Es war die 11. Ausgabe des Race Around Austria und meine dritte. Nachdem ich 2017 und 2018 - mit meinen Kameras ausgestattet – durch die Lande gerast bin, mit der Livetracking-Seite auf dem Telefon geöffnet, immer Ausschau haltend nach den Fahrerinnen und Fahrern, idealerweise auch noch an einer fototechnisch günstigen Stelle, hätte 2019 mein erstes Mal im Sattel werden sollen. Schon bei meinem Erstkontakt mit dem RAA bin ich dem Reiz des „Weitradlfoarns“ (wie Christoph Strasser es so schön nennt) erlegen und wollte seitdem immer selber in die Pedale treten. Die Strapazen, Anstrengungen und Entbehrungen, die man auch als Fotograf beim RAA mitbekommt und an vielen Gesichtern leicht ablesen kann vermengen sich zu einem Amalgam, das wohl nur leibhaftig „erfahren“ werden kann, so wie auch der Jubel und die Freudenmomente jener, die mitten durch das Attergauer Marktfest nach langer Fahrt wieder zurück zur Start- und Zielbühne rollen. Die Leistungen der Finisher*innen kann man bewundern, man kann sich mit ihnen freuen – was es aber wirklich bedeutet, nach 560, 1.500 oder gar 2.200 Kilometern wieder am Startort anzukommen, bleibt nur jenen vorbehalten, die sich tatsächlich auf die Reise machen.
Genau das wollte ich machen, erfahren und spüren. Allerdings war meine Vorbereitung, die ich in klassischer 169k-Manier etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen hatte, von Beginn an zu wenig ambitioniert, meine Konsequenz nicht ausgeprägt genug, die zeitlichen Ressourcen nicht ausreichend. Beim Super Giro Dolomiti im Juni dann der Weckruf, dass mit der bisherigen „Vorbereitung“ wohl kein Rennen zu gewinnen sein wird – der Rücken tat nach wenigen Stunden weh, die Beine waren schwer. Ohne Gram musste ich anerkennen, dass im Vorfeld für eine Herausforderung wie die Race Around Austria Challenge mehr Anstrengung und Training stehen muss, als ich mir bis dahin vorgestellt hatte. Zusätzlich fiel mir noch ein Satz aus Christoph Strassers Buch ein, der sinngemäß aussagt, dass viele Leute ihre (vermeintliche) mentale Stärke als Ausrede verwenden, um über körperliche Defizite (zu wenig Training, zu wenig KM, …) hinwegzutäuschen. Ein Umstand, mit dem man sich im Endeffekt keinen Gefallen tut. Während der Österreich Rundfahrt im Juli konnte ich Christoph noch einmal persönlich zu diesem Satz befragen und sein kurzes Nicken hat bei mir innerlich einen kleinen Schalter umgelegt, mit dem ich meine Pläne für die Challenge 2019 mehr oder weniger ad acta gelegt habe. Diese kleine „Bestätigung“ von außen habe ich offenbar gebraucht, um Sicherheit über meine bereits länger gewälzten Gedanken zu gewinnen. (Nicht falsch verstehen! Christoph hat mir das RAA nicht ausgeredet und ich habe auch keinen externen „Schuldigen“ gesucht oder gebraucht, aber mit jemandem darüber zu reden, war jedenfalls sehr hilfreich.) Und so packe ich Anfang August meine Koffer und Taschen und fahre statt auf Trainingsrunden lieber noch mit der Familie auf Urlaub, statt Ausdauernahrung ist Reiseproviant im Gepäck, die Tasche mit den Rad-Ersatzteilen weicht dem Fotorucksack – und das ist gut so. Es ist die Rolle, die ich bereits seit zwei Jahren kenne, in der ich mich wohlfühle und die mir beim Race Around Austria bis jetzt schon immer tolle Momente gebracht hat - #wecreateemotion eben.
12. August und die ersten Starterinnen und Starter rollen von der Rampe im Zentrum von Sankt Georgen. An den Eckdaten des Rennens hat sich nichts Grundlegendes geändert: Die Race Around Austria Challenge führt über eine Distanz von 560 Kilometern einmal rund um Oberösterreich und stellt so etwas wie den Einstieg ins Ultracycling dar, benötigt man für diese Strecke doch ungefähr 24 Stunden. Die beiden größeren Runden spannen hingegen den Bogen weiter – auf 2.200 Kilometern umrundet man Österreich in seiner vollen Pracht, auf der etwas kürzeren 1.500 Kilometer-Runde „erspart“ man sich den (angeblich etwas bergigen) Westteil der Strecke über Gerlos, Kühtai, Silvretta, Hochtannberg und Fernpass. An den Startzeiten und –blöcken hat das OK-Team des Rennens etwas geschraubt, sodass alle Teilnehmer möglichst rund um das Marktfest in Sankt Georgen von Samstag auf Sonntag ankommen. Es ist dieses Marktfest, das neben einigen anderen Aspekten, die Einzigartigkeit dieses Rennens ausmacht und stellvertretend für die tolle Stimmung steht, die den Fahrerinnen und Fahrer dabei hilft, die scheinbar unglaubliche Zahl an Kilometern abzuspulen. Während beim größten und wichtigsten Ultracycling-Rennen der Welt, dem Race Across America – außer den eigenen Betreuern und ein paar wahrlich eingefleischten Fans so gut wie niemand bei Start und Ziel vorzufinden ist, tragen die ganze Gemeinde Sankt Georgen, das Umland, das Bundesland und auch einige Stationen entlang der weiten Strecke rund um Österreich das Rennen voll und ganz mit, unterstützen die Organisation und helfen auf diese Weise mit, das Rennen für alle Beteiligten zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Man merkt meine Liebe zu diesem Rennen, und dabei bin ich es noch nicht einmal gefahren… ;)
An dieser Stelle möchte ich auch schon aufhören zu schwadronieren und lieber die Bilder der diesjährigen Austragung des Race Around Austria sprechen lassen!