Plädoyer für die/den Unbekannte/n.

Der Mensch - und damit auch der Radler - ist ja ein Gewohnheitstier. Standard-Strecken, Standard-Trainings, Standard-Radkollegen. Nicht, dass irgendetwas davon schlecht ist - sicher nicht! Aber etwas Abwechslung ab und zu ist jedenfalls eine Bereicherung.

In der gerade abgelaufenen Woche war ich viermal radeln. Bei drei dieser Ausfahrten war ich mit Leuten unterwegs, die ich vorher noch nie gesehen oder getroffen habe. Nicht, dass ich mir das explizit vorgenommen hätte, es ist eher so passiert.

Fall 1: Early Bird Runde, die große Gruppe rollt gewohnheitsmäßig bis Greifenstein, dann weiter Richtung Hadersfeld. Um meine zarten Beinchen nach den Wachauer Radtagen zu regenerieren, entscheide ich mich für ein Auslassen des Anstiegs nach Hadersfeld und für den ebenen und entspannteren Weg zurück entlang der Donau. Neben mir rollt Iris zurück Richtung Wien, ein neues Gesicht in meiner Wiener Rad-Welt. Danke für die nette Gesellschaft an dieser Stelle. :)

Fall 2: Es gibt ja mittlerweile schon so viele Facebook-Gruppen für Radler, Messenger-Gruppen, Whats-App-Gruppen, whatever... Da den Überblick zu behalten, ist schon schwer. Auch noch aktiv mitzumachen, erfordert manchmal einiges an Energie. Und wenn alle paar Minuten das Smartphone bimmelt, vibriert und klingelt, verliert man ab und zu auch schon mal die Lust, ständig nachzuschauen, was als nächstes passiert. Donnerstag also wieder mal die Messenger-Gruppe - Frage von mir "ins Blaue", Sebastian meldet sich und fährt mit mir eine gemütliche Runde. Wieder ein sehr nettes Gespräch, gutes Tempo - toll!

Fall 3: Relativ spontane Gruppenausfahrt auf der Strecke des Velo/Run mit Kollegen aus Baden. Die Gruppe wird noch etwas größer, zu siebent fahren wir eine großartige Runde durch den Wienerwald. Also wieder neue Gesichter, nette Gespräche, Gleichgesinnte, Spaß beim Radfahren. Genauso wie es sein sollte.

Was sollen jetzt diese drei Fälle aussagen? 

Nein - keiner soll seine gewohnten Routen verlassen.
Nein - niemand soll seine Cycling-Buddies in den Wind schießen
Nein - wir brauchen keine Partnerbörse für Radler (obwohl das wäre wiederum ein eigenes und vermutlich lukratives Nebengeschäft...)

Aber JA, wir sollte immer wieder offen sein für Neues, offen sein für neue Gesichter, Gespräche und Ansichten. Was im Leben an sich gilt, sollte einfach auch fürs Radeln gelten. Probiert es einfach mal aus! Und im "Notfall" ist eine Greifenstein-Runde ja auch in 2 Stunden wieder vorbei... ;)

Look Gran Fondo Marmotte Hochkönig

Ein Erlebnisbericht; "Chronologie des Grauens" wäre dann doch etwas zu dick aufgetragen...

Rund um den Jahreswechsel bin ich vor dem Computer gesessen, habe über das abgelaufene Jahr sinniert und neue Pläne geschmiedet. Dabei bin ich über das Look Marmotte Hochkönig gestolpert, mit der Premierenaustragung im Jahr 2017 - die anderen Rennen der Marmotte-Serie in den französischen Alpen und den Pyrenäen haben mittlerweile Kultstatus und werden von teilnehmenden Massen geradezu überrannt.

Vorspulen zum 16. Juni. Ich trete aus dem Hotel Alpenrose im Zentrum von Mühlbach am Hochkönig, die Wolken sind für einen kurzen Moment nicht mehr tiefschwarz, der Asphalt ist vom letzten Regenguss gerade wieder aufgetrocknet. Am Plan steht eine kurze - wie der Profi sagt - "Reconnaissance" oder wie der Profi unter den Profis sagt "Recon", also ein kurzes Kennenlernen der Strecke, bevor es richtig zur Sache geht. Ich rolle also gemütlich auf der Hauptstraße, vorbei am Startbereich des Gran Fondo und direkt in den Anstieg zum Dientner Sattel. Schnell wird mir klar, was da morgen auf die Rennteilnehmer zukommt... Rund 2.500 Meter nach dem Start meines kurzen Rendevouz mit der Strecke stehen 12% Steigung auf meinem Wahoo. Ernsthaft?? Ich sehe ein paar Tropfen auf meinem Display, stelle fest, dass rund um mich herum die Wolken wieder auf Weltuntergang umgeschaltet haben und drehe erleichtert mitten im Anstieg wieder um. Kurz die Bremsen loslassen und mit 80 km/h den Berg runter, zurück nach Mühlbach - das reicht fürs Erste.

Nochmal einen Schritt zurück... im Frühjahr war für mich bald klar, dass ich beim Look Marmotte Hochkönig mitfahre. Anfang Mai dann noch das zusätzliche Ziel 2017 - Ötztaler! Während ich jedoch seit der Ötzi-Anmeldung ein Damokles-Schwert des Trainings und der Vorbereitung über mir schweben spüre, war das beim Marmotte Hochkönig irgendwie nicht der Fall - warum weiß ich nicht so genau. Ich habe über das Rennen gebloggt, hab mit vielen Leuten darüber gesprochen, hab das Gewinnspiel für die Startplätze gemacht - mich also vielfältig damit beschäftigt. Offenbar habe ich dabei allerdings aus den Augen verloren, dass ich auch selbst am Start stehen werde und 170km und 3.400 Höhenmeter abspulen werde. Nicht so viele wie beim Ötztaler aber auch nicht gerade wenig... Aber reicht ja, wenn man das 12 Stunden vor dem Start des Rennens realisiert... ;)

17. Juni 2017, 7:30 Start! Rund 400 Teilnehmer haben sich zur ersten Austragung des Look Gran Fondo Marmotte Hochkönig eingefunden. Man spricht in erster Linie holländisch - offenbar war die Anziehungskraft der Marke "Marmotte" für die "Stammklientel" sehr anziehend. Leider sind nicht allzu viele Österreicher am Start - ich führe das auf den üppig bestückten Rennkalender in (Ost-)Österreich zurück und vielleicht auch auf die Tatsache, dass man sich ja gerne mal anschaut, "wie das denn beim ersten Mal so läuft" und erst einsteigt, wenn eine Veranstaltung etwas etablierter ist.

Was nach dem Startschuss folgt, ist der leiseste und langsamste Start eines Rennens, den ich je erlebt habe - 550 Höhenmetern auf den ersten sechs Kilometern. Die Kolonne wälzt sich hinauf auf den Dientner Sattel, der mit seinen 1.370 Metern Höhe nominell eigentlich kein Schwergewicht darstellt. Einige bleiben stehen, einer fällt um, weil er beim Losfahren nicht in die Pedale kommt, Pulsuhren piepsen! Knappe 30 Minuten dauert diese erste Probe, knapp 300 Watt stehen am Tacho - neuer FTP-Wert, danke!

Schnelle Abfahrt hinunter nach Dienten, bevor es gleich in den nächsten Anstieg geht, den Filzensattel. Diesmal nur 200 Höhenmeter auf zwei Kilometern, allerdings muss jetzt eine Gruppe her, denn danach geht es für knapp 100 Kilometer flacher dahin - alleine kämpft man dort auf verlorenem Posten. Mit Ach und Krach hole ich am Ende des zweiten Anstiegs drei Niederländer ein, die in der Folge recht motiviert erscheinen, die größere Gruppe vor uns einholen zu wollen. Wir einigen uns relativ schnell auf eine konstruktive Zusammenarbeit, was folgt, ist der erste wirklich funktionierende belgische Kreisel meiner Radsportkarriere (mit drei Niederländern wohlgemerkt).

Durch Saalfelden und Lofer geht es nach Tirol, das Tempo ist hoch, seit wir die Gruppe vor uns eingeholt haben. Auf den Bundesstraßen ist genug Platz, einziger Wermutstropfen ist der doch recht dichte Verkehr. Die Bundesstraßen im Salzburger Land als auch in Tirol sind nun mal die verkehrlichen Hauptachsen. Diese für mehrere Stunden abzusperren wäre vermutlich im Rahmen einer derartigen Veranstaltung nicht möglich bzw. würde das Rennen sonst nicht stattfinden.

Die 200 Höhenmeter des Griesen"passes" werden weggedrückt, jetzt den Anschluss zur Gruppe zu verlieren wäre fatal! Das Gleiche hab ich mir ja auch schon gedacht, als wir samt und sonders an der ersten Labe vorbeigerauscht sind. (Ob das intelligent war, dazu kommen wir noch...). An Hochfilzen vorbei, zurück nach Saalfelden, noch immer bei hohem Durchschnittstempo - ich hänge eher schon hinten an der Gruppe dran, wie das die Typen da vorne im Wind machen, ist mir schleierhaft.

Bei der zweiten Labe (bei KM 107) schwenkt zu meiner großen Freude und Beruhigung die gesamte Gruppe zur Seite. Die Laben sind so organisiert, dass man absteigt, sich verpflegt, nachfüllt und dann weiterfährt - im Gegensatz zu Verpflegungsständen, wo Getränke in die Straße hinausgehalten werden. Für mich ist die Verpflegung hier essentiell, sowohl Flaschen als auch die mitgebrachten Riegel und Gels waren längst verbraucht.

Mit einer etwas kleiner gewordenen Gruppe rollen wir weiter durch Zell am See und auf der Bundesstraße Richtung Taxenbach. Plötzlich geht es allerdings recht unvermittelt rechts von der Bundesstraße ab, ich sehe gerade noch aus dem Augenwinkel ein Schild des Veranstalters mit den Daten des Anstiegs, erkenne aber nicht, wie lange und wie steil die Geschichte werden wird. Embach heißt das gute Stück, 8% auf knapp drei Kilometern, genug für mich, um den Anschluss zu meiner Gruppe zu verlieren. Hier spüre ich jetzt auch recht deutlich, dass meine Speicher und Beine leer sind. Dazu kommt die Sonne, die jetzt recht unmittelbar herunterknallt, im Vergleich zu den 8 Grad am Start fühlen sich diese 25 Grad jetzt an wie in der Sauna.

KM 140 - Ein Blick auf die Höhenmeter offenbart das Ausmaß des Dramas. 30 Kilometer noch bis ins Ziel und es fehlen noch 1.800 Höhenmeter auf die angegebenen 3.400. Ich kämpfe mich den Dientenbach entlang hinauf nach Dienten zur dritten und letzten Labe. Langsam aber mit gleichmäßigem Tritt, Hirn möglichst abschalten. Bei der Labe nehme ich "Einmal Alles", die 10 Minuten Pause sind gut investiert.

Was danach folgt ist der Dientner Sattel - noch einmal! Diesmal von der anderen Seite und nicht so schlimm wie bei der Hinfahrt. Danke dem Sportograf-Kollegen auf der Kuppe des Sattels für die Möglichkeit, mir kurz Rotz, Schweiß und Tränen aus dem Gesicht zu wischen, bevor er abdrückt. Es folgt eine extrem schnelle Abfahrt hinunter nach Mühlbach, an meinem Hotel an der Hauptstraße vorbei (ich hab mehr als einmal überlegt, dort einfach stehenzubleiben und mich ins Hotelbett zu legen...) und noch ein Stück weiter zur Abzweigung zum Arthurhaus.

Ein Markenzeichen der Marmotte-Rennen und ein tatsächliches Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Veranstaltungen ist die Bergankunft. Spannend, so etwas beim Giro oder der Tour anzusehen, aber selber beim einem Rennen? Es geht also rauf zum Arthurhaus, 7,6 Kilometer, 654 Höhenmeter, 8% durschnittliche Steigung laut Strava. Was folgt, ist eine der längsten Stunden meines Lebens. Meine Gefühlsregungen, Gedanken, Flüche, Tränen und meinen Ärger möchte ich nicht im Detail schildern... Der letzte Kilometer mit einer Steigung von 12% war eine der härtesten Angelegenheiten ever. Und genau dort Kindergruppen zum Anfeuern hinzustellen, ist natürlich auch fies, da MUSS man ja weiterkämpfen. Der Zehnjährige, der mir die Faust hingehalten hat, mit dem Befehl "Ghettofaust!", hat mich aber zumindest über 100 Meter hinweggetragen.

Über die Ziellinie vor dem Arthurhaus auf knapp 1.500 Metern Höhe. Zufrieden, aber sehr sehr erschöpft. Für die letzten 30 Kilometer als Einzelkämpfer habe ich knapp zwei Stunden gebraucht, hinauf zum Arturhaus genau eine. Die Tanks leer, zu wenig und zu spät gegessen, aber glücklich, mich durchgewurschtelt zu haben!

Oben im Zielbereich treffe ich nach und nach auf meine lieben Mitstreiter Sebastién, Markus, Elisabeth, Nora und Siggi. Alle haben tolle Leistungen erbracht: Elisabeth gewinnt ihre Altersklasse und wird Gesamtzweite, Markus und Sebastién werden Dritter bzw. Vierter in ihren Altersklassen (Gesamt 14. bzw. 20.) - Wahnsinns-Ergebnisse! Und sie sind damit auch für die UCI Gran Fondo Weltmeisterschaft im August in Albi (Frankreich) qualifiziert!

Zum Abschluss noch ein paar Eckdaten:
173 km // 3.140 Höhemeter (laut Wahoo)
Normalized Power 234 Watt, Training Stress Score 476,6 :)
Temparatur von 8 Grad in der Früh bis zu 30 Grad zu Mittag
Zeit im Sattel 6:51 h

Strava: GF Marmotte Hochkönig

Bikefitting

Bevor wir einsteigen, ein paar Fragen, die jede und jeder für sich selbst beantworten sollte:

  • Habe ich beim oder nach dem Radfahren schon einmal Rücken-, Sitz- oder Gelenksschmerzen gehabt?
  • Kann ich lange Strecken beschwerdefrei durchfahren?
  • Passen die Anbauteile an meinem Rad (Lenker, Vorbau, etc.) zu mir und meinem Fahrstil?
  • Möchte ich meinen Leistungsoutput verbessern/optimieren?
  • Habe ich beim Radkauf eine Beratung und eventuelle Anpassung bekommen?
  • Hat mein Rad mehr als ein Monatsgehalt gekostet?

Wer bei einer dieser Fragen (es gibt noch einige mehr!) ins Grübeln kommt, sollte über die Möglichkeit eines Bikefittings nachdenken! (Was der Preis des Rades damit zu tun hat, dazu kommen wir noch).

Bikefitting - wozu?

Eigentlich geht es ja "nur" darum, das Rad in seinen Einstellungen an die körperlichen und trainingstechnischen Bedürfnisse des Fahrers und dessen Körper anzupassen. Ein vermeintlich kleiner und unbedeutender Schritt also - offenbar so klein und unbedeutend, dass viel von uns ihn einfach überspringen. Für viele ist die richtige Einstellung des Rads auch schon abgeschlossen, wenn die Sattelhöhe halbwegs richig eingestellt ist - wie war das? Ferse aufs Pedal und durchstrecken, dann ist alles gut? Nicht gut!!

Bikefitting ist zurecht gerade ein sehr präsentes Thema. Es macht doch auch viel mehr Sinn, sich um die richtigen Einstellungen des Rades zu kümmern, bevor irgendwo Schmerzen auftreten, bevor irgendein Gelenk irreversibel abgenutzt ist, bevor wir uns "falsche" Bewegungsmuster angewöhnen. Viele von uns verbringen ohnehin schon den Großteil des Tages sitzend vor dem Bildschirm, von dort bringen wir schon genügend Belastungen unseres Körpers mit in die Freizeit - auf dem Rad sollten wir uns dann zumindest wohlfühlen können und unsere Schmerzen, Belastungen und Fehlstellungen nicht noch verstärken. Rund die Hälfte der Bikefittings finden erst statt, nachdem Probleme aufgetaucht sind - nicht gut!

Grob die andere Hälfte der Bikefittings hat den Zweck, die Leistungen zu optimieren, die wir am Rad erbringen. Auch hier ist es mit der grundsätzlich richtigen Sitzposition nicht getan - eine Vielzahl von (Gelenks-)Winkeln und Längenverhältnissen bestimmen, wie effektiv wir unsere wertvollen Watt auf das Rad übertragen können und wie effizient die Leistung auch dort hinkommt, wo sie im Endeffekt hin soll.

Das Bewußtsein für die Notwendigkeit eines Bikefittings scheint im Allgemeinen zu steigen - das ist eine gute Sache. Auch und gerade dem Hobbysportler - die wir unsere wertvolle Freizeit dem Radsport verschrieben haben - sollte eine angenehme & schmerzfreie aber gleichzeitig etwas leistungsoptimierte Position auf dem Rad ein Anliegen sein.

Bikefitting - Ablauf

Schauen wir uns das Ganze etwas detaillierter an! Christoph und Lukas von P.bike waren so freundlich, mich bei einem Bikefitting über die sachkundige Schulter schauen zu lassen (Cafe und viele dumme Fragen meinerseits inklusive) ;)

1. Der Fahrer

Am Beginn steht die Aufnahme von einigen Grunddaten zum Fahrer. In diesem Fall bekommt Ironman Robert ein Bikefitting für seine Triathlon-Maschine. Die biometrischen Daten (Körpermaße) sind schon mal der erste wesentliche Input für das Bikefitting-Computersystem, das bei P.bike in Verwendung ist. Die relevanten Körperteile von Robert werden mittels Laserpunkten bemessen.

Auch die Frage nach Verletzungen, Vor-Schädigungen, Fehlstellungen oder bekannten Einschränkungen im Bewegungsapparat wird hier abgehandelt. Jede und jeder von uns ist schon mal gestürzt, manche schleppen vielleicht eine "Erinnerung" an frühere Tage mit sich herum, die wenigsten von uns "funktionieren" 100% planmäßig... Derartiges Wissen muss entsprechend ins System eingepflegt werden, das betroffene Gelenk wird uns später noch sehr dankbar sein.

Genauso zum Fahrer gehören auch die individuellen Ansprüche, die man an sich selbst im Sport stellt. Ist man Genussfahrer, sportlich ambitioniert oder zu 100% auf Wettkampf getrimmt? Stack & Reach - hä?? Das Rad gibt schon einiges vor, aber beim Bikefitting geht es vor allem auch darum, dass Rad an die jeweiligen sportlichen Bedürfnisse anzupassen. Also gleich raus damit und ehrlich sein, was man eigentlich will am Rad (und was nicht).

2. Das Rad

Auch das Rad wird mit Laser vermessen. Eckpunkte und Positionen der relevanten Anbauteile (Sattel, Vorbau, Lenker), Tretlagerposition, Kurbellängen - alle jene Punkte, die auf die Position am Rad einen Einfluss haben.

3. Die Einstellungen

This is where the magic happens - mit den Maßen von Roberts Körper und jenen des Rads gefüttert, berechnet die Software nun eine dem vorher angegebenen Einsatzzweck entsprechende optimale Sitzposition und schlägt gleichzeitig auch die notwendigen Korrekturen an den einzelnen Teilen vor - also Sattel x cm nach vorne, Sattelstütze y cm raus und Lenker z cm nach oben. Klingt großartig oder?

Ganz so einfach ist es dann aber doch wieder nicht - eine gehörige Portion Know-How ist notwendig, um - bei allem Technologievertrauen - die Individualität jedes einzelnen Radlers und jeder einzelnen Radlerin zu berücksichtigen. Sobald also die vom System vorgeschlagenen grundlegenden Einstellungen vorgenommen sind, geht es ins Detail. Will der Radler das überhaupt so? Wie weit weicht man von den vorigen Einstellungen ab? Haben wir uns teilweise falsche Dinge so sehr antrainiert, dass man mit einer Änderung nur Schaden anrichten würde? Passen die Einstellungen zu meinem Fahrstil? Ist meine Muskulatur imstande, neue Belastungen zu verkraften (Nacken!)? All das gilt es hier Schritt für Schritt herauszufinden und in den Einstellungen entsprechend zu berücksichtigen.

Christoph ist Sportwissenschaftler und weiß wovon er spricht. Erst im Gespräch kommt man drauf, wie die Vorschläge des Bikefitting-Computers umzusetzen sind - und dafür nimmt er sich auch die notwendige Zeit. Er erklärt eine wesentliche Unterscheidung zwischen dem hinteren System aus Sitzposition, Sitzwinkel und Tretlager und auf der anderen Seite dem gesamten Vorbau-Lenker-System. Der hintere Bereich ist an sich einmal anhand der Körpermaße einzustellen und danach mehr oder weniger unverrückbar - für die optimale Kraftübertragung auf das Pedal gibt es nun einmal einen gewissen Knie-Winkel und der ändert sich im Grunde nicht, egal auf welchem Rad man sitzt. Veränderungen an der Front des Rads geben hingehen den Ausschlag, wie sportlich/aerodynamisch/gestreckt man auf dem Rad sitzt oder eben schon liegt.

4. Die Pedalplatten

Klein aber mit großer Auswirkung - gerade deshalb sollte man die Pedalplatten keinesfalls vernachlässigen! Die Ausrichtung und Montage der Platten an der Schuhsohle ist ohnehin schon eine wacklige Angelegenheit, wenn man zuhause auf dem Sofa sitzt und versucht, die drei Schrauben gleichzeitig anzuziehen, ohne dabei die Platte wieder großartig zu verschieben. Dabei geht es auch hier um Millimeter - in alle Richtungen.

Das Großzehengelenk ist im Regelfall rund einen Zentimeter vor der Pedalachse positioniert - am Einfachsten ist, man markiert sich das Großzehengelenk am Schuh mit einem Klebeband. Die seitliche Positionierung ist dann etwas Spielerei. Im Sinne der Aerodynamik kann man grundsätzlich versuchen, möglichst weit nach innen - zum Pedal - zu rücken, allerdings bitte genug Platz lassen, damit man nicht mit den Schuhen an der Kurbel streift. Etwas heikel kann es werden, wenn Gelenksprobleme oder Fehlstellungen bekannt oder vorhanden sind. Dann geht es darum, in kleinen Schritten den richtigen Winkel der Pedalplatten zur Fußachse zu finden. Jeder, der schon einmal eine Runde mit falsch eingestellten Cleats absolviert hat, weiß, dass schon eine kleine Veschiebung zu Knieschmerzen führen kann. Also hier besser sorgfälitg arbeiten. Wer - so wie ich - mehrere Paar Schuhe hat, ist natürlich gut bedient, alle Schuhe möglichst ähnlich einzustellen.

Christoph nimmt hier eine Plastik-Schablone von Ergon zuhilfe, damit fällt zumnidest die gröbste Wacklerei beim Anschrauben weg :)

5. Das Ausprobieren

Nachdem mittlerweile alles vermessen, besprochen und eingestellt ist, heißt es nur noch "Aufsitzen!" und ausprobieren. Vorerst im Geschäft, auf der Rolle!

Robert tritt in neuer Position zum ersten Mal kräftig in die Pedale. Die eine oder andere Änderung kann sich gleich gehörig auf die Sitzposition auswirken und damit auch auf das Gefühl, wie man sich auf dem Rad fühlt. Hier sind das Feedback und die Kommunikation wichtig - Christoph schaut aufmerksam auf die Bewegungen von Robert, wie sich das Rad verhält, wie sich die Gelenkswinkel darstellen, wie sich Robert anstellt. Dieser wiederum versucht sich auf dem Rad "auszubreiten", unterschiedliche Positionen einzunehmen, einmal stärker, einmal schwächer zu treten, aus dem Sattel zu gehen, zu "hören" und zu "fühlen"!

Manche Änderungen werden sofort in ein lautes "Aha" münden, andere werden Probleme lösen - vielleicht sogar jene, von denen man vorher gar nicht gewußt hat, dass sie ein Problem waren. Andere Dinge werden nicht auf Anhieb funktionieren oder sich zu Beginn "komisch" anfühlen. Diese Dinge wiederum vor dem individuellen Hintergrund jedes Einzelnen zu besprechen und darauf einzugehen ist ein Schlüssel zu einem guten Bikefitting. Im Idealfall sollten wir alle halbwegs auf unsere Körper hören können, und verstehen, wenn wir eindeutige Signale zugeschickt bekommen.

6. Der Nachlauf

Robert wird mit seinen neuen Einstellungen ein paar Ausfahrten unternehmen und dann noch einmal zu Christoph in den P.bike-Store kommen. Jedes Bikefitting ist ein Lernprozess - für den Radler, aber natürlich auch für den "Bikefitter". Änderungen an einzelnen Teilen sind mit ein paar Drehungen des Inbusschlüssels erledigt - die Auswirkungen dieser Änderungen können aber oft erst nach ein paar Kilometern - manchmal sogar erst nach vielen Kilometern - gespürt, bewertet und eingeschätzt werden.

Wie so oft heißt es im Endeffekt: "Es gibt nicht DIE richtige Position am Rad", es geht vielmehr darum, die geeignete Position für den individuellen Körper und Einsatzzweck zu finden. Dieser Prozess muss dementsprechend auch erlauben, dass man nach ein paar Ausfahrten noch einmal zurückkommt, um Feedback abzugeben und vielleicht doch noch die eine oder andere Schraube nachzudrehen.

Bikefitting - Was gibt es noch zu sagen?

Statisches vs. Dynamisches Bikefitting

Oben wird ein statisches Bikefitting beschrieben - eine von vielen unterschiedlichen Varianten, wie man heutzutage ein Bikefitting durchführen kann.

Viele haben schon vom berühmten "Retül" gehört, dem Frankenstein unter der Rädern, an dem jedes Teil in alle erdenklichen Positionen gebracht werden kann, auf der anderen Seite gibt es mittlerweile sogar Apps zum Download, die im eigenen Wohnzimmer ein Bikefitting (vermeintlich) ermöglichen. Die Varianten sind hier zahlreich.

Beim dynamischen Bikefitting werden hingegen Marker an bestimmten Punkten des Körpers angebracht, mit Kameras werden dann die tatsächlichen Bewegungen auf dem Rad aufgenommen und bestimmt und dementsprechend dann die Einstellungen variiert - ein System, das auch bei Pbike zur Anwendung kommt (mehr dazu bald!)

Wesentlich und grundsätzlich ist jedoch: Bikefitting, ja bitte machen! Wie, in welcher Form und wo ist zweitrangig. erkundigt euch in eurem Umfeld, sprecht mit euren Freunden, holt Informationen ein. Ein gutes Bikefitting kostet nicht die Welt - vor allem im Verhältnis zum Kaufpreis der meisten Räder!

Rennrad vs. Zeitfahrer/Triathlonrad

Robert hat sich in diesem Fall ein Zeitfahrrad anpassen lassen. Warum haben wir das gemacht? Ganz einfach, die Komplexität und der Anspruch, ein Triathlonrad zu "fitten" ist noch einmal höher als bei einem normalen Rennrad. Die Verstellmöglichkeiten sind vor allem an der Lenker-Vorbau-Einheit noch einmal komplexer.

Aber wie schon zuvor erwähnt: Manche grundlegende Einstellungen sind unabhängig vom Radtyp. Nicht unabhängig vom Radtyp ist allerdings, dass ein Bikefitting sehr viel Sinn macht. :)

Aufmerksamen Lesern mag außerdem nicht entgangen sein, dass wir hier ein Canyon (also ein Versenderrad) in den Shop gebracht haben. Ohne hier auf die Diskussion "Versand versus stationärer Handel" einzugehen - gerade bei Versenderrädern macht es Sinn, ein Bikefitting vorzusehen. Natürlich kann ein Bikefitting nach dem Kauf beim Versender kein komplett unpassendes Rad passend machen - eine vorherige Probefahrt oder eine sehr gute Kenntnis der eigenen Körpermaße ist noch immer essentiell - aber gerade bei Versenderbikes wird eine genaue Anpassung auf die individuellen Bedürfnisse in den meisten Fällen notwendig sein. Der Vorteil des Handels hingegen liegt hier auf der Hand - nämlich "alles aus einer Hand"!

P.bike

Christoph Pulz führt den Familienbetrieb P.bike im 9. und 17. Wiener Gemeindebezirk. Er und sein Team bieten Verkauf und vielfältiges Service in einer sympathischen und entspannten Atmosphäre. Davon soll sich aber am Besten jede und jeder ihr/sein eigenes Bild machen - zum Beispiel beim Season Opening im Shop in der Boltzmanngasse Ecke Alserbachstraße vom 30.03.-01.04-17. (Link zum Facebook-Event: hier)

Wiener Bahnorama VI

Mit einem Grande Finale ging vergangenen Freitag die Rennserie des Wiener Bahnorama im Wiener Dusika-Stadion zu Ende! Im Rückblick ist es bewundernswert, welche Entwicklung die Veranstaltungen von Mal zu Mal genommen haben - Gabriel, Lukas und Josh haben hier ganze Arbeit geleistet, ein großes Kompliment und eine tiefe Verneigung an dieser Stelle!

Die sechste Ausgabe des Bahnorama war eine spektakuläre, inklusive spannender Rennen und auch einiger brenzliger Situationen, die allerdings allesamt glimpflich verlaufen sind (bis auf so manches Laufrad...).

Ich bin dankbar, dass ich mit meiner Kamera dabei sein durfte und freue mich jetzt schon auf den Herbst, wo die Serie hoffentlich eine erfolgreiche Fortsetzung finden wird. #gofastturnleft

Weg mit dem Pelz!

Rasieren oder nicht rasieren? Das ist eine Frage, die grundsätzlich einmal jeder und jede für sich selbst beantworten muss...

(Vermeintliche) Gründe dafür und dagegen gibt es zur Genüge: Aerodynamik, Massagen, Einschmieren, Verheilen von Verletzungen, Aussehen, ...

Ich kann dazu nur Folgendes sagen: Auf meinem Leistungsniveau sind die 0,03 potentiellen Extra-Watt durch den verringerten Luftwiderstand vollkommen irrelevant. Ich wurde noch nie nach dem Radeln massiert, daher weiß ich nicht, ob eine Massage mit Haaren oder ohne angenehmer ist. Ich bin in meinem bisherigen Radlerleben noch nie derart gestürzt (*ganzoftaufHolzklopf!*), dass eine Behaarung das Verheilen einer großflächigen Wunde erschwert hätte, wobei das natürlich schon eines der stichhaltigeren Argumente ist. Womit wir schon zu den praktischeren Aspekten kommen: Einschmieren ist - auch abhängig von der Dichte der Haarpracht - schon merklich einfacher mit rasierten Beinen. Egal ob Sonnen-, Wärme- oder Kältecreme - sowohl Auftragen als auch Einziehen geht einfacher und flotter vonstatten, wenn keine Haare im Weg sind. Und last but not least das Aussehen. Hier wird es sehr persönlich und subjektiv. Mir gefallen rasierte Radlerbeine einfach besser als unrasierte. Das Motiv kann hier Eitelkeit, Stolz oder auch Angeberei sein - die Grenzen mögen hier mitunter leicht verschwimmen. Und auch wenn es nur dazu dient, den oftmals angestrebten Look der Profis zu erreichen, rasierte und definierte Radlerwaden haben schon einen ästhetischen Wert und - eitle Gockel wie wir alle manchmal sind - mein Gott, dann zeigen wir sie halt auch her.

Natürlich kann man auch hier über das Ziel hinaus schießen. So wie ein schön definierter Körper ästhetisch ansprechend wirkt, schaut das Gleiche bei einem Bodybuilder - wie soll man das höflich sagen... - affig aus. Auch eine Radler-Wade kann in diesem Sinne "zu viel" sein. Wenn mir ein über-braun-gebranntes, sehnendurchzogenes, fleischloses, vielfach-segmentiertes, krampfadriges Bein ins Auge sticht, dann sind die Grenzen der Ästhetik auch schon wieder überschritten. Aber Geschmäcker sind ja gottseidank verschieden, ich will und kann hier keine Geschmacks-Instanz sein! Massive (Krampf-)Adern sind übrigens wieder ein eigenes Thema (ästhetisch wie vermutlich auch medizinisch) aber darauf möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Umso weniger als ich auf meiner Wade auch eine Ader entdeckt habe, die in ihrem Verlauf allerdings frappant an die 21 Kehren von Alpe d´Huez erinnert... :)

Lange Rede kurzer Sinn - Rasieren? Ja!

In der Folge möchte ich euch nun ein paar Varianten des Rasierens näherbringen, die ich auch selbst versucht habe. Epillieren habe ich bis jetzt ausgelassen und "Sugaring" wende ich bis dato nur bei einer Kaiserschmarren-Party vor einem Rennen an.

Rasierapparat/Haarschneidemaschine

Der Haarschneider macht an dieser Stelle natürlich nur bedingt Sinn, kann er die Haare doch nur kürzen aber nicht vollständig beseitigen. Allerdings kann man sich natürlich auch mit diesem Zustand zufrieden geben - wenn dieser auch nicht allzu lange anhalten wird.

Wo der Haarschneider natürlich schon Sinn macht, ist die Kürzung der vorhandenen Mähne, um dann im nächsten Schritt überhaupt erst mit der Feinarbeit beginnen zu können. Sowohl Rasierapparate als auch Nassrasierer tun sich tendenziell schwer mit allem, was länger als ein Zentimeter ist.

Rasierapparate eignen sich neben der Gesichtsenthaarung auch hervorragend für größere Flächen wie unsere Schienbeine, Waden und Oberschenkel - warum auch nicht... Unterschiedliche Modelle haben hier unterschiedliche Leistungsfähigkeit, die Rasierköpfe reichen von segmentiert (bei Braun z.B.) bis zu balkenförmig (wie hier bei Philips). Außerdem gibt es Unterschiede bei der Anzahl der Klingen, manche Apparate haben auch noch Langhaarschneider mit an Bord - dann erspart man sich den oben genannten Haarschneider auch noch. Der von mir benutzte Philips Rasierer ist außerdem noch halbwegs wasserfest - gut wenn man im Bad damit hantiert und auch die Reinigung gestaltet sich um einiges leichter, wenn man das Ding einfach unter den laufenden Wasserhahn halten kann.

Die Enthaarung selbst bedarf einiger Zeit, man muss schon recht lange und sorgfälig arbeiten, um alle Haare in ihrer vollen Länge loszuwerden. Positiv ist das saubere Arbeiten (ohne Wasser, Schaum, etc.) und das gute Handling.

Was ich persönlich nicht versucht habe (obwohl im Internet lange recherchiert), sind die sogenannten "Body Groomer" - Hybride aus Nass-Rasierern und Rasier-Apparaten, die meist unter der Dusche verwendet werden können und neben Gesicht auch speziell für die Körperhaarpflege gedacht sind. Während die einen sagen, diese Body Groomer beherrschen alle Disziplinen, sagen andere sie können weder das eine noch das andere... Nachdem mir eher Zweiteres erzählt wurde, hab ich diese Station ausgelassen.

Nassrasur

Der Klassiker! Schaum und Klinge - unter der Dusche oder in der Badewanne. 10 Minuten Arbeit, wenn man es gründlich machen - 5 Minuten, wenn man das Programm schnell abspult.

Drogeriemärkte bieten eine große Auwahl an Rasierern, Gels und Cremes. Die Männerabteilungen sind da (noch?) fast ausschließlich auf die Gesichtsenthaarung konzentriert, in der Damenabteilung (warum eigentlich diese Trennung?) kann man aus dem Vollen schöpfen!

Der Rest sollte klar sein... Schnitte da und dort kommen vor - bei mir ist vor allem die Kniekehle und der Bereich um den Knöchel gefährdet. Wer warum wie weit und bis wohin rasiert, das bleibt der Phantasie jedes Einzelnen überlassen... :)

Vorteile der Nassrasur sind jedenfalls die einfache und schnelle Handhabung und mit etwas Übung geht das Ganze nach einiger Zeit auch leicht von der Hand! Das Ergebnis ist besser als mit dem Rasierapparat!

Die Profi-Rasur

Etwas außer Konkurrenz läuft die Deluxe-Variante der Radler-Beinenthaarung! Sucht man jedoch den Barbier seines Vertraunes auf, kann man sich auch schon mal eine klassische Rasur mit dem Messer gönnen. Der Profi versteht sein Handwerk und das Ergebnis ist sensationell.

Natürlich ist es vorteilhaft, wenn der Barbier auch noch passionierter Radfahrer ist. Da der Salon-Besuch auf Dauer wohl doch etwas unrealisitsch erscheint, rät auch er als Experte zur einfachen und schnellen Nassrasur!

Herzlichen Dank an dieser Stelle an Barbier Flo von Giller & Co für die glattesten Beine meines bisherigen Radlerlebens!

Wiener Bahnorama V

Fotos von der fünften Ausgabe des Wiener Bahnorama! Am 3. März um 16:30 findet das Grande Finale im Dusika-Stadion in Wien statt!

Letzte Chance: Vorbeikommen, Zuschauen, Jubeln oder noch besser: Mitfahren!

Handzeichen in der Gruppe

Bald wird hoffentlich das Wetter wieder etwas schöner - das bedeutet, dass wir auch wieder öfters zu Gruppenfahrten aufbrechen werden. Gleichzeitig befindet sich der Radsport in scheinbar ungebremstem Wachstum, jedes Jahr finden mehr von uns den Weg aufs Rad, auf die Straße und zu organisierten Ausfahrten. Das heißt, wir werden immer mehr und mehr - was großartig ist! Umso wichtiger ist, dass wir für ein reibungsloses und vor allem sicheres Miteinander auf dem Rad ein paar Basics beachten.

Eine der elementarsten Voraussetzungen für das Radfahren in der Gruppe sind Handzeichen. Je höher das Tempo und je größer die Gruppe, desto wichtiger ist das Befolgen gewisser Grundregeln. In erster Linie ist die folgende Zusammenfassung von Handzeichen für jene gedacht, die noch nicht so viel Zeit auf dem Rad verbracht oder bis jetzt noch nicht an Gruppenausfahrten teilgenommen haben. Gleichzeitig soll sich aber jeder auch noch so erfahrene Radler für sich nochmal überlegen, wie sorgfältig er mit Handzeichen umgeht und ob er oder sie diese im Alltag auch einsetzt. Ich bin ja überhaupt kein Freund des "erhobenen Zeigefingers" und möchte auch niemanden belehren, aber in diesem Fall sollte die Sicherheit der Gruppe über etwaigen Eigeninteressen stehen. :)

Handzeichen

Was sind nun die gängigsten Handzeichen und Signale?

Achtung / Stop

Die flache Hand senkrecht nach oben gestreckt signalisiert "Vorsicht / Achtung" für die gesamte Gruppe und bedeutet, bremsbereit zu fahren, abzubremsen bzw. bereit zu sein, zu einem vollständigen Halt zu kommen. Häufigster Einsatzzweck - abgesehen von plötzlich auftretenden Gefahren - sind Kreuzungen, Abzweigungen, Ampeln und dergleichen. Da das Signal über dem Kopf stattfindet und die Köpfe der RadlerInnen während der Fahrt tendenziell eher nach unten gerichtet sind, wird das Handzeichen häufig von einem Ruf "Vorsicht / Halt / Stop" begleitet.

Abbiegen

Dieses Zeichen haben die meisten von uns schon während der Radprüfung in der Volksschulzeit gelernt. Ein Abbiegen der Gruppe wird mit einem Zeig in die einzuschlagende Richtung angezeigt. Damit das Zeichen eindeutig erkennbar ist und nicht in der Gruppe untergeht, ist es sinnvoll, die Hand leicht über Schulterhöhe zu heben.

Hindernis auf der Strecke

Zweige, Steine, Schlaglöcher aber auch Poller und andere kleinere bzw. punktuelle Hindernisse können erhebliche Folgen nach sich ziehen, wenn sie nicht erkannt und rechtzeitig an die Gruppe kommuniziert werden. Bei höheren Geschwindigkeiten und im Windschatten des Vorausfahrenden ist es so gut wie unmöglich, schnell genug zu reagieren, um derartigen Hindernissen noch ausweichen zu können. Ein Fingerzeig auf die Seite des Hindernisses reicht als Warnung an den Hintermann aus, wichtig ist ein rechtzeitiges Weitergeben und daher auch ein entsprechendes Vorausschauen der Gruppenspitze.

flächiges Hindernis auf der Strecke

Im Gegensatz dazu wird auf flächige Hindernisse mit der flachen Hand hingewiesen - wiederum jeweils auf jener Seite, auf der das Hindernis auftritt. Flächige Hindernisse sind dabei in erster Linie Rollsplitt, Fahrbahnverschmutzungen, Glasscherben, etc. Wer nicht sicher ist, ob ein Hindernis jetzt "punktuell" oder "flächig" ist - nicht allzu lange nachdenken, sondern einfach mit dem Finger hinzeigen! Das ist jedenfalls besser als gar keine Warnung.

waagrechtes Hindernis

Darunter sind all jene Hindernisse zu verstehen, die normal oder leicht schräg zu unserer Fahrtrichtung verlaufen: Schienen, große Fugen im Asphalt, Aufwerfungen in der Fahrbahnoberfläche (wie beispielsweise am Donauradweg zwischen Korneuburg und Greifenstein), Schwellen in der Fahrbahn und dergleichen. Ein Schwenk mit dem Zeigefinger hinter dem Rücken, ein pendelnder Arm oder das Nachzeichnen von Schienen mit zwei Fingern sind alles Varianten dieses Handzeichens. Auch hier gilt wieder: im Zweifelsfall einfach mit dem Finger draufzeigen ("Hindernis auf der Strecke"), das ist allgemeingültig.

Hindernis umfahren

Treten rechts oder links (statische oder langsame) Hindernisse auf - parkende Autos, langsame Fußgänger, Blumenrabatten - muss die Gruppe geschlossen aus der Fahrlinie schwenken und ausweichen. Auch hier gibt es unterschiedliche Varianten, vom Fingerzeig bis zum Schwenk mit der ganzen Hand jeweils in die auszuweichende Richtung. Fährt man in Zweierreihe, dann ist dieses Signal auf beiden Seiten weiterzugeben, nicht nur auf der Seite des Hindernisses.

Einserreihe / Zweierreihe

Ab einer gewissen Gruppengröße wird üblicherweise in Zweierreihe gefahren. Wenn die Straßenverhältnisse (z.B. Engstellen, schmale Brücken) oder andere Einflüsse dies nicht ermöglichen, kann durch das Heben des Zeigefingers signalisiert werden, dass in eine Einserreihe gewechselt werden soll - der Wechsel erfolgt üblicherweise nach dem Reißverschlussprinzip. Gleichermaßen kann man durch das Heben von Zeigefinger und Mittelfinger wieder der Wechsel auf die Zweierreihe signalisiert werden.

Abstand fordern

Mit zunehmendem Selbstvertrauen (nicht Leichtsinn!) und in gut funktionierenden Gruppen kann der Abstand zum Vordermann oder zur Vorderfrau schon mal recht knapp werden - gut für den Windschatteneffekt, mitunter kritisch für die Sicherheit. Touchiert man den Reifen des Vordermannes kann - neben einem selbst - auch dieser zu Sturz kommen, und die ganze Gruppe der Nachkommenden gleich dazu. Um daher im Fall von Tempoänderungen eine Sicherheitsreserve einzubauen, kann man dem Nachfahrenden signalisieren, dass er mehr Abstand halten soll. Üblicherweise hält man dazu kurz seine flache Hand hinter seinen unteren Rücken und damit ins Blickfeld des Nachkommenden, der damit verständigt wird, dass er den Abstand leicht erhöhen soll. Auf manchen Seiten im Internet findet man dafür auch ein kurzes Schnippen als Signal, ich persönlich habe das so aber noch nie gesehen. Wichtig ist dieses Signal jedenfalls, wenn man in den Wiegetritt wechseln möchte - sobald man aus dem Sattel geht schiebt man nämlich automatisch das Rad ein paar Zentimeter nach hinten - genug, um so manche Sicherheitsreserve des Nachfahrenden aufzufressen.

Gefahr anzeigen, ohne die Hände vom Lenker zu nehmen

Kein offizielles Signal aber doch ab und zu gesehen, ist das Herausstrecken beider Ellbogen gleichzeitig, um eine Gefahr zu signalisieren. Dieses Signal kann bzw. muss dann verwendet werden, wenn man beide Hände fest am Lenker hat oder haben muss. In diesem Fall kann auch ein kurzer Ruf hilfreich sein.

Signale weitergeben!

Für die Gruppe ist absolut essentiell, das sämtliche Handzeichen und Signale nach hinten weitergegeben werden! Wenn ihr in der Mitte der Gruppe fahrt und ein Hindernis selbst wahrgenommen habt, geht niemals davon aus, dass euer Hintermann dies auch getan hat. Sobald daher der Fahrer oder die Fahrerin vor euch ein Handzeichen gibt, wiederholt ihr dieses und helft damit dem Fahrer und der Fahrerin hinter euch.

In der Zweierreihe signalisieren außerdem immer beide Fahrer - wenn ein Hindernis auf der rechten Seite auftritt, ist es trotzdem notwendig, auch den links Fahrenden zu verständigen, immerhin muss hier die gesamte Gruppe ausweichen.

Rufen

Grundsätzlich kann auch jedes Handzeichen mit einem Ruf verstärkt werden. Festgelegte Wortlaute gibt es hier meines Wissens keine, aber "Rechts", "Links", "Langsamer" und "Halt/Stop" sind allgemeinverständlich und gültig.

Ein lauter Ruf kann im Notfall auch ein Handzeichen ersetzen, wenn ihr beispielsweise keine Möglichkeit habt, eine Hand vom Lenker zu nehmen - in solchen Fällen ist ein akustischer Hinweis immer noch besser als gar keiner!

Ebenfalls ein weitverbreiteter Ruf ist außerdem "Frei" oder "Geht", der signalisiert, dass die Einfahrt in eine Kreuzung oder Abzweigung gefahrlos möglich ist. Auch dieses Signal wird weitergegeben, allerdings nicht in blindem Vertrauen auf den Vordermann - hier ist es jedenfalls notwendig, dass jeder und jede sich von Neuem versichert, dass keine Gefahr aus dem Straßenverkehr droht!

Abschließend bleibt ein Appell, Handzeichen und Signale auch wirklich zu verwenden. Wie eingangs erwähnt, geht es um die Sicherheit einer Gruppe von Menschen - hier sollten Alleingänge oder Eigeninteressen nichts verloren haben. Im Zweifelsfall ist es ansonsten besser, ein Handzeichen lieber einmal mehr als einmal zu wenig zu machen. Erfahrenere Sportler sollten ihr Wissen weitergeben - in einer Art und Weise, dass Neu-Hinzugestoßene nicht gleich abgeschreckt werden. Ansonsten bleibt mir nur ein letztes Plädoyer für mehr Kommunikation am Rad - miteinander zu reden und zu wissen, was der andere tut, hat noch nie geschadet!

Hi!

Wenn wir schon bei Handbewegungen sind - da liegt mir noch Folgendes am Herzen: Es gibt so viele Gleichgesinnte unter uns, wir alle haben unseren Spaß am Rad, genießen Ausfahrten, Natur und sportliche Betätigung. Wir organisieren uns on- und offline zu Ausfahrten und sind so oft gemeinsam unterwegs - bei allem Respekt für die jeweiligen Einzelleistungen, das ganze ist schon auch eine soziale Geschichte.

Daher - es geht ja immerhin um Handzeichen - wenn ihr einen Radler seht, euch eine Radlerin entgegenkommt oder auch wenn ihr jemanden überholt: Hebt kurz die Hand, streckt einen Finger raus oder sagt kurz "Hallo"! #nottooprotosayhello

Vielen Dank an Jan für die geduldigen Model-Dienste! :)