Seit der letzten Etappe sind jetzt einige Tage und meine Bachelor Prüfung erfolgreich vergangen und ich werde versuchen die Tage der Alpentour hier Revue passieren zu lassen.
Tag 0, Mittwoch 05.06.2019, Die Anreise
Schon voller Vorfreude beginnt der Tag und ich packe mein Auto mit sämtlichem Zeug für das bevorstehende Etappenrennen. Seit Jahren nehme ich mir vor, mir endlich eine Packliste zu schreiben - Fakt ist, die gibt es noch immer nicht. So läuft das Packen jedes Mal gleich ab. Kasten auf, Koffer auf und alles Mögliche reinwerfen - Nervenkitzel beim Auspacken am Rennort inklusive.
Die Anreise verlief absolut problemlos. Auch der Check-In im vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Hotel war flott erledigt. Kurz darauf rief auch schon mein Bekannter Philipp Wetzelberger an, der die Alpentour heuer bereits das fünfte Mal in Angriff nahm. Wir einigten uns auf einen Treffpunkt, um das Einfahren für die morgige erste Etappe gemeinsam zu erledigen.
Das besondere bei der Alpentour ist nicht nur der tägliche Start in Schladming, sondern auch der Schlussanstieg vom Gasthaus Landalm Richtung Planai mit Zielabfahrt durch den Zielhang des Bikeparks Planai. Dieser Abschnitt wird bei den ersten drei Etappen immer gleich befahren. Da liegt es natürlich nahe, diesen Abschnitt zu besichtigen. Bei strahlend blauem Himmel absolvierten wir die Schlussrunde und streuten ein paar Intervalle ein um die Beine für die erste Etappe in Schwung zu bringen. Nach gelungenen 90 Minuten am Bike ging es zurück ins Hotel und ab zur Startnummernabholung in der Tenne Planai. Bevor ich den Chip für die Zeitnehmung und die Startnummer montiere wird das Bike natürlich noch gereinigt und geschmiert. Da es am ersten Abend noch kein gemeinsames Abendessen im Kongress gibt, treffe ich mich mit der lieben Alina Reichert, einer der Damen Elite Starterinnen zum Pizzaessen im Ort. Nachdem der Magen für die erste Etappe gefüllt war gings noch schnell zum Riders Briefing. Hier mussten wir erfahren, dass die erste Etappe aufgrund der enormen Schneemassen des Winters um ein paar Höhenmeter gekürzt wird. Der höchste Punkt der Türlwand und der Rittisberg waren noch nicht passierbar. Macht nichts dachte ich mir, kommt mir als Medium Distanz-Fahrer eh entgegen. Dann gings aber rasch ins Bett, schließlich warteten 2500 hm verteilt auf 64 km.
Tag 1, Donnerstag, 06.06.2019, Etappe 1 Türlwand
Der Tag der ersten Etappe begann wie der letzte endete, mit blauem Himmel und hohen Temperaturen bereits in der Früh. Nach einem ausgezeichneten Frühstück rund drei Stunden vor dem Start, um meinem Magen ausreichend Zeit zur Verdauung zu genehmigen, ging es nach einem kurzen Aufwärmprogramm zum Start. Dieser war heuer Aufgrund der Bauarbeiten für die neue Planai-Seilbahn, anders als die Jahre zuvor, beim Kongress in Schladming. 20 Minuten vor 10:00 begann der Rennleiter die Elitefahrer für die Startaufstellung aufzurufen. Da ich nur einen Weltranglisten-Punkt hatte, befand ich mich am hinteren Ende des Elitefeldes.
Pünktlich um 10:00 viel der Startschuss. Da die ersten drei Kilometer neutralisiert hinter dem Auto des Rennleiters erfolgten, ging es am schmalen Ennstal-Radweg ganz schön hektisch zu. Doch sobald der Startschuss ein zweites Mal erklang, war die Neutralisierung aufgehoben und die Profis wie Daniel Geismayr und Alban Lakata drückten mächtig aufs Gas. Das Feld von rund 400 Startern zog sich dadurch ordentlich in die Länge und es wurde sofort etwas entspannter. Auf einem schmalen Waldweg ging es zunächst steiler und dann bald flowig über Wurzeln und Steine rauf in die Ramsau. Von dort ging es über den Winterwanderweg hinauf Richtung Türlwand. Anders als die Jahre zuvor mussten wir bereits ca. 100 hm unter der Türlwand hinüber Richtung Adlerlifte queren. Hier galt es, etliche Schneefelder und schwierige Wiesenschräghänge mit Geschick zu überwinden. Da lacht das Mountainbiker-Herz. Wieder in der Ramsau angekommen ging es über Langlaufloipen direkt ins Langlaufzentrum am Fuße des Kulms. Dort wartete zum Glück schon Sandra vom RC Sport Vollmann-Team mit einer vollen Flasche auf mich - Danke dafür! Jetzt ging es direkt neben der Sprungschanze in extrem steilen Serpentinen auf den Kulm hinauf. Daheim im Wienerwald frag ich mich oft, wozu ich das 50er Ritzel auf meiner Kassette brauche - jetzt weiß ich es.
Oben angekommen ging es zunächst flach in Richtung Vorberg, von dort dann über einen steilen und erdigen Singletrail hinunter nach Pichl zur zweiten TFZ. Von dort ging es ohne Verschnaufpause gleich wieder bergauf auf die Hochwurzen, hier mussten viele Fahrer dem hohen Anfangstempo und den heißen Temperaturen Tribut zollen und ich konnte noch etliche Fahrer überholen. Nach der Hochwurzen galt es nur mehr, den am Vortag besichtigten Schluss zu bewältigen. Das Besichtigen hat sich definitiv ausgezahlt, konnte ich doch bergab gleich eine der schnelleren Zeiten hinlegen. Müde aber glücklich erreiche ich nach 03:39 das Ziel auf dem 29. Platz in der Elite. Die Freude ist groß, schließlich bekommen bei einem Rennen der S1 Kategorie die ersten 34 Plätze Weltcuppunkte.
Nach dem Motto Maschine vor Fahrer kümmerte ich mich gleich im Planai-Zielraum um die Reinigung meines Bikes. Hier warten – vorbildlich - etliche Waschplätze auf die erschöpften Fahrer. Gegen eine kleine Gebühr wäre es auch möglich das Bike im Bikeshop abzugeben und am nächsten Tag das frisch servicierte Bike für die zweite Etappe in Empfang zu nehmen.
Danach ging es sofort ins Hotel und unter die Dusche. Der Vanille Recovery Shake tat dann auch richtig gut. Ehe es um 18:00 ins Kongress Zentrum zum gemeinsamen (vorzüglichen!) Abendessen ging, war noch etwas Zeit, die wunderschönen Landschaftsbilder der 1. Etappe Revue passieren zu lassen.
Das gemeinsame Abendessen mit 400 Gleichgesinnten und die täglichen Siegerehrungen inklusive der Überreichung der Leaderjerseys ist sicher ein Highlight der Alpentour. Hier sitzen Olympiasieger wie Sabine Spitz mit Hobbysportlern gemeinsam am Tisch und unterhalten sich über unser aller liebstes Hobby, das Radfahren.
Nach dem Essen gibt es noch die wichtigsten Infos für den nächsten Tag. Aufgrund der enormen Schneemassen konnte die Etappe über die Giglachseen nicht stattfinden. Stattdessen ging es über die Reiteralm. Vorbildlich gibt es immer schon am Vortag den GPS-Track auf der Alpentour-Homepage zum Download.
Tag 2, Freitag, 07.06.2019, Reiteralm
Tagwache um 07:00 - puhh die Beine haben sich auch schon mal frischer angefühlt. Der erste Weg am Frühstückbuffet führt mich deshalb gleich direkt zur Kaffeemaschine. Gut gestärkt ging es wieder pünktlich um 10:00 los - diesmal aufgrund der Ergebnisse des Vortages sogar etwas weiter vorne in der Startaufstellung. Es ging erneut hinauf in die Ramsau, diesmal aber ohne Umwege direkt runter nach Pichl und hinein in den langen Anstieg auf die Reiteralm. Die Beine fühlten sich grauenhaft an und der eine oder andere Krampf kündigte sich an. Hier kam das erste Mal meine Geheimwaffe, konzentriertes Essigwasser, erhältlich z.B. von Sponser Sportfood (Muscle Relax) zum Einsatz. Zwar waren meine Beine danach genauso müde wie zuvor, jedoch ging es krampffrei weiter. Noch unter dem Gipfel der Reiteralm querten wir hinüber zur Hochwurzen. Anders als am Vortag ging es diesmal bis auf den höchsten Punkt der Hochwurzen. Bereits am Beginn der Abfahrt schloss ich zur österreichischen Marathon-Staatsmeisterin Angelika Tazreiter auf. Gemeinsam ging es zurück nach Schladming. Angelika fuhr bergauf extrem stark und ich hatte schwer zu kämpfen, den Anschluss zu halten. Nach etwas über drei Stunden überquerte ich als 34. die Ziellinie, somit fiel ich auch im Gesamtklassement auf den 34. Platz zurück. Scheinbar haben sich die anderen besser von den Strapazen des Vortages erholt. Ziemlich erschöpft fiel die Bikewäsche heute noch dürftiger aus als gestern. Um die Beine bei der Regeneration zu unterstützen, rollte ich noch gemütlich den Ennstal-Radweg entlang und genoss das wunderbare Bergpanorama. Dabei fiel mir ein ungewohntes Geräusch von meinem Rad auf, bei der genaueren Betrachtung konnte ich erkennen, dass die Karbonstreben meines Sattels an zwei Stellen gebrochen waren. Zum Glück dürfte dieser Schaden erst gegen Ende aufgetreten sein und noch größeres Glück war, dass ich noch Ersatz mit hatte.
Die gemütlichen Abende im Kongress finden immer unter einem Motto statt, der Freitag war der Steiermark-Abend. Das Essen war schon wie am Vorabend hervorragend und ideal, um die leeren Speicher für die bevorstehenden Tage zu füllen. Außerdem wurden heute ein Dirndl und eine Lederhose verlost. ☺
Ähnlich wie am Tag zuvor waren die Siegerehrungen kurz vor 20:00 erledigt und ich machte mich auf ins Hotelzimmer, um mich für die dritte Etappe auszurasten.
Tag 3, Samstag, 08.06.2019, Hauser Kaibling
Überraschenderweise fiel mir das Aufstehen am dritten Tag wieder deutlich leichter als noch am Tag zuvor. Auch das Morgenritual vor dem Start um 10:00 ist schon gut einstudiert. Die heutige Etappe wird die einzige sein, die wie geplant durchgeführt werden kann. Der Start erfolgt wieder neutralisiert und es geht hinauf in die Ramsau Richtung Lodenwalker - eine Gegend, die ich gut aus dem Winter kenne. Der flowige Waldweg wird ringsum von wunderschönen Ausblicken auf Dachstein und Co. gesäumt. Vorbei am Fliegenpilz - einer kleinen Jausenstation - geht’s runter Richtung Haus im Ennstal. Die erste Labestation befindet sich direkt am Parkplatz der Seilbahn, super für alle Betreuer zu erreichen. Hier muss man den Veranstalter gleich loben, alle TFZ’s der Etappen sind schnell und unkompliziert mit dem Auto erreichbar, das ist nicht immer so. Und auch wenn man so wie für die zweite TFZ am Hauser Kaibling die Seilbahn benötigt, ist das kein Problem, da die Benutzung mit der Schladming/Dachstein-Gästekarte, die man in jeder Unterkunft bekommt, kostenlos ist.
Der gleichmäßige Anstieg auf den Hauser Kaibling, der zugleich der östlichste Punkt der Schladminger 4-Berge-Schischaukel ist, kommt mir sehr entgegen. Ich kann ohne Krämpfe und mit gutem Tempo der Bergwertung entgegenfahren. Oben am Hauser Kaibling geht es bei der Krumholzhütte durch die zweite TFZ und rauf auf den Gipfel. Nach dem Gipfel führt die Strecke über einen mit vielen Schneefeldern gesäumten Weg Richtung Planai. Ein weiterer Weg, den ich vom Skifahren kenne. Es ist schlichtweg genial, die ganzen bekannten Wege aus dem Winter auch mal auf dem Rad zu erleben. Dann ging es noch über steile, schmale Wurzeltrails weiter hinauf auf die Planai. Hier ist besonders die sehr gute Streckenmarkierung hervorzuheben. Selbst ich, bekannt als regelmäßiger „Falschfahrer“ hatte bei der Alpentour keinerlei Probleme, den richtigen Weg zu finden. Das Highlight der dritten Etappe war für mich die Abfahrt über den Flowtrail im Bikepark. Voll in meinem Element konnte ich so noch acht Plätze gutmachen und rollte mit einem Grinsen als 35. durchs Ziel. Im GC arbeitete ich mich an diesem Tag auf den 33. Rang vor. Da die heutige Etappe nur knapp drei Stunden dauerte, blieb mir länger Zeit zum Regenerieren vor dem Abendessen. Der letzte Abend war der Australien-Abend. Da die beiden Organisatoren der Alpentour Regina und Gerhard auch seit vielen Jahren die Crocodile-Trophy in Australien organisieren, gab es hier einen großartigen Bericht zu sehen. Unglaublich, welche Distanzen schon vor mehr als 20 Jahren mit abenteuerlichem Material bewältigt wurden. Als Highlight gab es für je eine Dame und einen Mann einen Startplatz für die Crocodile Trophy 2019 zu gewinnen.
Tag 4, Sonntag, 09.06.2019, EZF Planai
Wie auch im letzten Jahr, fand das Bergzeitfahren auf die Planai in gestürzter Startreihenfolge statt. Sprich, der langsamste der Gesamtwertung startet als Erster und dann folgt alle 20 Sekunden ein weiterer Fahrer, bis schließlich der Gesamt-Führende als Letzter ins Rennen startet. Durch dieses Konzept kommen nahezu alle gleichzeitig im Ziel auf der Schafalm an und den Zuschauern wird ein tolles Spektakel geliefert. Es galt, knapp 1150 hm auf 9 km zu überwinden. Anders als die Jahre zuvor, musste der Uphill über den extrem steilen und teilweise gatschigen Flowtrail gefahren werden. Das Bergzeitfahren war extrem hart und trotz meines leichtesten Gangs von 34 zu 50 kam ich selten über 60 RPM hinaus. Ich verlor viel Zeit, konnte jedoch zum Glück meinen 33. Platz im GC halten. Völlig erschöpft erreichte ich das Ziel auf der Schafalm. Belohnt wurden alle Teilnehmer mit Traumwetter und dem wohl schönsten Ausblick auf den Dachstein und die umliegenden Berge.
Um rechtzeitig um 14:00 bei der abschließenden Pasta Party im Kongress zu erscheinen, machte ich mich bald auf den Rückweg runter ins Tal. Dort gab es dann eine große Auswahl an verschiedensten Nudelgerichten. Von Spaghetti über Fusilli bis hin zu Lasagne – „Pasta Party Deluxe“ quasi. Anschließend fand noch die finale Siegerehrung statt und die Top-Platzierten konnten sich ihr wohl verdientes Preisgeld abholen. Voller schöner Eindrücke trat ich erschöpft aber zufrieden die Heimreise an.
Fazit
Ich kann die Alpentour einfach jedem begeisterten Radfahrer ans Herz legen. Die perfekte Organisation, gepaart mit einer traumhaften Landschaft und gutem Essen gibt es in dieser Form wohl nicht oft. Vor allem das besondere an der Alpentour, der Etappenstart immer am gleichen Ort spart Geld, Zeit und Nerven. Nichtsdestotrotz gibt es jeden Tag tolle neue Wege zu erkunden. Auch habe ich mir vor meinem Start gedacht, dass die Abfahrten wohl eher schotter-lastig und wenig spannend werden, hier wurde ich allerdings eines Besseren belehrt - auch begeisterte Trail-Fahrer kommen bei der Alpentour voll auf ihre Kosten. Ich hoffe, ich kann nächstes Jahr wieder bei der Alpentour starten und die neuen Erfahrungen aus diesem Jahr nutzen. Übrigens, die Anmeldung für 2020 ist schon möglich. ;)
Bis bald auf den heimischen Trails und Liebe Grüße, Martin Rauscher
Disclaimer
Die Teilnahme erfolgte auf Einladung des Veranstalters, die Fotos wurden durch Sportograf aufgenommen.