Bekleidung in der kalten Jahreszeit

Wie jedes Jahr möchte auch diesmal wieder mein persönliches Best-Of an Winterkleidung mit euch teilen. Von mir getestet, ausgeführt und begutachtet, wie immer völlig subjektiv! Und um auch diesen Punkt gleich vorwegzunehmen: Ja, einige der hier genannten Produkte habe ich über Kooperationen zur Verfügung gestellt bekommen - wenn sie allerdings ihren Zweck nicht gut erfüllen würden, wären sie weder Teil meiner Garderobe noch dieses Blogposts.

Fingerscrossed Merino Socken

Ich persönlich hab es ja gerne warm. Sobald mir kalt wird - und mit „kalt“ meine ich, dass auch nur ein Quadratzentimeter meiner Körperoberfläche unangenehme Kälte über einen längeren Zeitraum erleidet - dann werde ich unrund und habe nur noch begrenzt Spaß am Radeln. Überhitzung hingegen ist in meiner Welt nur ein selten auftretendes Phänomen, dazu fahre ich im Winter offenbar zu wenig intensiv - verausgaben kann man sich da besser bei Einheiten auf Zwift. Kopf, Finger und Zehen sind an der frischen Winterluft nicht nur bei mir die empfindlichsten Körperstellen, wie ich bei einer kurzen Blitzumfrage in meinem Freundeskreis feststellen konnte. Diesen Teilen daher wohlige Wärme zukommen zu lassen, bürgt für lang anhaltenden Spaß im Sattel. 

Für untenrum schwöre ich auf Merino-Socken. Merinowolle ist schon lange kein Geheimtipp mehr - für Wolle vergleichsweise flauschig und weich, tolle Klima-Eigenschaften und weitgehende Geruchsneutralität! Punkt. Je höher der Merino-Anteil, desto besser - vor allem die Geruchs-Neutralität steht und fällt mit diesem Umstand. Fingerscrossed ist an sich eher für bunte und gemusterte Socken bekannt, sehr diskret kommen dagegen die Deep Winter Merino Socken daher - schwarz nämlich. Sogar die obligatorische Niete am linken oberen Sockenrand ist dezent angegraut. In der extrawarmen Version sind die Bereiche von Zehen über Sohle bis über die Ferse noch mit zusätzlich flauschigem Material versehen, dadurch bleiben sogar meine Füße im Winter schön warm. Die Frage, ob Socken nun über oder unter der Hose getragen werden, möchte ich hier nicht weiter erörtern - da könnte ich ja genauso gut eine Diskussion eröffnen, ob Canon oder Nikon besser ist oder iOS oder Android oder Beatles oder Stones... (Canon, iOS und Stones, falls es wen interessiert!) 

Thermopad Zehenwärmer

Wir bleiben bei den Füßen und senken die Temperatur noch um ein paar Grad. Dann lege ich üblicherweise noch ein Scheibchen oben drauf und gönne mir einen Satz Wärmepads in meinen Schuhen. Ich habe vor zwei Jahren einen Artikel dazu auf Bikeboard.at gelesen, dann gleich die Zehenwärmer von Thermopad bestellt und sie seitdem nicht mehr losgelassen. Es handelt sich um Einwegprodukte, die Pads geben laut Hersteller bis zu 8 Stunden Wärme ab. Ob diese Dauer auch eingehalten werden kann, habe ich nicht überprüft, da wird mir vorher irgendwo anders so kalt, dass ich wieder nach Hause fahre. Aber bei meinen Ausfahrten über 3-4 Stunden funktionieren die Pads jedenfalls einwandfrei. Die Aktivkohle in den Pads wird durch Sauerstoff aktiviert, das heißt man packt die Wärmer kurz vor dem Fahren aus, lässt sie ein paar Minuten liegen und klebt sie dann auf die Zehen oder Füße. Wichtig ist, die Pads vordem Anbringen lange genug „atmen“ zu lassen - ich packe die Pads einfach aus, bevor ich mich anziehe. Ankleiden im Winter ist sowieso eine Prozedur, die ein paar Minuten dauert, bis dahin haben sich auch die Pads schön aufgeheizt. Klebt man die Pads direkt aus der Packung auf und schlüpft in den Schuh, dann kommt nicht mehr ausreichend Luft zu den Pads und diese werden nicht richtig warm. Entgegen der gängigen Anwendung und auch den Bildern auf der Homepage des Herstellers und der Verpackung, klebe ich die Pads oben auf meine Zehen bzw. meinen Vorfuß anstatt unten. Die Wärmeentfaltung funktioniert dort genauso gut, allerdings erspart man sich den „Knubbel“ unter den Zehen. Das Pad trägt schon ein paar Millimeter auf und zumindest bei mir war es so, dass ich ein unten angeklebtes Pad beim Treten bemerke. Thermopad hat außer den Zehenwärmern auch noch alle möglichen anderen Wärmer im Sortiment (von Hand über Rücken bis hin zur ganzen Fußsohle), diese habe ich allerdings nicht ausprobiert - mir reichen die warmen Zehen :)

Fizik Artica R5

Eine vermeintliche Glaubensfrage betrifft hingegen die Wahl zwischen Überschuhen und Winterschuhen. Es gibt für beide Varianten unterschiedliche Pros und Cons. Ich persönlich habe mich vor 2 Jahren am MTB für Winterschuhe entschieden, letztes Jahr dann auch am Rennrad. Überschuhe habe ich mir trotzdem behalten, aber eher für den Notfall in wärmeren Phasen des Jahres oder als Backup am Berg. Ich sehe den Vorteil der Winterschuhe in der einfacheren Handhabung: Anziehen, fertig! Wie schon oben erwähnt, wird das Anziehen im Winter ohnehin schon oft genug zur Tortur - meist ist man schon kräftig verschwitzt, bevor man überhaupt noch bei der Haustür draußen ist. In meine Winterschuhe schlüpfe ich hinein und fertig. 

Da ich auf großem Fuß lebe, besteht für mich ein weiterer Vorteil darin, dass Winterschuhe weniger dick auftragen als dicke Socken, Winterschuhe plus Überschuhe. Das habe ich zum ersten Mal gemerkt, als ich bei unterschiedlichen Rädern mit dem Fuß an der Kettenstrebe angekommen bin, weil durch Schuh + Überschuh einfach zu viel Material da war. 

Dabei hatte meine Beziehung zu Winterschuhen einen durchwachsenen Start. Meine ersten MTB-Winterschuhe von Mavic konnten sich dadurch „auszeichnen“, dass sie unten bei den Cleats ungefiltert und recht direkt die kalte Winterluft hereinließen und damit das Prinzip Winterschuh ad absurdum führten. Auch eine (nur optional erhältliche) dickere Einlegesohle konnte das System nicht retten. Die Mavic-Winterschuhe fürs Rennrad hingegen (das Nachfolgemodell) waren in diesen Belangen besser, auch wenn mir dort noch immer zu viel Luft von unten reingekommen ist. Gore Tex und Dichtheit an der Oberseite sind eben nur die halbe Miete, wenn von unten Wasser und Kälte eindringen können. Glücklich bin ich erst, seit ich bei Winterschuhen zu Fizik gewechselt bin - ich glaube der Name des Modells „Artica“ hat die Eiskönigin in mir angesprochen...

Auch wenn die „Schnürung“ des Fizik (sie ist eher ein Zugsystem) auf den ersten Blick etwas irritiert, der Fuß hat im Schuh einen sehr guten Halt. Die Isolierung ist einwandfrei, eine wasserdichte Außenhaut mit Reißverschluss besorgt den Rest. Und - oh Wunder! - von unten kommt keine Kälte an die Fußsohle, auch mit der mitgelieferten Innensohle. Das Profil an der Sohle ist ausreichend, um auch im Winter voranzukommen, wenn man einmal neben dem Rad steht und nicht darauf sitzt - wobei man auch hier, wie bei allen Radschuhen, keinen Sonderpreis für Anmut und Eleganz gewinnen wird. Bei Mountainbike-Schuhen und gleichzeitig Verwendung von Crankbrothers oder Shimano-Cleats ist mir aufgefallen, dass man aufgrund des recht hohen Profils jedenfalls die mitgelieferten Spacer unter die Cleats schrauben sollte, damit man leichter ein- und ausklicken kann. Darunter leider allerdings wiederum das angenehme Gehen in den Schuhen, weil die Cleats leicht über das Profil der Sohle überstehen - Vorsicht auf glatten Böden!

Wenn wir schon kurz über Crankbrothers reden, ich habe meine Shimano SPDs gegen Crankbrothers Eggbeater Pedale getauscht, was gerade auch im Winter und bei Schnee & Matsch von Vorteil ist. Zum einen sind die minimal schlankeren Cleats etwas weniger schmutzanziehend, vor allem aber ist der Einstieg in die Pedale leichter, da man von vier Seiten einklicken kann - da kann man fast nicht danebenhauen!

Löffler Bike ISO-Jacke Primaloft Mix 

Genug von den Füßen gesprochen, kommen wir zum Oberkörper. Auch hier habe ich in den vergangenen Jahren schon einiges ausprobiert. Das Zwiebelprinzip habe ich dabei immer angewendet, weil es am praktischsten ist und die größte Flexibilität bietet. Allerdings habe ich die Kombinationen variiert - dick über dünn, dünn über dick, Jacke direkt über Baselayer, usw. Ich werde hier auch weiterhin Dinge ausprobieren und es ist nicht ausgeschlossen, dass ich einen neuen „optimalen“ Zustand herausfinde - momentan ist aber meine Lösung für kalte Tage ein Merino Baselayer, darüber ein (eher dünnes) Langarmtrikot und außen noch eine Jacke. Die Jacke ist für die Hauptfunktion des Wetterschutzes zuständig, mit unterschiedlichen Modellen und Funktionalitäten kann man sich hier den tatsächlichen Wetterbedingungen anpassen - dünne Regenjacke, dichte Outer-Shell, gefütterte Primaloft-Jacke.

Besonders in Herz geschlossen, - wie erinnern uns an meine oben bereits erwähnte Wärme-Bedürftigkeit - habe ich Primaloft-Jacken, weil diese eine zusätzlich Isolation und damit Kuscheligkeit bieten. Für intensive Fahrten mögen diese Jacken dem einen oder der anderen zu warm und dick sein, für mich allerdings passt das in der Regel sehr gut. Es muss natürlich auch nicht „Primaloft“ sein, hierbei handelt es sich ja nur um ein Patent - andere Marken nennen ihre Technologien anders, die Funktion ist aber meistens eine ähnliche. Vorteil gegenüber der klassischen Daune ist, dass Primaloft auch bei Nässe noch funktioniert, nicht so verklumpt wie Daune und auch entsprechend schneller trocknet. Dass Primaloft-Fasern mittlerweile zu einem großen Teil aus recycelten Plastikflaschen erzeugt werden, passt außerdem auch ganz gut ins derzeitige Bild.

Auch unter dem Lichte der Nachhaltigkeit steht mein Plan, dort wo es möglich ist, auch regionale und lokale Produkte einzusetzen oder zumindest ausfindig zu machen - in Zeiten der Globalisierung ist das ja mitunter nicht so einfach. Bei Radbekleidung stößt man dabei in Österreich sehr schnell auf Löffler, einem Unternehmen, dass seinen Hauptsitz und seine Produktion im oberösterreichischen Ried im Innkreis hat. Während dazu noch ein gesonderter Blogpost in der Serie „Made in Austria“ folgen wird, soll es hier um die Primaloft-Jacke von Löffler gehen, die sämtliche kalten Temperaturen gekonnt vom Oberkörper fernhält. Dafür im Einsatz ist die „Primaloft Gold“-Faser, die die technologische Speerspitze von Primaloft darstellt und dementsprechend den höchsten Qualitätsstandard für sich beansprucht. Im Design ist die Jacke eher klassisch gehalten und in mehreren Farben erhältlich, wobei wenn schon Winter, dann in Signalfarbe! In grellem Gelb fällt es schwer, im Grau und Weiß des Herbsts und Winters übersehen zu werden - ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn man auch in der dunklen Jahreszeit sicher vorankommen möchte. Besonders gut gefallen mir die Abschlüsse an Armen und Hals, diese sind breit und gut verarbeitet, bieten dementsprechend sowohl Komfort als auch Schutz vor den Elementen - hatte ich in der Form noch bei keinem anderen Produkt! Die Tasche an der Brust ist praktisch, zum Beispiel für das Handy, wenn man seine winterlichen Heldentaten für Instagram festhalten möchte. ;) Sonst kann man dort kälteempfindliche oder wertvolle Dinge verstauen. Am Rücken befindet sich eine große Tasche in der Mitte, diese dient gleichzeitig als Tasche für die Jacke selbst - wird diese nicht gebraucht, kann man sie einfach „in sich selbst“ hineinstopfen und per Reißverschluss zumachen. Die Jacke ist recht weit nach unten gezogen, wenn man ansonsten eher Aero-Schnitt gewöhnt ist - bei kalten Temperaturen aber jedenfalls von Vorteil. Trotz allem ist der Schnitt sportlich, nichts ist im Weg, nichts flattert.

Weil schöne Fotos von anderen besser sind, als verwackelte Selfies: Hier Oliver in der Löffler-Jacke während der Nacht auf unserer Race Around Austria-Testfahrt rund um Oberösterreich. (Er trägt hier noch ein reflektierendes Gilet drüber!)

Noch einmal Oliver bei der RAA-Testfahrt bei knackigen Morgen-Temperaturen am Ziehberg.

Isadore Ovada Deep Winter Baselayer

Unter der Jacke ist je nach Wetter Spielraum für unterschiedliche Lösungen. Fixstarter in meinem Setup ist jedoch der Merino Baselayer von Isadore, der sich im letzten Winter bereits einen Platz in meinem Herzen erarbeitet hat. Weiches Merino, ein hoher Kragen und ein isolierter Brustbereich sind die Zutaten, die dieses Kleidungsstück für mich zum essentiellen Begleiter machen. Der Schweiß wird gut verarbeitet, der Baselayer wird nie so durchnässt sein, dass man klimatisch in eine Notlage gerät. Das Material fühlt sich auf der Haut gut an - egal ob trocken oder nass - und trocknet Merino-entsprechend schnell. Die Isolierung im Brustbereich bietet zusätzlichen Schutz, falls der Wind doch einmal irgendwo einen Weg durch die Außenschicht finden sollte. Mit dem hohen Kragen erspart man sich hingegen in vielen Fällen (bei gemäßigten Temperaturen) einen extra Buff für den Hals oder ein Halstuch. Das finde ich persönlich wieder gut, weil ich nicht gerne mit einem dicken Wulst um den Hals unterwegs bin und mich dabei irgendwie immer in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühle. An den Ärmel-Enden sind noch Schlaufen für die Daumen angebracht, damit auch ja nichts verrutschen kann. Ich verwende diese allerdings (auch bei anderen Kleidungsstücken) nicht bzw. kann ich diese nicht gescheit verwenden, weil meine Arme dafür irgendwie zu lange sind - große Menschen, unklare Proportionen...

Das ist übrigens der zweitwärmste/zweitbeste Merino Baselayer von Isadore ;)

Zum Abschluss - und das ist nichts Neues, weil schon bei mehreren Gelegenheiten vorgebracht - möchte ich noch mein persönliches „last resort“, mein letztes Mittel gegen die Kälte erwähnen: Coldcream! Wer sich schon einmal bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in eine längere Abfahrt begeben hat oder bei eisigem Wind unterwegs war, kennt das Gefühl, wenn die Haut auf den Wangen zu spannen beginnt und die Kälte auf der Stirn sich bis in den Kopf hinein bohrt. Etwas Kältecreme vor dem Wegfahren strategisch gut platziert auftragen, und die Welt schaut schon wieder anders aus. Wichtig ist dabei, auf Produkte zu verzichten, die auf Wasser basieren (Wasser... Minusgrade...Hm?). Wer dennoch nicht auf reine Erdölerzeugnisse setzen will (und das wäre die naheliegende Alternative), ist bei Weleda ganz gut bedient, da ist außerdem noch Honig drinnen, das pflegt und riecht gut!

Ich hoffe, die eine oder andere Ausführung kann dabei helfen, die richtige Ausrüstung und Motivation für den Winter zu finden. Es geht im Endeffekt auch nicht darum, jeden Tag draußen zu fahren - und das sagt einer, der den Großteil des Winters auf Zwift Island verbringt. Aber es sind diese einzelnen Ausfahrten im Winter und bei Kälte, die gut geplant und auch gut ausgerüstet angegangen werden wollen. Und es sind gleichzeitig die Ausfahrten, die im Nachhinein oft als besondere Erlebnisse in Erinnerung bleiben. „Kannst du dich noch erinnern? Damals als es so kalt war und wir trotzdem fahren gegangen sind, ...“

Links

Fingerscrossed Merino Deep Winter, 30,00 Euro, fingerscrossed.design
Thermopad Zehenwärmer, 1,20 - 1,79 Euro (je nach Anzahl), www.thermopad.de
Fizik Artica R5, 200,00 Euro, www.fizik.com
Löffler Bike ISO-Jacke Primaloft Mix, 199,99 Euro, www.loeffler.at
Isadore Ovada Deep Winter Baselayer, 89,00 Euro, isadore.com