehen.
Die vielfach stattfindenden Events auf Zwift (Tour de Zwift, Zwift Fondo) bringen einen tendenziell dazu, im Winter zu hart zu trainieren. Ist das unter Umständen kontraproduktiv, ist die Gefahr da, dass man zu hart fährt?
Das Risiko ist schon vorhanden, hängt aber großteils von der Selbstdisziplin der User ab. Leute, die Trainngspläne verfolgen, bleiben tendenziell diszipliniert bei ihrem Plan und nehmen eher nicht an diesen Events teil. Wir wollen aber auch jenen Leuten etwas bieten, die sich auch im Winter austoben wollen. Abgesehen davon ist beispielsweise die Tour de Zwift ja gar nicht als Rennen tituliert. Manche machen es sicher zum Rennen, aber im Endeffekt ist es als gemeinsame Ausfahrt gedacht.
Was sagt man jemandem der sich zu weit reinsteigert?
Wir von Zwift hoffen, das Zwift-Fahrten in erster Linie Extra-Stunden und keine Ersatzstunden sind. Zudem gab es aber sicher viele Leute, die vor der Zwift-Ära durch den kalten Regen gefahren sind und dies nur aus Trainingsgründen, nicht aber aus Spaß gemacht haben - denen soll eine Alternative zum spaßfreien Training geboten werden. Das wären dann durchaus Ersatzstunden, für deren Angebot sich Zwift aber nicht schämen muss.
Die Konkurrenz wächst, es kommen neue Player auf den Markt.
Zwift lebt von der Community, von den vielen Gleichgesinnten auf der Strecke. Viele Triathleten lieben beispielsweise Zwift - auch wenn die übrigen Fahrer auf der Strecke beim Abspulen ihres Trainingsgplans eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben, dann mögen sie es doch gerne, dass da einfach etwas los ist auf der Strecke. Andere Mitbewerber geben sich auch große Mühe und entwickeln ihre Produkte weiter. Was Spaßfaktor verbunden mit ernsthaftem Training betrifft, haben wir aber keine wirkliche Konkurrenz zur Zeit. Je nachdem, wie wichtig einem beim ernsthaftem Training der Spaß ist, der wird sich für Zwift oder ein anderes Produkt entscheiden.
Es sind unzählige Profis auf Zwift unterwegs, wie schaut da das Feedback aus?
Es sind viele Profis auf Zwift vertreten, vor allem auch viele Triathleten. Profis haben natürlich andere Trainingsumfänge, da sind einfach auch immer viele Fahrten draußen und Trainingslager dabei, auch der Mix ist sehr wichtig. Man sieht aber beispielsweise Pascal Ackermann häufig auf Zwfit für kürzere Einheiten. Viele bauen Zwift in ihr Training ein, wir merken die große Beliebtheit bei den Pros an den Anfragen für Pro-Accounts.
Ist Nachwuchsförderung ein Thema?
Die wichtigste Nachwuchsförderung ist, dass jeder unter 16 Jahren, gratis auf Zwift fährt. Wir gehen davon aus, dass radfahrende Eltern das gerne an ihre Kinder weitergeben, da fahren die Kinder auf deren Rollen und Walzen. Es gibt auch vereinzelt Anfragen nach Familienbundles oder Ähnlichem, das ist derzeit aber noch kein größeres Thema. Wir wollen aber probeweise mal in Schulen gehen und mit den Verbänden in Bezug auf Jugendarbeit und Scouting arbeiten. Ich bin der Meinung, dass Zwift für die Verbands- und Clublandschaft sehr bereichernd sein kann, was das Wecken des Interesses bei Kindern und Jugendlichen betrifft.
Wie bringt man Zwift „offline“ - mit Events und Aktionen wie der Zwift x Wahoo-Tour?
Unser Eventformat ist absolut geeignet, Zwift spielerisch zu den Leuten zu bringen und unseren Lifestyle zu vermitteln. Wir wollen mehr Spaß in der Radsport bringen. Wir machen das jetzt bereits im dritten Jahr und lernen so Radpsort-Communities als auch unsere bestehenden User kennen.
Und ihr seid zum ersten Mal auch in Wien!
Ja genau. Die Events sind in der Organisation zwar sehr aufwendig, wir erhalten aber durchwegs sehr positives Feedback. Wir holen auf diese Weise echt viele Menschen ab, so macht das allen Spaß!
Danke für das Interview und Ride On! ;)
Zwift x Wahoo Tour Wien am 18.01.2019
Zwift Run
Die Trainingssoftware Zwift ist unter Radlerinnen und Radlern mittlerweile sehr gut etabliert. Egal, ob man Zerstreuung während dem sonst eher monotonen Rollentraining sucht, Trainingsprogramme abspult oder sich mit Freunden für eine virtuelle Gruppenfahrt trifft, wenn es draußen stürmt und schneit - Zwift hat für recht viele Anwendungsbereiche eine geeignete Lösung parat. Seit längerer Zeit existieren diese Features und Möglichkeiten auch für Läufer - anfangs eher unscheinbar und fast versteckt, seit wenigen Monaten von Zwift selbst gepusht. Pushen heißt in diesem Fall, dass spezieller Content für Läufer hinzugefügt, die Öffentlichkeitsarbeit dahingehend ergänzt und die technischen Möglichkeiten entsprechend erweitert wurden. Doch der Reihe nach…
Grundsätzliches
Die Beiträge auf 169k über Zwift haben mittlerweile eine Menge erreicht, die eine eigene Kategorie füllen - so viel gibt es über Funktionen, neue Strecken, Trainings und Meilensteine zu berichten. Dementsprechend möchte ich gar nicht mehr allzu viel über grundsätzliche Funktionen, Sinn und Unsinn und die technischen Rahmenbedingungen erzählen. Hier und jetzt sollen die Lauffunktionen im Vordergrund stehen - auch für mich etwas neues.
Setup
Beim Equipment gibt es naturgemäß einige Änderungen zum Rad-Setup. Grundsätzlich ist das Einrichten hier etwas einfacher, Gerätschaften benötigt man dafür allerdings trotzdem.
Man kann natürlich auch draußen Laufen gehen und parallel dazu Zwift starten, allerdings geht das irgendwie an der Intention der ganzen Geschichte vorbei. Wer doppelte Kilometer zählen will, auch draußen nicht den Blick vom Handy-Display lösen kann oder grundsätzlich auf Computerspiele steht, dem sei natürlich unbenommen, auch draußen mit dem Handy in der Hand und Zwift zu laufen. Indoor ist jedoch ein Laufband notwendig, auf dem man seine Einheiten abspult. Die wenigsten haben zuhause ein Laufband stehen - ein solches schlägt sich derzeit mit rund 500 bis 1.000 Euro zu Buche, High-End Modelle liegen entsprechend darüber. Einsatzorte sind daher in erster Linie Fitness-Studios, egal ob es das Fitness-Center um die Ecke ist oder der Hotel-Fitnessraum auf der Dienstreise.
Auf der Zwift-Homepage sind einige wenige Modelle von Laufbändern zu finden, die direkt via Bluetooth mit Zwift kommunizieren können, allerdings sind diese in “freier Wildbahn” nur recht schwer (oder wenn, dann nur zufällig) anzutreffen. In allen anderen Fällen ist ein Lauf-Pod die Lösung. In wenigen Sekunden auf den Schuh montiert (=geclippt), liefert der Pod alle notwendigen Daten an die Software und Zwift weiß, was auf dem Laufband passiert. Der Pod funktioniert auf Basis von Beschleunigungssensoren, vergleichbares hat es von allen namhaften Herstellern schon einmal gegeben - als Laufuhren noch nicht über GPS verfügten, waren Pods die verlässlichste (unverlässliche) Quelle für Distanzen und Geschwindigkeiten.
Zwift hat im Juni 2018 die Firma Milestone übernommen, bis dahin der Hersteller eines der beliebtesten Running Pods. Dieser funktionierte recht anstandslos, hatte aber bei schnellen Tempowechseln gewisse Genauigkeitsprobleme, dazu kamen noch Lieferschwierigkeiten. Zwift hat in den letzten Monaten einige Ressourcen investiert, um die Performance des Produkts zu erhöhen, der nunmehr Zwift-gebrandete Pod ist direkt im Zwift-Shop für rund 30 US-Dollar erhältlich. Für die Stromversorgung ist eine (aus allen möglichen Geräten wohlbekannte) CR2032-Zelle zuständig, übertragen werden Geschwindigkeit, Kadenz und Distanz. Inbetriebnahme gibt es de facto keine, das Pairing (mit Telefon, iPad oder Computer) geht über Bluetooth in Sekunden vonstatten.
Die Pulsmessung funktioniert ebenfalls über Bluetooth mit Geräten wie den Puls-Armbändern von Wahoo oder Polar. Pulsmesser - wie der klassische Garmin-Brustgurt, die über ANT+ senden, sind schwieriger in das Setup zu integrieren, da als Standard in erster Linie Bluetooth fungiert und man nicht so mir nichts, dir nichts einen zweiten Kanal über ANT+ eröffnen kann (wie man das am Computer mit dem Hometrainer noch eher machen kann).
Damit hat man auch schon alles, was man grundsätzlich an Equipment braucht. Ähnlich zum Radeln auf der Rolle fehlt auch beim Laufen auf dem Laufband der Wind und etwas frische Luft - ein Ventilator, Schweißbänder, Handtuch und ausreichend Flüssigkeit sind also auch beim Laufen auf Zwift durchaus nützlich.
Funktionen
Einfach Laufen? Strukturiertes Training? Lauftreff? Geht alles und kann im Hauptmenü entsprechend ausgewählt werden. Die Funktionen von Zwift, die man vom Radfahren kennt, sind alle auch fürs Laufen vorhanden. Die Strecken (Watopia, London, Richmond, Innsbruck und New York) können unter die Laufschuh-Sohlen genommen werden, wobei man sich großteils die Wege mit den Radler*innen teilt. Mit den letzten Updates entstehen allerdings vermehrt eigene Strecken für Läufer, auf denen man unter sich ist. Vereinzelt berühren oder kreuzen diese das bereits vorhandene Wegenetz, sodass man trotzdem noch etwas vom Gesamtbild mitbekommt. Es ist schließlich auch immer noch im Interesse von Zwift, reges Leben in den virtuellen Welten zu vermitteln, der soziale Aspekt ist ja ein wesentlicher Grund dafür, sich für Zwift zu entscheiden und nicht alleine vor der weißen Wand auf dem Laufband zu schwitzen.
Als Motivationshilfen können Ziele festgelegt werden (z.B. eine bestimmte Kilometerzahl pro Woche), es gibt laufend Herausforderungen, an denen man teilnehmen kann und - ebenfalls analog zum Radmodul - bieten unzählige Individualisierungsvarianten des Avatars die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen und mit neuem (freigeschaltetem) Gear das Aussehen zu verfeinern.
Praxistest
Nach einigen Kilometern auf dem Laufband und ein paar weiteren Tests auf und neben dem Laufband ist festzustellen, dass es sich um ein ausgereiftes System handelt - immerhin sind sowohl Laufbänder, Pods als auch die Software mittlerweile gut erprobt. Das Pairing geht in Sekunden über die Bühne, wer mit der Zwift-Software bereits vertraut ist, findet sich dort auch sofort zurecht.
Der Zwift-Pod ist sofort einsatzbereit und überträgt vom ersten Schritt an die richtigen Daten. Sicherstellen muss man dabei jedoch, dass die Entfernung zwischen Pod und Computer/Tablet/Telefon nicht zu groß wird, da es sonst zu Ausfällen oder Unterbrechungen im Datenstrom kommt und der Läufer auf dem Bildschirm plötzlich stehenbleibt, obwohl einem selbst noch der Schweiß von der Stirn tropft.
Schwierigkeiten hat der Pod offenbar mit “ausgefalleneren” Laufbändern. Einer meiner Tests fand auf einem gebogenen Laufband der Marke Technogym statt, an sich ein Vorreiter was Technologie und Innovationen angeht. Die Neigung der Lauffläche des Laufbands schien allerdings den Pod zu verwirren, weshalb durchwegs eine geringere Geschwindigkeit angezeigt wurde. Bei einem Lauf draußen - ja, ich war kurz (versteckt) mit Zwift draußen laufen - wurde allerdings wieder die richtige Pace angezeigt. Das bestätigt die Annahme, dass die Bauform des Laufbands mit schuld an der falschen Anzeige war. Ansonsten werden die Angaben von Pods, Laufuhren und anderen Geräten aber auch immer (gering) unterschiedliche Werte liefern, wie das beispielsweise auch bei unterschiedlichen Uhrenmodellen oder Radcomputern der Fall ist.
Die Laufstrecken auf Zwift sind mittlerweile recht gut bevölkert, man merkt stark eine geographische Verteilung der Läufer*innen, mit einem starken Fokus auf Nordamerika - eventuell ist dort das Laufen auf Laufbändern grundsätzlich populärer. Wenn man daher Wert auf Gesellschaft legt, kann man seine Zwift-Einheiten entsprechend zeitlich einplanen.
Im Sinne von Unterhaltung und Kurzweiligkeit ist Laufen auf Zwift identisch mit Radfahren auf Zwift. Nicht so gut wie “the real thing” - also ein Lauf an der frischen Luft, jedenfalls aber besser und unterhaltsamer als das Anstarren einer Digitalanzeige auf dem Laufband im Fitness-Studio. Mit persönlich fehlt das Laufband zuhause bzw. im Fitness-Studio - auf Reise, in Hotels oder bei geplanten Studio-Besuchen werde ich allerdings jedenfalls den Zwift-Pod in meine Tasche packen.
Danke an Vitura Personal Training für die Bereitstellung des Laufbands für diesen Test.
Der Text enthält Amazon Affiliate-Links - der Preis für die dahinterliegende Produkte wird dadurch nicht beeinflusst.
Was bringt 2019
Wie der Keks-Teller meiner Schwiegermutter füllen sich dieser Tage auch wieder laufend jene Listen mit Vorsätzen und Plänen, die man sich fürs anlaufende Jahr vornimmt, auf die Fahnen heftet oder gar lauthals in die Welt hinausschreit (auf dass diese Verbindlichkeit nicht zum Verhängnis wird). Neben rein keks-induzierten Vorsätzen - bei mir dauert die “Reparatur” der weihnachtlichen Gewichtszunahme erfahrungsgemäß mehrere Wochen - möchte ich wie jedes Jahr einige meiner Ideen für 2019 formulieren, wie immer ohne Reihung, Wertigkeit und endgültige Verbindlichkeit. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich viele Dinge erst unterjährig und meistens auch recht spontan ergeben, einige davon stellen sich dann als die besten Unternehmungen heraus - besser als man sie je hätte planen können…
Zwift
Mit ein paar Ausdauereinheiten auf der Rolle werde ich erst einmal die überzähligen Kilos beseitigen, die sich zuletzt angesammelt haben. Ich setze hier wie gehabt auf Zwift, die Trainingsplattform bietet aus meiner Sicht den besten Mix aus Leistung, Abwechslung und Spaß. Um den virtuellen Welten allerdings auch einmal einen Offline-Anstrich zu verpassen, freue ich mich besonders darauf, dass die alljährliche “Zwift x Wahoo-Tour” 2019 auch in Wien Halt machen wird. Am 18. Jänner 2019 bin ich daher im “WeXelerate” zu finden, gemeinsam mit ein paar anderen Verrückten, Begeisterten und Fans.
Weitradln
Es geht chronologisch weiter und gleichzeitig bildet der Februar so etwas wie einen Startschuss in die “ernste” Saisonplanung. Ich habe mir einen Vortrag von Christoph Strasser am 16. Februar im Audimax in Wien ausgesucht, der für mich symbolisch als Startpunkt für mein größtes Vorhaben 2019 dienen soll - mein persönliches Race Around Austria. Wer soll mich geistig und psychologisch besser auf ein derartiges Projekt einstimmen, als Mr. Weitradlfoarn Christoph Strasser.
Nach zwei Jahren, die ich das Race Around Austria mit der Kamera begleitet habe, kann ich 2019 nicht mehr anders, als selbst in die Pedale zu treten. Zu verlockend war und ist das Gefühl bei jedem Starter, der die Rampe in St. Georgen verlässt, mich selbst auf den Weg zu machen. Es wird die Einsteigervariante werden - die Race Around Austria Challenge, bei der 560 Kilometer rund um Oberösterreich zurückzulegen sind. Wie das funktioniert, haben Tini und Andi von geradeaus.at im vergangenen Jahr eindrucksvoll vorgemacht. Ich hoffe, dass sie mich mit wertvollen Tipps unterstützen, genauso wie ich jede und jeden ausfragen und ausquetschen werde, der mir in den letzten Jahren beim RAA begegnet ist und mir sachdienliche Hinweise geben kann. Die Vorbereitung macht jedenfalls schon einmal Spaß, hab ich doch schon während der Weihnachtsfeiertage etwas Zeit gehabt, mir über ein paar Dinge Gedanken zu machen und Pläne zu schmieden.
Wie genau die Vorbereitung für das RAA aussehen wird, ist noch nicht fixiert. Es gibt hier weder einen Trainingsplan noch irgendwelche anderen Vorgaben, einziger Plan ist derzeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad zu verbringen. Der Rest ergibt sich auf der Reise dorthin - wer an dieser Stelle ob dieses Auswuchses an Chaos und Planlosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der sei beruhigt… Bis jetzt bin ich so ganz gut gefahren und habe auch vor, das so weiterzuführen. Mir ist nun einmal wichtig, dass auch der Weg zum Ziel Freude bereiten soll und nicht nur die Zieleinfahrt… Da wird sich aber bestimmt noch einiges tun in den nächsten Monaten und ich werde natürlich entsprechend berichten - hier und auf allen anderen Kanälen!
Rennkalender
Damit bis zum “D-Day” Mitte August auch sicher einige längere und flottere Einheiten dabei sind , hab ich den Rennkalender durchstöbert, um mir folgende Veranstaltungen vorzumerken: Osttirol im Juni bleibe ich treu, allerdings ist der Plan, statt der Dolomitenradrundfahrt auf die längere Strecke des Super Giro Dolomiti zu wechseln. Auch auf die längere Strecke wechseln werde ich bei den Wachauer Radtagen im Juli. Hier wird mein Verein - PBIKE - wohl wieder die inoffiziellen Vereinsmeisterschaften austragen, außerdem ist die Veranstaltung vor den Toren Wiens mittlerweile zu einem Fixtermin in meinem Radjahr geworden.
Offen ist, ob derzeit kursierende Ideen (Verbindlichkeit irgendwo zwischen Schnapsidee und Hirngespinst) Realität werden, und wir als Verein bei einem der Langstreckenrennen an den Start gehen, die Juni und Juli in den Rennkalendern zu finden sind. Glocknerman am 20. Juni oder Kaindorf am 20. Juli sind zwei dieser Möglichkeiten. Ein Start dort würde eine gute Vorbereitung auf das Race Around Austria bedeuten, außerdem nimmt das Team wohl etwas den Schrecken vor der Herausforderung. Kaindorf bietet neben dem klassischen 24h-Rennen auch die Möglichkeit eines 6h- oder 12h-Rennens, also auch eine Einstiegsmöglichkeit “light”. Hier müssen allerdings noch einige Vereinsabende vergehen, bis diese Ideen endgültig spruchreif sind und danach möglicherweise Realität werden.
Mitunter etwas gemütlicher geht es bei zwei anderen Veranstaltungen zur Sache, die ich mir ebenfalls einmal mit Bleistift in meinen Kalender eingetragen habe. Nummer 1 ist die In Velo Veritas, die Fahrt mit klassischen Stahlrennern durchs niederösterreichische Weinviertel. In den letzten Jahren stand ich vor dem schier unlösbaren Problem, dass In Velo Veritas und Dolomitenradrundfahrt immer am gleichen Wochenende stattfanden, und ich dabei (auch familienbedingt) immer Osttirol den Vorzug gegeben habe. 2019 finden die beiden Veranstaltungen an unterschiedlichen Terminen statt, Gelegenheit also, endlich wieder einmal mein Select “Weltrekordrad” auszumotten, mein Wolltrikot anzuziehen und von einer weingetränkten Labe zur nächsten zu radeln. Die gleichen Akteure sind auch beim zweiten Vorhaben am Werk, einer Fernfahrt von Wien nach Hamburg, die zur Feier des 150-jährigen Bestehens des ABC Altonaer Bicycle Club anhebt.
Mit ein paar mehr Trainingskilometern und der absolvierten Race Around Austria Challenge stehen im September schließlich noch zwei weitere Aufgaben an. Beim Velorun in meiner ehemaligen Heimatstadt Baden gilt es wieder, auf meinen damaligen Hausrunden einige “Personal Bests” in die Höhe zu heben. Und auch beim King of the Lake - dem Zeitfahren rund um den Attersee - ist eine neue Bestzeit fällig, wieder auf dem Zeitfahrer nämlich, nachdem ich ja dieses Jahr mit den Rennrad unterwegs war.
Bucket-List
Abseits von Rennen und organisierten Veranstaltungen harren auch unzählige Projekte auf meiner ganz persönlichen Rad-Bucketlist ihrer Erfüllung. Je nachdem, wann sich was und wie ausgeht, besteht die Speisekarte aus Vrsic und Mangart als Vorspeise, Stelvio als Hauptgang und ein paar Dolomitenpässen als Dessert. Auch der Mont Ventoux übt einen großen Reiz aus, hier ist aber die Anreise einfach sehr, sehr, sehr weit…
Fotos
Neben aktiver Zeit im Sattel ist mir auch Zeit hinter der Kamera wichtig. Ich bin jedenfalls wieder mit Kamera und Telefon bei der Österreich-Rundfahrt im Juli mit von der Partie - es waren tolle Erfahrungen, die ich bei meiner Premiere in diesem Jahr sammeln konnte, das möchte ich fortsetzen.
Aber auch beim Wiener Bahnorama im Dusika-Stadion, den VICC-Rennen auf der Donauinsel und wann immer es die Zeit erlaubt, werde ich mich mit der Kamera auf die Lauer legen, um den einen oder anderen Schnappschuss zu erhaschen.
Fotos werden demnach auch ein wesentlicher Pfeiler der Inhalte von 169k bleiben. Daneben möchte ich aber noch andere Bereich erschließen - erste Videos sind in Arbeit, Interviews ebenso. Für 2019 sind hier einige Neuerungen und Schmankerl vorgesehen, dranbleiben lohnt sich also!
N+1?
“Brauchen” wäre in diesem Zusammenhang sowieso das falsche Wort, “wollen” passt auch nicht so wirklich, hab ich doch für fast jeden Einsatzzweck geeignetes Gerät. Ein Zeitfahrer steht immer wieder mal auf der Wunschliste, für Race Around Austria und King of the Lake wäre so ein Rad außerdem schon ganz praktisch. Meinen Crosser habe ich hingegen ein bisschen auf “Adventure-Bike” umgebaut (näheres hier in Kürze) - die Idee dahinter ist, ein Rad für alle Einsatzzwecke zu haben (Straße, Cross und MTB light). Hier bin ich noch etwas am Tüfteln, da diese Einsatzbereiche einfach unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, die mitunter nicht ganz einfach unter einen Hut zu bringen sind. Abhängig davon, ob ich mit meiner derzeitigen Plattform (dem alten Crosser) das Auslangen finde oder nicht, wird es hier vielleicht ein N+1-Aufbau-Projekt geben.
So irgendwie “N+0,5” wird es im Frühjahr aber jedenfalls geben. Damit der Nachwuchs auch Radluft schnuppern kann und gleichzeitig die Trainings-Zeiteinteilung etwas effektiver wird, ist ein Radanhänger in Anschaffung - nicht für Gran Fondos, sehr wohl aber für kurze Ausfahrten auf der Donauinsel oder ähnliches. N+0,1 hingegen wird das erste Laufrad für den Junior - fast so schön, wie ein Rad für sich selbst zu kaufen!
Laufen
Sowohl aufgrund des Trainingseffekts als auch aus Zeitgründen, werde ich 2019 auch wieder öfters die Laufschuhe schnüren. Mit ein paar Kollegen wird es eine Staffel beim Vienna City Marathon im April geben, darüber hinaus möchte ich abseits ausgetretener Pfade mit Rucksack und GPS höher hinaus - in die Berge nämlich. Ob das dann Trailrunning ist oder Wandern oder schnelles Spazieren ist nebensächlich, das Naturerlebnis und die Berge stehen dabei im Vordergrund,
Neben allen Leistungen soll nämlich auch 2019 wieder die Freude als wesentlicher Antriebsgrund im Vordergrund stehen. Platzierungen sind mir seit jeher relativ egal, Rekorde sowieso - wichtiger das Erlebnis, die Erfahrung und die Erkenntnis, was man alles leisten kann und möchte (und leisten kann, WENN man es denn möchte).
In diesem Sinne einen schönen Start ins neue Jahr. Ich hoffe, den einen oder die andere (wieder) zu treffen - egal ob an einer Startlinie, bei einer Ausfahrt oder bei einer anderen Gelegenheit. Ich freu mich!
Jahresrückblick 2018
Es mag unorthodox erscheinen, den Jahresrückblick mit einem Einblick in familiäre Gewohnheiten von Jungeltern zu beginnen. Dennoch hat die Geburt meines Sohnes Ende 2017 den größten Einfluss auf mein abgelaufenes Rad(sport)jahr 2018 gehabt. Es soll an dieser Stelle keinesfalls abgewägt werden, welche Wertigkeiten Radfahren und Familie jeweils haben und ob oder wie diese gegeneinander zu werten sind (diese Reihung steht für mich außer Frage!). Es war schnell klar - und liegt irgendwie auch auf der Hand - dass Elternsein Zeit benötigt, Zeit, die für andere Dinge nicht zur Verfügung steht.
Dementsprechend steht das Jahr 2018 unter dem - zugegebenermaßen etwas abgedroschenen - Motto Qualität statt Quantität. Aus den jedes Jahr grundsätzlich vorgenommenen 10.000 Kilometern am Rad haben zu Jahresbeginn 8.000 als Jahresziel eine Festlegung auf Strava erfahren. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass es nunmehr mit Ach und Krach 6.000 werden. Weniger als geplant, anders in ihrer Charakteristik, anders verteilt aber trotz allem sehr unterhaltsam und sinnstiftend.
Es wurden weniger lange Ausfahrten - auch logisch, benötigen diese doch am meisten Zeit. Die angestrebten Brevets, Radreisen und Erkundungsfahrten quer durch Österreich nehme ich daher mit ins nächste Jahr. Die längste Ausfahrt war dieses Jahr 150 Kilometer lang und noch dazu ein Rennen. Außerdem war ich sehr viel auf der Rolle und in den virtuellen Tiefen von Zwift unterwegs. Keine Angst, die Sorgen eines „Second Life“ sind unbegründet, die Vorteile der Zeiteinteilung und der kurzfristigen Verfügbarkeit liegen aber im Familienalltag auf der Hand - eine Stunde Zeit? Kurz auf die Rolle!
Und dann war da noch mein Rücken, der mir im Februar und März einen Strich durch etwaige Ambitionen gemacht hat. Verspannt, verkühlt, verkürzt, schlechtes und viel Sitzen, keine Core-Muskulatur - so ungefähr geht die Geschichte. Die Lehren daraus waren nachhaltig, konnte ich mich doch mehrere Wochen gar nicht bis wenig bewegen, geschweige denn Radfahren. Rückenübungen, Stabilisations- und Bewegungstraining sowie Yoga stehen auf dem Speiseplan - die Überwindung wertvolle „Radzeit“ für derartige Ergänzungen zu “opfern”, hält sich zwar naturgemäß in Grenzen, der nachhaltige Nutzen und damit verbunden die körperliche Gesundheit haben allerdings einen weitaus höheren Wert. Die entsprechenden Übungen dazu werde ich hier noch an anderer Stelle vorstellen.
Das eigentlich Jahr hat demnach Anfang April begonnen, mit einem Ausflug nach Istrien mit Tini & Andi von geradeaus.at, den ich nur dank einiger Zwift-Einheiten im Vorfeld halbwegs würdevoll absolvieren konnte. Trainingslager als solches sind bei mir irgendwie nicht so verankert oder etabliert, ich war eigentlich immer gerne (und meistens auch gut) zuhause unterwegs. Allerdings sehe ich den Nutzen und Mehrwert eines Trainingslagers absolut ein und werde dies auch in Zukunft einplanen. Kroatien als wertvolle Alternative zu den Klassikern wie Mallorca steht bei mir hoch im Kurs.
Entgegengekommen ist mir - und jeder anderen Radlerin und jedem anderen Radler - wohl der Umstand, dass der Sommer bereits im April begonnen hat (und bis Ende Oktober gedauert hat). April, Mai und Juni standen daher im Zeichen sonniger, unterhaltsamer und entspannter Ausfahrten auf den Wiener Standard-Routen. Spaß war wichtiger als Trainingseffekt, mehr als zwei Ausfahrten pro Woche waren sowieso nicht drinnen.
Anfang Juli dann die Österreich-Rundfahrt als Fotograf und am Wochenende danach die Wachauer Radtage recht am Anschlag. Tief vergraben war da doch noch etwas Ausdauer und Kondition vorhanden, sich ab und zu etwas zu quälen macht mir ja - trotz eigentlich fehlendem Ehrgeiz - doch Spaß. Nach einem kurzen Berg-Trainingslager in Osttirol führte der Weg noch weiter in den Westen - zum Arlberg Giro. Ich werde wohl kein Bergfahrer mehr, die Höhenmeter hinauf auf die Bielerhöhe waren zwar wunderschön - Kehre für Kehre, aber auch anstrengend - Kehre für Kehre. Es ist ein Dilemma - bei meiner Größe und meinem Gewicht wird es wohl immer anstrengend sein, einen Berg hinaufzufahren, gleichzeitig ist ein erarbeiteter Pass aber mit das Schönste, was man auf dem Rad erleben kann. Glücklicherweise ruiniere ich mir alle Segment-Zeigen ohnehin durch unzählige Foto-Pausen, damit kann ich die Auffahrt dann auch entsprechend genießen - ganz ohne Druck.
Mitte August steht traditionell das Race Around Austria auf dem Programm und - Achtung Spoiler! - das wird es auch im nächsten Jahr. Zwischen Fotografieren und den Fahrern auf ihrer Runde um Österreich nachjagen, war noch etwas Zeit, die wunderbaren Hügel des Attergau zu erkunden. Güterwege wie dort findet man sonst nur selten, die Routenvarianten sind zahlreicher als die zur Verfügung stehende Zeit und Kraft in den Beinen. Nicht nur aufgrund des RAA habe ich die Gegend rund um den Attersee sehr lieb gewonnen und dort auch Freunde gefunden, die ich nicht mehr missen möchte. „Rund um den Attersee“ ist dann auch das Stichwort für ein weiteres Highlight, den King of the Lake. 2018 auf dem Rennrad - statt wie im Jahr zuvor auf dem wackligen Zeitfahrer - war ich mit meiner Leistung zufrieden, Luft nach oben bleibt aber immer. Das Event an sich ist aber ein Erlebnis, das jede*r Radler*in in seinem/ihrem Palmarés stehen haben sollte.
Der restliche September war durch die UCI Straßen-WM in Innsbruck geprägt. Es war ein großer Spaß, mit der Kamera mitten im Getümmel zu sein, die Fahrer*innen, die Rennen und die Stimmung live mitzuerleben. Die Fotos schaue ich mir noch heute gerne an und erlebe dabei jeden Moment der Weltmeisterschaften intensiv wieder. Das Rad war in Innsbruck mit dabei, mehr als eine kurze Ausfahrt im Regen vor einem der Profirennen war allerdings zeitlich nicht möglich. Ergiebiger war da der kurzfristig nach der WM anberaumte Besuch bei den Organisatoren des Sportful Dolomiti Race in Feltre, obwohl bei Minusgraden am Passo Manghen die Knie zu schlottern begonnen haben.
Der beginnende Winter bringt Zwift wieder ins Spiel. Knappe zeitliche Ressourcen, tiefe Temperaturen und Dunkelheit lassen mich hauptsächlich auf der Rolle überwintern. Wichtig dabei ist, sich und die Leistungen auf Zwift richtig (und kritisch) einzuschätzen. Rollentraining ist Rollentraining und die erste Ausfahrt im Frühling ist dann noch einmal ganz was anderes. Jeder der glaubt, dass er - wie Zwift manchmal suggerieren würde - im Frühjahr mit 150 Watt mit 34 km/h Schnitt Bäume ausreissen wird, irrt und sollte sich selbst einmal sanft hinterfragen. Der Schlüssel liegt in einer realistischen Einschätzung und der Erkenntnis, dass Rollentraining zwar ein wichtiger Beitrag zur Form des kommenden Jahres sein kann - ein guter Platz bei einem Zwift-Rennen macht einen allerdings noch nicht zum Anwärter auf den nächsten Ötzi-Sieg.
Zum Jahresausklang zieht es mich meistens aus der Stadt. Silvestergeballere, Trinkgelage und Lärm werden weit in den Hintergrund verdrängt - Ruhe, Erdung und (wenn man so will) Andacht sind mir da wichtiger. Wo lässt sich dies besser erfahren als in den Bergen oder in der Natur. Dort relativieren sich dann auch wieder alle (vermeintlichen) Ansprüche und Ziele, die man sich Monate zuvor gestellt hat und erhält für dich selbst, was zählt und wichtig ist.
Mein Zwift-Setup
Es wird bereits merklich früher finster und die Temperaturen an den Tagesrandzeiten sind nicht mehr ganz so kuschelig wie zuletzt gewohnt. Umso attraktiver wird nach und nach wieder das Training auf der Rolle. Wobei "attraktiv" bis vor wenigen Jahren kein Attribut war, das man mit Rollentraining im Winter in Verbindung gebracht hat - und dann kam Zwift.
Man kann nach wie vor fabelhaft über Sinn und Unsinn, Realitätsgrad und Trainingseffekt von Zwift diskutieren - für mich war und ist Zwift im Winter eine großartige Möglichkeit, mich zu motivieren, meine Trainingseinheiten effektiv zu gestalten und auch mein Zeitbudget flexibel einzusetzen. Dinge wie virtuelle Rennen, "Missionen" oder andere Zusatzfeatures und kleine Belohnungen halten den Unterhaltungsfaktor außerdem konstant hoch. Und nicht zuletzt hat mit dem neuen WM-Kurs von Innsbruck auch noch ein Stück Österreich Eingang in die Software gefunden.
In diversen Facebook-Gruppen ist eine beliebte Beschäftigung, Fotos von der persönlichen "Pain Cave" zu posten - Schmerz und Schweiß sind als Synonyme für Rollentraining doch noch erhalten geblieben - bei aller Unterhaltung durch die Software... Interessanter als die physische Räumlichkeit ist aus meiner Sicht allerdings die Ausrüstung, die zur Verwendung kommt. Es gibt zahlreiche Varianten, wie man das Rollentraining mit Zwift angehen kann - keine davon ist falsch, manche sind besser oder realistischer als andere, alle zusammen sollten die Unterhaltung und Motivation beim Rollentraining fördern. Egal daher, ob eine Verbindung zwischen Geräten via Bluetooth oder ANT+ erfolgt, gleichgültig, ob das Rad aus Karbon oder Alu ist, egal auch ob der Bildschirm des Mobiltelefons oder jener des Fernsehers zum Einsatz kommt. Das folgende Setup ist rein exemplarisch und soll eine Idee davon geben, wie ein funktionierendes Zwift-Setup aussehen kann - Individualisierung und Ausrichtung auf die persönlichen Bedürfnisse ist ausdrücklich erwünscht.
Hardware
Zwift
Im Grunde basiert der ganze Artikel hier ja auf der magischen Software - der Kern des Setups ist demnach logischerweise Zwift selbst. Über Inhalt, Umfang und Funktionsweise muss an dieser Stelle glaube ich nicht mehr allzu viel gesagt oder geschrieben werden. Alle Infos zu Abo, Preisen, Systemvoraussetzungen und kompatiblen Geräten sind auf der Homepage von Zwift zu finden. Was sich so unterjährig an Verbesserungen und Ergänzungen ansammelt, ist beispielsweise hier zu lesen - besonders im Jahr 2017 ist ein großer Schwung an Funktionen hinzugekommen. Zwift arbeitet dabei tatsächlich mit Hochdruck daran, das Erlebnis permanent weiter zu verbessern. Gerade jetzt wird auf Facebook die kommende Erweiterung “New York” angekündigt.
Wahoo Kickr
Um das Zwift-Erlebnis "immersive" zu machen (so heißt das in der Computersprache - also "umfassend" und "eindringlich"), ist ein sogenannter Smart Trainer essentiell. Während die altbekannte Rolle sich dem Tritt des Fahrers und der Fahrerin anpasst und der Widerstand meistens proportional zur angewendeten Kraft steigt, können Smart Trainer auf Zuruf von Software, Geräten oder anderen Tools ihren Widerstand entsprechend variieren. Geht es in der virtuellen Zwift-Welt also bergauf, erhöht die Software automatisch den Widerstand des Trainers und umgekehrt - gleiches passiert beispielsweise bei Trainingsprogrammen, bei denen vorgegebene Wattwerte getreten werden sollen.
Der Markt von Smart Trainern ist in den vergangenen zwei, drei Jahren stark gewachsen, die Modellvielfalt ist groß, ebenso die Preisspanne, innerhalb derer man so ein Gerät erwerben kann. Die Speerspitze bilden die Topmodelle von Tacx und Wahoo, die Modelle "Neo" und "Kickr" unterscheiden sich im Detail (vor allem konzeptionell) deutlich voneinander und bringen jeweils andere Qualitäten ins Spiel um die Gunst des Käufers. Kompatibilität, Maße und Leistungsumfang sprechen aus meiner Sicht für den Kickr, der deswegen auch Teil meines Zwift-Setups ist.
Für mich wesentlich ist die Kompatibilität des Trainers mit unterschiedlichen Achs-Standards - sowohl für Steckachsen (bei scheibengebremsten Rädern) als auch für Schnellspanner hält der Kickr entsprechende Adapter parat. Wer Nachbarn hat, wird sich zudem für die geringe Geräuschentwicklung begeistern - das aktuelle 2018er-Modell ist dann überhaupt schon leiser als der Ventilator daneben! Außerdem ist der Kickr (auch aufgrund der einklappbaren Standfüße) gut und klein verstaubar, er versteht sich mit sämtlichen ANT+ und Bluetooth-fähigen Gerätschaften, der maximale Widerstand von 2.000 Watt hält dem Gros der Nutzer*innen stand und die Genauigkeit des Widerstands bzw. der Leistungsmessung von 2 % ist für mich ohnehin nicht überprüfbar und eigentlich auch nicht ganz so wichtig. Sympathische oder praktische Kleinigkeiten runden das ganze Paket für mich persönlich noch ab - so ist beispielsweise kein Standfuß unter dem Vorderrad notwendig, im Zusammenspiel mit einem Wahoo Radcomputer lassen sich ohne zusätzliches Setup bereits gefahrene oder beliebige hochgeladene GPS-Tracks nachfahren.
Zur Installation sind nicht viele Worte zu verlieren. Will man die vollen Funktionen des Kickr nutzen, benötigt er eine Steckdose in der Nähe - ohne Strom verhält sich der elektromagnetische Widerstand proportional zur eingesetzten Kraft -> mehr treten = mehr Widerstand. Die Verbindung zum Computer kommt per Bluetooth Smart zustande. Diverse Kabellösungen (wie bei meinem vorherigen Smart Trainer: USB-Port des Computers -> USB-Verlängerungskabel -> ANT+ Sensor nahe der Rolle) sind damit überflüssig, die Verbindung erfolgt kabellos und bleibt stabil bestehen, was auch immer man am Rad für Kunststücke vollzieht.
Rad
Je nach Verfügbarkeit, Sauberkeit oder Lust & Laune kommt entweder die scheibengebremste BMC Roadmachine oder der Specialized Crosser zum Einsatz. Durch die leicht austauschbaren Adapter am Wahoo Kickr ist ein Wechsel zwischen Steckachsen und Schnellspannern kein Problem und schnell erledigt. Die Zeit, um das Rad einzuspannen und betriebsfertig zu bekommen, beträgt maximal ein bis zwei Minuten.
Einen Gedanken sollte man der Wahl der geeigneten Kassette widmen. Die beim Kickr mitgelieferte Kassette konnte ich bei meinen Rädern leider nicht optimal einstellen, manche Gänge wollten nicht und nicht rund laufen. Hat man mehrere Räder mit unterschiedlichen Schaltungen im Einsatz, verstärkt sich dieses Problem naturgemäß und jedesmal die Schaltung einzustellen bzw. dann wieder umzustellen, kann keine Lösung sein. Für mich war der Ausweg, die identische Kassette auf den Kickr zu schrauben, wie jene auf meinem Laufradsatz für draußen. Bei baugleichen Kassetten gibt es keinerlei Probleme und die Gänge laufen sauber und rund. Der Crosser läuft auf SRAM, findet sich aber glücklicherweise auf der Shimano-Kassette zu 99 Prozent gut zurecht.
In Foren liest man häufig Diskussionen, dass Karbonräder bzw. -rahmen nicht fest in Trainer eingespannt werden sollten. Unvermeidlich sind dann diverse Erfahrungsberichte von gebrochenen Rahmen, geborstenem Karbon und allem Möglichen, was einem Freund einer Bekannten von der Schwägerin, die einen anderen kennt, dem was ähnliches mal vor zehn Jahren angeblich widerfahren ist... Die gleichen "Studien", Expertenmeinungen und Erfahrungen gibt es für die Gegenseite. Im Endeffekt muss jede*r für sich entscheiden, was man dem Material zumuten möchte - aus meiner Sicht muss ein hochwertiger Rahmen diesen Belastungen standhalten und die 1.200 Watt-Sprints sollte man sich ohnehin für andere Gelegenheiten aufheben.
Garmin Vector3
Wenn wir schon bei der Leistung sind... Grundsätzlich misst der Kickr selbst, wieviel Watt gerade getreten werden und meldet dies unverzüglich und laufend an Zwift. Wer jedoch in freier Wildbahn mit Powermeter unterwegs ist, möchte vermutlich auch die gleichen Wattangaben auf der Rolle bekommen. Es geht hier nicht darum, dass die einen Watt besser sind als die anderen, es geht um Konsistenz. Da ist es wie mit der Genauigkeit von Powermetern im Allgemeinen - im Grunde ist wichtig, dass die Person am Rad immer die gleichen Werte angezeigt bekommt, egal ob diese jetzt zwei Prozent unter oder vier Prozent über dem tatsächlich erbrachten Wert liegen. Statt also zwischen unterschiedlichen Systemen zu wechseln, existiert hier die Möglichkeit, den am Rad montierten Powermeter zu verwenden.
Die an meinem Rad montierten Garmin Vector 3 Pedale habe ich von Garmin für einen Langzeittest zur Verfügung gestellt bekommen - dazu gibt es hier in Kürze mehr. Mit Zwift sind diese - wie schon der Kickr - per Bluetooth verbunden.
Polar OH1
Messen, messen, messen - die Herzfrequenz gibt neben der Wattleistung einen guten Indikator für die Leistungsfähigkeit und eignet sich entsprechend gut für die Leistungs- und Trainingssteuerung. Für Zwift können grundsätzlich sämtliche Brustgurte verwendet werden, die auch draußen im Einsatz sind. Beim Modus der Datenübertragung sollten allerdings alle Geräte möglichst die gleiche Technik verwenden - Bluetooth oder ANT+. Wie schon erwähnt, kommunizieren Computer, Kickr und Garmin-Pedale bei mir via Bluetooth, da wäre es wenig sinnvoll, die Herzfrequenz erst recht wieder über ANT+ zu spielen. Herzfrequenzmessung via Bluetooth gibt es am Markt mittlerweile zur Genüge, Wahoo ist hier sowohl mit Brustgurten als auch dem Tickr-Armband vertreten. Armbänder gibt es auch von anderen Firmen - kurze Zeit vor Wahoo brachte Polar bereits ein derartiges Armband heraus, den OH-1. Ein kleiner Pod an einem elastischen Armband misst dabei verlässlich die Herzfrequenz am Oberarm und überträgt diese via Bluetooth an den Computer und die Software (der Stecker im Bild dient nur zum Aufladen).
Trittfrequenz
Ich fahre immer schon und traditionell ohne Trittfrequenzsensor - ob das gescheit ist oder nicht sei dahingestellt. Hat man keinen Smart Trainer, dann berechnet Zwift die Leistung des Avatars aus Geschwindigkeit und Trittfrequenz des Rads. Wer also keinen Smart Trainer sein eigen nennt, wird beim Zwiften jedenfalls einen Trittfrequenzsensor benötigen. Mit Smart Trainer kommt die Leistung direkt vom Trainer selbst, die Trittfrequenz ist dann nur noch für bestimmte Trainingseinheiten wichtig, bei denen z.B. explizite Trittfrequenzen trainiert werden sollen. Ach ja, und die Bewegungen des Avatars am Bildschirm orientieren sich auch an der tatsächlichen Trittfrequenz - falls das ein Argument dafür sein sollte. Ansonsten bin ich bis dato gut ohne Messung der Trittfrequenz ausgekommen.
Computer
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass für Zwift - Überraschung! - auch ein Computer notwendig ist. Je nach Darstellungsoptionen und Detailgrad der virtuellen Welt steigen die Systemanforderungen an den Rechner. Auf dem Bildschirm eines großen und halbwegs leistungsstarken iMac schaut das ganze dann schon recht gut aus. Wer in den Einstellungen die Details etwas herunterschraubt, wird nach wie vor den vollen Funktionsumfang von Zwift erleben können, allerdings geht meiner Meinung nach etwas vom Spielspaß verloren, wenn man durch eine etwas pixeligere Landschaft strampelt.
Versionen für Apple Mobilgeräte (iPhone und iPad) gibt es auch - ebenfalls mit vollem Funktionsumfang. Die Variante für AppleTV erlaubt es, vor dem Fernseher im Wohnzimmer zu zwiften. Großzügigen Bildschirmdiagonalen steht hier vermutlich nur die mangelnde Praktikabilität im Weg - wer möchte schon nach jeder Einheit das ganze Equipment wieder wegräumen und verstauen...
Vielleicht mag es ohnehin sonnenklar sein, dennoch möchte ich hier noch einen Punkt erwähnen. Ich habe - aufgrund der räumlichen Begebenheiten in meinem "Zwift-Zimmer" - monatelang schräg auf den Monitor des Computer geschaut, hatte also am Rad immer den Kopf leicht zur Seite geneigt. Im Nachhinein habe ich mir zusammengereimt, dass diese Position wohl großen Anteil an meinen Rückenbeschwerden im Frühjahr hatte. Meine Empfehlung ist daher, immer ganz gerade auf den Computerbildschirm zu schauen, die Position so geradlinig wie möglich zu gestalten. Jede Verwindung kombiniert mit Anstrengung, Luftzug, langem Sitzen und geduckter Position wird schnell zum Rückenkiller.
Ventilator
Last but not least - definitely not least! - ist ein Ventilator absolut essentiell. Schnell wird man bemerken, wie sehr man beim Radeln eigentlich schwitzt - nur dass man es draußen dank Fahrtwind nicht merkt. Sturzbäche und große Lacken an Schweiß begleiten jede Zwift-Einheit, entsprechend lohnt es sich, frühzeitig Fenster und Türen aufzumachen und den Ventilator aufzudrehen. Es ist zum Teil ein Lernprozess: anfangs denkt man sich, Stufe 1 beim Ventilator wird reichen - schnell wird man Stufe um Stufe hinaufschalten, auf der verzweifelten Suche nach Luft und Kühlung. Bei einigen Fahrer*innen sind auch mehrere Modelle gleichzeitig im Einsatz. Hier kann jede*r individuell entscheiden, was am passendsten ist.
Ich habe einen Honeywell-Ventilator auf Amazon (Affiliate-Link) bestellt, weil dieser in einer Zwift-Facebookgruppe von vielen Leuten empfohlen wurde. Er ist klein, kompakt, leise, dreistufig einstellbar und mit rund 25 Euro auch preiswert. Aufgestellt ist er neben dem Computerbildschirm ungefähr auf Lenkerhöhe und bläst mir schön auf Oberkörper und Kopf.
Gewand
Es ist nicht allzu überraschend, dass beim Zwiften das leichte Sommergewand zum Einsatz kommt - wenn überhaupt. Besser als ein leichtes Trikot ist “kein” Trikot, diesbezügliche Versuche von mir ("Vielleicht absorbiert ein leichter Baselayer den Schweiß besser”) sind alle gescheitert. Von Rapha gibt es in der “Core”-Linie eine trägerlose Radhose, die auf der Rolle mein Favorit ist - wie gesagt, weniger ist mehr. Wenn die gerade nicht verfügbar ist - nach jeder Zwift-Session wandert alles unbedingt in die Waschmaschine! - dann nehme ich die dünne Sommerhose von Isadore zur Hand. Wer auf den Gedanken kommt, die ausgemusterte und alte Kleidung zu tragen, wird schnell bemerken, dass gerade auf der Rolle ein guter Sitzpolster und gute Materialen wichtig sind. Man bewegt sich weniger im Sattel, sitzt länger und gleichmäßiger und schwitzt eben auch mehr.
Auch ganz untenrum - der Schweiß ist einfach allgegenwärtig - lohnen sich leichte Socken und gut belüftete Schuhe. Auch hier - wie bei der Kleidung - gilt, nach der Session alles trocknen lassen, Innensohlen rausnehmen und so gut es geht reinigen. Nichts schmerzt die eigene Nase und jene der direkten Umwelt so sehr wie mehrfach angeschwitzte (Sport-)Kleidungsstücke.
Den Helm darf man auf der Rolle ausnahmsweise mal weglassen - aber auch nur hier.
Sonstiges
Handtuch
Dies sollte wohl eher ein Artikel über Schweiß sein als über Zwift… Ein Handtuch in Reichweite zu haben ist dringend notwendig, zum Trocknen des eigenen Körpers und auch des Equipments. Standardmäßig lege ich mein Handtuch über den kompletten Lenker, sodass kein Schweiß direkt dorthin tropft. Es gibt im Internet diverse Artikel und Videos, in denen zu sehen ist, wie es unter einem Lenkerband aussieht, in das man zuvor monatelang reingeschwitzt hat - no words needed…
Neben dem Lenker gilt es auch den Rest des Rades zu schützen. Auf meinem alten Alu-Canyon waren nach einer Wintersaison auf der Rolle die Züge auf der Unterseite des Oberrohrs durchgerostet - der Schweiß war über das Oberrohr nach unten geronnen und hatte die Züge entsprechend verunstaltet. Von Tacx hatte ich ein paar Mal einen Schweißfänger im Einsatz, der zwischen Lenker und Sattelstütze gespannt wird, diese Lösung war für mich aber nicht praktikabel, da man teilweise mit den Oberschenkeln daran streifte und außerdem der Schweiß seitlich vorbei tropfte.
Also Handtuch auf den Lenker und ab und zu Kopf, Gesicht und Oberkörper abwischen, dann funktioniert das ganz gut.
Wahoo Kickr Matte
Um nicht nach wenigen Wochen den wertvollen Parkettboden sanieren zu müssen, zahlt sich die Investition in eine Unterlagsmatte meiner Meinung nach jedenfalls aus. Passend zum Trainer habe ich die Matte von Wahoo im Einsatz, diese ist dünn und dämmt dabei trotzdem sehr gut die Bewegungen und damit auch einen Teil der Geräusche des Trainers, lässt sich sehr gut abwischen und sie ist breit genug, um dem vollen Equipment Platz zu bieten.
Alternativ hatte ich zuvor schon Handtücher, Turn- und Yogamatten im Einsatz. Diese sind dann entweder zu dick, zu schmal oder einfach unpraktisch.
Telefon
Die “Companion”-App ist Teil des Zwift-Universums und bietet auf dem Mobiltelefon ergänzende Informationen zur Aktivität, Einstellungs- und Steuerungsmöglichkeiten und vieles mehr. Es zahlt sich also grundsätzlich aus, nebenbei noch das Telefon zu aktivieren. Dieses muss dafür nur im gleichen Netzwerk (WLAN) sein wie der Computer, auf dem Zwift läuft.
Außerdem kann man sich - wenn man das möchte - mit den Mitfahrenden per Chat unterhalten, die Kameraeinstellungen steuern, Screenshots machen und einige andere Dinge, für die man sich sonst zur Tastatur des Computer nach vorne beugen müsste.
Und wenn man gerade nicht am Rad sitzt, dient die App als “Hub” für alle Zwift-bezogenen Informationen und Aktivitäten. Man kann die Liste der kommenden Events sehen und diesen auch gleich beitreten, sieht, was Freunde und Bekannte gerade so machen und kann auch seine persönlichen Zwift-Einstellungen bequem über die App erledigen.
Trinkflaschen
Was als Schweiß am Boden landet, wird hoffentlich gleichzeitig als Flüssigkeit wieder zugeführt. Trinken, trinken, trinken, ist das Motto. Ich starte nie ohne Trinkflasche auf der Rolle, standardmäßig sind beide Flaschenhalter mit Iso-Getränken oder Wasser munitioniert. Und praktischerweise muss man in den eigenen vier Wänden auch nicht bei zwei Flaschen Halt machen. Für längere Einheiten auf der Rolle kann man sich auch schon mal vier oder fünf Flaschen neben das Rad stellen - die im Laufe der Zeit angehäuften Flaschen von Marathons, Veranstaltungen und Werbegeschenken wollen doch auch einmal benützt werden.
Oder aber man steigt einfach zwischendurch kurz ab und geht ins Bad oder die Küche, um die Flaschen nachzufüllen - Home, sweet home!
Nahrung
Schließlich bleibt noch die Frage der Ernährung. Je nach Länge und Intensität der Einheit auf der Rolle ist auch hier eine entsprechende Ernährung notwendig. Da in meinem Fall die meisten Einheiten nicht länger als eineinhalb Stunden dauern, verzichte ich dabei meistens auf feste Nahrung. Darüberhinaus ernähre ich mich genauso, wie ich es draußen auch tun würde - Clifbars, Powerbar Shots, “Ausdauervutter” und andere Riegel. Auch davon kann man sich ja einen Vorrat neben den Trainer legen, umsonst mitschleppen muss man ja in diesem Fall nichts.
Fazit
Man kann natürlich aus allem eine Wissenschaft machen und auch an meinem persönlichen Setup scheint vielleicht manches übertrieben. So soll auch jede*r ein eigenes Setup finden, im Vordergrund soll jedenfalls die Freude am Radfahren stehen.
Wer Zwift erleben möchte, dem sei auf jeden Fall ein Smart Trainer nahegelegt, nur so kommt man in den Genuss der Steuerung des Trainers durch die Software und der damit verbundenen Funktionen.
Wer hier und jetzt denkt, ich schwitze abnormal viel, die oder der soll sich einmal für eine intensive Einheit auf die Rolle setzen und dann noch einmal beurteilen, warum ich mir hier so ausführlich über Handtücher, Ventilatoren und sommerliche Kleidung Gedanken mache. ;)
Bleibt die Erkenntnis, dass Zwift tatsächlich einen großen Beitrag dazu leistet, das Wintertraining und die Stunden auf der Rolle unterhaltsam zu gestalten. Im Frühjahr werden die Karten zwar ohnehin immer wieder neu gemischt und auch Radfahren im Winter hat absolut seinen Reiz - ich persönlich möchte diese Variante aber keinesfalls mehr missen. Ride On!
Zwift - WM-Strecke Innsbruck
Einen WM-Kurs (wenn auch "nur" virtuell) abfahren zu können ist etwas besonderes - wenn dieser WM-Kurs auch noch im schönen Tirol liegt, dann ist es etwas ganz besonderes. Zu unserem Glück hat sich Zwift mit der Rad-WM 2018 in Innsbruck zusammengetan und eine Variante des Kurses in und um die Landeshauptstadt Innsbruck in die virtuelle Welt der Trainingsplattform integriert.
Zwift
Was Zwift eigentlich ist, muss hier nicht mehr erklärt werden. Die Trainingsplattform mit ihren virtuellen Strecken hat längst eine Popularität erreicht, die Erklärungen über Funktionsweise, Inhalte und (echte) Schweißlacken auf der Trainingsmatte überflüssig machen. Für mich persönlich ist Zwift zu einem elementaren Bestandteil meines Radlerlebens geworden. Im Winter sowieso, wenn die Temperaturen oder Witterungsverhältnisse ein Training draußen nicht zulassen oder aber zumindest massiv erschweren. Auch für strukturierte Trainings ist die Software meines Erachtens oft besser geeignet als die Trainingsrunde im Freien - Laborbedingungen und gleichmäßige Umstände findet man draußen eben nur sehr selten.
Und seit ich Ende letzten Jahres Vater geworden bin, konnte ich noch einen anderen Vorteil von Zwift feststellen: Zeit! Mit einem kleinen Kind ist diese eher Mangelware und die Einteilung entsprechend schwierig - da kommen die Vorteile von Zwift zum Tragen. Alle fünf Minuten beginnt irgendein Event, dem man sich spontan anschließen kann oder man spult eben eines der vielen Trainingsprogramme ab - ein Stunde reicht hier vollkommen aus, um sich auszupowern (mit der geeigneten - leisen! - Rolle auch am Abend oder in der Nacht).
Im Sommer geht die Nutzung von Zwift auch bei mir naturgemäß zurück. Wenn es draußen 35 Grad hat, ist die Vorstellung von Schweißbächen auf der Rolle im nochmal zehn Grad heißeren Zimmer keine sehr reizvolle Vorstellung. Für die neue Strecke der WM in Innsbruck habe ich aber gerne eine Ausnahme gemacht, wie oft gibt es schon eine WM in Österreich und die dazugehörige Strecke für jedermann und -frau zum Nachfahren...
Strecken
Vier Varianten stehen auf Zwift zur Verfügung, um die WM-Strecke in Innsbruck zu erkunden:
- 2018 UCI Worlds Short Lap
- "Achterbahn"
- "Innsbruckring"
- "Lutscher"
Die "2018 UCI Short Lap" ist der Originalkurs der Straßenrennen der WM. Nach der Anfahrt durch das Inntal wird diese Runde von den Herren sechs Mal, von den Damen drei Mal und von den Juniorinnen, Junioren und Männern U23 ein, zwei bzw. vier Mal durchfahren. Es geht dabei unter der Inntalautobahn durch an den Südrand der Stadt, hinauf nach Aldrans und Lans und über Igls wieder hinunter nach Innsbruck. In der Stadt folgt ein flotter (weil relativ flacher) Parcours über die Maria-Theresen-Straße und dabei auch vorbei am Goldenen Dachl.
"Achterbahn" ist eine Streckenvariation, bei der dieser Parcours einmal mit und einmal gegen den Uhrzeigersinn durchfahren wird, "Innsbruckring" bezeichnet nur den Teil der Strecke durch die Innenstadt - die Bergwertung Igls wird dabei ausgelassen. "Lutscher" erspart dem Fahrer wiederum den Innenstadtteil und konzentriert sich rein auf den Anstieg. Für Abwechslung ist also gesorgt, entweder puristisch auf der WM-Strecke oder auf einer der unterschiedlichen Varianten.
Hier zum Vergleich die Strecke und Topologie des WM-Abschnitts durch Innsbruck - deckungsgleich!
Die WM in Innsbruck rühmt sich ja mit dem Attribut, eine wenn nicht die schwerste WM aller Zeiten zu sein. Nun ja, das erreicht sie grundsätzlich schon mit den Streckenlängen und Höhenmetern, die in den unterschiedlichen Bewerben von den Athlet*innen zu absolvieren sind. Aber immer wieder wird auf das "Sahnehäubchen" Höttinger Höll verwiesen, die dem WM-Kurs (der Herren) mit 28 Steigungsprozenten die Krone aufsetzen und als Abschluss des Parcours noch einmal eine letzte Auslese durchführen soll.
Als Zwift-User*in sucht man diese Sonderprüfung in der virtuellen Welt vergeblich, auch wenn ein zarter grauer Strich in den Streckenskizzen auf deren Existenz hinweist. Auf Rückfrage bei Zwift wurden meine Hypothesen bestätigt: kein derzeit erhältlicher Smart-Trainer ist imstande, die 28% der Höttinger Höll zu simulieren - der Tacx Neo schafft 25%, der Wahoo Kickr 20%. Viel wichtiger als der Smart Trainer ist allerdings der Smart User, der hoffentlich smart genug ist, seine Grenzen zu kennen. Dieser Logik folgend möchte Zwift den Spiel"spaß" erhalten und schickt dementsprechend seine User*innen nicht durch die Hölle. Schade auf der einen Seite, aber verständlich und vermutlich auch gescheiter auf der anderen. Seit der Innsbrucker Bürgermeister außerdem der (leidigen) Debatte um die Befahrbarkeit der echten Höttinger Höll ein Ende bereitet hat, steht es nun ohnedies frei, die reale Strecke zu befahren. Diese Variante wird - bei aller Realitätsnähe von Zwift - ohnehin einen besseren Eindruck von den Strapazen des Rennen ermöglichen. Ich werde jedenfalls versuchen, mir vor der WM noch persönlich ein Bild vor Ort zu machen.
(Fahr)Eindrücke
Eine Proberunde auf dem WM-Kurs bietet rund 500 Höhenmeter auf knapp 24 Kilometern. Auf der Rolle schon eine anspruchsvolle Prüfung, ist nicht auszudenken, was die Profis hier im Renntempo für Leistungen abliefern müssen. Nach einer kurzen Runde durch Innsbruck steigt es Richtung Aldrans mit oft zweistelligen Prozentwerten an, man durchfährt einige Kehren, bevor man weiter aufsteigt. Wer ab und zu in den Bergen fährt, weiß um die unterschiedliche Topologie und die damit verbundenen Anstrengungen - vielmehr aber auch um die psychologischen Aspekte von Anstiegen. Geht es lange geradeaus? Wie breit ist die Straße? Wie weit kann ich nach vorne sehen? Die Zwift-Welt rund um Innsbruck vermittelt gut den Höhengewinn und den Landschaftswechsel, den man beim Verlassen von Innsbruck erfährt. Und speziell nach den Kehren bei Aldrans findet man sich in einer langen geraden Steigung wieder, die immer um die 7-9, punktuell auch um die 11 Prozent pendelt - eine recht harte Prüfung!
Der gesamte Anstieg (und damit der Zwift-KOM) ist mit 7,4 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von sechs Prozent beziffert - angesicht der zwischenzeitlichen Ebenen bewegt sich die Steigung aber eben im oberen Bereich. Rund eine halbe Stunde ist man unterwegs, bevor man am höchsten Punkt der Runde angekommen ist. Von da an geht es rasant bergab, durch Igls zurück Richtung Innsbruck und dabei vorbei an der markanten Schisprungschanze von Zaha Hadid, die in der Welt von Zwift noch dazu violett beleuchtet ist - nicht zu verfehlen also.
Die Abfahrt weist großteils zweistellige Prozentwerte auf, dementsprechend kann man sich vorstellen, was bei einer Auffahrt hier bevorsteht. Die WM-Teilnehmer*innen müssen hier nicht hinauf, wer eine andere Streckenvariante auf Zwift wählt, schon. Die Hungerburgbahn wird unterquert - auch hier prangt ein Zwift-Logo auf dem Metallgestänge. Danach geht es auf eine Runde durch die Stadt - Zwift spricht von einem flachen, schnellen Kurs, auch hier sorgen aber Steigungen von bis zu zehn Prozent, dass es (zumindest bei mir) nicht allzu schnell wird...
Den besten Eindruck bekommt man, wenn man sich ein paar Bilder von der Strecke ansieht:
Details
Die Strecke sollte also für die Profis eine Möglichkeit bieten, sich den WM-Kurs vor dem eigentlichen Ereignis anzuschauen und die Schlüsselstellen oder Besonderheiten kennenzulernen. Während sich also die Pros eher um die technischen Daten kümmern, bleibt dem "Genuss-Radler" in mir, sich auf die landschaftlichen Details zu stürzen und - das macht man ja bei solchen Gelegenheiten immer - zu kontrollieren, ob eh alles so abgebildet ist wie in Wirklichkeit.
Einige Punkte sind bewusst "falsch". So hat man darauf Wert gelegt, die Landmarks der einzelnen WM-Strecken entlang des Kurses durch Innsbruck zu präsentieren. Damit liegt der berühmte wasserspeihende Swarovski-Riese jetzt kurzerhand bei Igls, auch Teile von Rattenberg, der Outdoor-Spielplatz Area47 und die Festung Kufstein findet man - recht disloziert - an der Strecke rund um Innsbruck wieder. Aber der Hinweis auf die Vielfältigkeit Tirols und die unterschiedlichen Startorte sei an dieser Stelle gerne gestattet.
Auf der anderen Seite legt die virtuelle Welt erstaunlichen Detailreichtum an den Tag. Fährt man unter der Bahnüberführung durch, quert oben eine rot-weiße Cityjet-Garnitur der ÖBB. Auf der Inntalautobahn rollt der Verkehr, beim sommerlichen Dauerstau wirkt allerdings das Tempo der Fahrzeuge stark übertrieben. ;) Markante Gebäude wie das Ramada-Hotel sind klar wiedererkennbar, das Goldene Dachl sowieso. So macht es Spaß, über den WM-Kurs zu fahren - auch wenn man einmal nicht die Watt-Anzeige im Auge hat.
Fazit
Zwift ist realistisch. Punkt. Über einzelne Details und Algorithmen wird man immer diskutieren können, aber Schweiß, Anstrengung und auch Trainingseffekt sind real. Was in der Formel Eins schon lange praktiziert wird, ist jetzt auch zum Teil für Radsportler möglich - sich einen Kurs vorab einzuprägen. Die Umsetzung des WM-Kurses wirkt sehr gelungen, der Detailreichtum ist groß und es macht Freude, einzelne Dinge wiederzuerkennen. Die 28 Prozent der Höttinger Höll bleiben jenen vorbehalten, die ins echte Innsbruck reisen - und das ist vermutlich auch besser so...
Das war 2017!
Ein kurzer Blick zurück auf die Ereignisse im Jahr 2017.
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Eine Zusammenfassung der wichtigsten Zwift-Neuigkeiten für die bevorstehende Wintersaison 2017/18
Read More100 Kilometer Zwift
Ich bin Fan von Zwift - bis jetzt hat es kein anderes Programm geschafft, mich derart kurzweilig durch den Winter zu begleiten. Egal ob freies Fahren, eines der vielen Workouts oder die - mittlerweile gut organisierten - Group-Rides, es macht einfach Spaß und aufgrund der hohen Userzahl trifft man bei den derzeitigen Temperaturen mehr bekannte Gesichter auf Zwift Island als auf der Donauinsel.
Um informationstechnisch immer up-to-date zu sein, bin ich Mitglied in der Facebook-Gruppe Zwift Riders. Wer durch den Link jetzt versucht ist, sich den rund 26.000 Mitgliedern dieser Gruppe anzuschließen, sei jedoch vorab gewarnt - es gibt in dieser Gruppe nämlich grob zusammengefasst drei Handlungsstränge:
- Menschen posten Fotos von ihrer "Pain Cave". Abgeleitet aus der Tatsache, dass Winter- bzw. Rollentraining immer eine Qual und Schinderei sein muss, werden dort Fotos von dunklen Kellerabteilen, verschwitzten Unterlagsmatten, schmutzigen Handtüchern und provisorisch wirkenden Computer-Setups geteilt - offenbar je archaischer, desto besser. Am anderen Ende der Nahrungskette gibts aber natürlich auch Einige, die lieber Fotos davon machen, wie sie vor einem 200cm-Fernseher "leiden", das Pinarello F8 immer Richtung Strand ausgerichtet. So weit so gut...
- Das fundamentale Thema in der Zwift-Welt trägt das Kürzel "FTP". Die "Functional Threshold Power" beschreibt die Maximalleistung, die ein Radler bzw. eine Radlerin über eine Stunde aufrechterhalten kann. Als Zwift-Einstieg absolviert man einen FTP-Test, um sich in der Folge - getestet, markiert und kategorisiert - den Traininsprogrammen stellen oder mit anderen Radlern messen zu können. Dieser FTP-Wert wird nämlich durch das eingegebene Körpergewicht dividiert - das ergibt einen "Watt pro Kilo"-Wert, erst durch den werden die Fahrer auf Zwift vergleichbar. Zurück zur Facebook-Gruppe: Dort vergeht grundsätzlich kein Tag, an dem nicht irgendjemand postet, dass er gerade einen FTP-Test abgeschlossen hätte, auf ein Ergebnis von 300 Watt kommen würde und wo denn so Vergleichswerte der anderen Gruppenmitglieder lägen? Was darauf folgt ist ein gegenseitiges Übertrumpfen, Tief- und Hochstapeln, Fishing for Compliments, Anzweifeln der Werte des Anderen, und so weiter... Kurzfristig unterhaltsam, mittelfristig eher etwas für Evolutionstheoretiker.
- Apropos Fishing for Compliments - das restliche Drittel der Posts entfällt auf Zwifter, die der Community kundtun möchten, dass sie gerade eine der beiden "Langdistanzen" auf Zwift absolviert haben. Dazu muss man wissen, dass es auf Zwift Badges für Fahrten über 100 ("Metric Century") bzw. über 160 Kilometer ("Imperial Century") gibt. Oft genug werden diese Posts von bescheidenen Anmerkungen begleitet wie "Na war ja nicht so schwer" über "Ach, einfach mal so nebenbei erledigt" bis hin zu "Keine Ahnung, was da alle so schwierig daran finden".
(Ich möchte freilich niemandem diese Facebook-Gruppe madig machen und natürlich ist das Ganze von mir jetzt etwas überzeichnet - es finden sich in der Gruppe auch zahlreiche technische und andere Problemlösungen, die allerdings in der Masse der oben genannten Posts erstmal gefunden werden müssen).
Wenn ich die drei Punkte von oben jetzt auf mich beziehe, dann kann ich sagen: Ich habe keine "Pain Cave" - mein Rollentrainer steht bei Benützung vor dem Computer und wird dann wieder verräumt, ich habe keine ausgeklügelte Anordnung von Bildschirmen, Fernbedienungen, Unterlagsmatten, Ventilatoren und Beistelltischen. Was den FTP-Wert angeht - OK, ich hab einen Leistungstest gemacht und auf Zwift einen der FTP-Tests durchlaufen. Die Ergebnisse decken sich halbwegs gut, es gibt allerdings zahlreiche Betrachtungen und Studien darüber, wie sich Leistungswerte zwischen Straße und Rolle unterscheiden. Bleibt noch die Geschichte mit den Langstrecken auf der Rolle, also... Here we go!
100 Kilometer Zwift
Meine übliche Zwift-Dosis bewegt sich irgendwo zwischen 45 und 90 Minuten, je nach Streckenwahl und Intensität komme ich dabei in der Regel auf maximal 50-55 Kilometer. 100 Kilometer also? Ausprobieren!
Physisch
Draußen 100 Kilometer zu fahren ist an sich kein Problem. Auf der Rolle schaut es da etwas anders aus. Man sitzt auf der Rolle relativ starr und quasi eingezwängt, die Sitzposition ist so gut wie permanent die gleiche - das geht spätestens nach 90-120 Minuten aufs Sitzfleisch und die Nackenmuskulatur.
Die Beine sind ständig in Bewegung. Wer auch auf der Bahn unterwegs kennt die Besonderheit, nicht einfach mit dem Treten aufhören und den Freilauf genießen zu können. Einige Rollen - der Tacx Neo zum Beispiel - simulieren auch Bergab- und Freilauf-Passagen. Hat man diese Technik nicht, dann gilt Freilauf = keine Leistung = Stillstand. Wer also weiterkommen möchte, muss treten! Immer!
Kurze Phasen, in denen man aus dem Sattel geht sind für die Muskulatur eine willkommene Abwechslung - vor allem bei längeren und stetigen Belastungen. Auch auf der Rolle kann man in den Wiegetritt wechseln doch fühlt sich dieser nicht so an wie auf der Straße - immerhin ist das Rad noch immer eingespannt.
Verpflegung
Der fehlende Fahrtwind schwört Sturzbäche an Schweiß herauf - mein relativ kleiner Ventilator kann hier nur Schadensbegrenzung betreiben. Dementsprechend muss auf eine angemessene Flüssigkeitszufuhr geachtet werden! Das Mehrgewicht von ein paar Trinkflaschen fällt ja nicht ins Gewicht... Wenig überraschend muss auch bei längeren Einheiten auf der Rolle etwas zum Beissen her! Bananen, Riegel - was draußen funktioniert, tut drinnen auch seinen Dienst (solange man nicht darauf vergisst).
Organisatorisch
Sofern ich nicht mitten in einem Rennen stecke, steige ich bei jeder längeren Runde draußen irgendwann mal kurz vom Sattel - sei es für eine kurze Unterhaltung, ein Foto oder um dem Ruf der Natur zu folgen. Auf der Rolle fühlt es sich zuerst irgendwie komisch an, Pause zu machen. Da wirkt es schon seltsam, wenn man einfach mal kurz absteigen, in Küche oder Toilette gehen und seine Vorräte auffüllen kann - irgendwie sind da die Verhaltensweisen von Ausfahrten in der Natur abgespeichert, wo all das eben nicht so einfach geht.
Zwift-Spezifisches
Je nachdem wie ernst man die Sache nimmt, gibt es auch auf Zwift selbst einige Dinge zu beachten. Zu allererst wären da unterschiedliche Betrugsmöglichkeiten: Es stellt keine allzu große Herausforderung dar, sein Körpergewicht in Zwift auf Nairo Quintana-eske 50 Kilogramm einzustellen, und aus 3,2 W/Kg werden im Nu 5,5 W/Kg. Auf diese Weise lassen sich die 100 Kilometer bedeutend schneller absolvieren, wer allerdings derartige Methoden notwendig hat, dürfte ohnehin den Sinn der Sache nicht ganz verstanden haben.
Eine andere - absolut legale und legitime - Stellschraube ist allerdings die Wahl der Zwift-Strecke. Wer viel Idealismus besitzt kann die 100 Kilometer auf der Watopia Mountain Route abspulen und dabei auch noch knapp 2.000 Höhenmeter sammeln. Einfacher wäre es hingegen auf dem flachen Richmond-Rundkurs, wo man nach 100 Kilometern nur rund 200 Höhenmeter auf dem Konto hat (dafür muss man die 5km lange Runde 20 Mal abfahren...). Geschmackssache also - die Streckenauswahl ist ja mannigfaltig. Ich habe mich bei meinem Versuch für die Strecke "London 8" entschieden, ein Mittelding in Form einer 20km-Runde mit rund 200 HM je Runde. Für mich stellt dies den besten Kompromiss zwischen Leistung (1.000+ Höhenmeter sind schon ganz OK) und Abwechslung (mehr als fünf Mal möchte ich die Runde nicht fahren müssen) dar.
Letztendlich bekommt man ja auch noch bei jeder Zieldurchfahrt bzw. bei Sprint- und Bergwertungen die sogenannten "Power-Ups" - kleine Belohnung, die kurze Leistungssteigerungen mit sich bringen. Diese zu nützen, macht das Ganze zum Einen abwechlsungsreich, außerdem können sie über die eine oder andere Hürde hinweghelfen (und wenn es nur die Placebo-Wirkung sein sollte...).
Last but not least - Windschatten. Die Wirkung des Vordermanns wurde in Zwift einige Male überarbeitet und funktioniert nunmehr - nach anfänglichen Schwierigkeiten - ganz gut. Vor allem wenn man mehrere Fahrer vor sich hat, ist eine Erleichterung merkbar. Der Vorteil ist nicht so groß wie in Wirklichkeit und auch die Steuerung (also das genaue Nachfahren) ist nach wie vor etwas tricky, aber auch hier gilt: Und wenn es nur eine psychologische Stütze ist, dass man auf den Vordermann aufgelaufen ist - alleine das hilft schon, kurz durchzuatmen.
Psychisch
Damit sind wir beim schwierigsten Kapitel.
These 1: Es ist schrecklich langweilig!
Richtig!
Es ist tatsächlich nicht sehr kurzweilig, über drei Stunden in der gleichen Position auf einem Rad zu sitzen, das wiederum in eine Rolle eingespannt ist. Die Abwechlsung durch Pausen, Landschaft, Kollegen und Wetter, die man draußen hat, fehlt einfach - sehr! Musik hören ist eine Option, neben Zwift noch einen Film anzuschauen ist eine andere. Zwift selbst - mit all seinen Gamification-Features, seinen Zwischenwertungen, Aufmunterungen und Motivationshilfen - tut schon einiges, um den Fahrer bei Laune zu halten. Dennoch bleibt das Ganze eine ziemliche Prüfung für den Geist. Es sollten Methoden entwickelt werden, wie man währenddessen produktiv arbeiten kann - das wäre eine tolle Kombination!
These 2: Man muss sich ablenken!
Richtig!
Wie oben schon geschrieben - Filme, Musik, Telefonieren, Instagram, Facebook, Radblogs... Wer es etwas ruhiger angeht, kann vielleicht nebenbei ein Buch lesen. Wer Probleme hat, sich zu konzentrieren, zu fokussieren oder sich einer Sache voll und ganz zu widmen, der hat hier ein tolles Übungsfeld!
Die zuvor gescholtene Zwift-Community wird an dieser Stelle übrigens wieder teilweise rehabilitiert: Die zahlreichen "Ride-On"-Unterstützungsbekundungen, die man auf seiner Fahrt von bekannten wie auch wildfremden Menschen bekommt, motivieren mehr als man denkt!
These 3: Das ist sinnloser Masochismus!
Richtig!
Der Trainingseffekt ist vermutlich vernachlässigbar. Zumindest in meinem Trainingsverständnis sind keine langen Grundlageneinheiten auf der Rolle vorgesehen. 3,5 Stunden auf der Rolle sind definitv nicht die Regel und werden es - bei mir - auch sicher nicht werden. Wer dezidiert auf ein Ziel hintrainiert, der kommt vielleicht nicht drumherum, in meiner hedonistischen Auslegung des Radsports ist eine derartige Vorbereitung allerdings nicht zwingend vorgesehen...
Warum dann das Ganze?
Irgendwie macht es ja dann schon auch wieder Spaß... Ich hatte bei 50 Kilometern mein erstes psychisches Tief - da hab ich mich irgendwie noch selbst wieder rausgezogen. Bei Kilometer 80 wollte ich einfach nicht mehr, körperlich und geistig - noch eine Runde um diesen Kurs, kein Bock! Aber auch über diese Schwelle bin ich hinweg gekommen. Die Lehren daraus sind daher für mich auch welche, die ich im Rad-Alltag draußen, bei jeder Ausfahrt und auch in jedem Rennen verwenden und nützen kann. Anstrengen, Durchbeißen, Ziele erreichen! Klingt jetzt irgendwie sehr ehrgeizig und verbissen, ist es aber nur ein klein wenig.
Egal welchen Leistungsanspruch wir an uns selbst stellen und wie ehrgeizig wir unsere Ziele verfolgen: etwas Biss kann ab und zu nicht schaden. Um die psychische Komponente in diesem Spiel kümmern wir uns glaub ich nicht allzu oft - und genau hier hat mir genau diese "Ausfahrt" etwas gebracht! Und auch wenn es mühsam war, es gibt noch ein Achievement für die 160 Kilometer - das fehlt mir noch! ;)
Hier das (wenig spektakuläre) Strava-File dazu.
2016 - Die Yeahs!
Meine zehn liebsten Teile des Jahres 2016 a.k.a. ein potentieller Last-Minute-Geschenkeguide!
1. Rapha Pro Team Softshell Baselayer
Das Schnäppchen des Jahres - kostet das gute Stück regulär doch saftige 110 Euro, habe ich das Teil beim Rapha Sample Sale im Rahmen des Müncher Supercross billigst erworben (30 Euro waren es dann glaub ich). Optimist, der ich einer bin, hab ich das Ding blind gekauft, also ohne vor Ort einmal hinein zu schlüpfen. Die Anprobe im Hotel nachgeholt, musste ich erst einmal ordentlich kämpfen! Damit, dass gute Stück an meinen Körper, über meinen Kopf, an meinem Oberkörper hinunterzubekommen. Erstes Fazit: Mit der Ankleide ist der erste Teil des Trainings schon mal erledigt - Erschöpfung stellt sich ein. Zweites Fazit: Ich bin kein Taucher oder Triathlet und kenne daher das Gefühl nicht, in einem Neoprenanzug zu stecken, aber so ähnlich muss es sich anfühlen. Hm... Seltsam.
Nach der ersten Testfahrt bei Nebel, Sprühregen und ca. fünf Grad wird allerdings schnell klar: Was für ein geniales Teil! Hält unglaublich warm, bleibt halbwegs trocken und fühlt sich auch gar nicht mehr so schlimm an, wie während und kurz nach dem Anziehen! Als Baselayer mit einem Langarmtrikot drüber - perfekt. Als erster Baselayer mit Merino Longsleeve und Wintertrikot drüber - perfekt auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Noch kälter? Noch nicht ausprobiert, aber ich bin optimistisch. Und mit dem Zwiebelschalen-Prinzip kommt oben drüber halt noch ein Außen-Layer dazu. Selten so ein geniales Kleidungsstück gesehen - und das, nachdem unser Kennenlernen zuerst etwas holprig verlaufen ist...
Zugegebenermaßen: Der reguläre (!) Preis ist für einen Baselayer relativ jenseitig, aber Rapha hat mindestens zweimal im Jahr Aktionswochen und Rabattaktionen - da muss man nur relativ schnell zuschlagen. Die aktuelle Version hat außerdem - im Gegensatz zu meiner Ausführung - einen Reißverschluss am Hals, das heißt ein Teil der Anzieh-Action ist entsprechend entschärft.
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2. Elite Flaschenhalter Cannibal
Relativ banales Teil so ein Flaschenhalter... Oder doch nicht? Immerhin greift man während einer Ausfahrt oft genug zur Flasche, das Handling eines Falschenhalters (Geht die Flasche einfach rein und raus? Hält sie ausreichend gut? Wie lange muss ich die Hand vom Lenker nehmen?) merkt man meistens erst, wenn man ein schlechtes Exemplar ans Rad geschraubt hat. Während ich mit den Canyon Falschenhaltern sehr zufrieden war - diese haben mit Unterstützung von etwas Zusatzmaterial meine Flaschen sogar auf den Pavés zwischen Paris und Roubaix sicher festgehalten - so waren meine letzten Modelle von Tacx eher ein Reinfall. Zu starr und hart war das Material, das Einfädeln der Flasche in den Halter war eine Qual und dann musste man nochmal kräftig nach unten drücken, damit die Flasche auch fest verstaut war.
In diesem Jahr habe ich mir neue Flaschenhalter von Elite zugelegt, mit elastischem Mittelteil, sodaß sich der Halter dehnt, wenn man eine Trinkflasche verstaut aber gleichzeitig fest genug, um sie entsprechend zu fixieren. Einfaches Teil, das genauso funktioniert, wie man es sich vorstellt. Durchschnittliches Gewicht, aber wir spielen ja sowieso nicht in der Liga, in der einzelne Gramm am Flaschenhalter zählen... Jetzt muss ich nicht mehr an meine Flaschenhalter denken während ich auf dem Rad sitze - Job done! :) Kaufempfehlung!
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4. Natural Power Iso Fit Sport (Mango)
Noch eine vermeintliche Kleinigkeit... Ohne den regelmäßigen Griff zur Trinkflasche kommen wir nicht weit - umso wichtiger, was in der Flasche drinnen ist! Ich hab schon einige Sachen ausprobiert, über die Jahre habe ich für unterschiedliche Aggregatzustände (Gels, Riegel, Getränke) meine Favoriten gefunden. Powerbar Riegel, Gels von Peeroton und eben - meine Neuentdeckung im Jahr 2016 - den isotonischen Drink von Natural Power.
Natural Power ist eine österreichische Firma mit Sitz in Leonding und produziert eine Vielzahl von Produkten für unterschiedlichste Sportarten. Für uns Radler und Ausdauersportler gibts die üblichen Verdächtigen - darunter eben der "Iso Fit Sport Hypotonic-Carbo-Drink" - was auch immer das genau heißt. Viel wichtiger ist, er schmeckt gut! Nach Mango! Und zwar nach richtiger Mango und nicht nach billigem Konzentrat oder Geschmacksstoffen. Wird zwar nicht viel anderes drinnen sein als ebenjene Geschmacksstoffe - aber geben wir uns doch einmal der Illusion hin :) Außerdem: handliche Dose, Portionier-Löffel in der Box und mit 11,90 Euro auch preislich OK.
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Schnellstmöglicher Bezug in Wien bei Runinc!
5. Bikefitting
"Power is nothing without control" sagt die Werbung oder etwas anders formuliert: Man muss die Kraft erst einmal auf den Boden bringen. In unserem Fall heißt das vor allem auch, dass die Sitzposition passen muss, dass der Fuß nicht zu abgewinkelt ist, nicht zu gestreckt ist, dass wir nicht zu weit vorne oder hinten sitzen, dass die Cleats an der richtigen Stelle montiert sind und dass der Tritt schön rund ist.
Der eine oder andere hat Schmerzen beim Radeln - im Knie, im Rücken oder im Nacken. Mögliche Ursachen sind eine falsche Sitzpostition oder suboptimale Einstellungen im Bereich der Pedale. Ich selbst spüre ja beispielsweise sofort im Knie, wenn meine Cleats nicht richtig positioniert sind. Schmerzen sind ein klares Signal, ein Bikefitting machen zu lassen!
Andere haben keine Schmerzen und bringen zufriedenstellende Leistungen. Aber auch hier heißen Schmerzfreiheit und gute Wattzahlen nicht zwangsläufig, dass alles optimal eingestellt ist. Eine gut ausgemessene Position kann in so einem Fall noch ein paar zusätzliche Watt aus dem System kitzeln - wer einen Wattmesser besitzt, kann sich das Schwarz auf Weiß anschauen!
Deshalb, ab mit euch zum Bikefitting. Jeder, der für sein Rad mehrere Tausend Euro auf den Tisch legt, sollte auch noch genug in der Tasche haben, um sich das Ganze auch gescheit auf den Körper schneidern zu lassen. Wir alle haben schon für sinnlosere Sachen weitaus mehr Geld ausgegeben... ;)
Bikefitting gibt es in allen Kategorien und Preisklassen. Persönlich sehr gute Erfahrung habe ich mit dem Bikefitting beim Roadbiker in der Praterstraße, alternativ weiß ich, dass Posh Cycling und Veletage Bikefittings anbieten!
6. TrainerRoad
Zwift, Zwift, Zwift, Zwift überall! Während alle - inklusive meinereiner - laut über Zwift reden, Screenshots posten, über technische Raffinessen und über virtuelle Bergtrikots diskutieren, gibt es noch einen zweiten Fixstarter: Trainerroad - der "unlustige" Bruder von Zwift. Technisch geht es um das Gleiche: Smart Trainer, verbunden mit einer Software, die den Trainer entsprechend der Belastungsvorgabe steuert und uns auf diesem Weg die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Im Gegensatz zu Zwift gibt es hier allerdings keine bunte Spielwelt, keinen fetzigen Avatar am Bildschirm und keine Horden von anderen Usern.
Der Bildschirm ist schwarz, einige wenige Zahlen und Balken signalisieren "Schneller", "Mehr" oder "Halte durch". Trainerroad besteht aus einer Vielzahl an (wissenschaftlich fundierten) Trainingsprogrammen, Wattzahlen sind das einzige, was hier zählt! Einfahren - Intervall - Ausrasten - Intervall - Rasten - Intervalle - Ausfahren. Je nach Trainingsprogramm enthalten einige Sessions zusätzlich Videos oder Anweisungen eines virtuellen Trainers.
Alleinstellungsmerkmal - und damit hebt sich Trainerroad auch von den Trainingsmöglichkeiten in Zwift ab - sind die wahrhaft riesige Auswahl an Trainingssessions, die für jeden Geschmack, jede Intensität und jede Dauer etwas bietet. Das Ganze findet sich eingebettet in ein riesiges System von Trainingsplänen - unter anderem für Triathlon, Cyclocross, Marathons oder Bergsprints.
Wer es also lieber nüchtern und pragmatisch hat, keinen Wert auf virtuelle Bespaßung legt und Training und Leistungssteigerung in den Mittelpunkt stellt, dem sei Trainerroad wärmstens empfohlen!
Wer so wie ich unentschlossen ist, kann auch beides gleichzeitig machen, dem "Drill Instructor" aus Trainerroad die Kontrolle über den Smart Trainer überlassen und gleichzeitig durch die virtuelle Welt von Zwift rollen - zwei Ant+-Sticks oder diversen Ant+/Bluetooth-Kombinationen sei dank!
Mehr Infos zu Trainerroad hier, meinen Blogpost zu Zwift hier!
7. Weleda Cold Cream
Auch im Winter fahren wir draußen! Egal, wie viele Schichten man anzieht, irgendwo kommt es immer kalt rein. Reißverschlüsse? Zumachen! Hals? Buff oder Halstuch! Ohren? Winterkappe oder Haube! Zehen? Schwieriges Thema - aber Wollsocken, Winterschuhe und Überschuhe helfen meistens auch über längere Touren hinweg. Gesicht? Brille und eventuell Mundschutz gehen ja noch, aber ein Teil des Gesichts wird immer unbedeckt sein. Und genau dafür gibt es Cold Creams.
Wer bei Kosmetika Wert auf hochwertige Inhaltsstoffe und Produkte legt, findet bei Weleda seinen Meister. Die ColdCream auf Bienenwachs-Basis pflegt, schützt und riecht angenehm nach Mandelöl. Aufs Gesicht auftragen und auch der fieseste Fahrtwind ist nur noch halb so schlimm.
Nicht ganz billig - knapp 10 Euro für eine kleine Tube - aber sehr wirkungsvoll und viel braucht man davon nicht, um einen Schutz vor der Kälte zu erlangen. Und auch wer im Winter ohnehin trockene(re) Haut hat, schmiert euch ein!
8. Freitag Blair & Serena
Ich bin ein Satteltaschenverweigerer! Ich sehe zwar absolut den Nutzen von Satteltaschen ein, die Praktikabilität und den Stauraum, aber ich mag sie nicht - das Aussehen und das Geklappere. Ich mag allerdings auch keine vollgestopften Triktotaschen... Egal. Ich versuche daher, mit leichtem Gepäck zu reisen, habe von allen mitgeführten Dingen eine möglichst kompakte Version mit und organisiere meine Trikottaschen bestmöglich.
Für Kleinteiliges und Wertsachen habe ich in diesem Jahr zwei sehr feine Exemplare von Freitag gefunden. Hersteller derartiger Taschen gibt es unzählige, auch Rapha und andere Bekleidungsmarken haben kleine Cases im Sortiment. Die Kaufentscheidung hängt daher von Vorlieben, Markentreue und Gefallen ab - und natürlich Praktikabilität - sofern eine Tasche mit einem Fach besondere Eigenschaften besitzen muss...
Widerstandsfähig und mit einem Zipp, der auch mit größeren Handschuhen zu öffnen ist - das sind meine Anforderungen! Schaut euch mal die Modelle an, es gibt unterschiedliche Größen, jedes Modell ist ein Unikat - und einen Teil einer zerschnittenen LKW-Plane mitzuführen ist gleichzeitig ein Fanal gegen den Schwerlastverkehr! (Naja, nein, nicht wirklich, aber Recycling ist cool!)
Hier der Link zum Freitag-Online-Store oder schaut in der Neubaugasse im Shop vorbei.
9. Lizard Skins Lenkerband
Mein Verschleiß an Lenkerbändern 2016 war beträchtlich. Ein kleiner Ausrutscher auf Schotter im Frühjahr, ein planmäßiger Austausch am Zweitrad kurz danach, ein schlecht gewickeltes Band beim Kauf des Crossers, ein Sturz mit ebenjenem im Herbst - vier Lenkerbänder später bin ich nunmehr bei Lizard Skins zu Hause.
In unterschiedlichen Stärken und in verschiedenen Farben erhältlich, ist das Band genau die richtig Mischung aus griffig, langlebig, rutschfest, dämpfend und schön! Leicht zu wickeln außerdem - wie oft habe ich beim Wickeln schon geflucht wie ein Kutscher!
Nothing more to say! Mein Favorit!
10. Shimano Di2
Okay, okay! Das hier ist kein "kleines" Weihnachtsgeschenk! Dennoch, in der Liste meiner besten Produkte 2016 darf die elektronische Schaltung von Shimano "Di2" nicht fehlen. Anfangs war ich mir nicht ganz sicher, ob das wirklich notwendig ist. Hokus Pokus vs. Old-School. Ich repariere gerne und selber, daher war auch die Bereitschaft am Anfang eher gering, mir diesen Bauteil und die Herrschaft darüber aus der Hand nehmen zu lassen. Aber nach der ersten Fahrt sind ohnehin alle Zweifel verflogen.
Ich werde über die Dura-Ace Di2 noch einen eigenen Artikel schreiben, spätestens zum Ein-Jährigen meines Canyon. Aber nur soviel: Jeder Schaltvorgang sitzt, nichts ruckelt, nichts rattert, nichts schleift. Die Gangwechsel sind extrem präzise und gehen unglaublich schnell von der Hand - ein Fingertippen genügt! Anfühlen tut sich das Ganze eher nach Mausklicken... Die Akkus halten mindestens die versprochenen 3.000 Kilometer, an die Steckdose habe ich das Rad immer nur aus vorauseilendem Gehorsam gehängt, nie weil es die Statuslampe des Akkus mir befohlen hätte (lächerliche drei Mal bis jetzt!)
Aber wie gesagt, dazu ein andermal mehr! Infos hier auf der Shimano-Seite.
Ich bin schon gespannt, was das nächste Jahr an Technik, Gadgets und Teilen bringen wird!