Wahoo Elemnt Bolt (V2) im Test
Eines vorab, weil ich schon seit gefühlter Ewigkeit darüber nachdenke, einen Wahoo vs. Garmin Post oder Video zu machen. Da hab ich mittlerweile keine Lust mehr drauf, es macht ja keinen Sinn die beiden Lager immer wieder gegeneinander aufzuhetzen, es soll jede und jeder das fahren, was am besten zu einem passt. Ich für meinen Teil habe diese Frage vor mittlerweile mehreren Jahren entscheiden, und das hat 4 kurze Gründe:
Bedienbarkeit
Logik
Funktionsumfang
Routensynchronisation.
Bei den ersten beiden Punkten kann man einen guten Vergleich ziehen, wie es zwischen Apple und Windows wäre. Wahoo ist da für mich eher wie Apple und damit etwas logischer, einfacher zu finden und intuitiver. Beim Funktionsumfang ist das ganze etwas komplizierter, da können die Garmins nominell oft mehr als die Elemnt Computer von Wahoo. Aber da finde ich tatsächlich, dass das großteils Funktionen sind, die man (also zumindest ich) nicht unbedingt braucht. Trail Forks? Climb Pro? Connect IQ? Mähh. Ich brauche gutes Routing, gute Darstellungen, ein schnelles Anpassen auf mein jeweiliges Rad und die jeweilige Art von Aktivität. Und zu den Routen kommen wir gleich noch im Detail.
Ordnen wir den Bolt V2 erst einmal ein. Ich hatte den alten Elemnt, den Bolt 1, den (ehrlicherweise etwas überflüssigen) Mini (in erster Linie, weil der ohne Telefon keine Navigation und Routen konnte) und jetzt habe ich seit einiger Zeit schon den Roam in Verwendung. Sieht man sich die direkte Nachfolge an (also Bolt 1 zu 2) ist der neue etwas größer (höher, „blockiger“) und auch etwas schwerer, aber noch immer etwas kleiner als ein Garmin 530. Und um das gleich vorwegzunehmen: Auch der Preis ist etwas gestiegen, rund 280 muss man für den Bolt V2 auf den Tisch legen. Ein ordentlicher Haufen Geld aber dafür bekommt man ja auch einiges - und er ist damit noch geringfügig billiger als der Garmin 530.
Von außen gibt es neben dem Formfaktor ein paar offensichtliche Neuerungen. Die Knöpfe sind jetzt etwas konvex und haben einen besseren (oder überhaupt erst) einen Druckpunkt, sodass man auch mit Handschuhen besser arbeiten kann. Unter der kleinen Abdeckung verbirgt sich - AAAAAHHHH - ein USB-C Anschluss. Halleluja! Ich brauche zwar auf meinen längeren oder mehrtägigen Touren noch immer mehrere Kabel, um alle meinen Geräte zu laden, aber es wird langsam.
Voll geladen hält der Akku laut Wahoo 15 Stunden, beim größeren Roam sind es 17. Erfahrungsgemäß - und ich bin grundsätzlich immer mit Navigation, Herzfrequenz und Powermeter unterwegs - sind es geringfügig weniger. Beim Bolt V2 würde ich am Ende des Tages mit 12-13 Stunden rechnen. Noch immer viel und absolut ausreichend auch für sehr lange Touren.
Wer Akku sparen möchte, fängt am besten bei der Hintergrundbeleuchtung an, da geht erfahrungsgemäß am meisten und am schnellsten Akkuleistung verloren - auch wenn die Geschichte mit der automatische Helligkeitsanpassung an die Umgebung sehr gut funktioniert.
In the Box
Box öffnen, Wahoo auspacken, Folie runter, einschalten. Paaren mit dem Smartphone funktioniert schnell und einfach mit der Wahoo App. Diese ist grundsätzlich notwendig, um den Wahoo einzurichten, Dinge zu verändern oder zu synchronisieren (oder zumindest die Synchronisierung beim ersten Mal zu aktivieren). Und hier zeigt sich schon, wie einfach das ganze funktioniert, z.b, das Einrichten der Datenfelder. In der App ein Datenfeld auswählen, an die gewünschte Position ziehen, und schwupp - ist es auch auf dem Wahoo sichtbar. Wie oft muss man am Garmin dafür nochmal auf irgendeinen Knopf drücken? ;)
Andere Seiten kann man sich noch zusätzlich einstellen - Anstieg, Höhenprofil, Segmente, Navigation usw. Je nachdem was man braucht und verwenden möchte. Ich persönlich bin da mit Datenseite, Höhenprofil und Karte recht minimalistisch unterwegs - ich möchte ja aber auch in erster Linie Radfahren und nicht durch Datenseiten scrollen…
Spätestens auf der Kartenseite sieht man dann auch die beiden wichtigsten Neuerungen des Wahoo Bolt V2. Erstens: Farben! Das Display kann nun überhaupt Farben bzw. verglichen mit dem Roam einige mehr. Dadurch wird die Kartenansicht schöner, man kann schneller Straßentypen und Kategorien unterscheiden und es ist auch einfach schöner anzuschauen. Die Farbe kommt auch noch anderen Funktionen zugute: In der Datenansicht kann man ein Feld farblich hinterlegen und sich so zum Beispiel die aktuellen Leistungs- oder Herzfrequenzzonen anzeigen lassen. Ebenfalls in Farbe erstrahlt eine Seitenleiste, falls man mit dem Garmin Radar unterwegs ist, der einem von hinten herannahende Autos anzeigt.
Zweite Neuerung am Bolt V2: Dynamisches Routing! Bisher konnte das nur der Roam, nun weiß auch der Bolt wie man smart von A nach B kommt. Weicht man nun also von einer vorgegebene Route ab, kann der Bolt einen wieder auf den richtigen Weg zurückführen und sinnvolle Alternativen und Abkürzungen anbieten. Außerdem kann man sich natürlich auch vom Bolt dynamisch und mit Abbiegehinweisen zu einem vorher gewählten Ziel bringen lassen. Am einfachsten geht das übrigens wieder, wenn man mit der Handy-App die Wunsch-Destination auswählt. Am Bolt direkt geht das zwar grundsätzlich auch, aber mir persönlich ist das ehrlicherweise zu fummelig.
Routen
Und wenn wir schon bei Routen sind - das ist für mich eigentlich der wichtigste Punkt. Ich bin mittlerweile fast immer mit vorgefertigter Route unterwegs und habe auch 99% der Zeit die Kartenansicht eingeblendet. Ich habe es mir beim Radeln zur Mission gemacht, neue Ecken zu entdecken und für mich noch unbekannte Highlights zu befahren. Die Routen, die ich dabei auf Komoot bastle, kann ich schnell und ohne viel Aufwand auf den Wahoo bekommen - für mich eines der Key-Features. Aber da hat eben jeder seine eigenen Präferenzen.
Auf Komoot geplante Routen (oder auch von vielen anderen Anwendungen wie Strava, RidewithGPS, usw.) kann man automatisch synchronisieren lassen - das heißt jedes Mal wenn der Wahoo mit einem (bekannten) WLAN verbunden ist, wird synchroniert. Oder man synchronisiert alle oder aber auch einzelne Routen über die dazugehörige App. Das funktioniert einfach und schnell. Sogar ein GPX aus dem Internet oder aus einem File kann man im Handumdrehen auf den Bolt bekommen - quasi Copy-Paste!
Vor allem die vielen bunten Karten brauchen auch Speicherplatz und da hat der neue Bolt eines der größte Mankos des Roam ausgeräumt, hat dieser jetzt doch 16 GB Speicherplatz. Damit muss man nicht mehr mit Kartenabschnitten jonglieren oder vor dem Urlaub überlegen, für welches Land man jetzt noch schnell die Karte hochladen muss und was man dafür runterlöschen muss damit überhaupt genug Speicherplatz frei ist… Das alles ist Vergangeheit, mit 16 GB ist das kein Thema mehr. Es ist ohnehin mehr als erstaunlich, dass das oft noch so ein Problem ist, wenn ich mir überlege, wieviel eine 128GB microSD karte kostet und wie klein diese ist… Kann ja eigentlich nicht so schwer sein, denkt man…
Nicht neu am Bolt V2 sondern bei Wahoo eh schon immer auch an Bord: Struktuiertes Training und Trainingsprogramme, nach denen man seine Ausfahrten anlegen kann und Live Segmente, wenns einen mal juckt. KICKR-Steuerung für den Indoor Trainer und Nachfahren von Routen auf der Rolle, usw. usf. Und wie schon gesagt: Viele Funktionen, die man auf einem riesigen Garmin 1030 finden wird, sucht man am Bolt vergeblich. Aber da sollte man sich aus meiner Sicht vorher wirklich fragen, ob man diese auch wirklich braucht.
Unabhängig davon ist Wahoo dafür bekannt, regelmäßige Updates für alle Elemnt Computer zu bringen, die dann auch neue Funktionen auf die Geräte bringen. Und sorry - dieser Seitenhieb muss sein: die Updates funktionieren dann auch und legen nicht das komplette Gerät lahm - wie das bei der Konkurrenz oft genug der Fall war oder ist…
Ein Wort noch zu den Halterungen: Wahoo verwendet wie Garmin ein Art Quartermount, allerdings um 90 Grad gedreht und die Ecken sind minimal größer. Man kann also mit etwas Gewalt und unter Verlust eines halben Millimeters Kunststoff einen Wahoo in eine Garmin Halterung hineinpressen, die elegantere Lösung ist aber ein kleiner Adapter, den es von Wahoo zu kaufen gibt, und der die ganze Geschichte um genau diese 90 Grad dreht. Im Lieferumfang enthalten ist aber ohnehin ein Aero Mount und eine weitere kleine Halterung, die man mit Kabelbindern zb am Vorbau oder aber irgendwo anders am Lenker anbringen kann. Außerdem gibt es noch eine Standardhalterung zu kaufen, eine für TT-Lenker oder aber Drittanbieter-Ware von beispielsweise K-Edge, die ich im Einsatz habe und die einen praktischen Mount für GoPro oder meine Lupine-Lampe unten dran haben. Falls das für irgendjemanden wichtig ist: Der neue Bolt passt in den Aerohalter des alten Bolt, der alte aber nicht in den Aeromount des neuen - das ist aber auch schon die einzige Einschränkung.
Apropos Einschränkung - und damit kommen wir auch schon zum Ende: Mit Corona, Lieferzeiten und Chipmangel kann es momentan eine Challenge sein, einen neuen Bolt zu finden. Wer also einen möchte und im Geschäft liegen sieht, sollte eher schnell zugreifen.
WER sollte zugreifen: Vom Roam umsteigen? Nicht unbedingt notwendig, der hat schon Farbe und dynamisches Routing und ist auch noch etwas größer. Vom alten Bolt? Ja, wenn man bessere Navigation, schönere Farben und bessere Bedienbarkeit haben möchte. Und von Garmin umsteigen? Hm, da macht euch mal euer eigenes Bild, das ist eine eigene Geschichte ;)
Noch ein paar Fotos: